Manfred Haferburg / 08.10.2019 / 14:59 / Foto: Pixabay / 79 / Seite ausdrucken

Der Schrott und der LKW-Vorfall von Limburg

Unliebsame Tatsachen werden dem staunenden Publikum in homöopathischen Dosen verabreicht, wohl zu seinem Besten – um es nicht zu verunsichern. Wer die Weltmeisterschaft im Schwurbeln aus rein sportlichem Interesse verfolgen möchte, muss die Berichterstattung zum „LKW-Vorfall“ in Limburg intensiv verfolgen. 

Dabei geht es zu wie letzte Woche in Paris, wo der Innenminister Christophe Castaner sich nicht traute, sein Wissen um die islamistische Vorgeschichte des Polizistenmörders einzugestehen und von einem „untadeligem und vorbildlichen Polizeiangestellten“ und „persönlichen Motiven“ faselte. Er – der Terrorist – sei zuvor nie negativ aufgefallen, sagte Castaner am Donnerstag vor der Polizeistation in Paris.

Diese grob verharmlosende Lüge könnte dem Innenminister unter Umständen das Amt kosten. In Frankreich gibt es noch eine Opposition – die forderte nun die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Er verlange eine parlamentarische Untersuchung, schrieb der konservative Abgeordnete Éric Ciotti am Samstag auf Twitter. Er warf dem französischen Innenminister Christophe Castaner vor, nicht die Wahrheit über eine bekannte mögliche Radikalisierung des mutmaßlichen Angreifers gesagt zu haben.

„Die Messerattacke kam zu einem heiklen Zeitpunkt", sagt ZDF-Frankreich-Korrespondent Thomas Walde. Die Beamten seien wegen der Gelbwesten-Proteste überlastet, vergangene Woche demonstrierten 27.000 in einem „Marsch der Wut" für bessere Arbeitsbedingungen. Die Lage sei „politisch sensibel", erklärt Walde. In der Frage, ob es sich um Terror handele oder nicht, solle man daher „in Ruhe die Ermittlungsergebnisse abwarten".

„Trolle oder wilde Spekulationen braucht niemand“

Auch in Deutschland ist die Lage „politisch sensibel“ der LKW-Vorfall kam zu einem „heiklen Zeitpunkt“. Daher war es anfangs der berühmte Intensivtäter „ein Mann“, der in Limburg „einen Auffahrunfall mit einem LKW” verursachte. Zur Frage von Medienvertretern, ob es sich um einen terroristischen Anschlag handeln könnte, hatte ein LKA-Sprecher am Montagabend gesagt: „Wenn solche Ereignisse passieren, dann ist es Aufgabe der Polizei, natürlich in sämtliche Richtungen alle Möglichkeiten im Blick zu haben. Genau das machen wir. Und wir schließen momentan überhaupt nichts aus.“ Die Polizei warnte vorsichtshalber mehrfach vor Spekulationen. Auf Twitter schrieb sie: „Trolle oder wilde Spekulationen braucht niemand.“

In den deutschen Medien tönt es weiter: „Zwischenfall mit einem LKW“, so die Welt „Laster-Unglück in Hessen“, so der Spiegel. „Das Motiv des Fahrers (sic) ist weiterhin unklar“… „Hintergründe des Vorfalls (sic) weiterhin unklar“… „Es ist noch zu früh für Wasserstandsmeldungen (sic)“, sagt der zuständige Staatsanwalt. „Der LKW war gestohlen (sic)“ obwohl der Täter den Fahrer gewaltsam aus dem Fahrzeug gezerrt hat. „Für ein terroristisches Motiv gebe es bislang noch keine Hinweise“ obwohl der Syrer, der seit 2015 “in Deutschland lebt“, mehrmals versucht hat, „einen LKW zu stehlen“. „Er ist den Behörden wegen gefährlicher Körperverletzung, Drogenbesitzes und Ladendiebstahls aufgefallen – nicht aber als Extremist.“ 

Nichts Ernstes also, dann ist ja alles gut. Es ist nichts passiert, gehen Sie weiter und bitte denken Sie nicht.

Die für Terrorismus-Verfahren zuständige Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat die Ermittlungen zum Limburger Lkw-Drama bis heute Morgen nicht übernommen. „Wir haben zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Fall in unsere Zuständigkeit fällt“, sagte ein Sprecher der Behörde. Offenbar haben sich die Behörden es allerdings gerade anders überlegt. Wie Bild aus Sicherheitskreisen erfahren haben will, wird der LKW-Vorfall trotz des heiklen Zeitpunktes und der politischen Sensibilität nun doch „irgendwie“ als Terrorakt eingestuft, oder auch nicht – nachdem SEK-Beamte das Hotelzimmer des „Fahrers“ gestürmt haben, in dem er seit einem Jahr auf Kosten des Steuerzahlers wohnte. 

Die Krönung der Relativierungen lieferte der Innenminister Seehofer ab, der zwar in einem Interview noch nicht sagen konnte „wie diese Tat zu qualifizieren ist“. Aber eines wusste Herr Seehofer trotzdem schon ganz genau: „Die abstrakte Gefahr eines Anschlages ist weiterhin hoch, aber nicht nur durch islamistischen Terror, sondern auch durch Terror von rechts“. Der Reporter sagte dazu: „Diese beiden Arten von Terror hat er quasi in einem Atemzug genannt, also auf die gleiche Stufe gehoben, er sieht also letztendlich die Gefahr von Terroranschlägen von beiden Seiten gleich hoch“. (ab 3:30) Wer solchen Innenminister hat, braucht keine Feinde mehr. 

Foto: Pixabay

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Test 45: 56650

Hans – Ullrich Hendriks / 08.10.2019

In den Nachrichten des Senders n-tv wurde noch in den Vormittagsstunden von einem Unglücksfall gefaselt.Das Unglück bestand wohl darin, dass der Täter zunächst unter Gewaltanwendung das Fahrzeug an sich gebracht hat (juristisch ein Raub) und dann ungebremst in mehrere Autos gefahren ist (Juristisch schwere Sachbeschädigung, vorsätzliche Körperverletzung bis hin zum versuchten Mord).Die „zeitgemäße“ Umdeutung althergebrachter Begriffe nimmt immer mehr zu.Unter Seenotrettung wird jetzt ja auch verstanden, dass man auf offener See aus einem hochseetauglichen Schlepperboot in ein Gummiboot umsteigt und dann um Hilfe ruft.Da nimmt es nicht Wunder, dass die DDR kein Unrechtsstaat gewesen sein soll.

Burkhard Mundt / 08.10.2019

Der Hessische Rundfunk sprach heute in den Nachrichten von hr4 um 14:30 vom " Unfallverursacher", dessen Wohnung von der Polizei durchsucht worden sei. "Unfallverursacher" ! Ein ( möglicher) Terrorist ist bei denen einfach ein Unfallverursacher. Selbstverständlich fehlte auch der Hinweis "ein Mann" nicht.inNa, ja. Der hr sprach in seinen Nachrichten auch von "Erderhitzung"statt "Klimawandel" . Dramatik wird geboten, wenn es der eigenen Ideologie dient.

Frank Mertes / 08.10.2019

Es ist doch schrecklich, dass ein syrischer Mitbürger, der sich für seinen Wocheneinkauf (vielleicht hat er vier Frauen und 40 Kinder - in Deutschland inzwischen durchaus möglich) nur mal kurz ein größeres Fahrzeug borgen wollte, über das er kurzzeitig die Kontrolle verlor (sicher haben ihm deutsche Behörden einen Führerscheinkurs verweigert), nun so diskriminiert wird. Nun ist der Arme noch mehr traumatisiert und seine Familie muss hungern. Leider kein Einzelfall im rassistischen Deutschland.

Matthias Haus / 08.10.2019

Sehr geehrter Herr Haferburg Ich tippe auf einen Fahrschüler der von der Bremse abgerutscht ist .

Bechlenberg Archi W. / 08.10.2019

Ist morgen wieder vergessen. War da nicht neulich was in Paris?

Frank Stricker / 08.10.2019

Die Beschwichtigungen sind mittlerweile kaum noch zu ertragen. "Man ermittle in alle Richtungen" , so der Generalbundesanwalt. In welche Richtung denn ? Vielleicht wollte der Syrer nur schnell Brötchen holen und die zusammengeschobenen Autos standen blöderweise im Weg. Der Raub des LKW"S könnte noch als modernes car-sharing schöngeredet werden. Zu guter letzt findet sich garantiert noch ein Psychiater , der irgendwelche "Störungen" und "Stimmen" feststellen wird. Und das wichtigste , das hat natürlich nix aber auch rein gar nix mit dem Islam zu tun...……...

Sabine Richter / 08.10.2019

Ich staune immer wieder, für wie unfassbar dämlich uns unsere "Eliten" halten: der Pariser Polizist war einfach nur überarbeitet (klar, macht ja jeder so, der endlos Überstunden schiebt), Limburg ist kein Terroranschlag (Sattelschlepper fahren ist ja so unglaublich einfach, dass man sich gerne spontan einen ausleiht) und ein Bosnier wollte Selbstmord begehen, indem die Wartenden (darunter eine 88-jährige Omi) an einer Bushaltestelle umnietete (am 20.12.2018 in Recklinghausen). Was als nächstes?

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