Henryk M. Broder / 01.06.2019 / 12:00 / Foto: Pixabay / 122 / Seite ausdrucken

Der Merkel-Moment – Alles für die Wahrheit!

Ich brauchte diesmal länger als sonst, um mich von einer Merkel-Rede so weit zu erholen, dass ich wieder klar denken konnte. Sie war nicht auf einem Parteitag der uckermärkischen CDU oder einem Kongress veganer Homöopathen und Geistheiler aufgetreten, nein, es war eine amerikanische Elite-Universität, wie in allen Berichten mehrfach betont wurde. Eine Elite-Universität, die ihr auch noch einen Ehren-Doktor verlieh. Das ist die vorletzte Stufe auf dem Wege zur Selig- bzw. Heiligensprechung.

Ganz besonders angetan war Claus Kleber vom heute-journal, der seine Moderation mit einem "Hammer-Video" der Harvard-University anfing. Besonders gut fand er, dass die Kanzlerin es geschafft hatte, "Trump auf die Hörner zu nehmen, ohne seinen Namen auch nur einmal zu nennen". Ja, das war schon eine Leistung, die nur von dem Statement eines zufällig den Weg des ZDF-Teams kreuzenden Studierenden aus dem Tal der Ahnungslosen übertroffen wurde, Angela Merkel sei keine Populistin, sondern eine Wissenschaftlerin, die "faktenbasiert" redet und handelt, und das mache sie "interessant für die Amerikaner, weil, das kennen sie nicht".

Ausgenommen die Angehörigen der Elite-Universität Harvard, vor denen die Kanzlerin eine Rede hielt, die so faktenbasiert war wie ein Vortrag von Erich von Däniken über „50 Jahre Erinnerungen an die Zukunft" im Kultur- und Kongresszentrum von Bad Langensalza. Je banaler die Sätze waren, umso lauter und länger die Standing Ovations. Der Kernsatz übertraf alles: "Dazu gehört, dass wir Lügen nicht Wahrheiten nennen und Wahrheiten nicht Lügen!"

Einen solchen Satz auszusprechen, ohne dabei zu erröten oder sich zu verhaspeln, ist in der Tat eine Leistung, die honoriert werden muss. Wenn schon nicht mit dem Walter-Ulbricht-Orden, dann wenigstens mit einem Dr. h.c. der Harvard-Universität.

PS. Was mich noch mehr überraschte, war, dass die Aktion von den FFF-Kids nicht thematisiert wurde. Immerhin war die Kanzlerin mit ihrer Entourage in einer riesigen Maschine einfach mal nach Boston und zurück geflogen (12.000 Kilometer), um dort eine Urkunde entgegenzunehmen, die auch mit DHL hätte befördert werden können. Aber was tut man nicht alles für einen Hauch von Wahrheit!

Foto: Pixabay

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Sabine Schönfelder / 01.06.2019

Monsieur @Gutrath, Trump hängt auch nicht den Klimapapst raus und kann deshalb fliegen wohin er will. Harvard ist keine seriöse Uni, sondern ein kleingeistiger Ideologiebetrieb der amerikanischen Demokraten. Haben wir es hier bei Ihnen mit einem männlichen Merkelgroupie zu tun? Vielleicht schickt Sie Ihnen einen alten Büstenhalter mit Signatur, ‘Angie schreibt sie Ihnen drauf’. What about Neid, worauf? Auf das dilettantische Auftreten, die rhetorische Performance, die desaströse Politik, den Wendehals oder ihre Hinterfotzigkeit. Hat Sie vielleicht das bessere Handicap beim Golfen? Klären Sie uns auf, vielleicht können Ihre Augen voll merkelscher Liebe besser sehen, - oder etwas undeutlich, vor religiöser Verzückung. Echt arm ihr infantiles Artikelchen.

Thomas Schmied / 01.06.2019

Es gibt in diesen Zeiten für alles Kampagnen, es erscheint fast so, als sei alles nur noch Kampagne. Auch hier wieder: Merkels angeschlagener akademischer Ruf, das gerade dazu passende Unterstützungsfeuer der Elite-Universität, die regelrechte Verzückung des Klebers, seine Betonung der wissenschaftlichen Wahrheitsliebe Merkels. Auch mit der Wahrheit hatte gerade Frau Doktor während ihrer Herrschaft enorme Probleme. Merkel hat zudem bei der EU-Wahl mal wieder enorm an Stimmen eingebüßt - und somit auch Herrschaftslegitimation. Merkel kann positive Schlagzeiten gerade echt gut gebrauchen. Et voilà! Meiner Meinung nach wurde Merkel ganz einfach zu einem passenden Zeitpunkt von Leuten supportet, deren politischen Interessen sie in irgendeiner Weise dienlich ist. Sorry, so desillusioniert bin ich inzwischen.

Gert Köppe / 01.06.2019

@Michael Gutrath: Herr Gutrath, wie schreiben Sie so schön “Tja Angie hats eben drauf”? WAS hat Merkel drauf? Nenne Sie doch mal kongret was von Merkels Erfolgen. Mir fallen da so gut wie keine ein, aber ich habe auch nicht in einer Blase gelebt und die vielen Anderen hier offensichtlich auch nicht. Wenn Sie sich mal umdrehen, dann wundern Sie sich nicht wenn Sie hinter sich eine Schleimspur finden.

Karsten Dörre / 01.06.2019

F2F bleibt gelassen: Das Kanzleramt fliegt mit Elektro-Jets über Ozeane, Elektro-Leopard-II-Panzer heiss begehrt von ausländischen Armeen und die Weltraumbehörden verkünden demnächst den Start von Elektro-Trägerraketen für Satelliten und bemannte/befraute/bediverse/quotengerechte Raumkapseln auf dem Weg zur ISS und sonstwohin. Und das mit Elektroantrieb aus Wind und Sonne. Ich ahne schlimmes für die Wissenschaften. Eine Wissenschaft wird alles überstrahlen: die hochproduktive Genderforschung.

Sanne Weisner / 01.06.2019

In einer Sprache lügen, die man nicht spricht, ist am Ende kein Problem für Merkel. Schließlich hat sie ja in der DDR gelernt und mittlerweile ausreichend bewiesen, dass Wahrheit und Lüge für sie eins sind. Und was die zuhörenden Klatschpappen betrifft, so sind diese ja gerade die Macher und Follower solcher Ideologien, wie Merkel sie vorsimuliert. Im Übrigen hat der Erich von Däniken eindeutig mehr Stil als unsere Kanzlerine, selbst wenn er nur durch die Provinz tingelt.

Immo Sennewald / 01.06.2019

Ab einer bestimmten Stellung in der Politbürokratie kann sich eine oder einer die Universität aussuchen, von der sie/er sich den Bauch mit einem Dr. h.c. pinseln lassen möchte. Das sagt einiges über Machtverhältnisse im Wissenschaftsbetrieb. Und so findet dann auch das Nobelpreiskomitee Kandidaten - nein, eher nicht für Physik, Chemie, Medizin - für bedeutsamen Verdienste um den Frieden, bei denen realitätsferne Wünsche anstelle politischer Handlungen geehrt werden. Wer Titel und Preise zu vergeben hat, fühlt sich jedenfalls großartig. Und der Applaus von Parteien und Gefolgschaft der Beweihräucherten ist sicher. Ja: Es gibt Ausnahmen. Eine war Liu Xiaobo, an dessen Leben und Sterben im Kampf gegen das totalitäre System der chinesischen Kommunisten arte gerade erinnert. Am 4. Juni sind es 30 Jahre, dass auf dem “Platz des Himmlischen Friedens” und in ganz China die studentische Opposition blutig zermalmt wurde. Liu kehrte kurz zuvor aus den USA zurück, um seine Stimme gegen die Mächtigen zu erheben. Er ließ sich nicht einschüchtern, wurde immer wieder eingekerkert, 2008 ins Gefängnis zum Tod. 2010 blieb sein Platz bei der Preisvergabe in Oslo leer. Bis heute tun die Politbürokraten in Peking alles, die Geschichte des Massakers und die Verfolgung Oppositioneller totzuschweigen. China ist der deutlichste Beweis, dass Totalitarismus und Konformismus zwei Seiten derselben Münze sind. Die Währung heißt “Gleichheit”. Aber die einen haben die Prägestöcke und die anderen zahlen.

Georg Barger / 01.06.2019

Merkels Reise ist doch hoffentlich von ihr privat bezahlt? Die Verleihung eines Dr. h.c. ist eine Privatangelegenheit von Frau Dr. Merkel und und hat mit ihrer Rolle als Kanzlerin nichts zu tun. Von irgendwelchen Regierungsgeschäften in den USA ist auch nichts zu hören. In dem Fall kann Frau M. weder die Flugbereitschaft der Bundesregierung nutzen, noch Regierungsmitarbeiter dazu verpflichten ihr eine Rede zu schreiben.

Oliver Breitfeld / 01.06.2019

Welch’ ein absurdes Theater. Politik im Kriechgang. Wäre es nicht real, könnte ich es als Bühnen-Tragödie abtun. Doch es hat noch lange nicht der letzte Akt begonnen. Möge jeder sich und seine Familie darauf vorbereiten.

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