Der Beitrag „Der Denunziant von Scholz & Friends“ schlägt hohe Wellen. Hintergrund: Unter "#keingeldfuerrechts“ werden Anzeigenkunden der Achse des Guten mit Rufmord bedroht und gedrängt, ihre Buchungen zurückzuziehen. Der Hashtag und die Aktion gehen auf Gerald Hensel zurück, den Betreiber der Seite Davaidavai.com. Der Anstifter der Kampagne sitzt bei Scholz & Friends, einer Agentur, die für die Bundesregierung und die Europäische Kommission arbeitet. Darüber hat Henryk M. Broder berichtet.
Nach einem Tag lässt sich sagen: Wir haben es hier mit einem Lehrstück über Kommunikation zu tun. Ausgerechnet Scholz & Friends, eine der bekanntesten deutschen Großagenturen, versagt in der Krisenkommunikation in eigener Sache. Auf einem Feld also, wo man seine Expertise anbietet. Ein Desaster.
Es fängt damit an, dass die Kommunikationschefin des Unternehmens, Sabine Zilski, auf eine entsprechende Anfrage von Henryk Broder antwortet: „Sehr geehrter Herr Henryk, Da es sich bei der Aktion #keingeldfürrechts um eine private Initiative von Gerald Hensel handelt, kann ich Ihnen nur empfehlen, über seinen Blog den direkten Dialog zu suchen“. Wie weit ist es mit der Medien-Kompetenz einer Kommunikations-Chefin her, die nicht einmal den Namen eines doch recht bekannten politischen Publizisten kennt? Oder ihn wenigstens googelt? Und wie weit versteht ein Unternehmen sein Geschäft, wenn auf eine brisante Anfrage mit dem Absondern von Textbausteinen reagiert wird?
Wir nehmen euch nicht ernst, ihr seid Trolle
Auch auf kritische Leser-Kommentare auf der Facebook-Präsenz von Scholz & Friends reagierte das Unternehmen mit nichtssagenden und blödelnd-süffisanten Antworten von Moderatoren, die den Menschen hinter den empört bis sachlichen Posts stereotyp entgegneten: Wir nehmen euch nicht ernst, ihr seid Trolle. Ich nehme zugunsten von Scholz & Friends an, dass es sich dabei um schnell herbeigeschaffte Praktikanten handelte, die mit der Dimension der ankommenden Posts überfordert waren.
In den Posts war vielfach schlicht die Abscheu vor Denunziation geäußert worden, und die Enttäuschung darüber, dass sich die Agentur offensichtlich nicht davon distanzieren wolle. Das in der Facebook-Präsenz verankerte Bewertungssystem des Unternehmens rauschte daraufhin in den Keller und hat image-schädliche Dimensionen angenommen, auch wenn in einer Art Wettrennen zahlreiche Wohlmeinende ihre 5-Sterne-Bewertungen dagegensetzten. Spätestens hier hätte die Agentur einen sachlichen Standpunkt suchen müssen, statt weiterhin identische Antworten über Copy and Paste zuzulassen. Von Strategie- und Krisen-Management also keine Spur. (Inzwischnen liegt eine Stellungnahme vor, die sie hier finden)
Auch die Reaktion von „Strategy-Director" Gerald Hensel kann man mit zwei Worten charakterisieren: Unangemessen und nicht professionell. Nachdem die Achse des Guten in Sachen Boykott-Aufruf Öffentlichkeit über seine Aktivitäten hergestellt hatte, gab der Strategy-Director in den sozialen Medien eine ganze Reihe wirrer Stellungnahmen ab. Unter anderem sah er sich von Henryk Broders „faschistischen Kettenhunden“ verfolgt und tappte auch sonst tief in jeden Fettnapf antisemitischer Diktion. Herr Hensel ist wahrscheinlich kein Antisemit, er weiß aber offenbar nicht welcher Sprache er sich da bedient.
Die Moralapostel bedienen sich der Methoden, die sie anprangern
Chefstratege Hensel begab sich mit seinen Posts im übrigen sogleich in die Opfer-Rolle, ganz so, als habe nicht er mit seiner Aktion Henryk M. Broder und Achgut.com angegriffen, sondern umgekehrt. Was hat der Mann eigentlich erwartet? Dass der Autoren-Blog üble Nachrede und Denunziation etwa auf sich sitzen lässt? Wahrscheinlich hat er genau das erwartet: dass wir uns von ihm und seinen Spießgesellen wehrlos am Nasenring durch die Arena führen lassen. Und warum hat er das erwartet? Ganz einfach: Weil das bislang immer geklappt hat.
Die Achse des Guten ist ja nicht die erste Institution oder Firma, die von moralischer Erpressung heimgesucht wird. Seit Jahrzehnten werden Unternehmen, etwa aus der Pharma-, Chemie- oder Agrar-Branche, mit faktenfreien Anschuldigungen weich gekocht. Egal wie an den Haaren herbeigezogen oder erlogen die Argumente auch sein mögen, die Unternehmen verfahren stets nach der Maxime: Bloß schnell raus aus den Schlagzeilen, entschuldigen, Kotau machen und alles wird gut. Nur wird leider nix gut. Die Landnahme der Political Correctness schreitet immer weiter voran, sie stranguliert die unternehmerische Freiheit und übrigens auch die Freiheit der Forschung. Den schrumpfenden Bestand an kritischem Journalismus zu erledigen, ist der logische nächste Schritt.
Doch man kann und muss sich wehren, indem man ans Licht bringt, wie die selbsternannten Moralapostel sich der selben Methoden bedienen, die sie so übereifrig und Beifall erheischend anprangern. Henryk M. Broder setzte einen Kontrapunkt. Die Achse des Guten befand sich umgehend auf einer Welle der Unterstützung, mit der so niemand gerechnet hatte. Das liegt wohl daran, dass immer mehr Menschen ihren Ausstieg aus der Schweigespirale erklären und dem anmaßend arroganten Ton der Besserwisser eine einfache Botschaft entgegen setzen: Wir wollen mitreden, auch wenn ihr auf unsere Meinung nicht erpicht seid.
„Der Denunziant ist der größte Lump im ganzen Land“
Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei all jenen Lesern bedanken, die in den sozialen Medien eine Lanze für uns gebrochen haben. Ich möchte mich auch bei jenen bedanken, die die Achse bislang gar nicht kannten, die aber begriffen haben: „Der Denunziant ist der größte Lump im ganzen Land“. Diese üble Form von Anschwärzen stößt einem großen Teil der Bevölkerung auf, egal wo man sich in politischen Fragen verortet.
Beim groben Scannen der sozialen Medien ist mir aufgefalllen, wie sachlich, argumentativ und mitunter humorvoll die große Mehrheit derjenigen argumentierte, die sich für die Achse eingesetzt haben. Das ist toll. Es mag Ausnahmen geben, aber es handelt sich gewiss nicht um einen klassischen Shitstorm, sondern um praktizierte Demokratie auf hohem Niveau. Das wundert mich auch nicht. Eine zwei Jahre alte, wissenschaftlich begleitete Leser-Analyse besagt, dass 72 Prozent der Achgut-Kernnutzer ein Hochschulstudium abgeschlossen haben. Und die anderen sind vom Leben gebildet, was ja genauso wertvoll ist. Wir befinden uns in der Mitte des deutschen Bürgertums.
Wenn der Stratege von Scholz und Friends auf die Idee kommt, dabei handele es sich um „faschistische Kettenhunde“ oder „Wutbürger“, dann ist er offensichtlich in einer Blase gefangen. Im Elfenbeinturm der Großagentur hat man bisher nicht mitbekommen, dass das kritische Bürgertum es leid ist, permanent als rechte Gefahr tituliert zu werden. Und es ist sicherlich nicht gewillt, sich von Angestellten einer Werbe-Agentur vorschreiben zu lassen, was es zu denken hat. Die unverhohlene Verachtung, die von Scholz und Hensel den kritischen Kommentatoren entgegen gebracht wird, macht eines überdeutlich: Man verachtet einen Großteil seiner Kundschaft und deren demokratische Interessen. Wer so mit Scheuklappen durch die Welt läuft, kann nur Schiffbruch erleiden. Scholz & Friends beraten die Bundesregierung und die europäisch Kommission. Hoffen wir mal, dass sie da ihren Job besser machen.