Der Kulturkompass: „Mythos Diskriminierung“

Mit vielen Mitmenschen ist heute nicht gut Kirschen essen. Kritik an Deutschlands Asylpolitik gilt schnell als rassistisch, das Komplimentieren einer Frau als sexistisch und das Beharren auf einer kirchlichen Eheschließung, die ausschließlich Mann und Frau vorbehalten sei, als faschistisch. Jedes Näpfchen kann zum Fettnäpfchen werden. Willkommen in der BRD, der „Ballaballa Republik Deutschland“!

Jüngstes Beispiel: Die Welle der Empörung auf die WDR-Talkshow „Die letzte Instanz“. Dort besprach Moderator Steffen Hallaschka, unter anderem mit Thomas Gottschalk und Janine Kunze, die Frage: „Das Ende der Zigeunersauce: Ist das ein notwendiger Schritt?“ Für die Gäste der Talkrunde offensichtlich kein „notwendiger Schritt“, für die Gerechtigkeitskämpfer offensichtlich schon. Denn ohne nachzudenken, ohne innezuhalten, hagelte es massiv Rassismusvorwürfe gegen die Gäste der Sendung und den WDR. Diese Reflexhaftigkeit einer bestimmten Gruppe von Menschen, überall Rassismus, Sexismus oder Faschismus zu wittern, verdeutlicht der Niederländer Frank Karsten in seinem rund 130 Seiten starken Buch „Mythos Diskriminierung“ fulminant. Schonungslos und offen weist er auf die logischen Fehlschlüsse und Absurditäten im Denken der selbsternannten Gerechtigkeitskämpfer und Gleichheitsfanatiker hin. Hierbei bedient er sich interessanter Beispiele, die den ideologiefreien Leser zum Schmunzeln bringen.

Karsten räumt hierbei mit vierzehn Mythen zur Diskriminierung auf. So zeigt er, inwiefern das Bedürfnis zu diskriminieren, zu unterscheiden, ein notwendiger Bestandteil des Lebens darstellt. Ohne Diskriminierung gehe es schlichtweg nicht – bis zu einem bestimmten Grad selbstverständlich. Schließlich diskriminiere jeder, wenn er sich etwa für einen Ehepartner und somit gegen die zig tausende und abertausende potentiellen anderen Partner entscheide. Würde jemand der Nichtauserwählten sich diskriminiert fühlen und gerichtlich hiergegen vorgehen, so wäre es nicht unwahrscheinlich, dass ein Psychologe hinzugezogen würde. Diskriminierung in diesem Sinne sei durchaus sinnvoll.

Quotenfrau oder Leistungsfrau?

Weniger sinnvoll seien aber die Antidiskriminierungsgesetze, so Karsten. Diese bewirkten gerade das Gegenteil von dem, was sie erreichen wollten. So wählten etwa Patienten lieber einen Arzt, der aufgrund seiner Leistung diese Position erreicht habe und nicht eine Frau. Warum? Bei einer Frau wisse man nicht, wie sie es zum Medicus geschafft habe: Ist sie eine Quotenfrau oder eine Leistungsfrau?

Ähnlich sehe es mit der Einführung des Mindestlohns aus. Statt den Ärmsten der Ärmsten finanziell unter die Arme zu greifen, bewirke der Mindestlohn, dass   Arbeitsplätze in die Niedriglohnländer verschoben oder durch Roboter ersetzt würden. „Der Mindestlohn ist einer der Gründe für die hohe Arbeitslosenquote unter Minderheiten – er ist im Grunde ein Gesetz zur Schaffung der Arbeitslosigkeit.“ In dieser Manier geht es Schlag auf Schlag weiter.

Das Fazit: Karsten entlarvt nicht nur die hiesige Opferlogik der Gerechtigkeitskämpfer als egalitäre Ideologie. Ferner zeigt er, wie ausufernd und somit gefährlich dieser fanatische Drang nach Gleichheit ist. Es gehe nicht mehr um ein gesundes Maß an Gleichheit, das auch Unterschiede zulasse. Vielmehr gehe es heutzutage darum, jegliche Unterschiede um jeden Preis zu nivellieren. Aber Gleichheit bedeutet noch lange nicht Gerechtigkeit.

Um ein Zitat Milton Friedmans zu nehmen, auf das auch Karsten rekurriert: „Eine Gesellschaft, die Gleichheit vor Freiheit stellt, wird beides nicht bekommen. Eine Gesellschaft, die Freiheit vor Gleichheit stellt, wird beides in hohem Maße bekommen.“ Dann kann aus der „Ballaballa Republik Deutschland“ die „Beste Republik Deutschland“ werden. Dann kann man mit vielen Mitmenschen wieder gut Kirschen essen.

„Mythos Diskriminierung. Freiheit, Ungleichheit und Vorurteile“ von Frank Karsten, 2019, Grevenbroich: Lichtschlag. Hier bestellbar.

Foto: Deborah Ryszka

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Leserpost

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Roland Müller / 12.02.2021

Das Wort Zigeunersauce sagt mir, das Zigeuner einen guten Geschmack haben und auch gut kochen können, was wohl mit ihrer Herkunft aus Südosteuropa zu tun hat.  Ansonsten weigere ich mich standhaft, das Wort als negative Wertung von Personen zu betrachten. Als negativ betrachten die meisten Zeitgenossen nicht die Zigeunersauce, sondern die geringe Neigung zur Sesshaftigkeit, wobei ich eingestehen muss, das ich nicht die geringste Ahnung davon habe, wieso und warum das so ist. Das gleiche Problem gibt es übrigens in Russland, wo die Besitzer von Renntierherden selbst ein vom Vater Staat mehr oder weniger geschenktes Haus ausschlagen und stattdessen lieber mit ihrer Herde in der Wildnis umherziehen. Es muss irgend etwas mit Tradition zu tun haben.

Gottfried Meier / 12.02.2021

Meine Hoffnung ist gestorben!

E Ekat / 12.02.2021

Man könnte - wenn man denn wollte - heutzutage durchaus herausfinden, durch welche neuronalen Besonderheiten sich Menschen auszeichnen, die offenbar nicht ganz sauber ticken, diskriminieren, nicht gereglt bekommen, was es beispielsweise mit Gerechtigkeit auf sich hat. Warum es diese (unter Menschen) nicht geben kann. Eine neuronale Erkundung würde allerdings zu einer Aussortierung führen, also eine Diskriminierung darstellen. Vielleicht haben die Diskriminierer genau davor Angst, tatsächlich aussortiert werden zu müssen. Tatsächlich dürft es darum zu gehen, wer am Ende wen aussortiert. Im Moment sieht es nicht gut aus. Die in gewisser Weise “Behinderten” scheinen die Deutungsmacht zu erlangen, und diese Macht nimmt weiter zu.  Ihnen argumentativ entgegentreten zu wollen, das müßte - dies ein erster Test - sich jeder neuronal Unauffällige klarmachen können, kann definitiv garnicht erfolgreich sein. Wer dies dennoch versucht, der hat damit seine tatsächliche Zugehörigkeit offengelgt.  Die anderen sollten überlegen, wie sie mit dieser schwierigen Situation umgehen wollen. Bisher wird lediglich versucht, sich kampflos wegzuducken. Derzeit sieht es so aus, als ob diese Strategie der Rückwärtsbewegung in einem gemeinsamen Niedergang enden muß.

Stefan Riedel / 12.02.2021

Zum Bild? Warum verstecken Sie das Bild einer wunderschönen Frau (geahnt). Text und Bild? Ich bin mathematisch-naturwissenentschaftlich blind( Frauen und so)!

Thomas Taterka / 12.02.2021

Man darf nicht vergessen, daß der ” Kampf gegen die Diskriminierung “ selbst eine hochsubventionierte Arbeitslosenpolitik ist . Was sollen denn diese armen Schweine arbeiten , wenn sie nicht mit Hilfe von Steuergeldern in irgendeiner ” Zigeunersauce” rumschnüffeln dürften? Wir leben seit mehr als 25 Jahren in einer Gesellschaft mit “versteckter"Massenarbeitslosigkeit. Wer staatliche Hilfe braucht und nicht alleine klarkommt , ist arbeitslos. Ganz gleich wie wichtig er sich nimmt.

Rolf Rüdiger / 12.02.2021

Es gibt genausowenig einen natürlichen Rassismus wie eine Gerechtigkeit. Das sind nur politisch geschaffene Dinge, die sich in den Köpfen der Menschen festsetzen… eine Art Rattenfänger von Hameln, wenn man so will, dem sich heute die Sozialisten als auch früher schon die NS und Andere bedienten. In Wahrheit gibt es nur Sympathie und Apartie sowie selbst empfundene Fairness. Wobei Sympathie in der Regel bei ähnlichen Menschentypen auftritt. Oft hat dies auch viel zu tun mit der Erfahrung die man im Leben gemacht hat. Und Apartie auch nicht immer schlecht ist, da sie uns auch vor Fehlern schützt.

B. Ollo / 12.02.2021

Ein wesentliches Übel an diesem Diskriminierungs-Kommunismus ist, dass die Befürworter ohne jedes Mandat für sich in Anspruch nehmen, für völlig heterogene und willkürlich herausgegriffene Gruppen zu sprechen. Völlig ungefragt werden Frauen, Personen mit bestimmter Hautfarbe, Religion, Orientierung oder Herkunft demokratisch überhaupt nicht legitimierte angebliche Vertreter vorgesetzt, die sich einfach so berufen fühlen, deren angebliche Interessen vertreten zu dürfen, obwohl es denen nur um die eigene mickrige politische Agenda und Existenz geht. Nur weil man über eine bestimmte Eigenschaft verfügt, heißt das nicht, dass man seine sonstige Einstellung irgendeiner Partei oder Weltanschauung unterordnen muss. Das ist aber der Deal, den solche Kreise voraussetzen. Für ein bisschen Bauchpinseln hat die Minderheit den Allgemeinvertretungsanspruch abzugeben und gefälligst die Klappe zu halten. Das ist das eigentliche Problem an dieser undemokratischen Truppe. Entmündigung und Gleichschaltung durch angebliche Wohltaten. Leider vergessen solche Gruppen immer, dass es nie etwas umsonst gibt. Die Quittung kommt garantiert.

Karola Sunck / 12.02.2021

Auch diese Bewegung der unrealistischen Sichtungsweisen wird dann ein Ende finden , wenn die Auswirkungen der Politik dieses Zeitgeistes, zum Tragen kommen. Zum Beispiel, wenn demnächst wegen der irrsinnigen Energiewende ein Blackout im harten Winter ansteht und auch die Protagonisten des Zeitgeistes für eine warme Mahlzeit in einer Turnhalle anstehen, die mit Zigeunersoße schmackhafter gestaltet wurde. Und das Wort ,,Neger`` ist eigentlich kein Schimpfwort, sondern nur ein allgemeiner Begriff für dunkelhäutige Menschen. Das eigentliche rassistische Schimpfwort ist ,,Nigger``. Wurde in Amerika in der Sklavenzeit verwendet. Ich freue mich immer wieder wenn es unter den jungen Leuten, insbesondere unter den jungen Frauen noch Menschen gibt, wie die Gast-Autorin ,, Deborah Ryszka``die diese gleichmachende Bewegung als Balla- Balla betrachten und sich nicht diesem dummen Diktat unterwerfen wollen.

Detlef Dechant / 12.02.2021

Politikerinnen regieren nach Gefühl, Journalisten schreiben und talken mit Haltung, Fakten und Zahlen sind lästig. Sie könnten ja dazu führen, dass man seine Meinung ändern müsste. Umfragen fragen demnach auch nach Gefühlen, nach Einschätzungen, nach Meinungen - nie nach Wissen! So ist es auch kein Wunder, dass gefühlte Diskriminierung gleichgesetzt wird mit tatsächlicher Diskriminierung. Und so ist es auch möglich, dass jede gesellschaftliche Gruppe sich irgendwann irgendwodurch irgendwo diskrimiert fühlen kann. Nur für eine Minderheit gilt das nicht - den alten weißen Mann. Nur warum steht dieser alte weiße Mann da, wo er jetzt ist? Er wurde zur Leistung erzogen, wurde gefordert statt gefördert, musste sich dem Wettbewerb stellen, Konkurrenz statt Quote, Risiko und Verantwortung statt zu hätscheln und entmündigen. Dies haben auch Frauen erkannt und statt Kultur- und Kommunikationswissenschaften MINT studiert. Sie haben so gelernt, sich gegen die dort herrschende Männerdomäne durchzusetzen und es dann auch geschafft. In einer Serie der ehemaligen Financial Times Deutschland über die 100 wichtigsten Frauen in der Wirtschaft hat nicht eine einzige darüber geklagt, dass sie es schwerer hatte als die Männer und nur eine fand es schwierig, Familie mit Beruf unter einen Hut zu bringen. Übrigens waren darunter nicht einmal eine Handvoll Geisteswissenschaftlerinnen!!!!

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