Der Globalismus darf nicht mit der segensreichen Globalisierung des Handels mit Realgütern verwechselt werden, einer großartigen Errungenschaft, die es zahlreichen Entwicklungsländern wie Korea, Indien oder China in den letzten Jahrzehnten ermöglicht hat, ihren komparativen Kostenvorteil zu nutzen, um sich rasch zu entwickeln und hunderte von Millionen von Menschen von bitterer Armut zu befreien. Globalismus ist hingegen eine ziemlich rücksichtslose Ideologie des global agierenden, von der Realwirtschaft entkoppelten Finanzkapitals.
Die Globalisten haben in den letzten 20 Jahren viele politische Erfolge in einem zentralen Bereich ihrer strategischen Ziele, der Abschaffung des Nationalstaats, erreicht. Ihr wahrscheinlich größter “Erfolg” war die Einführung des Euro. Der Euro ist volkswirtschaftlich für alle an ihm beteiligten Länder extrem schädlich: Die Südländer mit Handelsbilanzdefizit türmen einen tausende von Milliarden großen Schuldenberg auf, und wie die Danaiden müssen sie vergeblich versuchen, ihr bodenloses Fass von Schulden durch Austeritätsmaßnahmen, die die eigentumslosen oder -schwachen Bürger treffen, zu füllen.
Die Nordländer mit Handelsbilanzüberschuss hingegen haften für den Überkonsum der Südländer mit dem Steueraufkommen ihrer Bürger und müssen mit einer Weichwährung wirtschaften, die die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Volkswirtschaft auf Dauer zersetzt, weil sie zu zu geringer Investitionstätigkeit führt und zu einem Rückgang von Rationalisierungsmaßnahmen verleitet. Die so entstandenen finanziellen Ungleichgewichte im Billionenmaßstab können nun nur noch – wie von Anfang an beabsichtigt – durch gigantische politische Geldtransfermaßnahmen, die das Budgetrecht der Nationalstaaten im Norden und den ordnungspolitischen Gestaltungsspielraum im Süden aushöhlen, stabilisiert werden. Die verwendeten Billionen werden im Wesentlichen durch ESM, EFSF, EZB-Schuldenmonetarisierung und /TARGET-II bereitgestellt.
Doch die Handelsbilanzdefizite verschwinden nicht, weil der Euro es ermöglicht, sich immer weiter “gratis” zu verschulden, daher wird immer mehr Geld benötigt. Also braucht es weitere Transfermechanismen, um Geld von Nord nach Süd zu schaffen. Daher fordern Hans Eichel, Jürgen Habermas, Roland Koch, Friedrich Merz, Bert Rürup und Brigitte Zypries hier in einem “Aufruf” die Einführung einer europäischen Arbeitslosenversicherung. Auf die absurden Argumente des Aufrufs kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden (beispielsweise zitiert der Aufruf die neue EU-konforme Verfassungspräambel des GG, die erst nach dem Vertrag von Maastricht gewissermaßen als Perpetuum-Mobile-Klausel eingefügt wurde).
Es reicht festzustellen, dass diese Versicherung netto viele weitere hunderte Milliarden Euro von Nord nach Süd schaffen würde, da die Südländer viel höhere Arbeitslosenquoten haben als die des Nordens. Dies ist Ausdruck ihrer geringeren Produktivität, die gleichzeitig auch Ursache ihres Handelsbilanzdefizits ist. Was würde mit dem Geld geschehen? Es würde die Staatshaushalte der Südländer auf Kosten der Nordländer entlasten und den Südländern noch mehr Überkonsum in anderen Bereichen erlauben, die Transferspirale würde sich lediglich beschleunigen. Am Produktivitätsmangel, der die Probleme des Euro-Systems verursacht, würde sich hingegen – wie bisher – nichts ändern.
Eine weitere Methode, um noch mehr Geld von Nord nach Süd zu schaffen, wäre die europäische Einlagensicherung, die viele der Unterzeichner des “Aufrufs” (bei F. Merz bin ich mir nicht sicher, ich halte es aber für extrem wahrscheinlich) ebenfalls fordern. Dabei würden die Nordstaaten für die mindestens 5.000 Milliarden (5 Billionen) Euro Schulden der Lateineuropäischen Banken haften. Auch diese Haftung könnte das Euro-System aber nicht reparieren, auch sie beschleunigte die Verschuldung nur weiter.
Friedrich Merz ist also ein Befürworter des Erhalts des Euro-Systems, koste es, was es wolle. Als Wirtschaftsjurist hat er beim riesigen Vermögensverwalter Blackrock eine Top-Karriere gemacht, was bedeutet, dass er ein sehr guter betriebswirtschaftlicher Stratege sein muss. Doch entweder hat er die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge im Euro-System nicht begriffen oder er ist ein Macchiavellist, der billigend in Kauf nimmt, dass die Euro-Rettung zwar den Interessen der Blackrock-Einleger nützt, jedoch den europäischen Bürgern massiv schadet.
Was bedeutet dies politisch?
Mit dem Euro ist es den Globalisten gelungen, einen Mechanismus zu realisieren, der eine künstlich geschaffene ökonomische Not erzeugt, das perpetuelle Euro-Handelsbilanz-Ungleichgewicht, um damit gegen den Willen der Völker Europas eine politische Einheit auf fiskalischer, finanzregulatorischer und sozialpolitischer Ebene zu erzwingen. Ähnlich wie Mario Draghi ist Friedrich Merz ein extrem erfolgreicher Vertreter des globalen Finanzkapitals.
Er kennt dessen Bedürfnisse genau und schert sich offenkundig nicht um die Kollateralschäden einer radikalen Interessenpolitik. Daher befürwortet er einen weiteren Abbau nationalstaatlicher Souveränität zugunsten demokratisch-rechtsstaatlich nicht kontrollierter transnationaler Interessenverbände wie EZB, EU-Kommission und EuGH. Diese haben sich durch zwischenstaatliche Verträge, die am Souverän vorbei beschlossen wurden, den Schein staatlicher Institutionen erworben. Eine davon, der EuGH, hat sich selbst höhere Rechtssetzungsfähigkeiten als die nationalen Verfassungsgerichte zugesprochen, was diese im Wesentlichen hinnehmen. Damit dient das Euro-System einer winzigen Minderheit extrem reicher Individuen und geht auf Kosten aller anderen.
Dieses System versteht Merz viel besser als Merkel. Während Merkel auf Berater angewiesen ist, könnte Merz das ganz alleine. Der ideale Partner dafür wären die Grünen, die in ihrem utopischen Wahn tatsächlich glauben, dass es hier um Solidarität und “One World” geht.