Der Prinz, die Richterin und ein neuer Umsturzversuch

Und wieder soll eine Verschwörergruppe aus dem „Reichsbürger-Milieu" geplant haben, einen gewaltsamen Umsturz herbeizuführen, diesmal mit einem Prinzen als prospektivem Regenten. So heißt es nach einer „Anti-Terror-Razzia" in großem Stil.

Keine zwei Monate ist es her, seit wir an dieser Stelle eine kleine Chronik der doch recht abenteuerlichen Umsturzversuche vorgestellt haben, die in den letzten Jahren geplant und vereitelt worden sein sollen. Und schon wird von einem weiteren berichtet. Einem gar, der alle vorangegangenen in den Schatten stellt

Innenministerin Nancy Faeser sprach von einem „Abgrund terroristischer Bedrohung“. Bei einer groß angelegten Razzia – bis zu 3.000 Beamte aus Bund und Ländern sollen im Einsatz gewesen sein – wurden 137 Objekte durchsucht und insgesamt 25 Personen festgenommen. Einige Namen aus dem Kreis der Beschuldigten lesen sich wie ein „Who Is Who“ der Staatsfeinde, auf die man sich schon länger eingeschossen hat: Reichsbürger und vereinzelte Querdenker, die an Demonstrationen gegen die Corona-Politik teilgenommen haben, sowie die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann, deren Entfernung aus dem Richteramt wegen ihres AfD-Engagements der Berliner Senatsverwaltung bisher nicht gelungen ist. 

Und war bei der letzten vermeintlichen Umsturzplanung inklusive Entführung Karl Lauterbachs noch eine 75-jährige ehemalige Lehrerin Kopf der Verschwörer, so soll der Spiritus rector der Möchtegern-Putschisten diesmal ein Prinz aus Thüringen sein, ein gewisser Heinrich XIII Reuß. Der 71-Jährige besitzt ein Jagdschloss und ist auf den Fotos von seiner Verhaftung in Cordhose und Tweedsakko zu sehen.

Wird hier vielleicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen?

Den Beschuldigten wird vorgeworfen, eine terroristische Vereinigung gebildet zu haben, um die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen und einen Staat nach Vorbild des Deutschen Reichs von 1871 zu errichten. Weit sei die Gruppe dabei nicht gekommen, die Kabinettsposten für die Zeit nach vollzogenem Staatsstreich aber schon mal verteilt worden sein. Wie der Umsturz konkret ablaufen sollte, bleibt bisher offen – es ist, wie schon im Fall Elisabeth R., ziemlich allgemein davon die Rede, die Verschwörer hätten vorgehabt, durch „Anschläge auf die Stromversorgung bürgerkriegsähnliche Zustände herbeizuführen, sowie die Bundesregierung abzusetzen, um dann die Macht zu übernehmen.“ Sie hätten sich zum Ziel gesetzt, „die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland zu überwinden und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen.“ Ein „militärischer Arm“ habe den demokratischen Rechtsstaat auf Ebene der Gemeinden, Kreise und Kommunen beseitigen sollen.

Auch „ehemalige Soldaten der Bundeswehr sind demnach an den Umsturzplänen beteiligt“, heißt es in der BILD. Und: „Mehrere der Personen sollen nach BILD-Informationen sogar im Besitz von legal erworbenen Waffen sein.“ Dazu wüsste man schon gern ein bisschen mehr. Es wird sich doch wohl nicht nur um Jagdgewehre aus dem Schloss des graumelierten Prinzen handeln? Und wie genau sollte der Staatsstreich vonstatten gehen? Oder verteilte man bei den konspirativen Treffen des ominösen Rates aus dem Reichsbürger-Milieu mit den Kabinettsposten das Fell des Bären, bevor man einen wirklich ausgearbeiteten Plan hatte, wie er zu erlegen sei? Wie soll ein Kreis von 52 Verschwörern, von denen die Hälfte jetzt in Haft sitzt, aus der 84-Millionen-Einwohner-Republik mit seinen bewaffneten Organen im Handstreich ein Fürstentum nach dem Muster früherer Jahrhunderte machen? Mit anderen Worten: Wie groß war oder ist die Gefahr, die von den Beschuldigten ausgeht, wirklich? In Anbetracht erwiesener terroristischer Bedrohungen – denken wir an die 70er und 80er-Jahre, in denen die mit anderen Terrorgruppen wie IRA oder PLO vernetzte Rote Armee Fraktion etliche Menschen ermordete – stellt sich schon die Frage, ob hier nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird, um das Narrativ der großen Bedrohung von rechts zu stützen. 

Es wäre jedenfalls recht einfach für Faeser und Buschmann, sich aufdrängenden Zweifeln zu begegnen: es nicht auch in diesem Fall bei nebulösen Vorwürfen zu belassen, sondern harte Ermittlungsergebnisse vorzuweisen, die in den Fällen einer „Revolution Chemnitz“, eines „Franco A.“ und der betagten „Elisabeth R.“ auch nach Jahren allesamt weniger als dürftig kommuniziert wurden. Nicht jeder Spinner, der davon träumt, als Fürst im Hermelinmantel über Deutschland zu herrschen, muss eine ernstzunehmende Bedrohung sein. Und ist er es doch, dann würde man sich als Bürger auf Details des Sachverhalts freuen.

Das 19. Jahrhundert, das sich der Thüringer Prinz offenbar zurückwünscht, wird derweil von unserer Regierung symbolisch bekämpft: Außenministerin Baerbock hat das „Bismarck-Zimmer“ im Auswärtigen Amt umbenennen und das Gemälde, ein Porträt des ersten Reichskanzlers und Gründers des Auswärtigen Amtes, entfernen lassen. Auch Bismarck war ja ein Reichsbürger.

Foto: Urkunde des Dragoner-Regiments Königin Olga

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Andreas Rochow / 07.12.2022

... Fortsetzung und Ende: Er hat mich auch nicht vor dem übergriffigen und die Grundrechte einschränkenden Staat geschützt.

T. Schneegaß / 07.12.2022

@Volker Altenähr: Bei aller Lächerlichkeit dieser neuen Posse sollte man nie die Symbolik einer solchen für die Masse der schlichten Gemüter unterschätzen und auch nicht die damit getroffene “Vorsorge” für eine Schuldzuweisung des wirtschaftlichen Zusammenbruchs (siehe Plan der “Umstürzler”, die Infrastruktur der Energieversorgung anzugreifen).

Talman Rahmenschneider / 07.12.2022

Ach ja, Quelle Zitat: w-on

Sabine Richter / 07.12.2022

Meine lieben Mitforisten, lieber Herr Casula: Sie erkennen den Ernst der Lage nicht. Wir sind an einem minutiös geplanten Umsturz in letzter Minute vorbeigeschrammt: vorgestern gab es hier einen zehnminütigen (Probe-)Blackout in der gesamten Nachbarschaft. Heute (!) - die Aussendung ließ sich wohl nicht mehr stoppen - erreichte mich per Postwurfsendung eine Broschüre, in der vorgeblich der Rhein-Sieg-Kreis informiert, was bei einem längeren Strom- und Gasausfall zu tun sei - inklusive Prepping-Tips (!!) und mehr als 50 (!!!) Kontaktadressen (!!!!) im gesamten Kreis. Wenn das mal keine Anstiftung zum Aufruhr und zur Versammlung ist!!! Übermorgen hätte es garantiert diesen längeren Strom- und Gasausfall gegeben und dann hätten wir uns alle zwangskaserniert in irgendwelchen Turnhallen wiedergefunden und hätten erst nach Hause gehen dürfen, wenn wir den Treueschwur auf die Monarchie geleistet und unsere Prepping-Vorräte abgegeben hätten. Ich bin so froh, dass unsere Gröiaz Binden-Nancy den Braten gerochen und die Kavallerie mobilisiert hat! So wurden wir alle gerettet und bekommen bei Strom- und Gasausfällen das grüne Original und keine Nachahmerware!

Talman Rahmenschneider / 07.12.2022

“Nach Informationen von WELT wurden bislang eine scharfe Schusswaffe, Schreckschusswaffen, Prepper-Vorräte und Tausende Euro Bargeld gefunden.” Eine scharfe Schusswaffe. EINE! Ein paar tausend Euro. Was hat nochmal der Polizeieinsatz gekostet? Was für ein fail. Preppen ist absolut erlaubt. In den USA ist das gängig, schon wegen Yellowstone. Früher nannte man das Vorratshaltung. Meine Oma hatte den ganzen Keller voll, alles selbst eingekocht plus Kartoffeln. Ist an sich vernünftig. Nun aber, wo man diese mitgenommen hat und mutmaßlich demnächst wieder freilassen muss, kann man einen Blackout nicht auf sie schieben. Daher sieht das bislang nach einem Eigentor aus.

Jens Hofmann / 07.12.2022

Die immer mehr sichtbaren Anschläge auf die Sicherheit unserer Stromversorgung werden doch seit Jahren von den Systemparteien verübt. Wurden die jetzt etwa auch mit verhaftet?

Dr. Robert Lederer / 07.12.2022

Auch ich dachte sofort an ein Ablenkungsmanöver , köstlich der Chefredakteur der WELT dygytal, Oliver Michalsky: “Glauben Sie wirklich, so eine groß angelegte Razzia lässt sich binnen zweier Tage aufstellen.” Da mußte ich grinsen, Ein Artikelschreiber, der Herrn Michalsky planetenweit überlegen ist, Daniel Matissek auf journalistenwatch hat es in meinem Sinne formuliert: , dass hier ein offenkundig „auf Vorrat“ gelagerter Schubladenplan auf politisches Kommando hin exekutiert wurde. Da gibt es nämlich viele und immer mehr und immer mehr Mitarbeiter, Verhaltensforscher usw., die planen für alle möglichen kritischen Situationen. Und warum werden gewisse Gesetze während der Fußball WM oder auch um 1 uhr nachts beschlossen: Es geschieht nichts ohne Zufall. Die Achgut-Leser hier, die kommentierten, sie haben mich noch nie enttäuscht, wenn ich mich über den Sumpf des Niedergangs seit 2011 aufgeregt habe ... Das ist schon was.

W. Renner / 07.12.2022

Fantomas und der Prinz von Zamunda bedrohen die beste DDR aller Zeiten und Special Agent Nancy von den MAO 5 ist ihnen dicht auf der Spur. Könnte bald als Vorabend Serie laufen….

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