Chaim Noll / 18.03.2019 / 12:00 / Foto: Freud / 84 / Seite ausdrucken

Der masochistische Reflex

Nach dem Massaker von Christchurch in Neuseeland beginnt im fernen Deutschland die Maschinerie der Schuldzuweisungen zu arbeiten. Es geht darum, aus dem feigen Anschlag eines uns allen unbekannten, tausende Kilometer fernen, bisher gleichgültigen Menschen eine Affäre zu machen, die „uns alle betrifft“.

„Die Tat von Christchurch“, schreibt etwa Andreas Ross in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, „ist kein Verbrechen in einem fernen Land, das nichts mit uns zu tun hat: In allen westlichen Gesellschaften gedeiht die Islamfeindlichkeit. Das hat auch viel mit Stimmungsmache von Politikern zu tun.“ Kurz gesagt: Schuld ist nicht ein einzelner, offenbar psychisch gestörter Mensch, sondern der Westen an sich, seine überall gedeihende „Islamfeindlichkeit“. So weit der übliche masochistische Reflex, den wir zur Genüge kennen. Gefährlicher wird es in einem Land, in dem – wie heute in Deutschland – die politische Denunziation eine neue Blütezeit erlebt.  

Ross beginnt auch gleich Namen zu nennen, die in Zusammenhang mit dem Massaker genannt werden müssen, allen voran natürlich Donald Trump, nicht unbedingt als dafür Verantwortlicher, doch als jemand, der „einen gefährlichen Diskurs legimitiert“, dann folgen weitere, und in Tagen, in denen wieder Schwarze Listen angelegt werden, in denen sich Menschen dafür entschuldigen müssen, weil sie an einer privaten Geburtstagsfeier teilgenommen haben, auf denen auch ein Rechtsradikaler gesehen wurde, in denen das Wort „rechts“ zunehmend inflationär in Gebrauch ist und das Stigmatisieren von Unbotmäßigen, Unkorrekten erneut zu einem verbissenen Gesellschaftsspiel wird, in solchen Tagen ist das Nennen von Namen nicht mehr so harmlos, wie es tut. Und auch nicht mehr so harmlos gemeint.

Trotz der wohltemperierten Sprache, die sich Andreas Ross in der Frankfurter Allgemeinen auferlegt, lässt sich der Eindruck nicht vermeiden: Solche Artikel dienen der Einschüchterung. Man setzt auf die Angst davor, auf die Schwarze Liste zu geraten, für „rechtsradikal“ erklärt zu werden, für „islamophob“ oder „rassistisch“. Solche Zuschreibungen können Folgen haben, spürbare Nachteile in Beruf und Existenz, in unserer gesellschaftlichen Situation und – wie sich neuerdings zeigt – auch in der privaten.

Der Reflex wird durch ständiges Wiederholen andressiert. Ich habe deshalb beschlossen, mich lieber der endgültigen Anschwärzung meines Namens auszusetzen als der unwürdigen Unterwerfung. Auch nach dem Massaker von Christchurch werde ich den Islam kritisieren, denn das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Dort ein stupider Gewaltakt, wie er dümmer und abstoßender nicht vorstellbar ist, hier eine intellektuelle Auseinandersetzung mit einer Weltanschauung, ihrem Schrifttum, ihrem nach meinem Gefühl vorsintflutlichen Frauenbild, ihrer gefährlichen Verquickung von religiöser Botschaft und Gewalt. Mich damit kritisch und öffentlich auseinanderzusetzen, meine Gedanken darüber zu äußern, ist mein verbrieftes Recht als denkender Mensch in einem westlichen Land, das ich mir von niemandem nehmen lasse, weder von einem Massenmörder in Neuseeland noch von einer deutschen Zeitung.

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Leserpost

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Donald Adolf Murmelstein / 18.03.2019

Mein größter Wunsch ist doch, daß ich wegen meiner feindseligen Haltung gegenüber Gutmenschen, Selbstverleugnertum, Deutschlandhassern und Islam allgemein, so schnell wie möglich aus Deutschland ausgewiesen werde. – Aber die Dinge ändern sich allmählich! Man muß nur wachsam durch Charlottenburg, Berlin-Mitte und Wilmersdorf laufen. Die Infantilisierung, Gleichschaltung und Verblödung der Massen zeigen ihre Früchte. Berlin wird von Monat zu Monat immer uninteressanter…..

J. Polczer / 18.03.2019

Sehr geehrter Herr Noll, ich bekomme immer mehr eine Vorstellung wie es sein könnte in einer Diktatur zu leben. Um dies noch einmal klar zu stellen, wir leben in keiner, aber…aber…die Blüten sind bereits da. Wenn Diskussionen als “gefährlich” gebrandmarkt werden…Was ist das eigentlich, eine gefährliche Diskussion? Die Frage sollte lauten: Für wen und was ist sie gefährlich? Ich meine,man oder frau wird doch wohl nicht tot umfallen, wenn er oder sie ein bestimmtes Thema sachlich diskutieren will? Ich meine noch deutlicher, dass man keine Diskussionen wünscht und ein blindes Abnicken die einzig “richtige Reaktion” darstellt, könnte man ja nicht werden…

Martin Landner / 18.03.2019

Ich würde es sogar noch schärfer formulieren. Nach unzähligen Anschlägen und Morden hier in Deutschland, nach unzähligen Anschlägen in Indien, Ägypten, Nigeria gibt es jetzt endlich mal wieder einen Anschlag in Australien, der in das Schema der Linken passt. & dieselben Typen, die es nicht schaffen, auch nur eine einzige Antirassismusdemo gegen Anis Amri, IS, Hamas abzuhalten, tauchen jetzt auf einmal wieder aus der Versenkung auf & tun so, als hätten sie ein Problem mit Vorurteilen und Gewalt. Enschuldigung, aber wer Rotherham und Köln vertuscht & sich darüber aufregt, wenn ein Amerikaner einen schwarzen Smoothie trinkt oder eine Grenze sichert, der ist kein Antirassist, der ist ein Rassist.

Burkhart Berthold / 18.03.2019

Lieber Herr Noll, es geht um die Herrschaft im öffentlichen Diskurs, und da zögern manche nicht, ihre Argumente an den Haaren herbeizuziehen, und sei es vom anderen Ende der Welt. Angefeindet und angeschwärzt zu werden, kann man deshalb gar nicht vermeiden. Dass Sie Ihre Stimme erheben, kostet Sie gewiss Sympathiepunkte bei Leuten, die Sie nicht ausstehen können, schenkt uns aber ein gutes Beispiel. Danke!

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