Phil Mullan, Gastautor / 19.08.2020 / 16:00 / Foto: NARA / 9 / Seite ausdrucken

Der Neoliberalismus, das rätselhafte Wesen (1)

Von Phil Mullan.

„Neoliberalimus“ wird heute meist als Schimpfwort für das gebraucht, was einigen Linken am Kapitalismus nicht gefällt. So werden alle widersprüchlichen Phänomene des aktuellen Lebens wie etwa stagnierende Reallöhne, Ungleichheit oder Umweltzerstörung regelmäßig dem „Neoliberalismus“ angekreidet, als sei das ausreichend, um diese Entwicklungen und zugleich den Neoliberalismus zu verdammen.

Wenn Kommentatoren sich bemühen, über die bloße negative Bewertung hinauszugehen, sehen sie den Neoliberalismus meist als anglo-amerikanisches Phänomen, wobei die Chicagoer Schule der Wirtschaftswissenschaften, Ronald Reagan und Margaret Thatcher als Hauptprotagonisten gelten. Die Wahrheit ist jedoch ein wenig anders. Der intellektuelle Ursprung des Neoliberalismus ist nämlich deutlich zentraleuropäischer als britisch oder amerikanisch.

Carl Menger, der Gründer der neoliberalen österreichischen Schule der Ökonomie, der 1921 starb, wurde im heutigen Polen geboren. Und die beiden führenden Figuren, die im 20. Jahrhundert prominent wurden, kamen auch aus Zentral- und Osteuropa.
Ludwig von Mises war Ukrainer, und Friedrich August von Hayek wurde in Wien geboren. Diese Denker erlebten die russische Revolution von 1917 und später Stalinismus und Faschismus sehr unmittelbar.

Der Neoliberalismus war zudem nie einfach eine ökonomische Lehre, sondern in erster Linie ein politisches Projekt. Es entstand teilweise aus einer Kritik der Verbreitung der nationalen Souveränität nach der Auflösung der Imperien nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. Neben dem Ende der deutschen und russischen Monarchien endeten auch das osmanische und das österreichisch-ungarische Reich. Viele neue Nationalstaaten entstanden an ihrer Stelle.

Führung der Wirtschaft von der Nation getrennt

Die Denker, die sich später Neoliberale nannten, standen dieser Entwicklung feindselig
gegenüber. Sie betrachteten die nationale Souveränität als eine Barriere gegen die
„universellen ökonomischen Freiheiten“, deren Fürsprecher sie waren. Ihre Alternative zur Nation war eine Mischung von „Weltregierung“ und „individueller Freiheit des Konsumenten“. So waren viele der Gründer der 1947 gegründeten und berühmten Mont-Pélerin-Gesellschaft, darunter nicht zuletzt von Mises und Hayek, im Kaiserreich aufgewachsen, um der nun untergegangenen österreichisch-ungarischen Monarchie zu dienen. Sie waren unglücklich über ihre Auflösung und begannen, das alte Reich und eine weitere untergegangene Institution, den Völkerbund, als gute Modelle für eine internationale Föderation zu preisen. Solche Nationalstaatsgrenzen überschreitende Organisationen waren ihrer Ansicht nach geeignet, wirtschaftliche Einheit zwischen den Ländern herzustellen und die Vorteile einer größeren Arbeitsteilung sicherzustellen.

In den 1930er Jahren waren die Neoliberalen am deutlichsten für die supranationale
staatliche Intervention, um die auf privatem Eigentum bestehende kapitalistische Ordnung zu sichern. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs schlug von Mises vor, den Völkerbund in eine internationale Regierung zu verwandeln. Er hoffte, damit die freie Bewegung von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Menschen zu sichern, und nahm damit die „vier Freiheiten“ des Binnenmarkts der Europäischen Union voraus. Zweifellos glaubte von Mises an die „unsichtbare Hand“ des Markts. Aber er glaubte auch, der freie Markt benötige die „eiserne Hand“ – um eine Formulierung des Historikers Quinn Slobodian zu gebrauchen – eines supranationalen Staats, um ihn zu schützen (1).

Die meisten Neoliberalen, darunter von Mises, Hayek und Robbins, nahmen es hin, dass der Nationalstaat nicht einfach verschwinden würde. Stattdessen schlugen sie eine Art „Doppelregierung“ vor: Es würde sowohl nationale als auch supranationale Staaten geben. Was sie als „kulturelle“ Angelegenheiten bezeichneten, könnte nach wie vor auf nationaler Ebene geregelt werden, aber die Führung der Wirtschaft würde von der Nation getrennt und auf Weltebene verfolgt. Dieses System der „Doppelregierung“ galt ihnen als Möglichkeit, ihr Ziel zu realisieren: die Trennung der Politik von der Ökonomie.

Entpolitisierung der Wirtschaftspolitik

Die Doppelregierung würde die Herrschaft des Nationalstaats von der Herrschaft des
Kapitals und Privateigentums trennen. Damit wäre die Trennung zwischen dem, was die
Neoliberalen imperium (die Herrschaft des Volks) und dominium (die Herrschaft der Dinge) vollzogen. Sie wollten die Wirtschaft dauerhaft entpolitisieren und, befreit von der Einmischung des Volks und der Politik, von einem nicht politischen supranationalen Staat lenken lassen.

Neoliberale und die beginnenden globalistischen Ideen nahmen auch die folgende
Entpolitisierung der Wirtschaftspolitik vorweg, die in den letzten Jahren so offensichtlich
geworden ist. Seit den 1980er Jahren wurde insbesondere in den westlichen Ländern die Politik an nicht rechenschaftspflichtige Institutionen ausgelagert, darunter die unabhängigen Zentralbanken und, vor allem, die EU. Nationale Politiker in ganz Europa haben ihre Macht, Verantwortung und gelegentlich auch bequeme Schuldzuweisungen an den Apparat in Brüssel delegiert. Der Rechenschaftspflicht für die Politik im eigenen Land kann ausgewichen werden, wenn man sagt, „EU-Regeln“ stehen den Wünschen der Bevölkerung entgegen.

Auf der einen Seite nahmen die Ideen aus der Zeit zwischen den Weltkriegen den
ökonomischen Rahmen der Nachkriegszeit mit dem IWF, der Internationalen Bank für
Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD), anschließend Weltbank genannt, das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (Gatt) und der Europäischen Gemeinschaft (später die EU) vorweg. Auf der anderen Seite dachten viele Neoliberale, als diese Institutionen tatsächlich eingerichtet wurden, sie seien mangelhaft, da sie immer noch den Nationalstaaten zu viel Macht gaben.

„Schutz der Privatwirtschaft vor dem Staat primäre Idee hinter der Gründung der EU“

Aber das hinderte die Neoliberalen nicht daran, im neuen Regime Positionen einzunehmen. Die deutsche Version des Neoliberalismus, der 1950 in Ordoliberalismus umbenannt wurde, war wahrscheinlich am explizitesten in ihrer Betonung der Verantwortlichkeiten des Staates. Vor dem Krieg kam der Gründer des Ordoliberalismus, Walter Eucken, von der Freiburger Schule, die einen „starken Staat“ forderte, um über den Interessen von Lobbys zu stehen.

Der Politikwissenschaftler Werner Bonefeld meint, diese Form des Neoliberalismus betrachtete die Beziehung zwischen Markt und Staat als die zwischen einer freien
Marktwirtschaft und einem starken Staat. In diesem Sinn beschrieb auch Lars Feld, der aktuelle Direktor des Walter Eucken Instituts (nach Euckens Tod Mitte der fünfziger Jahre gegründet), den „klassischen Neoliberalismus“ als eine durch die Regierung bereitgestellte regelbasierte, konstitutionelle und rechtliche Ordnung, um die Märkte zu kontrollieren. Um den „freien Markt“ nicht zu beschränken, sollten Regierungen nicht in die alltäglichen wirtschaftlichen Entscheidungen eingreifen.

Feld beschreibt den Staat als die „konzentrierte Macht“ des Systems der Freiheit. Bonefeld meint daher, dass der Ordoliberalismus sich am besten als ein autoritärer Liberalismus bezeichnen lässt, der in Form der EU realisiert worden sei (2). Jan Tumlir, Rechtsanwalt und Chefökonom des GATT über fast zwei Jahrzehnte (von 1967 bis 1985) und Globalist aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, betrachtete auch die EU als neoliberal. Wie er 1983 schrieb, war „der Schutz der Privatwirtschaft vor dem Staat die primäre Idee hinter der Gründung der EU“ (3).

Hayek verfolgte die gleiche Herangehensweise, indem er für globale Institutionen plädierte, die den Kapitalismus schützen sollten. Für ihn bedeutete das, was er als „negatives Recht“ ausländischer Investitionen bezeichnete, frei von Enteignungen zu sein und das Recht, Kapital frei über nationale Grenzen hinweg zu bewegen. Deshalb sind viele Neoliberale von der Wirtschafts- und Währungsunion (EMU), der EU und
der unabhängigen Europäischen Zentralbank (EZB) so begeistert. Sie sollen eine
„wirtschaftliche Verfassung“ für Europa darstellen. Viele Neoliberale unterstützen in ähnlicher Weise auch die Investor-Staat Streitbeilegungs-Paragraphen in jüngsten großen Handelsvereinbarungen, die Unternehmen, die in fremden Staaten agieren, Rechte gegenüber dem jeweiligen Nationalstaat einräumen.

Die Treiber der globalen Ordnung

Die Realisierung der beschränkten Idee der „Doppelregierung“ nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte die Koexistenz des Nationalstaats neben einer Reihe internationaler
Körperschaften. Das Ziel war die Errichtung einer stärker kontrollierten Staatenwelt, als der Völkerbund sie herstellen konnte. Diese Bestrebung wurde aus den schrecklichen
Erfahrungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geboren. Während die US-Hegemonie eine Voraussetzung für diese Nachkriegsordnung war, bleibt es wichtig festzuhalten, dass Kontinentaleuropäer die Formen, die diese neue Ordnung gewinnen sollte, maßgeblich beeinflussten.

Dahinter steht die Tatsache, dass die bedrückenden Ergebnisse, auf die die
Nachkriegsordnung die Antwort war, am deutlichsten in den im Krieg von Deutschland
besetzten und vom Krieg zerrissenen Gebieten Zentraleuropas waren. Drei Sorgen motivierten die Architekten der Nachkriegsordnung in Europa. Die erste war die
Furcht vor einem Wiedererstarken des Faschismus, vor internationalem Konflikt und letztlich einem weiteren Weltkrieg.

Zweitens waren sie besorgt über den Zusammenbruch des Wirtschaftssystems, so wie er in den 1930er Jahren sich beinahe ereignet hatte. Und drittens hatten sie Furcht vor der Macht der Massen, also den Menschen, die selbst die Dinge regeln könnten. Diese letztgenannte Angst war seit der Russischen Revolution zusehends gewachsen. Sie
wurde verstärkt durch die (irrtümliche) Annahme, dass Hitler und die Nazis 1933 demokratisch gewählt worden seien (4). Die Verbindung dieser drei Sorgen, die ich noch näher betrachten werde, hilft, die Politik und das Verhalten der Globalisten in der Nachkriegszeit zu verstehen.

„Nationalstaaten haben viel von ihrem Anspruch auf ‚Optimalität‘ verloren“

Für Globalisten war die unmittelbare Sorge die vor einem Wiederaufflammen internationaler Konflikte. Es ist nicht überraschend, dass der Begriff Globalismus bald nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs an Bedeutung gewann (5). Der Ausbruch des Krieges 1939 markierte den Beginn des ersten wirklich globalen Krieges.

Im Ersten Weltkrieg hatte es zwar Kämpfe in Afrika und Asien gegeben, aber dieser frühere Krieg wurde hauptsächlich auf europäischem Boden gekämpft. Manche sagen, der Erste Weltkrieg wurde so erst 1939 bezeichnet. Die Zeitschrift „Time“ soll diesen Begriff 1939 als erste in ihrer Ausgabe vom 12. Juni 1939 geprägt haben. Vor dem Hintergrund dieser neuen Gefahr eines globalen Kriegs wandte man sich bald der Idee der Notwendigkeit eines globalen Plans für die Nachkriegsordnung zu.

Erstmals betonten die Globalisten jetzt das Globale anstelle des Nationalen. Rosenboim
beschreibt, wie aus dem Trauma des Krieges ein transnationales Netzwerk globalistischer Denker entstand. Die brutalen Konsequenzen der Maßnahmen souveräner Staaten wie Deutschland und Japan schienen jede frühere Schätzung der Vorteile nationaler Souveränität beiseite gefegt zu haben. Fritz Scharpf, ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung, schrieb, dass nach 1945 politische Autorität auf Ebene des Nationalstaats viel von ihrem Anspruch auf „Optimalität“ verloren habe (6).

Vision für eine dauerhafte Ordnung nach dem Krieg

Scharpf befand sich in guter Gesellschaft. Internationalisten diverser Richtungen
beschimpften die nur „an sich selbst“ interessierten souveränen Staaten als Verursacher des Krieges und hinterfragten die Wirksamkeit des Nationalstaats als alleinige politische Ordnungsmacht. Da eine Föderation demokratischer Staaten notwendig gewesen war, um den Faschismus zu besiegen, schien eine ähnliche Art kollektiver Bemühung eine angemessene Vision für eine dauerhafte Ordnung nach dem Krieg zu sein. Außerdem war klar, dass eine lose Vereinigung wie der Völkerbund nicht ausreichen würde, um den Frieden zu sichern.

Instinktiv ergriff man daher die technokratische Methode, Regeln und institutionelle Systeme einzurichten, um die internationale Kooperation zu festigen. Daher war das internationale monetäre System von Bretton Woods zur Regulierung der Wechselkurse sowie die Einrichtung des IWF und der Weltbank eine Priorität der Globalisten im Jahre 1944, zu einer Zeit, als das Blutbad in Europa und Asien noch nicht beendet war.

Diese internationalen Arrangements wurden errichtet, um eine Wiederholung der
chaotischen Situation zwischen den beiden Weltkriegen zu verhindern. Die UN wurden 1945 in San Francisco geboren. Lord Cecil, der vor der ersten Versammlung des Völkerbunds im Jahre 1920 gesprochen hatte, erklärte: „Der Völkerbund ist tot. Lang leben die Vereinten Nationen.“ Ein Jahr später, 1947, wurde GATT („Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen“) gegründet.

GATT verkörperte das bevorzugte und versöhnliche Narrativ über die Ursachen des Zweiten Weltkriegs. Man betonte ökonomische statt politische Ursachen und beschuldigte eine Eskalation, die mit dem Einsatz diskriminierender Handelspolitiken, vor allem durch Zölle, den Krieg heraufbeschworen habe. Daher verpflichtete der erste Artikel von GATT auch dessen Mitglieder zur Nichtdiskriminierung. Die sogenannte „Meistbegünstigungsklausel“ schrieb vor, dass Handelskonzessionen, die einem Land gewährt werden, sofort und ohne weitere Bedingungen auch allen anderen Ländern gewährt werden müssen.

Die Nation einfach zu begrenzt, um allein wirksam zu sein

Die Einhaltung dieser Bedingung würde, so glaubte man, die diskriminierende Handelspolitik verhindern, die in den 1930er Jahren verfolgt wurde und anscheinend zum Zweiten Weltkrieg zwischen den Großmächten geführt hatte. Ähnliche Einstellungen verkörperte auch das Gründungsdokument der UN, deren Mitglieder
zusammengekommen waren, um „nachfolgende Generationen vor der Plage des Krieges zu bewahren“. Ein kollektives Vorgehen bei der Problemlösung schien den Führern sehr attraktiv, die zweimal in ihrer Lebenszeit gesehen hatten, dass Kriege „der Menschheit unermessliches Leid“ bringen (7).

Doch dieser Aufruf zur Verantwortung an die Mitgliedsstaaten hatte zur Folge, dass manche Globalisten seinerzeit offen ihre Enttäuschung darüber zeigten, dass die UN-Charta noch immer die Souveränität der Nationalstaaten proklamierte. Intellektuelle, von H. G. Wells und Barbara Wooton bis zu Hayek, gaben ihrer Enttäuschung über die Schaffung einer internationalen Organisation Ausdruck, die von der Souveränität der Mitgliedsstaaten abhing und sie festigte.

Diese Abhängigkeit war aber das Ergebnis der entscheidenden Rolle, die der Nationalstaat in der gemeinsamen Verfolgung und dem Gewinnen des Krieges gespielt
hatte. Diese Tatsache dämpfte nun, da der Krieg vorbei war, die Idee der vollständigen
Eindämmung der Rolle des Nationalstaats.

Die organisierte Planung, die den Alliierten den Sieg im Weltkrieg ermöglicht hatte, hatte selbst rechte Denker beeindruckt. Sie argumentierten nun, dass in dem neuen globalen Raum, der sich entwickelt hatte, die Nation einfach zu begrenzt war, um allein wirksam zu sein. Daher forderten sie eine Form internationaler Organisation, während gleichzeitig der neu gestaltete Nationalstaat eine Rolle bewahren sollte. Schließlich stimmten die meisten Globalisten der Konstruktion einer neuen Ordnung um die bestehenden Nationalstaaten zu, deren Macht begrenzt, aber nicht abgeschafft wurde.

Lesen Sie morgen: Im zweiten Teil geht es um die Sorge der Architekten der Nachkriegsordnung vor einem Zusammenbruch des Wirtschaftssystems, wie er sich in den 1930er Jahren beinahe ereignet hätte.

Dieser Beitrag ist zuerst beim britischen Novo-Partnermagazin Spiked erschienen.

Aus dem Englischen übersetzt von Sabine Reul.

 

Phil Mullan ist Schriftsteller und Ökonom, der zu wirtschaftlichen und demografischen Themen forscht, schreibt und Vorträge hält. Derzeit arbeitet Mullan selbständig, nachdem er acht Jahre in leitenden Managementpositionen bei „Easynet Global Services“ tätig war, einem internationalen Unternehmen für Kommunikationsdienstleistungen. Zuvor war er Geschäftsführer des Internet-Dienstleistungs- und Schulungsunternehmens „Cybercafé Ltd“.

Mehr von Phil Mullan lesen Sie im aktuellen Buch „Die Zombiewirtschaft – Warum die Politik Innovation behindert und die Unternehmen in Deutschland zu Wohlstandsbremsen geworden sind“ von Alexander Horn, Phil Mullan und Michael von Prollius.

 

Weitere Quellen

(1) Quinn Slobodian: „Globalists: The End of Empire and the Birth of Neoliberalism”, Harvard University Press 2018, S. 111.

(2) Werner Bonefeld: „Authoritarian Liberalism: From Schmitt via Ordoliberalism to the Euro” in: Critical Sociology 43, 4/5, Juli 2017.

(3) Jan Tumlir: „Strong and Weak Elements in the Concept of European Integration” in: Fritz Machlup et al. (Hg.): „Reflections on a Troubled World Economy: Essays in Honour of Herbert Giersch”, St Martin’s Press 1983, S. 36.

(4) Wie Ian Kershaws „Hitler, 1889–1936: Hubris“ zeigt, gab es schon vor den Wahlen von März 1933 antidemokratische Zustände in Deutschland.

(5) Or Rosenboim: „The Emergence of Globalism: Visions of World Order in Britain and the United States, 1939–1950”, Princeton University Press 2017.

(6) Fritz Scharpf: „The joint-decision trap: Lessons from German federalism and European integration” in: Public Administration 66/3, 1988, S. 240.

(7) Präambel der Charta der Vereinten Nationen.

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Leserpost

netiquette:

sybille eden / 19.08.2020

Lieber Herr BROX, von Hajek und von Mieses haben diese Gefahr sehr wohl erkannt ! Und sie haben darüber hinaus auch Lösungen für deren Abwehr gefunden und beschrieben .

Marc Greiner / 19.08.2020

@sybille eden————-Danke für die Infos. Dachte ich eigentlich auch, aber was solls. Ich glaube, Neoliberal wird eh nur als Schimpfwort gebraucht. Man ist eigentlich gegen Kapitalismus und Neoliberal tönt für Viele nunmal böse. Insofern macht es Sinn, in einer Diskussion nachzufragen was den mit Neoliberal gemeint ist. Wahrscheinlich meint jeder etwas anderes.

Sirius Bellt / 19.08.2020

Ein hervorragender Artikel.

Thomas Brox / 19.08.2020

Ich wusste bisher nicht, dass die globalistischen Ideen aus dem 2. Weltkriegs und dessen Vorphase hervorgegangen sind. Insofern sind diese Ideen eine natürliche Reaktion auf die Katastrophe. ++ Zwischen 1945 und 1991 (Untergang der UdSSR) haben diese Ideen zumindest für den Westen und dessen Einflusssphäre recht gut funktioniert (auch für mich als Westdeutscher). Kein großer Krieg, großer Wohlstand für viele Länder (nicht nur im Westen), gewaltige technologische Innovationen. Zum Beispiel hat die EWG hervorragend funktioniert, genauso die UNO, GATT, Weltbank. Letztendlich war auch die wirtschaftliche Globalisierung (Freihandel, weltweite Industrialisierung) ein Hauptgrund für den Untergang der repressiven sozialistischen Regime (auch China musste sich reformieren). ++ Nach 1991 hat sich irgendetwas grundlegend geändert. Ich nehme die supranationalen Organisationen zunehmend als bedrohliche Leviathane wahr, als Selbstläufer, die in ihrem eigenen Interesse handeln. Zum Beispiel die Entwicklung von der EWG zu monströsen EU. Wie der Artikel richtig darstellt, geben viele (aber nicht alle) nationale Regierungen ihre Kompetenzen und ihre Eigenverantwortung sukzessive an diese Leviathane ab. Aber nicht nur die Regierungen, die Völker machen genau das gleiche (sieht man am Wahlverhalten) - es ist so herrlich bequem. Im Endeffekt führt das zu totalitären politischen Systemen. ++ Ich bin erstaunt, dass ein Hayek oder ein von Mises diese Gefahren angeblich nicht erkannt haben. Einige wichtige Werke dieser Autoren sprechen eine andere Sprache.

Margit Broetz / 19.08.2020

Guter, differenzierter Beitrag, der über das übliche “Kapitalismus gut, Sozialismus böse” hinausgeht und die ideologischen Hintergründe beleuchtet! In der Tat ist der Neoliberalismus ein europäisches Produkt, entstanden aus der Absicht, den sozialen Bewegungen von Demokraten bis hin zu sozialdemokratischen und sozialistischen Gesellschaftstheoretikern eine Gegenideologie zu entwerfen, die ebenso erfolgreich hätte werden sollen, in Demokratien aber chancenlos blieb und erstmals in der Pinochet-Diktatur in Chile umgesetzt werden konnte.  Es ging immer darum, die Demokratie aus der Privatwirtschaft herauszuhebeln. *** Als kritische Anmerkung sei gestattet: Kein Neoliberaler bezeichnet sich selbst als neoliberal, das war und ist immer eine Bezeichnung durch andere, häufig pejorativ. Als politische Ideologie setzt der Neoliberalismus den Markt als Gott ein und erklärt ihn für perfekt. Da in der Realität aber auch Probleme auftauchen benötigt man einen Gegenspieler, in der Religion der Teufel, das ist bei Neoliberalen der Staat. Für Mises war jedes staatliche Handeln Sozialismus. Weshalb staatliches Gelddrucken verpönt und Sünde sein soll, während privates Gelddrucken - so das heutige Teilreservesystem der Privatbanken - unproblematisch sein soll oder ausgeblendet wird, bleibt dagegen offen. *** Nach der neoliberalen Lehre gehört zu den Freiheiten auch die grenzenloser Migration, was wir heute erleiden müssen. Selbst Hayek sah eine soziale Grundsicherung als Aufgabe des Staates an (The Road To Serfdom), doch hier hatte Milton Friedman wohl recht: das war es dann mit Sozialstaat.

Arthur Sonnenschein / 19.08.2020

Zuviel Theorie. Die ursprünglichen Führungsfiguren des Neoliberalismus entwickelten Ihre Ideen zu einer Zeit als die Freiheit mit dem Rücken zur Wand stand und die 100%-Sozialisten von Moskau bis Berlin ihre Gegner und sich selbst mit Vernichtung bedrohten. Eine Internationalisierung neoliberaler Ideen für freien Austausch von Güter, Kapital und Menschen nahm erst ab den 1980igern an Fahrt auf. Sie wird aus Prinzip von links weiter bekämpft, während alle Anderen ihre Kritik vor Allem an der Globalisierung festmachen, die auf die Beseitigung der Strukturen ausserhalb der globalisierten Institutionen zielt, über die eigentlichen wirtschaftlichen Aspekte weit hinaus geht und kein wirtschaftliches, sondern ein politisches Projekt ist, das die unipolare Weltordnung mit Führung aus USA erhalten möchte. In diesem Sinne war die Phase Preussen bis Reich ab der Gründung des Zollvereines hin zum Ausgang des 19. Jahrhunderts bisher das erfolgreichste Projekt des Neoliberalismus und der Globalisierung, freilich ohne die Theorie dazu zu haben.

sybille eden / 19.08.2020

Au weia, hier wird aber einiges durcheinander gebracht ! Ich kann nicht alles aufzählen,  aber die krassesten Irrtümer für mich sind : Ludwig von Mieses war niemals ein Neo-oder Ordoliberaler ! Der Begriff Neo-liberal wurde von Alexander Rüstow geprägt.  Der “berühmteste” Ordoliberale war Ludwig Erhard, und er wäre NIEMALS ein Befürworter einer EU gewesen ! Und als letztes : Alle Ordoliberalen waren leidenschaftliche Vertreter des FREIHANDELS und NICHT einer GLOBALISIERUNG ! Eine “ORDO” in ihrem Sinne kann es in einem Supranationalen Gebilde nämlich garnicht geben. Sie lehnten jede Zentrale Lenkung und Steuerung (der Wirtschaft) ab ! Das wäre das Gegenteil von der ORDO wie in diese Liberalen verstanden ! Somit ist dieser Artikel in vielen grundsetzlichen Punkten nicht stimmlich und verwechselt die Begrifflichkeiten, denn NEO-Liberal bedeutet ursächlich eine vom STAAT gesteuerte und konntrollierte Wirtschaft, und ebend keine FREIE.

Harald Unger / 19.08.2020

Sehr interessanter Beitrag, der verdeutlicht, daß die heutige Situation in Westeuropa eben nicht neo-liberal geprägt ist. Sondern neo-feudal. Ein gewaltiger Unterschied. Man kann den Altvorderen ihre ‘grenzenlose’ Naivität insofern zugutehalten, als sie die heutige Negativauslese in Staat und Politik nicht vorhersehen konnten und somit die heutige, abgründige Verantwortungslosigkeit. Denn Frieden in Freiheit, Demokratie und Wohlstand - für alle - kann nur der Nationalstaat produzieren und garantieren. - - - Die real existierende Globalisierung ist seitens des Westens ein ultra-reaktionäres Projekt einer sehr kleinen Herrscherschicht von 3-stelligen $ Milliardären, die sich zur Tarnung einer linken Begrifflichkeit bedienen. Seitens des Führers der “Global Governance” jedoch, ist Globalisierung die hervorragend effektive Methode, den Westen wirtschaftlich auszubluten und gesellschaftlich und kulturell zu zerstören. Dabei selbst (sein Land) unermesslich reich zu werden, um eine imperiale Streitmacht aufzubauen, deren Ziel es ist, aus allen Völkern dieser Erde Uiguren zu machen.

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