Ulli Kulke / 06.11.2017 / 11:54 / Foto: Bundesarchiv/Thomas Lehmann / 14 / Seite ausdrucken

Der Nabu bastelt sich eine Glyphosat-Umfrage

Die letzten Register werden gezogen, die Gegner der konventionellen Landwirtschaft wittern die Chance, ihre meistgehasste Branche mit Verboten in die Knie zu zwingen. Wie bei der Atomkraft, der Gentechnik und ähnlichen roten Tüchern der grünen Bewegung werden dabei Meinungsumfragen ins Feld geführt, bei deren sehr erstaunlichen Ergebnissen man sich dann schon fragt, warum eigentlich die grüne Partei nicht längst die absolute Mehrheit hat und nur noch mit sich selbst Sondierungs- und Koalitionsverhandlungen führen darf. Jetzt kommt der Naturschutzbund Deutschlands (Nabu) mit einer Umfrage an die Öffentlichkeit, bei der jeder unbefangene Beobachter sieht: Hallo, hier stimmt was nicht. Dieses Mal hat man sich überreizt. Fake Poll.

Das hier behauptet jetzt der Nabu in einer Presseerklärung:

„Wie eine durch den NABU beauftragte repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov Anfang Oktober 2017 gezeigt hat, steht die Mehrheit der deutschen Bevölkerung dem Wirkstoff Glyphosat sehr ablehnend gegenüber. Demnach sind 61 Prozent der Bevölkerung für ein sofortiges Verbot von Glyphosat in privaten Gärten und städtischen Anlagen, 59 Prozent fordern sogar von der EU-Kommission, die Zulassung von Glyphosat ab 2018 komplett zu beenden. Die Tatsache, dass mit 74 Prozent eine überwältigende Mehrheit dazu bereit wäre, einen höheren Preis für Lebensmittel zu zahlen, wenn man dafür sicher sein könnte, dass in der Landwirtschaft kein Glyphosat verwendet wird, zeigt die hohe Zahlungsbereitschaft der deutschen Bevölkerung für pestizidärmere Lebensmittel.“

Soweit der Nabu.

Nur für „pestizidärmere“ Lebensmittel (nicht einmal „pestizidfreie“) würden also drei Viertel der Deutschen liebend gern einen höheren Preis bezahlen? Hört sich toll an. Nun weiß man ja, dass „YouGov“ immer recht flott ist mit seinen Umfragen, vielleicht ja dieses Mal etwas zu flott. Und man weiß auch, dass ganz allgemein viele Umfragen verdächtig oft ein Ergebnis zeigen, das mit der politischen oder gesellschaftlichen Stoßrichtung des Auftraggebers übereinstimmt. Dieses Mal allerdings haben sich die Auftraggeber, der Nabu, ganz klar überhoben, denn man hat für die Beurteilung des Umfrage-Ergebnisses eine ziemlich gute Vergleichsgröße, mit der man die Verlässlichkeit der Aussagen überprüfen kann.

Durchschaubarer Propaganda-Effekt

Wie bitteschön passt es zusammen, dass drei Viertel(!) der Deutschen bereit wären, mehr Geld für „pestizidärmere“ Lebensmittel auszugeben, heute aber laut Bundesagrarministerium der Anteil der Nachfrage im Lande nach Bioprodukten gerade einmal 5 bis 5,1 Prozent am Endverbrauch bei Nahrungsmittel ausmacht. Da haben doch den Meinungsforschern angeblich drei von vier Befragten ins Mikrofon verraten, dass sie allein für die Glyphosatfreiheit mehr Geld an der Kasse lassen würden, einem von vieren ist dabei sogar der Preis völlig wurscht – angeblich. Wir wissen aber: Nur jeder zwanzigste gibt mehr Geld für sogar komplett pestizidfreie Bio-Lebensmittel aus.

Die harten Fakten sagen: Diese Nabu-Umfrage ist ihr Geld nicht wert, abgesehen vielleicht von einem billigen, aber durchschaubaren Propaganda-Effekt.

Umfragen sind immer so eine Sache; Stimmungen, das Bemühen um nette Antworten, die Zustimmung zu gesellschaftlich hoch gehaltenen Meinungen – all das kann da eine Rolle spielen und das Ergebnis verfälschen. Aber zum einen sorgt jedes seriöse Meinungsforschungsinstitut mit seiner Fragestellung oder hinterher durch sein Dossier dafür, dass da keine falschen Schlüsse gezogen werden. Zum zweiten stellt jeder seriöse Auftraggeber einen derart eklatanten Wiederspruch in seiner Presseerklärung zumindest irgendwie zur Diskussion. Aber wenn es nur gegen Glyphosat geht, lässt man gern jede Sicherung durchbrennen. Der Zweck heiligt die Umfrage, auf Biegen und Brechen. Alles nach der Devise: Macht doch nichts, wenn dieser Schuss ersichtlich nach hinten losgeht – irgendwas bleibt immer hängen.

Foto: Bundesarchi/Thomas Lehmann CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Lothar Hannappel / 07.11.2017

Fragt sich nur, was kommt nach Glyphosat. Andere noch giftigere Wirkstoffe? Die wahrscheinlich ein vielfaches von Glyphosat kosten und in höheren Dosen eigesetzt werden müss?? Zu dem wird Glyphosat in Europa in nur vergleichsweise geringen Mengen angewendet. Also hier verbieten und mit hoher Dosis behandeltes Gengetreide und Genmais aus Nord- und Südamerika?

Erik Meinhardt / 07.11.2017

Diese Umfrage bestätigt letztlich nur den bekannten Dihydrogenmonoxid Hoax: 2/3 der Deutschen wollen wegen vermuteter Gesundheitsgefahren Wasser verbieten. Erschreckendes Ergebnis von Ahnungslosigkeit gepaart mit jahrelanger grüner Kampagnenaktivität.

Ralf Schneider / 06.11.2017

Einspruch Euer Ehren! - Ich möchte anregen, das Problem von einer anderen Warte aus zu betrachten: Dieses Allround-Herbizid entledigt erst mal flächendeckend das behandelte Flurstück einer jeglichen Wildpflanzenvegetation, darunter unter Umständen sehr selten gewordene Arten wie Kornrade, Acker-Rittersporn u. a. m. - Betroffen sind aber nicht nur die Pflanzen, sondern auch alle Insektenarten, welche speziell auf diese Pflanzenarten angewiesen sind. So dient alleine die ordinäre Gr. Brennessel nicht weniger als 16 Schmetterlingsarten - darunter besonders schöne Falterarten - als unentbehrliche Futterpflanze. Als Faustregel gilt i. A., dass auf jede Pflanzenart ca. 10 davon profitierende Tierarten kommen (z. B. bei einer alten Stieleiche: nicht weniger als 300 Tierarten!). Aus dieser Sicht ist jede behandelte Fläche für die jeweilige Vegetationsperiode als Totalverlust zu verbuchen, - ähnlich als würde man aus der Fläche einen Fußball-Hartplatz machen. Zusammen mit den durch Maisschläge und Solarfelder bewirkten Flächeneinbußen kann da einiges an temporären Flächenverlusten für diese Wildpflanzen und die davon abhängigen Tierarten zusammenkommen. Dass diese besagten Kleintierarten aus der “Nahrungskette” fallen liegt auf der Hand. So lassen sich auch Bestandsrückgänge von Rebhuhn, Wachtel und Feldlerche - zumindest teilweise - erklären, ähnlich wie diejenigen des Feldhasen als “Spezialist” für Kräuterarten-Reichtum. - Wer allerdings einmal in einem feuchtwarmen Frühsommer die Feldflur durchstreift (und nicht durchjoggt…), erkennt rasch, dass eine “Verunkrautung” Ausmaße annehmen kann, welche zu drastischen Maßnahmen geradezu zwingen, will man die Ernte retten. So gesehen kann ich eine GELEGENTLICHE Behandlung mit solchen Herbiziden durchaus nachvollziehen und habe Verständnis dafür. Da diese “Mittelchen” nicht gerade kostenlos zu erwerben sind, dürfte gerade bei gut ausgebildeten und gut kalkulierenden Bauern die Neigung sehr gering sein, solche teuren Mittel plusminus wahllos in der Gegend zu versprühen. Bei zahlreichen Geprächen mit qualifizierten Landwirten konnte ich in Erfahrung bringen, dass hingegen die Tendenz eher dahin geht, selektiv gegen dominante Unkräuter vorzugehen, welche ernsthaft den Ernterfolg gefährden. Hier, in einer sehr intensiven Agrarlandschaft beschränken sich glyphosphatbehandelte Flächen immer nur auf vergleichsweise wenige Einzelschläge, was auf eine Bevorzugung selektiver Behandlungsmethoden hindeutet. - Was den BUND & Co anbelangt, möchte ich anregen, dass sich seine Vertreter erst mal entweder von ihrer Windräder-Affinität lösen - oder einen anderen Namen für ihren Verband ausdenken…

Dr. Christel Happach-Kasan / 06.11.2017

Die Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln müssen Fachentscheidungen sein. Anders kann der Schutz von Mensch und Umwelt nicht gewährleistet werden. Es ist eine Fehlentwicklung, wenn die Politik solche Entscheidungen an sich zieht. Politiker sollten entsprechend den Empfehlungen der Wissenschaft ebntscheiden. Bei Eu-weiten Zulassungen ist die entscheidende Behörde die EFSA. Sie arbeitet zuverlässig und empfliehtlt die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat. Es ist eine Unsitte von Politikerinnen und Politikern, bei solchen Entscheidungen mit den Wölfen zu heulen, statt der Wissenschaft den Vorrang zu geben. Pestizide (von lateinisch pestis - Seuche (Pest)’ und lateinisch caedere - töten’) sind chemische Wirkstoffe, die in der Landwirtschaft und im Gartenbau angewendet werden, um Lebewesen zu töten, die in in irgendeiner Weise die Ernte gefährden und den Ertrag mindern können. Dazu gehört auch Glyphosat.

Andreas Rochow / 06.11.2017

Pestizid klingt so schön gruselig, deshalb wird der Begriff von Umweltaktivisten so gern verwendet. Expertise ist bei Aktivistenverbänden nicht gefragt. Es ist Nabu-Propaganda, die wie alle Ökokampagnen ganz ohne Wissenschaft auskommt. Und am selektiven Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat wollen die Aktivistenverbände ihre undemokratische Macht demonstrieren. Der Kampf gegen die “industrielle” Landwirtschaft geht also weiter, obwohl die wissenschaftliche Riskobewertung ein Glyphosatverbot nicht rechtfertigt. Man muss fragen dürfen, was das für Menschen sind, die die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln so hysterisch bekämpfen.

Dr. Michael Stiehl / 06.11.2017

Glyphosat ist ein Pestizid im weiteren Sinne. Zitat aus Wikipedia: “Als Pestizid im weiteren Sinne werden sämtliche Pflanzenschutzmittel sowie die Mittel zur Schädlingsbekämpfung bezeichnet. Heute definiert auch die Environmental Protection Agency der USA den Begriff in diesem Sinn.[2] Die EU-Richtlinie 2009/128/EG enthält eine Begriffsbestimmung für „Pestizid“, nach der sowohl Pflanzenschutzmittel im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 (Pflanzenschutzmittelverordnung) als auch Biozid-Produkte im Sinne der Richtlinie 98/8/EG über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten darunter fallen.[3]”

Manfred Dennenlöhr / 06.11.2017

Tja, lieber Herr Johannson, das ist genauso, als wenn ab 2030 nur noch das Tesla Model S in den Autoläden vorhanden wäre. Dann würde das “etwas teure” Elektroauto bei fehlenden billigeren kraftstoffgetriebenen Autos von den Käufern ohne weiteres akzeptiert (jedenfalls von den mit dickerer Brieftasch, die anderen müssten dann auf einen Elektroschubkarren umstellen). Aber bei den Grünenwählern in den Wahlkabinen ist das ja genau umgekehrt: Das Fleisch ist willig, aber der Geist ist schwach.

Ulrich Jäger / 06.11.2017

Hallo Herr Johannson, das definierte Gebiet, “in welchem die mit Hilfe der Chemie produzierenden keinen Zutritt haben”, gibt es bereits. Es nennt sich “BIO”. Wenn Ihnen allerdings ein definiertes Gebiet in der Form vorschwebt, dass es 100% der Landwirtschaft betrifft, sind wir sicher bei wesentlich mehr als “etwas teurerer”.  Da werden sich wohl einige unserer Landsleute überlegen müssen, ob sie wohnen oder essen möchten. Sie können sich aber auch beim Bauern ihres Vertrauens zum Unkrautjäten oder Kartoffelkäferablesen melden. Da fallen dann sicher ein paar Naturalien ab. Hatten wir alles schon, ist auch in Deutschland noch nicht solange her.

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