Susanne Baumstark / 28.02.2018 / 12:15 / Foto: TheDigitalArtist / 10 / Seite ausdrucken

Der Nationalstaat und seine Feinde

„Ich persönlich glaube, dass die starke Fixierung auf den Nationalstaat eher etwas Irrtümliches ist“, lässt Anton Hofreiter von den Grünen jetzt verlauten. Die Frage ist, wer überhaupt diese unterstellte „starke Fixierung“ auf den Nationalstaat pflegt. Das wird wohl in der heutigen, vernetzten Welt allenfalls eine verschwindend geringe Minderheit betreffen.

Die Mehrheit derer, die den Austausch zwischen erkennbar verschiedenen Kulturen – also kulturelle Vielfalt – schätzt und auch aus Gründen der Souveränität gegen eine Auflösung der Nationalstaaten ist, würde sich anders ausdrücken, zum Beispiel von einer Wertschätzung des Nationalstaats als Friedensgarant sprechen, wie es der Soziologe Wolfgang Streeck (aus dem linken Lager) gegenüber der NZZ getan hat:

„Dem Nationalstaat und nicht internationalen Organisationen gehöre die Zukunft … Nur hier gebe es eine demokratische Kontrollmacht.“ Was überhaupt an ihre Stelle treten solle? Eine einheitliche EU-Regierung führe zur Spaltung.

„Europa von Hammerfest bis Palermo unter einer Regierung ginge nur als Technokratie, abgelöst von den Vorstellungswelten seiner Bürger, regiert von moralisch sich überhebenden Besserwissern. Es wäre eine politische Gemeinschaft ohne gemeinsame Sprache, ohne gemeinsame Traditionen, ohne ein gemeinsames Verständnis von Problemen und Lösungen – ein Kopf- und Kunstprodukt.“

Der Nationalstaat sei fortschrittlich und wichtig, um regional fundierte Interessen ansässiger Bevölkerungen in der Welt zu vertreten. „Gerade das habe in Westeuropa zu langfristigem Frieden geführt.“ Da solche Argumente häufig unter den Tisch fallen, und weil sogar versucht wird, diese Sichtweise mit dem ständig wiederholten Begriff „Nationalismus“ in eine schmuddelige Ecke zu verbannen, ist eher an eine Fixierung dieser Protagonisten auf die Auflösung der Nationalstaaten zu denken. 

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Marcel Seiler / 28.02.2018

Aber was hassen diese Linken so am Nationalstaat? Wenn der Nationalstaat überholt wäre, dann würde er nach und nach einfach Kompetenzen verlieren; um das zu bewirken, braucht man ihn nicht aktiv schlecht zu reden. Aktiv abschaffen muss man nur etwas, das noch gut funktioniert. Warum also wollen diese Linken den Nationalstaat, der in Vielem ganz ausgezeichnet funktioniert, also abschaffen? Ich verstehe es nicht – außer es ist Ausdruck einer psychischen Störung, in der die Selbstablehnung auf den Nationalstaat projiziert wird.

Werner Arning / 28.02.2018

Der derzeitig maßgebliche „Elite“ möchte den Nationalstaat abschaffen, um auf diese Weise ihre Macht abzusichern. Nichts fürchtet sie mehr wie aufkommenden Nationalismus. Deshalb verunglimpft sie diesen neuerdings als „völkisch“. So wird ihm eine Note angehängt, die er in den meisten Fällen gar nicht hat. In einem vereinigten Europa hätten dann, auf Grund der Mehrheitsverhältnisse, nationale Bewegungen keine Chance mehr sich durchzusetzen. Aus diesem Grund wird man sicher bald darauf drängen Nägel mit Köpfen zu machen und etwa eine EU mit Finanzminister bis Präsident entstehen lassen, um der „Gefahr“ des Nationalismus vorzubeugen. Um ihn als Gefahr aussehen zu lassen, sind sich unsere „Europäer“ für nichts zu schade. Da dürfte gelogen werden, dass sich die Balken biegen. Er muss verteufelt werden, um eigene Pläne durchsetzen zu können.

Ernst-Fr. Siebert / 28.02.2018

Die Gegner der Nationalstaaten verwenden das Totschlagargument der Spaltung der Nationen und andere. Dem Argument der Befürworter, nämlich, daß das Zusammenleben nur in Nationalstaaten funktioniert, weichen sie aus. Das gleiche gilt auch für die Familie. Wir sind nun mal Lebewesen, die über viele tausend Jahre “genetisiert” wurden. Dem können und wollen wir uns nicht entziehen. Einer Religion ist eben mit Argumenten nicht beizukommen.

Hans Jürgen Haubt / 28.02.2018

Ich teile die Meinung von Frau Baumstark, was die Notwendigkeit der Erhaltung des Nationalstaats mit seinen Identitäts- und Schutzfunktionen betrifft. Selbst das wirtschaftlich gut dastehende Deutschland ist nicht mehr in der Lage, seine Wert- und Interessenkonflikte im Sinne des gesellschaftlichen Gesamtwohls auszubalancieren. Die Politiker und Parteien verfolgen meist partielle Interessen und haben schon lange das gesellschaftliche Gesamtwohl aus den Augen verloren. In den anderen EU-Ländern sieht es meist noch schlechter aus. Wie soll es dann ohne Nationalstaaten auf der EU-Ebene mit einer EU-Regierung klappen? Aus meiner Sicht werden die Probleme und Konflikte dadurch noch potenziert und verschlimmert. Eine EU-Regierung, die durchsetzungsfähig sein wollte, müsste zu weitaus mehr sanktionierenden, disziplinierenden Maßnahmen greifen, was einer Diktatur nahe käme. Wollen wir das wirklich? Ich fürchte, dass die finanziellen Belastungen der Bürger unseres Landes erheblich steigen und die Befriedigung der wichtigen Grundbedürfnisse auf der Strecke bleiben würden. Verteilungskämpfe auf EU-Ebene und eine weitere Spaltung, wie Frau Baumstark schreibt, wären vorprogrammiert.

Dolores Winter / 28.02.2018

Frau Guerot ist eigentlich nicht ernst zu nehmen und intellektuell arg limitiert, aber mit ihren wirren Ideen eben doch verdammt gefährlich, weil nur noch diese Agenda in Schulen und an Unis gelehrt wird.

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