Hofreiter tat es, Wissing tat es, Leutheusser-Schnarrenberger tat es, Habeck und Scholz sowieso. Da darf auch Friedrich Merz nicht fehlen: Die EU zu mehr Zensur von Facebook, Twitter & Co aufzufordern.
Bei Merz klingt das so: „Ich beobachte das mit zunehmender Besorgnis, dass hier vor allem Plattformen geschaffen werden für Falschinformationen, für einseitige Kampagnen, für Halbwahrheiten, für Hetze, für Hass und diese Auswüchse, die wir dort sehen“. Dies sagte der CDU-Chef bei der CSU-Klausur im bayerischen Kloster Seeon. Er befürworte deshalb, „dass sich die Europäische Union mit diesem Thema beschäftigt und dass sie das auch reguliert“. Merz rennt offene Türen ein: Bekanntlich ist die EU schon seit Jahren mit dem Thema Zensur beschäftigt und verfügt über einen beeindruckenden Apparat, um diese zu erzwingen.
„Auch in der analogen Welt haben wir Freiheitsrechte gehabt, aber die gingen immer nur so weit, wie die Freiheit der anderen gegangen ist.“ (Dachte Merz hier an ein bekanntes Rosa-Luxemburg-Zitat?). Entscheidend sei für ihn, so Merz weiter, „dass die Pressefreiheit, die Meinungsfreiheit in vollem Umfang gewährleistet bleiben muss. Aber diejenigen, die sich an diese Regeln nicht halten, die dürfen in den Plattformen nicht ein Spielfeld finden, was praktisch ohne Regeln funktioniert.“
Merz hält also den Moloch EU, demokratisch nur sehr dürftig legitimiert, für den Garant der Meinungs- und Pressefreiheit und für ausgewogene, faire Berichterstattung. Die gute, versorgende Anstands-Tante sozusagen, die gerade die Deutschen immer wieder zu brauchen scheinen. Bezahlte Faktenchecker, die für die EU im Sinne ihres Herrn entscheiden, was Fakt und was Lüge ist, hält Merz demnach auch für die geeigneten Richter.
150 EU-Beamte kontrollieren Musk-Weidel-Gepräch
War das wieder ein Fall von Merz‘schem: „Ich auch!“, um den Medien zu signalisieren, dass er zu den Guten gehört? Seine Verlautbarungen zu Hass und Hetze, Falschinformationen und dergleichen könnten wortwörtlich auch von Robert Habeck, Ralf Stegner oder Lars Klingbeil stammen. Dass die Faktenchecker auch Merz‘ Behauptungen zu Migranten, etwas zu kleinen Paschas und Ausländern, die das Gesundheitssystem missbrauchen, als „Hass und Hetze“ kennzeichnen würden oder dies schon getan haben, ist ihm dabei wohl nicht klar.
Oder passt Merz s das sehr reichweitenstarke Interview zwischen Elon Musk und Alice Weidel auf X nicht? Ex-EU-Kommissar Thierry Breton äußerte sich ähnlich zu einem Interview zwischen Musk und Trump. Merz kann beruhigt sein, die EU hat bereits vorgesorgt: 150 Beamte sollen das Interview mithören und sicherstellen, das man sich an die EU-Regeln des Digital Service Acts hält und die Algorithmen bloß nichts Unerwünschtes tun. Die Befunde der EU-Beamten werden auch schon mal gesammelt für ein zukünftiges Verfahren gegen X.
Einerseits beklagt Merz immer wieder die ausufernde Bürokratie und verspricht, diese als Kanzler abzubauen, auch in der EU, andererseits fordert er nun noch mehr Regulierung und Kontrolle durch dieselbe EU. Überzeugend ist das nicht, passt aber zu Merz. Übrigens haben auch die sozialen Medienplattformen Regeln und Einschränkungen, aber diese gelten eben mittlerweile für alle und nicht nur für die mit den „falschen Meinungen“.
Wie beim Wettlauf zwischen Hase und Igel sind die Genossen im Zensurkartell schon weiter: Die Jusos fordern gleich die Verstaatlichung der sozialen Medien, da erübrigt sich eine EU-Zensur.
Sebastian Biehl, Jahrgang 1974, arbeitet als Nachrichtenredakteur für die Achse des Guten. Vor Kurzem erschien von ihm „Ein Volk sucht seinen Platz. Die Geschichte von Orania und dem Freiheitsstreben der Afrikaaner.“ Dieses kann hier oder hier bestellt werden.