Dirk Maxeiner / 04.02.2017 / 07:26 / Foto: Idler / 20 / Seite ausdrucken

Der neue „Spiegel“-Titel als Selbst-Entleibung

Das Cover des „Spiegel“ von heute zeigt einen gesichtslos-wütenden Donald Trump, der mit der linken Hand einen blutbeschmierten Dolch hochreckt und in der rechten Hand triumphierend den abgeschnittenen Kopf der Freiheits-Statue hält. Daneben steht "America first". Darf man das ? Natürlich darf man das. Der "Spiegel" darf sogar weiterhin seine unverkauften Exemplare in der Linienmaschine von Hamburg nach Washington entsorgen. Und wenn ein Passagier das Heft mit dem Trump-Titel klaut und in die USA einführt, kann er auch das tun, ohne befürchten zu müssen, wegen des Besitzes ausländischer Propaganda einen Kopf kürzer gemacht zu werden. In den USA herrscht Religionsfreiheit, das gilt für Scientologen genauso wie für die Hamburger Sekte im "Spiegel"-Hochhaus an der Ericusspitze 1. Und damit ist eigentlich schon alles gesagt: Erstens handelt es sich um eine falsche Analogie. Zweitens ist man beim "Spiegel" immer dann besonders mutig, wenn keine Gefahr droht.

Was die Stilmittel des Titelbildes angeht, halten die Verantwortlichen es offenbar für besonders gelungen, sich einer von den IS-Kopfabschneidern bei der Enthauptung von US-Geiseln kultivierten Symbolik zu bedienen. Um einen solchen „Akt des reinen Bösen“ (Barack Obama) auf einen US-Präsidenten zu projizieren, der erst wenige Tage im Amt ist, muss man ziemlich lange mit den "Spiegel"-Kollegen alleine gewesen sein. Regelmässige frische Luft mit etwas Kontakt zu normalen Menschen könnte unter Umständen helfen. Die könnten zum Beispiel die Frage stellen: Warum habt ihr einen solchen Titel nicht 9/11 beim Anschlag auf die Twin-Towers in New York gemacht? Mohammed mit blutigem Dolch in der linken Hand und rechts mit dem abgeschnittenen Kopf der Freiheits-Statue? Wäre doch auch eine vereinfachende, provokante Symbolik gewesen. Die Antwort lautet: Für das Trump-Cover riskiert man maximal 140 Twitter-Zeichen aus dem Weißen Haus, für das Mohammed-Cover eine Fatwa inklusive brennender deutscher Botschaften.

Und damit kommen wir zur tatsächlichen Aussage dieses aktuellen "Spiegel"-Titelbildes: Die Gleichsetzung eines demokratisch gewählten Präsidenten mit den Kopfabschneidern des IS verrät vor allem einen Journalismus, dem der Kompass komplett abhanden gekommen ist. Die Gefahr für die Freiheit geht hier nicht in erster Linie vom islamistischen Terror aus, sondern von einem, der diese ziemlich eindeutig benennt. Und dieser politische Gegner muss mit allen Mitteln diabolisiert werden.

Für Trump trägt derzeit allenfalls das Bild von Dr. Jekyll und Mr. Hyde

Wäre es nicht klüger, ein wenig zuzuwarten, bis man eine derartige Keule herausholt? Es ist immer unfreiwillig komisch, wenn Leute, die ihre Weltgewandheit hochhalten, den rechthaberischen teutonischen Holzhammer herausholen und gar nicht merken, dass sie in ihrem Furor so deutsch sind wie Grünkohl mit Pinkel. Dieser Titel verrät genau das, wogegen die Leute vom "Spiegel" immer wieder vorgeben zu kämpfen: Die Banalität von Hetze. Wäre nicht sprühender Humor und Satire die viel unterhaltendere und intelligentere Methode, sich Donald Trump vorzuknöpfen? 

Statt dessen nimmt man nicht nur gedanklich, sondern auch gestalterisch Anleihen an unseligen Propaganda-Plakaten der Weltkriegszeiten. Der Versuch, in dem "Spiegel"-Cover vielleicht irgendeinen tröstlichen Anflug von Ironie zu entdecken, ist leider vergeblich. In der animierten Online-Darstellung tropft das Blut sogar sichtbar vom abgeschnittenen Kopf der Freiheits-Statue herunter. Die Gestalter halten das offenbar für eine tolle Idee. Technisch sind sie auf der Höhe der Zeit, intellektuell allerdings herausgefordert.

Zum jetzigen Zeitpunkt trägt in Sachen des neuen US-Präsidenten doch allenfalls das Bild von Dr. Jekyll und Mr. Hyde – man müsste sich allerdings im Detail mit ihm auseinander setzen. Aber dazu scheint man entweder nicht in der Lage oder nicht willens zu sein. Und das gilt nicht nur für den "Spiegel".

Seit Trumps Amtseinführung brechen auf allen Kanälen die klassischen Elemente von Propaganda über den Bürger herein. Und die sind: Ständige Wiederholung, moralische Aufladung und Schuldzuweisung. Die Erzählung der nächsten Monate ist mit diesem "Spiegel"-Cover vorgegeben. Egal was bis zur Bundestagswahl in Deutschland und Europa an hausgemachten Problemen auftaucht: Trump wird schuld sein.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Wolfgang Richter / 04.02.2017

Es ist dem Spiegel offenbar jedes populistische Mittel recht, um der links-grünen Stimmung im Lande folgend mit einem derartigen Mißgriff seine Umsatzzahlen zu erhöhen. Und wenn die geköpfte Freiheitsstatue auf die neuen Einreisebeschränkungen hinweisen sollte, so hat man vermutlich vergessen, a) zu erwähnen, daß es sie ähnlich auch unter dem ideologisch nahe stehenden Friedensfürsten Obama gab, b) daß aktuell die Beschlüsse der EU-Führer von Malta faktisch nichts anderes bedeuten, als die Abschottung der USA gen Süden, wobei die Funktion der Zäune und geplanten Mauer zu Mexiko praktischerweise vom Mittelmehr übernommen wird. Aber mit der Erwähnung dieser Tatsache läßt sich in Deutschland eher kein Umsatz machen. Wie sagte der Jägermeister anläßlich einer Wahlveranstaltung der Sozen u. a. “Klare Kante gegen Populisten”, wobei er natürlich solche vom Format “Spiegel” ausnimmt.

Karla Kuhn / 04.02.2017

Sie haben den Spiegel trefflich beschrieben.  Als ehemalige Leserin kann ich nur angewidert den Kopf schütteln. Ich habe das Gefühl, daß alle, die sich an Trump abarbeiten neidig sind, weil er es trotz aller Hetze (oder gerade deswegen) ins Weiße Haus geschafft hat. Und weil nicht wenige von denen keinen all zu tollen Lebenslauf aufweisen können. Dazu kommt noch, daß Trump seinen Worten sofort Taten folgen läßt. Etwas, was denjenigen, die schon länger hier leben von Seiten der Politkaste völlig fremd ist. Da müssen erst zig Gipfel veranstaltet werden und Ende wird meistens nur ein Winzling “geboren. ”  Je mehr auf ihm rumgehackt wird, um so mehr wird er Sympathisanten bekommen. Heute wieder, Trump, Trump, Trump und danach Schulz, Schulz, es ist nicht zum aushalten. In der DDR wurden wir mit Propaganda genau so zugemüllt, die meisten haben sich das Zeug gar nicht mehr angehört. Deutschland hat sehr ernste Probleme, wenn die Flüchtlingskrise nicht bald gelöst wird, wird sie unsere Nachkommen enorm belasten oder es kommt noch schlimmer ! Und die Medien und die Politik haben nichts anderes als Trump und Schulz im Angebot ? Über Schulz mache ich mir keine Gedanken, der wird hoffentlich bald Geschichte sein. Aber über Trump schon. Wie lange noch erträgt der Mann diese Anfeindungen, die undiplomatischer nicht sein können noch ? Wir sind- leider- von Amerika immer noch besetzt.  Ich kann das zwar nicht nachvollziehen aber so ist es nun mal. Wie heißt es? “Qualitätsmedien?”  Ich lach mich schief.

Thea Wilk / 04.02.2017

Vielen Dank für diese treffende Analyse. Folgende Passage des Artikel finde ich besonders bemerkenswert. Sie schreiben:  “Die Gefahr für die Freiheit geht hier nicht in erster Linie vom islamistischen Terror aus, sondern von einem, der diese ziemlich eindeutig benennt. Und dieser politische Gegner muss mit allen Mitteln diabolisiert werden.”  Frage: Wieso ist jemand, der die Gefahr für die Freiheit eindeutig benennt, ein politischer Gegner?! -  Das läßt sich m.E. nicht damit erklären, dass diesem Journalismus bloß “der Kompass komplett abhanden gekommen ist”.

Christoph Schrief / 04.02.2017

Acht Jahre Obama waren einfach zu viel für den antiamerikanischen Mob in Deutschland. Jetzt kommt der ganze aufgestaute Hass mit einem Mal an die Oberfläche.

Klaus Klinner / 04.02.2017

Man mag zu Trump stehen wie man will, dieses Cover allerdings ist lediglich jämmerlich und soll nichts, als sich dem deutschen Mainstream andienen.

Detlef Dechant / 04.02.2017

Beim letzten Fernsehduell der Präsidentschaftskandidaten wurden beide gefragt, ob sie das Ergebnis akzeptieren, wenn sie verlören. Clinton sagte “ja”, Trump äußerte sich in Richtung “das müsste man dann überlegen”. Daauf gab es einen riesigen Shitstorm in den Social Medias. Nun ist die Wahl anders ausgegangen, als alle diese Gutmenschen und Clinton-Fans und Mainstream-Medien erwartet hatten. Ich kann mich an keine demokratische Wahl in einem wetslichen richtig demokratischen Land erinnern, indem es so viele so schlechte Verlierer gegeben hat. Wenn das nicht so traurig wäre, könnte man ja sogar darüber lachen, dass die Modeprodukte der Trumptochter jetzt aufgrund von Protesten aus dem Handel genommen wurden. Was sind das für Idioten. Auch die Modemacher, die sich weigern, diese First Lady einzukleiden, sollten einmal darüber nachdenken, in welcher Demokratie sie leben. Das lustige auch dabei ist, dass Frau Trump, wahrscheinlich im Gegensatz zu vielen First Ladys vor ihr, sich doch tatsächlich das meiste an Klamotten selber kauft!!! Wie gut, dass ich ein wenig englisch verstehe und so auch die hier in Deutschland nicht von der Mainstream-Journaille zur Kenntnis genommene Berichterstattung in den USA über Trump und seine ersten Tage im Amt lesen kann, mit der mich amerikanische Freunde versorgen. Alle diese “Mitverlierer” der Wahl, die sich jetzt hyperventilierend mit einem Empörungsenthusiasmus sondergleichen auf jede kleine Äußerung, Geste und Handlung Trumps und seiner Mitstreiter stürzen, sollten besser ihre Schnappatmung einstellen, mehrmals tief durchatmen und einmal in Ruhe überlegen, warum es zu diesem Wahlergebnis gekommen ist und was das für zukünftige Wahlkämpfe - auch hier in Europa - bedeuten kann. “Lerne von Deinen Gegnern” haben schon die alten weisen Chinesen gelehrt und es ist auch zu einem meiner wichtigsten Leitsätze geworden. Aber das geht nur, wenn man die nötige Distanz einnimmt!

Thomas Rädisch / 04.02.2017

Dem Artikel ist nichts mehr hinzuzufügen! Wer den “Spiegel” jetzt noch erst nimmt, dem ist nicht mehr zu helfen.

Uwe Barsch / 04.02.2017

Hipp hipp hurra, der neue SPIEGEL ist da. Vielen Dank, Herr Maxeiner, Sie haben alles dazu gesagt. Fast könnte man meinen, der letzte Joint im Hamburger Oberstübchen war zu stark, aber das würde die Kampfansage dieser Herren (...und Damen?) verharmlosen. Meine Hoffnung ist, das dieses Cover ein politisch korrektes Eigentor wird, und selbst die linkesten Demokraten zusammenzucken lässt, angesichts solcher teutonischen Phantasien.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Dirk Maxeiner / 14.04.2024 / 06:15 / 62

Der Sonntagsfahrer: Der Augsburger Gasballon

Augsburg ist eine Stadt von Friedensfreunden. Die schritten vergangene Woche aber zur Generalmobilmachung. Grund: Das Gasnetz soll früher oder später weg. Wenn es um Friede,…/ mehr

Dirk Maxeiner / 07.04.2024 / 06:00 / 119

Der Sonntagsfahrer: Betteln um die Pleite

Trotz der gescheiterten E-Auto-Wende betteln einflussreiche Autohersteller darum, das Verbrennerverbot nicht infrage zu stellen. Die Wünsche der Kunden sind längst egal. Wer hält länger durch? Die…/ mehr

Dirk Maxeiner / 31.03.2024 / 06:15 / 58

Der Sonntagsfahrer: Ich will nachhause telefonieren

Der erhobene Zeigefinger liegt schon länger voll im Trend. Nationalspieler Antonio Rüdiger machte den ET und auch allerhand weitere Berühmtheiten gestikulieren, bis der Arzt kommt.…/ mehr

Dirk Maxeiner / 24.03.2024 / 06:15 / 88

Der Sonntagsfahrer: UN verbietet VW-Up

Handelt es sich bei einigen Autos, darunter beliebte Volkswagenmodelle, um gemeingefährliche Cyberwaffen? Nach UN-Vorschriften ja. Deshalb dürfen sie ab Juli in Europa nicht mehr verkauft werden. Was…/ mehr

Dirk Maxeiner / 17.03.2024 / 06:15 / 72

Der Sonntagsfahrer: Glückskekse von Habeck

Die Äußerungen führender Ampelpolitiker wirken wie die Botschaften, die in chinesischen Glückskeksen enthalten sind. Der Konfuzius dieser Stilrichtung ist Robert Habeck und sein treuer Knappe…/ mehr

Dirk Maxeiner / 10.03.2024 / 06:05 / 57

Der Sonntagsfahrer: Das Verbrenner-Aus-Aus

Die EU will das Verbrenner-Aus beenden und der Bundesrechnungshof charakterisiert die Energiewende als Blindgänger. Das Aus-Aus wird zum direkten Nachfolger des Doppelwumms. Als Zweikreisbremsanlage wird…/ mehr

Dirk Maxeiner / 03.03.2024 / 06:15 / 79

Der Sonntagsfahrer: E-Autos in Quarantäne

Die Mobilitätswende ist mausetot. Jetzt steigt auch noch Apple mit seinem gehypten Autoprojekt aus. Was wirklich wächst, ist die Zahl der Abstellflächen für waidwunde E-Mobile.…/ mehr

Dirk Maxeiner / 25.02.2024 / 06:10 / 53

Der Sonntagsfahrer: Brandmauer unter dem Meeresspiegel entdeckt!

In dem mitteleuropäischen Landstrich, den wir vorübergehend als Deutschland bezeichnen, scheinen Brandmauern und Schutzwälle schon mal unterzugehen. Das macht Hoffnung auf die Endlichkeit des grünen…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com