Der Professor und der SUV

Professor Dr. Ferdinand Dudenhöffer geht an einem Mikro vorbei. Leichter lässt sich keine Lüge entlarven. Wann immer es um Fahrzeuge mit vier Rädern geht, ist Dudenhöffers Rat nicht weit. Der Professor der weltberühmten Elite-Uni Duisburg-Essen machte einst mit Berechnungen über Rabatte und Nachlässe des deutschen Autohandels von sich reden. Nun hat ihn die Uni regulär aufs Altenteil geschickt. Als Soldat wäre er eine große Nummer. Er kennt weder Freund noch Feind, sondern nur lohnende Ziele. Im Moment versucht sich der Hobby-Ethiker an der Angst vorm bösen SUV.

So verurteilte er die Günstlingswirtschaft des ADAC und unterschlug, dass auch er gerne die Shuttle-Dienste der gerade nicht benötigten Ersatz-Rettungshubschrauber in Anspruch nahm. Mittlerweile hat sich der Badener als Kassandra der Autoindustrie einen veritablen Ruf erworben, ohne dafür eine wissenschaftliche Qualifikation vorweisen zu können. Wie gesagt, im Grunde genommen ist der Mann ein lebender Rabattrechner, der auch gerade noch Tageszulassungen von Neuwagen unterscheiden kann. Wann immer die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und andere den Untergang der Auto-Industrie vorhersagen, Dudenhöffer ist bedeutungsschwanger und inhaltsschwer vor der Kamera zur Stelle. Sozusagen der Pate der “Deutschen Umwelthilfe".

Die Redakteure des Qualitätsmediums „Zeit Online” haben gerne eine Meldung der Tochter der Nachrichtenagentur dpa “dpa infocom” nach dem Motto “copy and paste” eingespeist, anscheinend ohne sie zu überprüfen. Die übernimmt (gegen Honorar) nicht nur die Formulierung der Pressemitteilung. Sie schicken sie auch noch über den Verteiler der Nachrichtenagentur. Die Medien als Kunden von Nachrichtenagenturen zahlen eigentlich ziemlich viel Geld, um mit harten, vorrecherchierten News versorgt zu werden und nicht mit bezahltem Schund. Aber in der Medienkrise frisst der Teufel Fliegen. 

Mit den Mitteln der Tonnenideologie

Zur Sache. Dudenhöffer hat die Zulassungszahlen des Jahres 2019 monatelang gewälzt. Sein mittlerweile privatisiertes „CAR-Institut” (Center Automotive Research) hat die Zulassungszahlen des Jahres 2019 mit den Mitteln der Tonnenideologie analysiert und folgenden moralisch verwerflichen Umstand ermittelt. 

Die PR-Agentur meldet“Besonders in den Städten fühlten sich viele Menschen bedroht, und gerade die besonders großen Modelle führten zu Diskussionen mit Radfahrern, Eltern und anderen Bürgern. Laut einer Auswertung der Zulassungszahlen wurden im vergangenen Jahr 227.000 Personenwagen mit einem Leergewicht oberhalb von 2.000 Kilogramm zugelassen, wie der Leiter des privaten CAR-Instituts berichtete. Knapp die Hälfte davon seien SUV-'Dickschiffe' wie der BMW X7, Landrover, Mercedes GLS oder Audi Q8.”

Das lässt sich leicht in das Holtzbrinck-Redaktionssystem kopieren und verspricht unter den moralisch aufgeladenen, Zeit-lesendenen Fahrradfahrern ordentliche Zugriffszahlen. Das blöde daran ist das blöde darin. Es mag sein, dass im Jahre 2019 227.000 zwei Tonnen schwere PKW zugelassen worden sind, aber schon die Behauptung, die Hälfte davon wären große SUV, ist schlicht falsch. 

Zur Sache: In Deutschland sind 2019 rund 3,6 Millionen PKW zugelassen worden. 6,7 Prozent davon sind 227.00 Fahrzeuge. Auch leichte Transporter, Busse und Nutzfahrzeuge gelten als Personenkraftwagen. Da sind bauartbedingt natürlich ein paar Schwergewichte dabei, weil auch eine notwendige Stabilität erforderlich ist, Elektromotoren für Klimaanlagen, zusätzliche Sitze und vergleichbare Einrichtungen erforderlich sind. Deshalb beziffert Dudenhöffer in seiner PR-Meldung ja auch die Zahl der “SUVs” á la Audi Q7, BMW X7 und Landrover mit “knapp die Hälfte”. Doch nicht mal das gibt die Zulassungsstatistik her, selbst wenn man die kleinen und mittleren Brüder wie den X5 oder auch die Luxuslimousinen á la Audi A8, BMW 7er oder Mercedes S-Klasse dazu zählt, kommt man gerade mal auf etwas über 70.000 Autos. Das ist bestenfalls etwas mehr als die Hälfte der Hälfte und macht einen Marktanteil von 1,9 Prozent. Ich kann mir förmlich vorstellen, wie diese automobilen Dinosaurier den Jurassic Park der Händler und Niederlassungen verlassen und die Innenstädte überschwemmen. 

Auf die Veranstaltung von Autokongressen in China spezialisiert

Bei den genannten Modellen sieht es noch betrüblicher aus. Der Fahrradfahrer verschreckende Audi Q7 wurde gerade mal 4.511 zugelassen. Vom furchteinflößenden X7 waren es 4.563 Autos, das macht einen Marktanteil von 0,047 Prozent. Von den von Dudenhöffer als image-schädigenden Mercedes-Benz GLS haben 2019 keine 700 Autos das Licht deutscher Straßen erblickt. 

Schon vor einem Jahr hatten ich für „Drehmoment" die “wahren SUV-Verkäufe” analysiert. Anders gesagt: Die genannten Autos spielen in der deutschen Zulassungsstatistik allenfalls eine Außenseiterrolle: 

“Unter den 15 meistverkauften SUV ist auch keiner der mittlerweile verschrieenen  ausgewachsenen angeblichen Monster vom Schlage eines Porsche Cayenne zu finden. Auch der verunfallte kompakte “Macan” ist nicht dabei. Meistverkauftes Modell ist der auf Focus-Größe reduzierte Ford Kuga mit rund 42.000 Neuzulassungen, gefolgt vom kompakten GLK/GLC von Mercedes-Benz. Schon auf Platz 3 sitzt der auf unter Golf-Größe eingeschrumpfte VW T-Roc. Dabei haben die Wolfsburger das nächstkleinere SUV, den T-Cross im Angebot, das gerade mal mit einem 1-Liter-Motörchen auskommt und die Technik des Kleinwagens Polo nutzt. Er kommt auf runde 5 Liter Verbrauch je nach Motorversion auf 100 km.“

Der Text ist vom 10.09.2018. Das ehemals mit universitären Weihen versehene CAR Institut, dass auf der Klaviatur der Riesen-SUV Legende spielt, hätte also auch ohne die vermeintliche wissenschaftliche Expertise wissen können, dass seine panikmachende Lautmalerei jeder empirischen Grundlage entbehrt. Da wundert es kaum, dass der Laden mittlerweile privatisiert ist. Dabei handelt es sich ohnehin um eine Event-Agentur, die sich auf die Veranstaltung von Autokongressen in China spezialisiert hat. Stargast und Hauptprofiteur: Prof emer. Dr. Dudenhöffer. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. 

Dort lassen sich übrigens auch die vielen großen SUVs finden, die der Auto-Professor in deutschen Landen wähnt. Im Falle des genannten X7 haben die jedoch nicht einmal auf dem Weg auf den Autotransporter deutschen Asphalt berührt. Sie werden im größten BMW-Werk in Spartanburg, USA gebaut und von dort direkt in alle Welt exportiert. Der Anteil der X-Modelle, die ins Ausland geht, liegt mittlerweile bei 70 Prozent, und BMW ist der größte Auto-Exporteur der USA. Nur nach Deutschland finden die großen Gelände-Autos eben selten den Weg. 

So kann man auch Arbeitsplätze exportieren 

Diese Praxis hat übrigens den schönen Nebeneffekt, dass die Produktionszahlen nicht auf die EU-Flottenemissionen einzahlen. So kann man auch Arbeitsplätze exportieren. 

Dramatisch ist aber das Medienversagen, das so seichte Aussagen wie die Dudenhöffer-Panikmache erst möglich macht. Spätestens wenn Begriffe wie SUV, Diesel, CO2 und Verbrennungsmotor auf den Bildschirmen in den Redaktionen erscheinen, wird das Hirn abgeschaltet, und man handelt mit der Zuverlässigkeit des Reflexes des Pawlowschen Hundes und geht der “Deutschen Umwelthilfe”, “Greenpeace” und am besten auch noch “Fridays for Future” auf den Leim und leistet publizistische Beihilfe bei der Zerstörung der deutschen Automobilindustrie. 

Die hat die Funktion des Job-Motors längst verloren. 2019 wurden in Deutschland bereits mehr als 1 Millionen Autos weniger gebaut als 2016. Das sind rund 20 Prozent. Und auch bereits im Herbst 2019 wurde verlautbart, dass die “Verkehrswende” bei Zulieferern und Herstellern dazu führen wird, dass konkret 360.000 Arbeitsplätze wegfallen. Keine Petitesse.

Ich persönlich mag übrigens keine SUV, wenn man von antiken Modellen der Mercedes G-Klasse oder des Landrover Defender absieht, deren Fahrkomfort schon alleine geringe Fahrleistungen provoziert. Bräuchte ich einen richtigen Geländewagen, wäre der Suzuki Jimny die erste Wahl. Aber der ist ausverkauft und hat Lieferzeiten wie einst der Mercedes W123 in den Siebziger Jahren. Allerdings muss man nicht ganz so lange warten wie einst auf den Trabant. 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Carl Christian Janckes Blog „Drehmoment".

Foto: Rob Mieremet / Anefo CC0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Thorsten Lehr / 27.10.2020

Der Artikel beschreibt eines der größten Probleme der bunten Republik sehr treffend und zwar unabhängig von der Branche: Zu viele Egomanen, die unbelastet von jeglicher Fachkenntnis, dafür mit umso größerem Geltungsbefürfniss ihre unbedeutende petsönliche Meinung in jede Kamera und jedes erreichbare Mikro quatschen und anstelle dafür geteert und gefedert zu werden auch noch mit Geld entlohnt werden weil sie den Machthabern willfährig nach dem Munde reden. Zum Kotzen…....!

Peter keller / 27.10.2020

Es ist ohnehin unerheblich, welche Motoren zugelassen werden. Am Ende wird de Kohlenwasserstoff nämlich irgendwo auf der Welt ohnehin verbrannt. Mein Favorit ist übrigens immer noch die Chevy K-Baureihe mit den Diesel V8 aus den anfänglichen 80er Jahren.

Gerald Schwetlik / 27.10.2020

Überfälliger Artikel. Dieser Dudenhöfer und seine Vorhersagen und Einschätzungen nerven seit Jahren. Übrigens ist es für einen Radfahrer unerheblich, von wem er in der Stadt platt gefahren wird, von einem SUV der Monsterklasse oder von einem Tesla der Weltrettungsklasse oder von einem anderen Radfahrer, der Jetztkommeich Klasse oder von einem E Smart Kleinwagen. Platt gefahren ist platt gefahren. Eine unselige Diskussion diese SUV Diskussion. Geprägt von Neid und Oberlehrer Gehabe.

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