Der Mensch ist gut. Das kommende Regierungsprogramm?

Der geistige Vater der heutigen Linken ist nicht Marx, sondern Rousseau. Der Mensch ist von Natur aus gut, und wo er fehlbar ist, muss er erzogen werden.

Rechte Politik wird für böse Menschen gemacht; sie löst einige Probleme und lässt uns im Übrigen leben, wie wir es für richtig halten. Linke Politik wird von guten Menschen gemacht; sie verspricht uns, alle Probleme zu lösen, wenn wir nur leben, wie sie es für richtig halten. Diese These mag zunächst verblüffen, aber sie ist gut zu begründen.

Jeder Politik liegt eine anthropologische Überzeugung zugrunde. Die Linken gehen davon aus, dass der Mensch gut ist; deshalb muss die Gesellschaftsstruktur an den Übeln der Welt schuld sein. Die Rechten gehen davon aus, dass der Mensch „böse“ ist, und arbeiten die gesellschaftlichen Mechanismen heraus, die dafür sorgen, dass wir dennoch in einer guten Gesellschaft leben. Fast alle großen Denker waren in diesem Sinne rechts.

Kant verdanken wir ein eingängiges Bild und einen prägnanten Begriff, die uns ins Zentrum des Problems führen. So heißt es in seiner „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“: „aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden.“ Und in derselben Schrift fällt auch das Wort von der „ungeselligen Geselligkeit“ der Menschen. Sie können einander nicht leiden, aber sie brauchen einander. Sie sind ehr-, hab- und herrschsüchtig, aber gerade die dadurch geschürte Zwietracht stachelt die Menschen dazu an, ihre Naturanlagen zu entfalten. Kurzum, Kultur ist ein Produkt ihrer Bosheit.

Der Mensch weiß nicht, was gut für ihn ist, er muss erzogen werden

Wenn aber der Mensch aus krummem Holz gemacht ist, ist die Suche nach Perfektion der gerade Weg in den Totalitarismus. Das Bild vom guten Menschen produziert eine totalitäre Gesellschaft, weil alle Abweichenden und Andersdenkenden umerzogen werden müssen. Linke Politik geht immer davon aus, dass die Leute nicht wissen, was gut für sie ist, und deshalb erzogen werden müssen. Ins linke Paradies kommt man also nur durch das Paradox, das Rousseau so schön formuliert hat: Man zwingt die Menschen, frei zu sein.

Die meisten Aufklärer haben die Erbsünde geleugnet. Für sie war der Mensch gut oder doch zumindest perfektibel durch Erziehung und die revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft. Auch hier hat Rousseau wieder das entscheidende Stichwort gegeben. In seinem berühmten „Contract Social“ entwickelt er ein Programm, „die menschliche Natur zu verändern“; das heißt, er geht von der vollständigen Formbarkeit des Menschen aus. Robespierre war der ergebene Schüler Rousseaus, der diese Theorie dann in die Praxis umgesetzt hat, nämlich in den Terror des Jakobinismus. Trotzdem ist es der Linken bis zum heutigen Tag gelungen, das Monopol auf Menschlichkeit für sich zu reklamieren. Sie maßen sich an, für die Menschheit zu sprechen – früher im Namen der Bürger, dann im Namen des Proletariats und heute im Namen der ehemals kolonialisierten Dritten Welt.

Für den Gutmenschen ist der Mensch von Natur aus gut und wird nur von der Lehre, der Mensch sei böse, verdorben. Mit anderen Worten: Für die Guten ist das einzig Böse die Lehre von der Erbsünde. Aber gerade dieses Dogma hat den politischen Moralismus in Schach gehalten, denn jeder war ein Sünder. Das bedeutet aber, dass nicht das Bild vom guten, sondern vom bösen Menschen eine gute, freiheitliche Gesellschaft ermöglicht. Dass wir uns noch auf Distanz, Höflichkeit, Takt und Diplomatie verlassen können, verdanken wir nicht dem guten Menschen, sondern dem guten Bürger. Er ist das Produkt des freien Marktes, der aus privaten Lastern öffentliche Tugenden macht.

Mangel an Begabung wird durch richtige Gesinnung kompensiert

Hier wird deutlich, was mit „böse“ im anthropologischen Sinne gemeint ist. Der Mensch ist gefährlich, weil gefährdet. Aber im erzwungenen Zusammenleben mit seinesgleichen, im Prozess der Zivilisation lernt er, seine ursprünglich aus Notwehr geborene Aggressivität, seine Leidenschaften wie Eitelkeit, Ruhmsucht und Misstrauen in produktive Energien zu verwandeln. Das zeigt sich in Konkurrenz und Wettbewerb genauso wie in den Akten der Kreativität, die Schumpeter einmal als schöpferische Zerstörung definiert hat.

So wie der „böse“ Mensch eine gute Gesellschaft ermöglicht, so führt uns heute wieder der gute Mensch auf den Weg zur Knechtschaft. Statt unser soziales Leben durch Wettbewerb zu organisieren, beglückt man uns mit dem Sozialismus eines paternalistischen Wohlfahrtsstaats. Entsprechend befindet sich der Rechtsstaat auf dem Rückzug. Denn der gerechte Staat der Linken diskriminiert. Die Quoten, die er überall einführt, sind nichts anderes als Privilegien, also illiberal und undemokratisch – Gruppenrechte, die uns zurück in die Vormoderne des Status führen. Das ist für viele deshalb attraktiv, weil man jetzt den Mangel an Begabung sehr leicht durch die richtige Gesinnung kompensieren kann.

Der geistige Vater der heutigen Linken ist nicht Marx, sondern Rousseau. Während Hobbes auf der Basis einer pessimistischen Anthropologie den vernünftigen modernen Staat konstruierte, wollte Rousseau nicht nur zurück zur Natur, sondern auch zurück zur antiken Polis. Genf war für ihn, verglichen mit Paris, das neue Sparta. Sein Begriff des Politischen orientiert sich also an zwei Maßstäben: an der Polis und an der Natur. Für Hobbes war der Naturzustand ja ein negativer Maßstab: instabil und geprägt von einem Selbstwiderspruch, der die Menschen geradezu zum Staat zwingt. Für Rousseau dagegen ist der Naturzustand ein positiver Maßstab, eine regulative Idee: stabil und charakterisiert durch Unbedürftigkeit.

Wahre Freiheit durch Unterwerfung unter den Gemeinwillen

Dabei wird von den grünen Rousseauisten heute allerdings meist übersehen, was Kant sehr gut erkannt hatte: dass Rousseau nämlich nicht zur Natur zurückgehen, sondern nur zurücksehen wollte, um den Naturzustand als Maßstab zu gewinnen. Wo Hobbes nur Selbstbehauptung und Eitelkeit sehen konnte, findet Rousseau Selbstliebe und Mitleid. Der edle Wilde lebt in sich selbst, also innengeleitet, und erscheint so als Prototyp des autonomen Menschen. Der moderne Mensch dagegen lebt in der Meinung der anderen, also außengeleitet.

Intellektuell anspruchsvoll wird Rousseaus politische Theorie aber erst durch die Dialektik des Gesellschaftsvertrags. Sie ist eine Dialektik der totalen Entfremdung. Die Orientierung am Maßstab der Natur besteht nämlich nicht in einem einfachen „Zurück“, sondern erfordert zunächst eine absolute Entfremdung und Entnaturalisierung des Individuums. Die Gesellschaft korrumpiert den Menschen; aber er erlangt seine wahre Freiheit durch die Unterwerfung unter den Gemeinwillen, den „volonté générale“. Es ist der souveräne Wille ohne Herrscher. Dieser Gemeinwille ist wohlgemerkt nicht der Wille aller – und kann deshalb immer wieder zur Bezugsgröße von Erziehungsdiktaturen werden.

Die Unterwerfung unter den Gemeinwillen verwandelt den Menschen in einen Bürger. So heißt es im Contract Social: „Der Staatsbürger stimmt allen Gesetzen zu, selbst jenen, die man gegen seinen Willen verabschiedet, und sogar denen, die ihn bestrafen, wenn er eines davon zu übertreten wagt. Der unveränderliche Wille aller Glieder des Staates ist der Gemeinwille; durch ihn sind sie Staatsbürger und frei.“ Rousseau fordert also die totale Einheit von Moral und Politik, Staat und Gesellschaft, dem privaten Innen und dem öffentlichen Außen.

Ökodiktatur und Sozialismus ergänzen sich bestens

So heißt es in dem Artikel „Politische Ökonomie“, den er für Diderots große Enzyklopädie geschrieben hat: „Die umfassendste Autorität ist diejenige, welche bis ins Innerste des Menschen dringt und nicht weniger auf seinen Willen als auf seine Handlungen einwirkt.“ Die Diktatur des Gemeinwillens akzeptiert keine Privatsphäre mehr; die Gesinnungen der Bürger werden gleichgeschaltet.

Der Gemeinwille ersetzt aber nicht nur den Willen des Souveräns, sondern auch das transzendente Naturrecht. Heute, im Zeitalter des grünen Rousseauismus, wird das Naturrecht durch das Recht der Natur ersetzt. Die Umweltbewegung belässt es nicht bei einem Zurücksehen auf die Natur als Maßstab. Mit dem Thema Klimawandel – jetzt aber auch Corona – kultiviert sie eine negative Romantik: als ob sich die geschändete Natur am „homo faber“ und am „homo oeconomicus“, also am Techniker und am Kapitalisten rächen würde.

Wir haben es hier mit einer doppelten Flucht in die Natur zu tun – zurück zum guten Menschen des Naturzustandes und zurück zur heilenden Natur. Diese Naturidolatrie hat eine eminent politische Dimension, denn Ökodiktatur und Sozialismus ergänzen sich bestens. Gemeinsam stehen sie im puritanischen Kampf gegen alles, was das Leben genussvoll macht. In den revolutionären Träumen der Linken hat die Ökodiktatur die Diktatur des Proletariats ersetzt. Und wer die Schirmherrschaft über die Natur übernommen hat, braucht keine demokratische Legitimation mehr. Corona und Klima, aber auch Europa und Massenmigration werden von der Linken als Probleme definiert, die man nur lösen kann, wenn man es mit Rechtsstaat und Demokratie nicht so genau nimmt.

Gutmenschen spielen sich als Gewissen der Gesellschaft auf

An die Stelle der demokratischen Legitimation tritt die existenzielle. Betroffenheit und Angst ersetzen das Argument und den Konsens. Und auch hier ist Rousseau das große Vorbild. Seine „Bekenntnisse“ sind ein einziger Exzess der Entlarvung und Selbstentblößung, um zum wahren, nackten Menschen durchzustoßen. Damit ist Rousseau eine völlig neue Form der Legitimation gelungen: die Selbstrechtfertigung durch Selbstbezichtigung. Und heute hat diese Form des politischen Moralismus einen Extremwert erreicht: die Selbstgeißelung. Der einzige Stolz, den wir noch zulassen, ist der Sündenstolz.

Wenn der Mensch von Natur aus gut ist, muss irgendjemand daran schuld sein, dass die Welt schlecht ist. Und so fragt sich der gute Mensch: Was ist der störende Faktor? Friedrich Schillers berühmter Vers „Die Weltgeschichte ist das Weltgericht“ wird hier so verstanden, dass sich die aufgeklärte Elite zum Richter über die Gesellschaft ermächtigen darf. Diese Tribunalisierung, diesen geistigen Bürgerkrieg hat schon die Aufklärung vorbereitet, sofern sie Vernunft als kritischen Prozess verstand. Die Intellektuellen machen dem Staat den moralischen Prozess und nennen ihn Kritik.

Vor diesem Hintergrund versteht man, wie Zensur, Inquisition und Pranger, die wir eigentlich nur aus dem Mittelalter kannten, zu Praktiken der heutigen Linken werden konnten. Die rot-grünen Gutmenschen beschwichtigen ihr schlechtes Gewissen, indem sie sich als das Gewissen der Gesellschaft aufspielen – als Mahner vor dem ökologischen Weltuntergang und als unerschrockene, nachträgliche Antifaschisten im „Kampf gegen rechts“. Was ihre Träume stört, ist aber nicht der Kapitalismus oder Faschismus, sondern die Natur des Menschen. Sie ist der eigentliche Feind der Linken. Und während sie lärmen und protestieren, hält die Achse des Bösen die Welt am Laufen.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Thomas Brox / 29.09.2021

Obwohl ich sicher kein Marxist bin, möchte ich zwei Marx’sche Ideen in Anschlag bringen, die m.E. sehr viel erklären (in vielem lag Marx falsch, hier liegt er richtig). Der Artikel vermischt den ideologischen Überbau (Philosophie, Religion, Ideologie, Hokuspokus, Vernebelung durch Bla-Bla) mit dem handfesten ökonomischen Unterbau. Der Unterbau: Hierbei geht es um die Wechselwirkung (auch Entstehung und Verschwinden) mehr oder weniger produktiver Klassen bzw. mehr oder weniger parasitärer Klassen - mit anderen Worten, wer beutet wen aus, wer hat das Sagen, wer beherrscht wen. ++ Die mächtigste Klasse im heutigen bürokratischen Wohlfahrtsstaat ist der riesige Staatsapparat, der per se durch durch produktive Klassen unterhalten werden muss, und der sich mit enormen Privilegien versehen hat - es ist der Leviathan des Thomas Hobbes. ++ Der Überbau dieses parasitären Leviathans ist die linke Ideologie, die neuerdings grün angestrichen wird. “Links” bedeutet totaler “Staat”, und totaler “Staat” heißt allmächtiger, privilegierter Staatsapparat. Sehr viele Linke sitzen schon auf komfortablen staatlichen Versorgungsposten, andere drängen in den Apparat. Wie alle herrschenden Klassen zu allen Zeiten möchten sie nur das Beste für ihre Mitmenschen, sogar für die ganze Welt. ++ Es gibt - wie zu allen Zeiten - sowas wie nützliche Idioten: Idealisten, die tatsächlich an das glauben was sie verkünden. Der “Überbau” mag sogar objektiv richtige Erkenntnisse enthalten. Aber das ist nicht der Punkt: Der Punkt ist der Missbrauch der Ideen für handfeste persönliche Vorteile.

Rainer Niersberger / 29.09.2021

Zur Praezisierung : Merkel hat den Tatbestand der Verletzung von Grundrechten, der weitgehenden Abschaffung der Gewaltenteilung und damit der FDGO verwirklicht und Schaeden in Mrdhoehe angerichtet. In einem, wohlgemerkt funktionierenden, System und Rechtsstaat waeren allein hieraus die rechtlichen Konsequenzen zu ziehen, die von der Amtsenthebung bis zur angemessenen Bestrafung reichen, denn natuerlich sind diese rechtswidrigen Taten zu sanktionieren. Die Frage, ob sie Rechtfertigungsgruende belegen kann oder auch Schuldunfaehigkeit, waere im Verfahren zu klaeren.  Bekanntlich scheitert die Sache wie so oft bereits im Vorfeld am System und natuerlich auch deshalb, weil man religioes/ pseudo moralische Kategorien heranzieht. Mutti ist gut, weil sie es (angeblich) gut meint. Dass sie dabei kriminell unterwegs ist, weil sie gegen Regeln verstoesst, spielt keine Rolle mehr. Es wird folgerichtig auch nicht geprueft, sowenig wie die Taten anderer geprueft und dann sanktioniert werden.  Die Natur des Menschen macht moralische Kategorien und die “gut oder boese Bewertung” , weil hochgradig missbrauchsfaehig, mehr als riskant. Sie eroeffnen Optionen fuer Menschen, die auf ihre spezielle Weise damit umgehen und sie relativiert oder beseitigt die essentiellen wissenschaftlichen und rechtlichen Kategorien. Letztlich beseitigt sie zivilisatorisches Verhalten und gefaerdet damit die Zivilisation. Uebrigens definiert neben den Linksgruenen auch der Islam gut und boese. Die Folgen sind bekannt.

Rupert Reiger / 29.09.2021

Aus Schopenhauers Kosmos: Wesen des Neides: Der Neid gehört zu den antimoralischen Triebfedern. Er ist eine Hauptquelle des Übelwollens, oder ist vielmehr selbst Übelwollen, erregt durch fremdes Glück, Besitz oder Vorzüge. Jedoch ist Neid zu fühlen, menschlich, Schadenfreude zu genießen, teuflisch. Neid und Schadenfreude sind an sich bloß theoretisch; praktisch werden sie Bosheit und Grausamkeit. Allgemeinheit und Natürlichkeit des Neides: Kein Mensch ist ganz frei von Neid und schon Herodot hat auf den der menschlichen Natur eingepflanzten Neid hingewiesen. Kein Mensch dürfte ganz frei von Neid befunden werden; denn dass der Mensch beim Anblick fremden Genuss und Besitzes den eigenen Mangel bitterer fühle, ist natürlich, ja unvermeidlich. Neid ist dem Menschen natürlich. Der Neid trägt zur Schlechtigkeit des Laufes der Welt ein Großes bei. Er ist nämlich die Seele des überall florierenden, stillschweigend und ohne Verabredung zusammenkommenden Bandes aller >>Mittelmäßigen<< gegen den einzelnen Ausgezeichneten in jeder Gattung. Zur Seltenheit des Vortrefflichen und zur Schwierigkeit, die es findet, verstanden und erkannt zu werden, kommt also noch jenes übereinstimmende Wirken des Neides Unzähliger, es zu unterdrücken, ja, wo möglich, es ganz zu ersticken. Ja, Aktivisten sind kamerageile, profilneurotische Looser.

Rupert Reiger / 29.09.2021

@  dass sich die aufgeklärte Elite zum Richter über die Gesellschaft ermächtigen darf. Nietzsche definiert Gutmensch: Aus “Zur Genealogie der Moral”: … oh wie sie im Grunde dazu selbst bereit sind, büssen zu machen, wie sie darnach dürsten, Henker zu sein! Unter ihnen giebt es in Fülle die zu Richtern verkleideten Rachsüchtigen, welche beständig das Wort “Gerechtigkeit” wie einen giftigen Speichel im Munde tragen, immer gespitzten Mundes, immer bereit, Alles anzuspeien, was nicht unzufrieden blickt und guten Muths seine Strasse zieht. Unter ihnen fehlt auch jene ekelhafteste Species der Eitlen nicht, die verlognen Missgeburten, die darauf aus sind, “schöne Seelen” darzustellen und etwa ihre verhunzte Sinnlichkeit, in Verse und andere Windeln gewickelt, als “Reinheit des Herzens” auf den Markt bringen: die Species der moralischen Onanisten und “Selbstbefriediger.” -> Aktivisten

Rupert Reiger / 29.09.2021

Adam Smith: “An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations”: We all act out of our own self-interest: “Nicht von dem Wohlwollen des Fleischers, Brauers oder Bäckers erwarten wir unsere Mahlzeit, sondern von ihrer Bedachtnahme auf ihr eigenes Interesse. Wir wenden uns nicht an ihre Humanität, sondern an ihren Egoismus, und sprechen ihnen nie von unseren Bedürfnissen, sondern von ihren Vorteilen. Nur ein Bettler will am liebsten ganz von dem Wohlwollen seiner Mitbürger abhängen.” “… und indem er diesen Gewerbefleiß so leitet, dass sein Produkt den größten Wert erhalte, beabsichtigt er lediglich seinen eigenen Gewinn und wird in diesen wie in vielen anderen Fällen >>von einer unsichtbaren Hand<< geleitet, dass er einen Zweck befördern muss, den er sich in keiner Weise vorgesetzt hatte. Auch ist es nicht eben ein Unglück für die Nation, dass, er diesen Zweck nicht hatte. Verfolgt er sein eigenes Interesse; so befördert er das der Nation weit wirksamer, als wenn er dieses wirklich zu befördern die Absicht hätte.” Ein Land kann somit enorme Bodenschätze haben (siehe Venezuela), aber solange seine Menschen nicht genügend Freiheit haben, aus ihrem Eigeninteresse heraus eine Wirtschaft zu entwickeln, wird dieses Land sich niemals auf einen vorderen Platz der Weltwirtschaft mit entsprechendem Wohlstand entwickeln.

Rainer Niersberger / 29.09.2021

Ich habe nach wie vor, bei aller sonstigen Übereinstimmung, Probleme mit der Sicht auf das, was man Aufklärung nennt und mit den ebenso religoesen wie kontraproduktiven Wertbegriffen “gut und boese”. Weder sind mir die Aufklärer als Moralisten bekannt, noch uebrigens als Ideologen, eher im Gegenteil. Dass sie bei der Betrachtung des Menschen noch nicht wissen konnten, was die Hirnforschung dieser Tage ueber die Verfasstheit des Menschen weiss, muss man ihnen nicht vorwerfen. Ihre Grundbotschaft, was das Selbstdenken betrifft, bleibt richtig. Nicht umsonst sind es die Linken, die Sekten, Ideologen und Religioesen, die mehr oder weniger Probleme mit dem denkenden, autonomen Menschen haben.  Die wissenschaftsfreien “gut und boese Zuschreibungen” dienen am Ende allesamt bestimmten unedlen Zwecken, die viel mit Herrschaft und Macht zu tun haben. Sie sind unnötig und letztlich schädlich, abgesehen davon, dass sie diversen “Variablen” unterliegen, wie man heute gut erkennen kann. Da kommt es offenbar bei Mord und Vergewaltigung, ohne Zweifel “boese” Handlungen, entscheidend darauf an, wie der Taeter “gesehen” wird. Nicht jeder Mörder ist per se boese. Der Zeitgeist regelt das durch die Heranziehung, aktuell hierzulande willkommener, Entlastungsfaktoren oder konkret : Es gibt zwar qua Ideologie den boesen, weissen Deutschen, nicht aber den bösen Migranten, bei gleicher Tat.  Sind Merkel und ihre Helfer aufgrund ihrer, unter dem Siegel des “guten” Ziels, vorsaetzlich angerichteten, massiven Schaeden an Leben, Leib und Sachen boese? Und wenn ja, was folgt daraus?  Allein die Flucht in diese Kategorien, obwohl ein funktionierendes System und ein funktionierender Rechtsstaat zur Loesung ausreichen wuerde, zeigt das Problem. Es ist egal, ob Merkel oder der Migrant oder irgendein anderer Mensch boese ist oder nicht. Regeln (fuer Amtsinhaber und Bewohner dieses Landes) und deren Verletzung muessen konsequent verfolgt und bei Verletzung sanktioniert werden.

Werner Arning / 29.09.2021

Was hat der Linke mit einer Kuh gemeinsam? Er kaut Evas Apfel wieder und wieder.

Richard Loewe / 29.09.2021

sorry, aber das ist Erstsemester-Niveau Philosophie. Der Autor nimmt Mandevilles Fable of the Bees und erklärt alle Philosophen zu mandevillschen Unterhaltungsphilosophen. Adam Smith, der Menschen wie die meisten aller Philosophen als Gemisch von guten und schlechten Anlagen sah (als Tugendethiker konnte er ja auch gar nicht anders), erklärte in seinem Magnus opus, wie Mandevilles und Bolz’ Logik (die privaten Untugenden werden zu öffentlichen Tugenden) den Unterschied zwischen Tugend und Untugend zerstört. Menschen, die Mandeville folgen, hält Smith für leichtgläubige Narren. Und Rousseau war Kulturpessimist, der glaubte, daß die “commercial society” alles Gute unweigerlich zerstören würde. Das ist nichts weiter als der peinliche Adam Smith Problem, welches deutsche Juristen vor 140 Jahren in die Welt gesetzt haben.

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