Manfred Haferburg / 18.02.2021 / 11:00 / Foto: Eastman Johnson / 52 / Seite ausdrucken

Der nächste Energiewende-Turbo für den Industrie-Exodus

Dilemma nennt man eine Situation, bei der alles falsch ist, egal was man macht. Wer sich aus einem Dilemma herausmanövrieren will, muss Federn lassen. Und wer es noch nicht weiß: „Der Strompreis ist der Brotpreis des 21. Jahrhunderts“ 

Stellen Sie sich vor, es ist Energiewende. Planmäßig schaltet Deutschland sukzessive seine Großkraftwerke ab, eines nach dem anderen, egal ob neu oder alt, koste es, was es wolle. Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif.

Dass es dabei zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt – wer konnte das denn ahnen? „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Wirtschaftsminister oder die Bundesnetzagentur“ steht auf dem virtuellen Beipackzettel der Energiewende. Was aber, wenn die Nebenwirkungen schlicht ignoriert werden, oder gar übersehen wurden? Was aber, wenn es dem Wirtschaftsminister und den Beamten der Bundesnetzagentur am nötigen Weitblick mangelt?

Für industrielle Großverbraucher werden die Stromnetz-Tarife nach der Entfernung zwischen Fabrik und Kraftwerk berechnet. Meist baute die Industrie ihre energieintensiven Produktionsanlagen in der Nähe der Kraftwerke, schon um die Netzverluste klein zu halten. Doch weil Großkraftwerke im Rahmen des Atom- und Kohleausstiegs mehr und mehr zur Rarität werden, verdoppeln sich für viele Betriebe die Netz-Kosten. Für einige industrielle Großverbraucher steht der Standort Deutschland zur Disposition.

In ein weiteres Dilemma manövriert

Diese Erfahrung macht gerade die Aluminiumhütte der Firma Trimet mit ihrem Werk Hamburg. Der größte Stromverbraucher der Hansestadt versorgte sich bislang aus dem nahegelegenen hochmodernen Kraftwerk Moorburg im Hamburger Hafen, welches aber zum 1.1.2021 den „staatlichen Zuschlag zur Stilllegung“ bekam. Ganze sieben Kilometer war die Strecke zwischen Kraftwerk und Aluhütte lang. Jetzt ist für Trimet das nächstgelegene Kraftwerk das Kernkraftwerk Brokdorf in 70 km Entfernung. Die Netzkosten für Trimet verdoppeln sich um bis zu einem zweistelligen Millionenbetrag, der allerdings bei der harten Konkurrenzsituation auf dem Weltmarkt existenzgefährdend ist. Und das KKW-Brokdorf wird ja Ende dieses Jahres auch stillgelegt. Dann gibt es in Schleswig-Holstein gar kein geeignetes modernes Großkraftwerk mehr.

Die deutschen Energiewender haben sich in ein weiteres Dilemma manövriert. Ändern sie den Netzkosten-Bezahlmodus, treiben die horrenden Netzausbaukosten die ohnehin schon enormen Endverbraucherpreise, die bisher von der Industrie quersubventioniert wurden. Behalten sie das bisherige Netzkostensystem bei, wird die Industrie aus dem Land getrieben. 

Die Bundesnetzagentur wiegelt ab: alles Einzelfälle. Nur – mit Einzelfällen haben die Deutschen in den letzten Jahren viele schlechte Erfahrungen gemacht. Die Industrie will, wen wunderts, dass mit staatlichen Subventionen die Kosten aufgefangen werden und droht mit Abwanderung. Die Energiewender hingegen meinen: „Wer hätte das denn ahnen können?“

Ich habe da einen ganz konkreten Verdacht, wer am Ende des Dilemmas die Federn lassen wird.

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Olaf Kränert / 18.02.2021

Wen kümmern denn die Mitarbeiter der Aluhütte, wenn diese verschwindet, alles Einzelfälle! Es geht in Deutschland schon lange nicht mehr um die Bevölkerung, es geht um die Durchsetzung einer schwachsinnigen Idee Namens Energiewende, einer hirnlosen Ideologie folgend wird die Wirtschaft zerstört, koste es was es wolle. Sind doch im einzelnen alles nur Einzelfälle !

T.Kaiser / 18.02.2021

Ludwig von Mises “Kritik des Interventionismus”. Ganz frei formuliert: Jeder staatliche Markteingriff führt zwangsweise zu weiteren Eingriffen, da der ursprüngliche Zweck nicht erreicht wurde und nun durch noch “bessere, rigidere, innovativere” Eingriffe erreicht werden soll. Eine Spirale die letztendlich zur Vollverstaatlichung allen Handels führen muss und auch wird.

Fritz kolb / 18.02.2021

Dilemma wegen Dilettantismus. Und wegen ideologischer Verblendung. RRGS sind darin unheilbar, geradezu suchtabhängig gefangen. Wer kann Neuausrichtung? Und was macht das Volk, das co2-Abgabe und die welthöchsten Strompreise bislang klaglos hinnimmt? Blackouts und verbreitete Armut werden das letztendlich richten, aber erst müssen wir vermutlich das Tal der Tränen durchschreiten. Die Klimakirche lässt Erkenntnisgewinnung auf Vernunftbasis, fast schon wie die Scientology-Church,  nicht zu.

Joerg Haerter / 18.02.2021

Kann man Aluhütten nicht mit Windrädern betreiben? Müssten die Grünen doch wissen, einfach mal fragen. Aber es wird wie in der BPK einfach nicht auf die Frage geantwortet werden. Grüne sind für Träume da, Ingenieure für die Praxis. Also mit 10000 Windrädern sollte das doch zu machen sein.

Harald Unger / 18.02.2021

Im Land des Lächelns kann man das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht kriegen. Xi Kingpin wird sich erkenntlich zeigen und seine gelehrige Delegierte mit der ersehnten neuen Funktion belohnen. Derentwegen sie ein einst blühendes Land in Grund und Boden ruinierte. War ihr doch egal.

Kay Ströhmer / 18.02.2021

Wer es sich leisten kann, kommt an Vorsorgemaßnahmen nicht vorbei. Gegen höhere Strompreise hilft letztlich nur richtig zu wählen. Da ist man auf die intellektuelle Kompetenz der Mehrheit angewiesen - das wird also nix. Gegen Stromausfälle kann man sich wappnen, ein mobiler Stromerzeuger und ein paar volle Kanister sind dabei eine günstige und einfache Variante. Luxuriöser ist beispielsweise die gasbetriebene Brennstoffzelle mit Stromspeicher, Reservetank und solarer Unterstützung fürs Einfamilienhaus. Kostet natürlich einiges und man braucht ein Einfamilienhaus (my home is my castle), wird aber auch hoch subventioniert. Um viel zu bekommen, muss man eben schon viel haben. Und jetzt raten Sie mal, wer sich sowas einbaut. Natürlich die, die dem Durchschnittsotto die hohen Stromkosten und die Stromausfälle bescheren und das Einfamilienhaus madig machen wollen. Die wissen auch, was kommt, können es sich aber leisten, sich einen Strom- und Wärmepuffer zuzulegen. Denen gehen solche Probleme am ... vorbei. Und der Otto kämpft inzwischen gegen Rächtz.

j. heini / 18.02.2021

Es ist unfassbar. Alles zur Energieversorgung ist wissenschaftlich bewiesen. Aber wir glauben das nicht und machen genau das Gegenteil. Bei Corona ist nichts bewiesen, aber wir glauben alles und lassen uns in den Käfig sperren. Nun ja, zu viele glauben ja auch, dass sie in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts im Widerstand gewesen wären.

Pjotr Novak / 18.02.2021

Inhaltlich gehe ich zu 100% mit Herrn Haferburg. Aber an dieser Stelle sehe ich eine Falschbehauptung. Die Netzentgelte richten Sich nicht nach der Entfernung von Einspeiser und Abnehmer, sondern nach der Netz-(Spannungs-)Ebene und der von der Bundesnetzagentur genehmigten Kostenstruktur des zuständigen Netzbetreibers. Bekanntermaßen steigen diese Kosten aufgrund der “Energiewende” streng monoton, natürlich auch den größeren Leitungslängen und Verlusten geschuldet. Aber wie gesagt, einen direkten rechnerischen Zusammenhang gibt es nicht.

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