Henryk M. Broder / 27.11.2015 / 04:48 / 14 / Seite ausdrucken

Der kleine Denunziant entschuldigt sich

Man mag von Akif Pirincci und seinen Texten halten, was man will. Der Umgang mit ihm zeugt freilich vor allem von einem totalitären Potential, das in den Linienrichtern des Kulturbetriebes steckt. Und vom Verlangen einer Gesellschaft nach Sündenböcken, an denen man sich gefahrlos abreagieren kann. Würde jemand die Forderung erheben, die Arbeiten von Salon-Antisemiten wie Jakob Augstein oder Terror-Versteher wie Jürgen Todenhöfer zu boykottieren, käme er oder sie damit nicht weit. Geht es aber um Pirincci, brennen alle Sicherungen durch.

Auf die fingierte Nachfrage eines Zuschauers, wie 3sat dazu käme, einen Film auszustrahlen, der auf einem Buch von Pirincci beruht, immerhin hätten “Amazon und andere Verlage” seine Bücher “bereits auf dem Vertrieb genommen”, bat der zuständige Redakteur den Zuschauer um Entschuldigung und gelobte Besserung:

Vielen Dank für Ihre Zuschrift zu unserem gestrigen Spielfilm `Die Tür´.

Geplant war dieser Film als Teil einer kleinen Filmreihe zu Ehren des 50. Geburtstags des dänischen Schauspielers Mads Mikkelsen. Zum Zeitpunkt dieser Planung war der Name des Autors des zugrunde liegenden Romans zwar streitbar, aber nicht unhaltbar, deshalb wurde `Die Tür´ in die Planung aufgenommen.

Sie haben aber völlig Recht, dass wir nach den inzwischen eingetretenen Entwicklungen und dem völlig berechtigten Boykott seiner Werke von einer Ausstrahlung hätten absehen sollen. Dies ist uns schlicht durchgerutscht, und ich entschuldige mich als Spielfilm-Planer hierfür.

Sie können aber versichert sein, dass der Film als Spielfilmlizenz bereits eingekauft und abgegolten ist, d.h. es entstanden dem Autor durch unsere Ausstrahlung keinerlei finanzielle Vorteile.

Und ich werde auch die Spielfilm-Kollegen der anderen ARD-Sender darauf aufmerksam machen, falls jemandem nicht bewusst ist, dass dieser Film die Adaption eines Werkes von Herrn Pirincci ist.

Nochmals Entschuldigung und vielen Dank für die kritische Begleitung unseres Programms,
mit freundlichen Grüßen
Dominik Brückner
HA Film & Kultur
Redakteur Spielfilm – Planung für SWR, 3sat, EinsPlus

Daraufhin schrieb ich Dominik Brückner die folgende email:

sehr geehrter herr brückner,

kennen sie die seite von akif pirincci, auf der ein brief zu lesen ist, den sie angeblich geschrieben haben?
http://der-kleine-akif.de/2015/11/21/sehnsucht-nach-dem-judengas/
das kann doch nur eine fälschung sein, oder?

ich wäre ihnen sehr dankbar, wenn sie mich aufklären würden.
viele grüße aus Virginia
h.m. broder

Und bekam diese Antwort:

Sehr geehrter Herr Broder,

vielen Dank für Ihre Mail. Die Mail zu dem Spielfilm „Die Tür“, die Sie ansprechen, wurde tatsächlich von mir geschrieben. In der Antwort auf die suggestive Anfrage eines Zuschauers habe ich mich zu persönlichen Aussagen hinreißen lassen, deren Bedeutung und Ausmaß ich nicht überblickt hatte und die ich heute sehr bedauere - nicht nur, weil ich die Folgen in den vergangenen Tagen auf bittere Weise zu spüren bekommen habe. Selbstverständlich hatte ich nie die Absicht, eine Zensur des Films auszuüben, der in 3sat und im Ersten zu sehen war. Dass meine Mail so aufgefasst werden könnte, ist mir jedoch schnell klar geworden. Deshalb ist auch die von mir in der Mail angesprochene Information der anderen Landesrundfunkanstalten nie erfolgt.

Herzliche Grüße,
Dominik Brückner
HA Film & Kultur
Redakteur Spielfilm - Planung für SWR, 3sat, EinsPlus

Lieber Gott, tu mir bitte einen Gefallen: Lass solche Funktionäre im eigenen Saft schmoren und sorge dafür, dass sie bis an das Ende ihrer Tage Verfilmungen von Rosamunde Pilcher und Charlotte Roche betreuen müssen.

 

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Leserpost

netiquette:

Romeo Pusch / 27.11.2015

Sehr geehrter Herr Broder, bleiben Sie uns bitte noch lange erhalten. mfG ihr R.P.

Magdalena Schubert / 27.11.2015

Sehr geehrter Herr Broder, wie schnell man doch süchtig werden kann! Süchtig nach den hervorragenden Beiträgen in der Achse des Guten, die ich ja erst vor kurzem entdeckt habe. Obwohl ich im Grunde schon mein ganzes Leben diese (Sehn)Sucht in mir trage: nach Wahrheit, nach aufrichtigen, unverfälschten Worten, nach richtig verstandener Toleranz, nach echtem (und nicht verlogenem) Humanismus, nach Menschen mit Herz und Verstand, die nicht blind und hörig gefährlichen Idealen hinterherlaufen, sondern selbständig und verantwortungsbewusst denken und handeln. Sie, lieber Herr Broder, punkten mit klaren Aussagen und Sie verlieren offensichtlich nie Ihren Humor, was der Ernsthaftigkeit der Themen aber nicht schadet - sie im Gegenteil erträglicher macht. Charlotte Roche! Der kleine Seitenhieb hat mir persönlich gut gefallen, denn ich konnte nie verstehen, dass man dieser Frau selbst im Feuilleton der SZ den roten Teppich ausgerollt hat. Wobei die SZ nun für mich der Vergangenheit angehört. Nachdem sie jahrelang in gewisser Weise mein täglich Brot war, hab ich mich in den letzen Monaten nur noch daran verschluckt bzw. ist es mir im Halse stecken geblieben. Doch jetzt muss ich ihr nicht mehr hinterhertrauern, denn ich habe vollwertigen Leseersatz gefunden! Mit bestem Dank und besten Grüßen!

Dr. Wolfgang Hintze / 27.11.2015

Ganz offensichtlich haben wir es hier mit einer neuen Form von Paralleljustiz zu tun, und zwar einer sehr effektiven, weil sie - vorbei am Rechtsstaat - allein vom politisch korrekten Mob getragen wird, einheitlich zuständig für Anklage, Urteil und Vollstreckung. Noch ein aktuelles Beispiel gefällig? Bitte: “Das Congress Hotel am Stadtpark in Hannover hat AfD-Mitgliedern, die am Bundesparteitag ihrer Partei teilnehmen wollen, bereits gebuchte Zimmer gekündigt. Erklärt wird dies mit der Vermutung, dass deren Unterbringung »den reibungslosen Geschäftsbetrieb, die Sicherheit und das öffentliche Ansehen des Hotels« gefährdeten.” http://www.freiewelt.net/

Karla Kuhn / 27.11.2015

Hallo Herr Broder, ich bin kein Anhänger von Herrn Pirincci aber diese Mail von Herrn Brückner trieft ja geradezu vor Schleim. Kann er überhaupt noch gerade gehen vor lauter Bücklingen? Herr Pirincci mag nicht jedermanns Sache sein aber er ist kein Verbrecher, von dem man sich auf diese Art distanzieren muß. Bei dem Wort Denunziant klingeln bei mir alle Alarmglocken. Mein jüdischer Stiefgroßvater, der von Freunden vor den Nazis versteckt wurde, wurde denunziert und sollte ins KZ. Er hat aber den Freitod gewählt.  Meine Eltern haben mir schon als Kleinkind den Satz “Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant” beigebracht. Menschen, die so denken und handeln müssen ganz unzufriedene Menschen sein. Ihr letzter Satz versöhnt mich wieder. Danke.

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