Peter Grimm / 31.01.2024 / 13:00 / Foto: Bundesregierung.de / 24 / Seite ausdrucken

Der Scholz-Plan für Europa

Bundeskanzler Olaf Scholz hat ja bekanntlich eine eigenwillige Art zu kommunizieren, deshalb muss man bei seinen Reden immer genau hinhören, was er eigentlich sagt. Beim SPD-Europa-Delegiertentreffen am letzten Sonntag habe ich das mal wieder versucht. Das Ergebnis finden Sie hier in einer Durchsicht oder auch im Folgenden zum Nachlesen. Der Scholz-Originalton ist aus der Durchsicht transkribiert.

Scholz hatte ein paar europapolitische Prioritäten tatsächlich benannt, beispielsweise als es darum ging, ob man denn als Regierungschef oder Minister in Brüssel versuchen sollte, eigene nationale Interessen durchzusetzen. 

„Ja es gibt überall in Europa Politiker, die bevor sie den Abflug nach Brüssel machen und dann dort auf irgendwelchen Räten sich beteiligen, ob es nun Ministerräte oder der Rat sind, an dem ich teilnehme, die dort erstmal ihren Fernsehsendern mitteilen, was sie alles da durchsetzen werden, sich ganz nett verhalten – ist jedenfalls meine Erfahrung – meistens auf den Sitzungen, nicht alle, nicht immer, aber doch ganz oft, und dann kommen sie wieder zurück und sagen, was sie alles durchgesetzt haben. Ich sag euch, es gibt ein Land wo dessen Politiker und Politikerinnen das nicht machen dürfen. Das sind wir. Wegen unserer Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Europa ein Erfolgsprojekt wird und wir Sozialdemokraten stehen genau dafür ein.“ 

Den Kanzler treibt offenbar auch der Traum von einem ganz großen Europa, in dem man keine Nationen mehr kennt: 

„… und wir wollen, dass die Europäische Union noch weiter wächst und wenn alle die Bedingung erfüllt … die Länder des westlichen Balkans, dass Moldau, dass die Ukraine perspektivisch Georgien dabei sein können. Aber eins ist doch ganz klar: Wenn es trotzdem fragmentiert bleibt, können wir die Power nicht ausspielen, die in dieser großen Zahl auch tatsächlich liegt. Das ist der Grund dafür, dass wir bestimmte Dinge nicht hingekriegt haben in Europa und deshalb müssen wir das europäische Projekt vollenden, damit europäische Unternehmen wachsen können.“

Für den Kanzler kommt es offenbar vor allem auf die Größe an. Komisch, dass schon früher europäische und auch deutsche Unternehmen zu Global Playern wachsen konnten. Könnte es sein, dass die Rahmenbedingungen, die Investitionssicherheit oder das Know-how am Ende doch viel wichtiger sind, als die Frage, ob Georgien seine Richtlinien aus Brüssel bekommt oder ob unsere Steuer-, Handels- und Baugesetzgebung mit der Rumäniens übereinstimmt? Es kommt ja wohl doch eher auf die Wirtschaftskraft der jeweiligen Staaten an. Aber es ist ja gut zu wissen, dass sich Olaf Scholz eine möglichst große EU mit möglichst wenig nationaler Eigenständigkeit wünscht. Und welche europapolitischen Inhalte sind dem Kanzler wichtig? Sicher doch ursozialdemokratische Kernthemen, oder?

„Das viele Geld, das in Europa da ist“

„…und nur ein Thema will ich ganz kurz und an dieser Stelle nennen. Das ist die Banken- und Kapitalmarktunion. Das klingt so technisch, aber es ist echt wichtig und ich will ich will das einfach nur mal sagen. Es wird erzählt, haben wir auch heute gehört und zwar zu Recht, dass in den letzten Jahren das wirtschaftliche Wachstum der USA vielfach größer war wie das der Europäischen Union. Und ich kann nur sagen, es gibt dafür eine einfache Ursache: Dass es uns nicht gelungen ist, diese Banken- und Kapitalmarktunion zu schaffen. Dass es nicht gelungen ist, das viele Geld, das in Europa da ist, in Start-ups, in Unternehmensgründungen dort, wo sie stattfinden, zu investieren. Das viele Geld, das in Europa existiert, zu sammeln, zu bündeln und zu einer Kraft zu machen.“ 

Hohe Energiepreise, eine marode Infrastruktur oder investitionshemmende Heizungsbevormundungsgesetze haben nichts mit dem fehlenden Wachstum zu tun? Und wem nützt es, wenn die EU das viele Geld einsammelt und zusammenbündelt? Von wem kommt denn dieses viele Geld und wer verteilt es dann an wen und nach welchen Regeln? Die hier angedeutete Zukunft der EU dürfte sicher vielen Mitspielern nützen, nur eben den meisten Bürgern nicht, insbesondere jenen Bürgern, deren Interessen zu dienen Olaf Scholz einst geschworen hat. Er kann sich ja manchmal nicht an alles erinnern, was er wem so im Laufe der Zeit alles versprochen hat. Deshalb sollte der Kanzler vielleicht noch einmal nachlesen, was er in seinem Amtseid geschworen hat: 

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“

 

Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com.

Foto: Bundesregierung.de

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Leserpost

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Klara Altmann / 31.01.2024

Wie bitte? Wie meinen Scholz? Und ich dachte immer, die Unfähigkeit, verständliche Sätze in der Muttersprache zu bilden, wäre in der Bundesregierung Baerbock vorbehalten. “Ich sag euch, es gibt ein Land wo dessen Politiker und Politikerinnen das nicht machen dürfen.” Solche Sätze würde man schon einem Zwölfjährigen nicht durchgehen lassen, wie kann es sein, dass der Kanzler so spricht? Und welche “Power” will Scholz ausspielen, träumt er etwa auch von Kriegsspielchen? Wird er demnächst wie Baerbock versehentlich Russland den Krieg erklären oder gar China? Und wenn ihm die EU so wichtig wäre, warum bemüht sich Scholz nicht darum, diese endlich auf demokratisch legitimierte Füße zu stellen? Und wann sorgt er dann noch dafür, dass die ganzen Lobbyisten und die Geldsackverteiler aus Ölländern aus Brüssel entfernt werden, damit wenigstens ein Hauch dessen dort beschlossen wird, was die EU-Bürger brauchen? Ob ich jemals einen derjenigen wählen würde, die in der EU aktuell das Sagen haben? Keinen, niemanden dort, überhaupt niemanden, denn keiner jener Politiker hat jemals etwas für mich getan oder sonst irgendetwas erkennbar Brauchbares. Die EU ist durch ihre unsinnigen Verordnungen und Gesetze nur ein weiteres Alltagshindernis für ihre Bürger, das braucht niemand, kann also weg. Sie ist noch nicht einmal in der Lage, ihre Grenzen zu schützen und die Sicherheit ihrer Bürger nur im Ansatz zu garantieren. Ich habe nichts davon, wenn sich ein Beamtenheer auf meine Kosten in Brüssel fett verköstigen lässt, das ist Geld, das uns hier fehlt. Und niemand hat mich je gefragt, ob ich das will, nein, ich will das nicht. Und schon gar nicht mit einer van der Leyen an der Spitze, die schon in Berlin wegen Vetternwirtschaft am Pranger stand, wie kommt sie zu diesem Posten? Die Zumutungen nehmen kein Ende, sie sind längst unerträglich.

Sam Lowry / 31.01.2024

Zu seinen und meinen Tränensäcken könnte ich jetzt etwas sagen. Aber IM Erika war für mich bereits teuer genug…

Dieter Ehrlich / 31.01.2024

Der Bundeskanzler hat wohl seinen Doppelgänger nicht im Griff

Ralf Ross / 31.01.2024

Der Kerl sieht aus wie ‘ne Gummipuppe.

Volker Kleinophorst / 31.01.2024

Darf man jetzt eigentlich nur Habeck einen Vollidioten nennen? Frage für einen Einmann.

Rid Banks / 31.01.2024

An Scholz: Wissen ist Macht. Wir wissen nichts. Macht nichts.

Ralf.Michael / 31.01.2024

Der Alberich aus Hamburg hat etwas zu sagen ?  Echt jetzt ? Der wird doch nicht etwa….über seine Beteiligung an der CUM-EX Affäre plaudern ? Da bin ich schon neugierig wie eine Katze !

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