Roger Letsch / 05.02.2021 / 11:00 / Foto: Gostens / 43 / Seite ausdrucken

Der neue Honda „e“: Lösung für ein Problem, das es nicht gibt

Ehrlich, ich hab’s ja nicht so mit Autos. Trotz täglicher Verwendung habe ich ein pragmatisches Verhältnis zu meinem fahrbaren Untersatz, das fast an Ignoranz grenzt. Vier Räder, so angebracht, dass sie bis zum Boden reichen und Technik, die mich sicher von A nach B bringt, und schon bin ich zufrieden. Wenn man weit weg von U‑Bahn, S-Bahn und Die Bahn lebt, zählen eher praktische und Kostenaspekte als ein krasser Auftritt mit PS, Protz und Plüsch. Deshalb habe ich in meinem ganzen Leben höchstens zehn Autozeitschriften durchgeblättert, meistens in Wartezimmern.

Doch neuerdings sind Auto-Testberichte und Rezensionen wieder interessant geworden, sofern sie sich mit der hochgefiedelten Elektromobilität befassen. Die Welt beispielsweise befasste sich am 2. Februar sehr ausführlich mit dem Honda „e“,

Etwas ganz Besonderes sei der kleine Honda, so die Welt. Er könne auch einige Dinge besser als die Konkurrenz.

„Ein anderer Vorteil erwächst aus einer Schwäche. Die Reichweite dieses Autos ist so gering, dass von Anfang an klar ist, dass es nur für einen Ort gedacht, für einen Zweck geeignet ist. Für die Stadt. […] Beim Honda e weiß ich auch sofort, dass der gefürchtete Autobahn-Test ausfällt. Dieses Auto würde ihn nicht ansatzweise bestehen. Honda selbst gibt auch unumwunden zu, dass es sich um ein Fahrzeug für die Stadt handelt. Maximal noch geeignet für das Verbraucherprofil eines Pendlers.“

Der „gefürchtete Autobahntest“. Also ein Testbericht mit gebremstem Schaum. Denn da der „e“ den Test sowieso nicht bestehen würde, testet man gar nicht erst. Könnte Schule machen bei Abiturprüfungen im Fach Mathematik. Wir unterscheiden heute also Autos, die an bestimmten Orten nicht fahren dürfen (Diesel) und solche, die es nicht können (Elektro). Das erfüllt meiner Meinung nach die Definition von „Halbauto“. Denn ob ein Fahrzeug vollwertig ist, entscheidet sich nicht durch Hubraum, Leistung oder Antriebsart, sondern in der praktischen Nutzung. Ein Twingo spielt nach dieser Definition in derselben Mobilitätsliga wie eine Mercedes-S-Klasse, während ein Honda „e“ nicht mal mit einem rostigen VW Käfer von 1948 konkurrieren kann. Der hat nämlich keine Angst vor der Autobahn.

Habe ich da gerade „Stadtmobilität“ geschrieben?

Diese Stadtmobilität lässt sich Honda pro „e“ mit satten 39.000 Euro bezahlen. Ein Wert, der stets und sofort mit dem Hinweis auf das großzügige staatliche Subventionsangebot relativiert wird. Die gesparten 10.000 Euro bezahlt ja nicht der Kunde, sondern der Staat, und der wirtschaftet bekanntlich gut.

Doch halt mal … habe ich da gerade „Stadtmobilität“ geschrieben? Läuft in Deutschland nicht gerade ein Kampf, der das Landleben mit seinem extensiven Flächenverbrauch (Einfamilienhaus mit Grundstück) und seiner intensiven Mobilität (Pendler) zum Paria erklärt hat? Ist es nicht energetisch „unvernünftig“, an der individuellen Mobilität festzuhalten? Angesichts überlasteter Netze und der aufgrund von politischen Zwangsmaßnahmen zunehmenden Elektromobilität ist den grünen Propheten natürlich klar, dass im Elektrozeitalter unmöglich eine so große Anzahl privater PKW über die Straßen rollen kann.

Da gilt es, von freiwilligem Verzicht zu sprechen, wo eigentlich der Mangel regiert. Der deutsche Traum von Stadtflucht ins Grüne und ins Eigenheim passt nicht gut zum herbeigeplanten Energiemangel dank Energie- und Mobilitätswende. In die Städte sollst du ziehen, Vernunftbürger. In kleinen Etagenwohnungen sollst du wohnen und öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Bus und Bahn und Fahrrad frommen dem CO2-Emittenten mit schlechtem Gewissen, was soll er mit einem Stadtauto – und sei es noch so elektrisch!

Geißelt die grüne urbane Elite nicht den Platzverbrauch durch Parkflächen? Bauen nicht Städte wie Berlin den innerstädtischen Verkehr zugunsten von Radfahrern komplett um? Und wo/wie willst du deinen Honda „e“ laden, wenn deine 30 qm große Schlafbox im zwölften Stock liegt? Was sagst du da, Elektromobilist? Photovoltaik und Windkraft machen’s möglich? Doch die großen Dachflächen hat der Bauer auf dem Land, auf dessen Acker sich auch die Windmühlen drehen. Das verpönte Einfamilienhaus trägt vielleicht eine PV-Anlage, die den Eigenbedarf zumindest theoretisch deckt – das Flachdach deiner Mietskaserne im Prenzlauer Berg wohl kaum.

Wo sich Internet und Funkloch „Gute Nacht“ sagen?

Der renitente Dorfbewohner lächelt nur, wenn er die Gewissenseinflüsterungen politischer Stadtpflanzen hört, den SUV stehen zu lassen und lieber auf Bus und Bahn umzusteigen. Hier? An der „letzten Milchkanne“, wo sich Internet und Funkloch „Gute Nacht“ sagen? Wo dreimal am Tag ein Bus vorbeikommt und sonntags nur einer? Das auf dem Land noch selbstverständlich verwendete Auto hat eine minimale Auslastung von 20 Prozent, wenn man allein damit fährt. Der ÖPNV erreicht diese Auslastung im ländlichen Raum kaum, deshalb wird er auch nicht ausgebaut. Ohne eine gute Auslastung geht nämlich die energetische Rechnung nicht auf und der Verzicht auf verfügbare, verlässliche und individuelle Mobilität wird unmöglich. Wo sind eigentlich die Gerechtigkeitsfanatiker, die sich endlich kritisch mit den physikalischen Gesetzen befassen, die hier im Weg stehen?

Es fällt auf, dass der „von oben herab geträumte Traum“ (Rainer Bonhorst) vom grünen Umbau der Lebenswelt in Stadt und Land einfach nicht zu den angebotenen Lösungen passt, zu denen man die Industrie zwingt. Ein Elektroauto für die Stadt ist genauso unsinnig wie ein Fünf-Minuten-Takt für Buslinien zwischen München und Hintertupfingen. Müsste man – nur als Gedankenexperiment – nicht viel eher die ÖPNV-Verbindungen aufs Land ausdünnen und Autos in der Stadt verbieten? Stattdessen schafft man wegen der unkooperativen Physik mit der Elektromobilität die Lösung für ein Problem, das es nicht gibt: in der Stadt von A nach B zu kommen, und weicht dem eigentlichen Problem aus: dass nämlich die Elektromobilität nicht in der Lage ist, lange Strecken zu überbrücken und Stadt mit Land zu verbinden.

Und bitte, jetzt nicht „Aber Tesla“ rufen. Ich finde Autos von Elon Musk gut, weil sie der unwidersprochene Maßstab für das derzeit Machbare sind. Doch schaut man mal genauer hin, stellt man fest, dass Tesla strenggenommen nicht wirtschaftlich ist. Man lebt nicht vom Verkauf von Autos, sondern vom Verkauf von CO2-Zertifikaten. Musk nutzt also ein politisch erzeugtes Gefälle, das die Kannibalisierung einer ganzen Industrie nach sich zieht. Auch wenn ich zugeben muss, dass er das sehr gut macht.

Reserve durch Funktionsverzicht

Doch zurück zum Honda „e“, für den uns der Tester von Welt ja noch einen ganz besonderen Knüller, einen „Reservepuffer“, versprochen hat. Das soll er sein:

„Stelle ich Klimaanlage und Lüftung komplett aus, habe ich anstatt 102 Kilometer 156 km Reichweite zur Verfügung. Das ist ein innovativer Service, den ich so noch bei keinem E‑Auto gesehen haben.“ 

Wahnsinn, oder? Ich meine nicht die Erkenntnis, durch Abschaltung von Verbrauchern den Stromverbrauch zu reduzieren, sondern den Versuch, dies als „innovativen Service“ zu verkaufen. Wenn man den Honda „e“ stehenlässt, und stattdessen mit einem Dieseltaxi fährt, erhöht sich die Reichweite übrigens nochmals beträchtlich. Wusste auch wieder keiner.  Um das Motto des „Great Reset“ aufzunehmen: „Ihr werdet nicht mehr von A nach B kommen, und ihr werdet es lieben!“

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.

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Leserpost

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Reinhold R. Schmidt / 05.02.2021

Elektromobilität ist für den Ars…Wollten wir die 40 000 000 Kfz in DEU (ohne Busse und LKW)  mit Strom betreiben, sollten wir schnellstens mit dem Bau von etwa 20 Kernkraftwerken, alternativ von 100 Kohlekraft- oder Erdgaswerken oder zusätzlich 20 000 Windkraftwerken beginnen, um den dafür nötigen Strom zu produzieren. Naja das mit der Windkraft ist nur theoretisch gemeint. Ein Anruf beim Arbeitgeber am Montagmorgen, ich kann leider nicht kommen, weil am Wochenende kein Wind geweht hat, kommt möglicherweise nicht so gut an. Das Thema Tank-Infrastruktur traut man sich heute ja auch kaum anzusprechen. Mit meinem Diesel -SUV brauche ich 5 Minuten, um Treibstoff für 800 km zu laden. Bei einem Elektroauto brauche ich selbst an sogenannten Schnellladestationen insgesamt 2 Stunden bei mehrmaligen Tankstopps um Treibstoff für 800 km zu laden (dumme Physik und Chemie). D.h. ich brauche 24 mehr Tankpunkte für die Elektromobilität, also die 24-fache Fläche bisheriger Tankstellen (das bisschen zu Hause tanken von Einfamilienhausbesitzern macht wenig aus).

Tobias Meier / 05.02.2021

Honda baute in der letzten Generation des SUV namens CrV einen wunderbaren Diesel. Dieser bewegt das große Gefährt zügig aber nicht übertrieben sowohl in der Stadt als auch über Land. Dabei verbraucht er bei normaler Fahrweise je nach Jahreszeit zwischen 4,5 und 5 Liter Diesel, es könnte sogar noch weniger sein, wenn nicht regelmäßig - so alle 300-500 km der Partikelfilter gereinigt werden müsste, was durch Verbrennung eingespritzten Sprits funktioniert und daher den Spritverbrauch in dieser Zeit enorm nach oben treibt. Mit einer Tankfüllung kommt man gut 1.000 km weit. In der aktuellen Generation des CrV wurde dieser Diesel ersatzlos gestrichen, zumindest hierzulande. Stattdessen gibt es einen Hybrid zu kaufen. Verbrauch trotz E-Unterstützung höher als beim Vorgängermodell. Den Diesel-Motor ersatzlos zu streichen, dafür einen fragwürdigen Hybriden einzuführen und parallel dieses merkwürdige, völlig nutzlose e-Auto. Wahnsinn!

Stefan Hofmeister / 05.02.2021

Tja, würde man bei “modernen” Autos auf jeglichen Klimbim verzichten und vielleicht auch mal selber wieder das Fenster runterkurbeln, würde man bestimmt auch noch den ein oder anderen Liter Sprit weniger verbrauchen. Und - Pssst - jetzt erzähl ich euch noch ein Geheimnis von uns Oldtimerfahren: Was nicht dran ist, kann auch nicht kaputtgehen.

Dr Stefan Lehnhoff / 05.02.2021

Alle E- Autos jenseits von Gold Carts sind Unfug. Auch der Honda e. Allerdings ist er im Universum des Unfugs noch relativ vernünftig als reines Stadtauto konzipiert. ÖPNV ist auch Unfug! In Atlanta heißt der Marta: Metropolitan Atlanta Rapid Transit Authority. Volksmund: Moves Afroamericans regrettably through Atlanta. Go figure!

Rolf Menzen / 05.02.2021

Solange es kein E-Auto gibt, mit dem man mit einer Akkuladung von meinem Zuhause die knapp 550 km nach Berlin ohne Pause fahren kann, so wie ich mit meinem 16 Jahre alten Opel Meriva mit Benzinmotor (!), kommt mir sowas nicht in die Garage.

Lutz Herrmann / 05.02.2021

Elektrospielzeuge sind für das Gewissen und das Prestige. Weiß doch jeder grünwählende Minderleister.

Hans Meier / 05.02.2021

Der Verbraucherschutz und das Kartellverbot wird absichtlich vorsätzlich missachtet, indem man den Fahrzeugbestand der Bevölkerung, durch Kartellprivilegien ( E-Fahrzeuge ) und Fahrverbote für konventionelle Fahrzeuge, als politische Willkür des Merkel-Regimes aufgebrummt bekommt. Eigentlich ist diese hohe kriminelle Energie, mit der das Wettbewerbsrecht ausgehebelt und organisierte Vermögensumverteilung durch politischen Lobbyismus in dieser absurden, totalitären Form, nie deutlicher geworden, als „in den Wende-Projekten“ der Kanzlerin, die damit gegen alle Bürgerrechte frontal vorgeht. Die Autofahrer werden von einer bösartigen alten Hexe in Abhängigkeit genommen, die wie im Märchen, Zaubersprüche für Bekloppte brabbelt. „E-Autohersteller subventionieren, normale Autofahrer sanktionieren und die Großkraftwerke zur Stromversorgung abschalten“ offenbart Schizophrenie. Wer hier nicht sieht wer „das Rad ab hat“ glaubt auch an Merkels Familienglück im Kreise ihrer gesunden Familie.

Heiko Stadler / 05.02.2021

Mir persönlich sind Autos, die nicht dürfen, also Diesel-Pkw, lieber als Autos, die nicht können. Mit dem Impfen halte ich es genauso: Lieber lasse ich mich nicht impfen, um dann nichts mehr zu dürfen, als dass ich mich impfen lasse, um dann (dank Autoimmunreaktion) nichts mehr zu können. Ersteres verdirbt mir nicht die Hoffnung auf eine rosige Zukunft, denn jedes totalitäre Regime hat eine begrenzte Haltbarkeit.

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