Thilo Schneider / 06.12.2017 / 06:15 / Foto: Thomas Bresson / 23 / Seite ausdrucken

Der schnelle Weg zum Eigenheim. Grundkurs.

Von Thilo Schneider.

Du bist jung (also unter 60), bist nichts, hast nichts und kannst nichts, außer vielleicht ein bisschen nebenbei „irgendwas mit Medien oder so“ studieren? Und Du möchtest trotzdem eine Wohnung in einer deutschen Großstadt haben, da, wo die Szene rockt, die Luft brennt und was los ist?

Kein Problem. Hier der Schnellkurs für Anfänger in nur zehn  Schritten (Leserdauer 1 Minute).

1) Du trampst nach Berlin. Am besten lässt du dich von einem spießigen Ausgebeuteten der Arbeiterklasse mitnehmen, oder du nutzt einfach den kostenlosen Bringservice der Bahn in der Zugtoilette.

2) In Berlin angekommen, suche dir ein Haus, das offensichtlich leer steht. Da brichst du ein.

3) Rufe nun deine nichtsnutzigen Kumpels an und lade sie ein.

4) Jetzt ist Sensibilität gefragt. Zuerst einmal verschönern du und deine Krawallbrüder das Haus mit Tags und Graffitis. Wichtige Symbole dabei: durchgestrichene Hakenkreuze, Anarcho- und Friedenszeichen sowie Sinnsprüche wie „Nazis raus“, „Bullenschweine in die Spree“, „Krieg den Palästen“, 5-zackige Sterne und „Refugees welcome“ (keine Sorge, vertrau mir, die kommen nicht, die sind Besseres als deine abgeranzte Bude gewohnt). Hänge eine bunte Regenbogenfahne vor irgendein Fenster.

5) Beziehe auch die Häuser in der Nachbarschaft ein. Hunde, Katzen und Autos auch.

6) Schmeiße Deinen Müll revolutionär auf die Straße, um gegen Konsumterror zu demonstrieren.

7) Lade die örtliche Presse ein und erkläre lang und breit, warum Berlin ein revolutionäres Zentrum gegen die „Genderisierung“, pardon "Gentrifizierung", der Gegend braucht, und warum der Hausbesitzer eine kapitalistische Spekulanten-Drecksau ist.

8) Zünde gelegentlich, aber vor allem am 1. Mai die Autos der Werktätigen und Reifenbarrikaden an, um gegen irgendeine Ungerechtigkeit (beispielsweise die Nichtverfügbarkeit von kostenlosen Wohnungen in 1a-Lage) zu demonstrieren.

9) Nimm andere revolutionäre Subjekte ebenfalls zu Hause auf, gemeinsam müsst Ihr dann Steine auf die Bullenschweine werfen.

10) Alles richtig gemacht? Dein Haus sieht aus wie eine Abbruchruine 1945 und deine Nachbarschaft wie ein vollgeschissenes Bahnhofsklo? Bierflaschen, Pisse und Kotze sind großräumig in der Nachbarschaft verteilt? Eröffne auch noch eine Hobbyapotheke mit Freizeitpharmazeutika und Spasskräutern. Natürlich nur zum Eigenverbrauch.

Hast Du? Prima: jetzt kommt der Berliner Senat und kauft die Immobilie, weil er es satt hat, ständig von den anderen Nachbarn mit Anrufen belästigt zu werden, die sich wegen so Kinkerlitzchen wie verkratzte Autos und abgetretene Rückspiegel oder auch Steinwürfe in ihre Spießerwohnungen beklagen. Du darfst dort wohnen bleiben und giltst fortan als „autonomes Widerstandszentrum“, das quasi als buntes linkes Biotop gehegt und gepflegt wird. Und keine Angst vor den Bullenschweinen. Die dürfen dir fortan nichts tun. Du bist frei! Herzlichen Glückwunsch!

Siehe: "Senat will das Besetzer-Haus in der Rigaer Straße tatsächlich kaufen")

Thilo Schneider, Jahrgang 1966, freier Autor und Kabarettist im Nebenberuf, FDP-Mitglied seit 2012, Gewinner diverser Poetry-Slams, lebt, liebt und leidet in Aschaffenburg.

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Otto nagel / 06.12.2017

Geht doch viel einfacher !  Wirf alle Ausweispapiere in die Ecke, melde Dich als “Schutzsuchender” aus Syrien oder einer entfernten Weltgegend bei den Behörden, stammle “ich Asyl”, (etwa so wie Franco A., der zwar mittlerweile sehr bekannte Oltn., aber physisch noch nie gesichtet wurde !), und verlange Wohnung im stadtzentrum, All inclusiv Verpflegung, deutsche Putzfrau und massiv Kohle,Knete, Bares. Du bekommst es ! ! ! Dank der Großen Vorsitzenden und ihrer Einheitspartei werden es immer mehr, die auf diese Weise ” gut und gerne hier leben !” Dafür verlangt sie von Dir nur ein kleines Kreuzchen an der richtigen Stelle bei der Wahl. Das war meine Anleitung in einem Schritt !

Wolfgang Richter / 06.12.2017

Da fällt einem nichts mehr ein, außer vielleicht, daß in den geschlossenen Anstalten die Falschen zur Behandlung betreut werden. Irrationaler als die Politdarsteller können diese kaum sein.

Robert Krischik / 06.12.2017

Ich scheitere schon an Punkt 2. Wo gibt es denn in Berlin noch ein leeres Haus?

Niels Dettenbach / 06.12.2017

Das funktioniert aber lange nicht nur in Berlin so, sondern in fast jeder größeren deutschen Stadt. Und neben “instandbesetzten selbstverwalteten Fremd spekulantenimmobilien” haben viele Städte längst auch eigene Immobilien an linke “Jugendliche” - inzwischen schon oft jenseits der 50 - kostenlos oder für symbolische Beträge ganz offiziell vermietet oder “bereitgestellt”. Hinzu kommen Studentenunterkünfte von Unis, die nach ” jahrelangem Klassenkampf” der Bewohner in “Selbstverwaltung” übergegangen sind - d.h. die Bewohner und nicht mehr die Eigentümer über die Immobilie und deren Nutzung entscheiden, so wie auch, wer dort zu welchen Konditionen einziehen darf… Unter Begriffen wie “AJZ”, “JuZi” u.ä. werden derlei Einrichtungen sogar dauerhaft finanziert - samt seinen Dauerbewohnern.

Martin Siegemund / 06.12.2017

Man könnte darüber lachen, wenn es nicht so traurig und wahr wäre. Unsere Kinder sind in der Liebigstr. zur Schule gegangen. Das ist Problempflege vom aller feisten und aufwändigsten.  Die von uns auser- (ge-) wählten sind aktiv dabei die Grundfesten unserer Ordnung zu demontieren. Noch schlimmer finde ich, dass die breite Masse zusieht, den Kopf schüttelt und bei nächster Gelegenheit die selben Idioten im Amt bestätigt.

Hans Merx / 06.12.2017

Herzlichen Glückwunsch Herr Schneider, Sie haben verstanden wie´s geht. H. Merx

Hubert Bauer / 06.12.2017

Wenn die Stadt Berlin den Besetzer dann lebenslänglich verbilligt wohnen lässt, wäre dem Mieter dann ein Kapitalwert zuzurechnen? Bei einer ortsüblichen Miete von 1.000 Euro (die er sich nicht leisten kann) und einer tatsächlichen Miete von 600 Euro, wäre das ein monatlicher Vorteil von 400 Euro. Auf das Jahr gesehen wäre es ein Vorteil von 4.800 Euro. Bei einer restlichen Lebenserwartung von 50 Jahren für den jungen Mann wäre das ein Vorteil von 240.000 Euro. Ist er dann selber eine “kapitalistische Spekulanten-Drecksau”? Darf ich ihm dann konsequenterweise auch seine Fensterscheiben einwerfen? Und mich würde es wirklich interessieren was passieren würde, wenn mal tatsächlich “Flüchtlinge” in ein Haus gehen würden, auf dem “Refugees welcome” steht. Zehn junge afrikanische oder arabische Männer in einer linksalternativen Frauen-WG?

Gertraude Wenz / 06.12.2017

Köstlich geschrieben, Herr Schneider, aber das Lachen ist mir im Hals stecken geblieben. Und das ist ja auch beabsichtigt.

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