Hans Hofmann-Reinecke, Gastautor / 07.03.2020 / 12:00 / 25 / Seite ausdrucken

Der neue heilige Gral

Während die Anti-Atomkraft-Bewegung aus den Siebzigerjahren lediglich religiöse Züge hatte, so ist es mit der Energiewende gelungen, eine komplett neue Glaubensrichtung zu schaffen, zu der sich Deutschland mehrheitlich und offen bekennt. Sie nimmt das Vakuum ein, welches der Zerfall des Christentums hinterlassen und der gedeihende Islam noch nicht gefüllt haben.

Ähnlich wie einst die katholische Kirche, etwa während der spanischen Inquisition, so kennt auch diese neue Religion wenig Toleranz gegenüber Andersdenkenden. Ein deutscher Politiker, der heute sagt: „Das Programm unserer Partei kümmert sich weder um Nachhaltigkeit noch Klimawandel, und das ist gut so!“, hätte seine Karriere damit beendet; er würde zur Persona non grata auf deutschem politischen Parkett. Ein anderer, der proklamiert: „Das Programm unserer Partei kümmert sich nur wenig um christliche Ideen, und das ist gut so!“, wird kaum beachtet, vielleicht aber von der Linken mit Applaus bedacht.

Nicht nur aus der Politik, aus dem bürgerlichen Alltag sind christliche Elemente ebenso verschwunden. Was sind Pfingsten und Himmelfahrt? Tage, an denen man nicht arbeiten muss. Was ist Konfirmation? Ein Jahrmarkt der Eitelkeiten für die Teenies und ihre Eltern.

Vielleicht wenden Sie ein, dass Persönlichkeiten wie Margot Käßmann und Heinrich Bedford-Strohm uns täglich demonstrieren, wie lebendig das Christentum in Deutschland ist. Vielleicht weisen Sie auch darauf hin, welch enorme Anstrengungen gemacht werden, um christliche Baudenkmäler in gutem Zustand zu erhalten. Die Nikolaikirche in Potsdam oder die Frauenkirche in Dresden leuchten heute in hellerem Glanz als je zuvor. Tatsächlich? Vergessen Sie nicht, bei allen Leistungen zur Wiederherstellung dieser imposanten Gotteshäuser, dass es mehr als nur Steine und teuren Zierrats bedarf, um eine Kirche zu bauen.

Der neue heilige Gral

Der Abschied vom Christentum in Deutschland wurde nun durch einen wenig beachteten, aber sehr symbolträchtigen Festakt zwischen kirchlichen und zivilen Autoritäten besiegelt. Erinnern Sie sich an den Deutschland-Besuch von Papst Benedikt XVI. vor acht Jahren, im September 2011? Bei dieser Gelegenheit kam er auch in die Stadt Freiburg im Land Baden-Württemberg. Hier, an der südwestlichen Ecke der Bundesrepublik, kamen damals sowohl der Landesvater als auch der Oberbürgermeister aus der Partei der Grünen.

Bei der Begrüßung des Heiligen Vaters durch die lokalen Würdenträger wurden in freundlicher Atmosphäre Geschenke übergeben, darunter ein ganz besonderes Präsent: eine silberne Schale, die nicht etwa von einem Kruzifix gekrönt war, sondern einer Kugel, die sich bei Sonnenschein dreht – dank eines integrierten Solarantriebs.

Das richtige Geschenk zu finden, ist nie eine leichte Sache, insbesondere bei jemandem, der schon alles hat. Die Solarschüssel war da ein recht origineller Einfall, der gleichzeitig sehr gut den deutschen Zeitgeist ausdrückte. Das kleine Sonnenkraftwerk sagte dem Papst in aller Deutlichkeit: „Bleib uns vom Leib mit deinem lieben Jesus und seinen zehn Geboten, das ist Schnee von vorgestern; im Deutschland von heute ist alternative Energie das Allerheiligste. Unsere Kathedralen haben keine Kreuze mehr, sondern drei Flügel, die sich im Wind drehen.“

Wann ist die neue Stunde null?

Das Geschenk war also eine deutliche Lektion für den Besucher vom Vatikan. Da war aber noch ein anderer Aspekt, und wir werden nie erfahren, ob es sich dabei um eine gewollte Anspielung handelte oder um ignorante Taktlosigkeit.

Bekanntlich begleitet auf geheimnisvolle Art und Weise ein in Form und Ausmaßen ähnliches Gefäß die Geschichte des Christentums seit seiner Entstehung: der Heilige Gral! Er ist ein Gefäß, welches der Sage nach von Jesus Christus beim letzten Abendmahl benutzt wurde oder, in einer anderen Version der Legende, zur Aufbewahrung seines Blutes diente.

Mit der Übergabe des neuen heiligen Grals in die Hände des 265. Nachfolgers des heiligen Petrus wurde gewissermaßen ein feierlicher Akt vollzogen, der nicht den Tod Christi beklagte, sondern das Auferstehen einer neuen Religion feierte. Der Heilige Gral 2.0 ist da und er heißt Nachhaltigkeit. Wäre das nicht ein Anlass für die Einführung einer neuen Zeitrechnung? Ist es heute noch angemessen, die Jahre ab Christi Geburt zu rechnen?

Ab wann aber sollte man denn jetzt zu zählen beginnen? Wann ist oder war die neue Stunde null? Ich hätte da einen Vorschlag. Nehmen wir das Jahr der Übergabe des neuen Grals, 2011, und ersetzen Weihnachten durch den erwähnten Tag im November als „Nachhaltigkeitsfest“, zweitägig. Und das mit dem 29. Februar, der kürzlich wieder alle Kalender durcheinander brachte, das könnte man bei der Gelegenheit auch korrigieren.

 

Dieser Artikel erschien zuerst auf Hans Hofmann-Reineckes Blog Think Again und im BuchGrün und Dumm“.

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Leserpost

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Karsten Dörre / 07.03.2020

Jesus hat Jerusalem schon lange verlassen. Nach 1200 Jahren Christentum waren die Kreuzzüge gegen den Islam voll im Gang. Nach 1200 Jahren Islam ist Dschihad voll im Gang. Das Christentum ist nach 2000 Jahren am Ende. Wir müssen uns noch auf 800 Jahre Islam einrichten. In dieser Zeit wird die neue Religion religiöse Kämpfe gegen den Islam kämpfen müssen. Hoffentlich kapieren es auch die Ersatz-Religiösen.

Johannes Fritz / 07.03.2020

Wie König Salomo schon wusste: «Alles hat er schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt [...]».  Der Mensch ist schlicht so geschaffen und wie völlig richtig festgestellt wird, huldigt nun eben eine größere Zahl der schon länger hier lebenden Greta, der Hohenpriesterin der Klimakirche, auf dass sie für uns eintreten möge. Es werden auch gerne Opfer gebracht, beispielsweise durch Steuern und Abgaben. Kein Wunder, dass die Politik da kreativ wird im Erfinden derselben. Würde ich auch so machen, um Geld für tolle Projekte zu bekommen. Das kann dabei herauskommen, wenn man den lebendigen Gott durch einen leblosen Götzen namens Klima ersetzt.

sybille eden / 07.03.2020

Hier irren sie Herr Schriever ! Jesus wurde sehr wohl an ein Kreuz genagelt, nur sahen diese Kreuze nicht so aus wie wir sie kennen. Diese sind eine Erfindung Kaiser Konstantins und nichts anderes als ein früher PR Akt. Die römischen Strafkreuze waren einfache ,aus starken Ästen gefertigten Kreuze in der Form eines X (!) und standen auf dem Boden mit einem hinteren Halte- ast. Verurteilte konnten so einfach schräg nach hinten daran gelehnt werden und befestigt. Dokumentiert übrigens auf dem ältesten Zeichen des Chrisentums ! Nur mit dieser Art Kreuz war es den Römern möglich, tausende hinzurichten, die verdursteten und verhungerten. Mit einem Kreuz wie wir es kennen wäre es technisch unmöglich gewesen. Hierfür gibt es mittlerweile archäologische Beweise ,z.B. in Knochenfunden von hingerichteten. Natürlich sieht dieses einfache Kreuz lange nicht so martialisch und dramatisch aus wie das von Konstantin kreierte. Aber genau das war ja die Absicht des klugen Kaisers. Ein ehrfurchtsvolles und anbetungwürdiges Götzenbild zu schaffen das die Menschen in Demut erschauern lässt. Nun ,daß hat er garnichtmal so schlecht hinbekommen.

Martin Hesse / 07.03.2020

@Uwe Dippel Sie sollten einen Text lieber zweimal lesen, bevor Sie sich mit einem Post dazu dermaßen blamierern. Mit dem Satz “Unsere Kathedralen haben keine Kreuze mehr, sondern drei Flügel, die sich im Wind drehen.“ ist doch offensichtlich nicht das Geschenk an Papst Benedikt gemeint, sondern diese Dinger, die jetzt überall rumstehen. “Das kleine Sonnenkraftwerk” für den Papst war keine Lichtmühle - wer würde die als Kraftwerk bezeichnen? - , sondern, wie man lesen kann, wenn man es kann, eine Kugel mit Solarantrieb.

M.Steinbach / 07.03.2020

Was käßmann und Bedford-strohm von sich geben hat überhaupt nichts mit dem christlichen Glauben zu tun. Sie und ihresgleichen haben schon längst das verlassen was das christentum ausmacht, und das ist eine persönliche Beziehung zu Jesus christus. Wo diese fehlt, wird sich immer ein anderer „Glaube“ breit machen, sei es das Geld, Sex, hobbies, oder auch der Islam.

Wolfgang Kaufmann / 07.03.2020

Religion zeigt sich nicht in Lippenbekenntnissen. Religion zeigt sich in extremis. – Bleiben Sie mir also vom Leib mit feisten Figuren, die ihre Kunden mit einer weltfremden Wellness abspeisen, die das Volk nur süchtig macht nach immer mehr vom gleichen Stoff, zumal den historisch belasteten Michel und die Micheline. – Das Stück von 2015 soll dieses Jahr nochmal aufgeführt werden. Statt „qui tollis peccata“ (der du die Sünde hinwegnimmst) wird also die Schuld zum probaten Geschäftsmodell, zum Opium. Mit Religion hat das nichts zu tun. Vielmehr sind unsere Theologen zu politischen Propagandisten mutiert, welche die moralische Überheblichkeit des Homo Bonus Germanicus als Heils-Surrogat vertickern. Mit riesigen Nebenwirkungen.

Johannes Schuster / 07.03.2020

Verehrter Autor: Das Dach von Block 4 ist keine Religion, es ist die Himmelfahrt. Das Graphit in Prypjat ist keine linke Erfindung, es ist eine physikalische Tatsache, die Krebsrate in der Ukraine und Weißrussland ist eine Tatsache und keine Glaubensfrage. Die sozialen und persönlichen Folgen sind keine Einbildung und die Messungen von Tschetscherow sind auch keine Religionsstunde. Legassow hat sich in Anbetracht der Größenordnung des Geschehens und seiner Krankheit umgebracht. Ich muß feststellen, daß die Gläubigkeit an den Fortschritt und die Atomkraft eine Religion ist - Progress - wie in der UdSSR. Die hier schreiben, schreiben wie glühende Kommunisten vor 1986, die die Atomkraft feierten. So sehr unterscheidet sich der deutsche Kapitalist vom Plangläubigen nicht, die Götze der (Kern) Spaltung ist die gleiche. Weder die V2 noch das Atom sind für den Menschen notwendig, oder um Rabbi Friedman zu zitieren: You are not needy - god is needy. Und Gott braucht die Kernspaltung nicht ohne die Weißheit, das sich diese Technik diskreditiert hat. Gemessen an des Kosten der Endlagerung (Asse ist Klasse) ist sie zudem der unwirtschaftlichste Schrott, der je erfunden wurde.

Alexander Schilling / 07.03.2020

Der Klerus der neuen Gralsreligion—ihre Priester und Hohepriester, Bischöfe und Propheten, Messdiener und Exorzisten (jedweden Geschlechts)—sind keineswegs etwa die Politiker (und seien sie noch so grün angepinselt): die stellen, wenn überhaupt, die Tempelpolizei. Es sind die Medienmacher, die sich hinter ihren Aushängeschildern (den ‘Missionaren’ und ‘Predigern’) verbergen, bisweilen selbst aus der Mission in den Vatikan oder das Wittenberg der neuen Gralsreligion (Köln und Mainz) nachgerückt und dort die Hierarchie hochgeklettert sind, neben ihren Pfründen bereits eigene Kirchensteuern kassieren, und im Übrigen (auchgut!) schon ihren K.-H. Deschner gefunden haben…

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