Henryk M. Broder / 31.05.2017 / 18:26 / 31 / Seite ausdrucken

Der schwarze Kanal ist wieder da! Mit Elmar Theveßen

Elmar Theveßen ist für das ZDF das, was Karl-Eduard von Schnitzler für das Fernsehen der DDR war. Ich freue mich über jeden seiner Auftritte - meistens nach einem Terroranschlag, nie vorher -, wenn er sein Hintergrundwissen ausbreitet und mit exklusiven Informationen garniert, die man bereits auf SPON und WON lesen konnte. Sei's drum. Als stellvertretender Chefredakteur des ZDF ist er immer am Puls der Zeit.

Vorigen Samstag machte er den amerikanischen Präsidenten im "heute-journal" fix und fertig. Der sei eine "Schande für die US-Demokratie", erzählte er den Amerikanern und gab ihnen Ratschläge, wie sie ihn loswerden könnten. Danach muss er sich erleichtert gefühlt haben und Donald Trump wie eine Fußmatte, über die gerade eine Horde Flußpferde gerannt ist. Trump lässt sich, wie ich neulich von einem Gebrauchtwagenhändler in Alexandria erfahren habe, alle Kommentare von Theveßen vorlegen und übersetzen. Nach dem bisher letzten soll er in ein langes Schweigen gefallen sein und gemurmelt haben: "This son of a bitch!"

Das Einzige, was mich an diesem Kommentar ein wenig irritierte, war, dass ich mich nicht erinnern konnte, Theveßen jemals dermaßen außer Rand und Band erlebt zu haben - über Putin, Erdogan oder einen der iranischen Ayatollahs oder Präsidenten, die ihre Swimmingpools mit dem Blut ihrer Untertanen füllen. Der amtierende wird im ZDF als "moderat" bzw "Reformer" bezeichnet, weil er sich "dem Westen geöffnet" habe. Was etwa so witzig ist, als würde man den venezolanischen Präsidenten dafür loben, dass er alle sozialen Unterschiede in seinem Land zugunsten einer "Armut für alle" beseitigt habe.

Aber dann schaute ich mir das Video noch einmal an. Irgendetwas war mir aufgefallen, aber nicht im Gedächtnis geblieben. Da war es! Bei 0:21. Trump, sagt Theveßen, werfe sich "Saudi-Arabien an den Hals, einem Land, aus dem ein verfälschter Islam weltweit verbreitet wird".

So etwas würde ein deutscher Politiker nie tun. Die Kanzlerin war zwar vor kurzem in Saudi-Arabien, aber nur, um sich dort für mehr Frauen in Führungspositionen einzusetzen. Nie würde sie sich einem Land an den Hals werfen, aus dem ein verfälschter Islam weltweit verbreitet wird.

Woher aber will Theveßen wissen, dass der Islam, den Saudi-Arabien verbreitet, ein verfälschter ist? Die Saudis sehen das ganz anders. Will der Botenjunge vom Lerchenberg es besser wissen als der saudische König und ein wesentlicher Teil der muslimischen Gelehrten? Und wenn wir schon bei dem Thema "Finden Sie den Unterschied!" sind, wo bitte schön kann man den echten, den unverfälschten Islam finden? In Pakistan? In Somalia, wo unser Außenminister vor kurzem einschlug, im Irak, in Gaza, in Nigeria, in Duisburg-Marxloh oder im Vorabendprogramm des ZDF? Vielleicht ist der Islam, den Saudi-Arabien weltweit verbreitet, doch der wahre und die anderen sind verfälscht?

Wenn er schon vom Islam keine Ahnung hat und das Echte und Wahre für eine Fälschung hält, vielleicht irrt er sich auch, was Trump angeht. Vielleicht sitzt die Vernunft im Weißen Haus, und im ZDF toben die Narren.

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Jürgen Decker / 31.05.2017

Theveßen wird seit eh und je überschätzt…

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