Ulrike Stockmann / 23.06.2020 / 06:00 / Foto: Achgut.com / 142 / Seite ausdrucken

Der Innenminister und die Kolumnistin

Bundesinnenminister Horst Seehofer will Strafanzeige gegen taz-Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah stellen. Diese hatte am Montag vor einer Woche eine Kolumne in der taz veröffentlicht, in der sie unter dem Titel „All cops are berufsunfähig“ als Reaktion auf den gewaltsamen Tod George Floyds ins Horn des Polizisten-Bashings blies. Untertitel ihres Beitrags: „Falls die Polizei abgeschafft wird, der Kapitalismus aber nicht: Was passiert dann mit all den Menschen, die heute bei der Polizei sind?“ Die Autorin dekliniert ein paar mögliche Ausweich-Berufe durch, kommt aber zu dem Schluss, dass „der Anteil an autoritären Persönlichkeiten und solchen mit Fascho-Mindset in dieser Berufsgruppe überdurchschnittlich hoch“ sei und ausgemusterte Polizisten daher auf die „(Müll)Halde (gehören), wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind“. Im Kapitalismus, versteht sich. Das ist die Pointe des kleinen Textes und ich glaube, Sie stimmen mit mir darin überein, dass wir alle seit Lenin und Stalin nicht mehr so herzlich gelacht haben.

Die Kolumne löste jedenfalls eine hitzige Debatte aus: Die deutsche Polizeigewerkschaft erstattete Anzeige, ebenso wie die Gewerkschaft der Polizei. Constantin van Lijnden fragte in der FAZ: „Warum bringt die „taz“, die sonst gerne gegen 'Hass im Netz' anschreibt, Texte, die – mit vertauschten Feindbildern, ansonsten wortgleich – in rechten Hetzblättern stehen könnten?“ Aram Ocker stellte im Freitag trocken fest: „Als erste Schreibübung wäre das Produkt sicherlich geeignet, der Produzentin klar zu machen, dass Satire so nicht geht.“ Ansonsten erschien ihm Yaghoobifarahs Text jedoch als mögliches, wenn auch sprachlich verunglücktes ironisches Gedankenexperiment, das seiner Meinung nach nicht ihre persönliche Auffassung widerspiegele. Der Autor Schlecky Silberstein ging im Deutschlandfunk noch einen Schritt weiter und attestierte den Kritikern der taz-Kolumne zu wenig Hirnschmalz: „Wir können nicht den geistig Geringsten zum Maßstab dafür machen, wie wir unsere Texte verfassen. Dann sind wir eine relativ dumme Gesellschaft.“

Taz-Chefredakteurin Barbara Junge entschuldigte sich und gab sich angesichts des Disputes diplomatisch: Menschen als Müll zu bezeichnen, widerspricht dem Selbstverständnis einer Zeitung, die sich einer menschlicheren Gesellschaft verschrieben hat. (…) Ein Kolumnenbeitrag in der taz steht nun dafür in der Kritik. Satire darf fast alles – und greift manchmal in ihrer Wortwahl daneben. Niemand in der taz bezeichnet Menschen ernsthaft als Abfall. Autorinnen oder Autoren, die selbst mehrfach zum Ziel rassistischer Beleidigungen und Bedrohungen geworden sind, können gleichwohl ein anderes Verhältnis zu dem Thema haben und das in emotionalere und zugespitztere Worte fassen als Autorinnen oder Autoren ohne entsprechende Erfahrungen (…)“

Horst Seehofer holte zu einem unerwarteten Schlag aus

„Die hässliche Fratze der hasserfüllten Linken“, postete nicht zuletzt die CSU erbost auf Twitter und vergaß nicht, ein Foto der Autorin beizufügen, die sich eher durch eine herbe Schönheit auszeichnet. Im Hintergrund des Beitrages waren Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg zu sehen. Die CSU hatte also mittels einer Fotomontage einen direkten Zusammenhang zwischen dem Text der Autorin und Revolten gegen die Staatsgewalt hergestellt.

Als daraufhin Beschwerden eintrudelten – beispielsweise von der Vizepräsidentin im schleswig-holsteinischen Landtag, Aminata Touré (Die Grünen) – erschrak die Partei jedoch vor ihrer eigenen Courage und löschte den Beitrag. Es war nicht das erste Mal, dass die CSU als Tiger startete und als Bettvorleger endete.

Am vergangenen Sonntag dann holte jedoch Horst Seehofer zu einem unerwarteten Schlag aus und drohte mit einer Klage gegen Hengameh Yaghoobifarah. Angesichts seiner Begründung staunt man nicht schlecht: „Eine Enthemmung der Worte führt unweigerlich zu einer Enthemmung der Taten und zu Gewaltexzessen, genauso, wie wir es jetzt in Stuttgart gesehen haben."

Derartige Diskussionen gehören ins Feuilleton

Unser Innenminister fühlt sich also angesichts der Ausschreitungen in Stuttgart derart ohnmächtig, dass ihm nichts Besseres einfällt, als den Text einer taz-Kolumnistin zu ahnden, um darüber hinwegzutäuschen? Das kann doch wohl nicht sein Ernst sein! Die Sache hat sich jedoch zu einer derart delikaten Affäre gemausert, dass er darüber in vertraulichen Gesprächen mit der Kanzlerin steht.

An Witz und Geschmack der Kolumnistin Yaghoobifarah müsste in der Tat noch gründlich gefeilt werden, damit ihr Text als Satire durchgehen könnte. Überhaupt zeigt ihre publizistische Vergangenheit, dass sie scheinbar einen pathologischen Hang zur Beleidigung hat. Deutsche bezeichnet sie notorisch als „Kartoffeln“ oder „Almans“. Heterosexuelle sind für sie „Heten“. Und auch sonst scheint sie wenig mehr zu können, als ihr Diversity-Programm abzuspulen und bei jeder Gelegenheit die deutsche „Dreckskultur“ oder „weiße Menschen“ pauschal als minderwertig abzufertigen (siehe etwa ihre Kolumnen „Weißsein ist eine Droge“, „Kartoffelgerichte“ oder „Welche Kartoffel bist Du? Der Test!“ Als fast schon aberwitzig intolerant muss wohl ihr Beitrag „Fusion Revisited: Karneval der Kulturlosen“ gelten).

Spontan würde ich darauf tippen, dass aus ihren Texten ein großes Maß an eigener, kompensierter Verletzung spricht. Doch derartige Diskussionen gehören ins Feuilleton und nicht auf die Agenda eines Innenministers. Und um die verlorene Ehre der Polizei kann diese sich am besten selber kümmern, wie die Klagen der Polizeiverbände beweisen.

Horst Seehofer sollte stattdessen bei seinen Leisten bleiben, schließlich ist er mit einer mehr als anspruchsvollen Aufgabe betraut: gründliche Ursachenforschung im Fall Stuttgart zu betreiben und sich um die innere Sicherheit zu kümmern. Vielleicht fragt er auch mal bei der Polizei nach, was man in puncto Kriminalitäts-Prävention aus ihrer Sicht strukturell verbessern könnte. Damit wäre den von Frau Yaghoobifarah beleidigten Beamten bestimmt besser gedient als mit einer Verlegenheitsklage.

Foto: Achgut.com

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Dr. med. Jesko Matthes / 23.06.2020

“Bundesinnenminister Horst Seehofer will Strafanzeige gegen taz-Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah stellen.” - Ach, ja… der Horst… der wollte und will schon so Manches. Grenzen schließen, den Rassismus bekämpfen, Stuttgart besuchen, was weiß ich. Die schönste Nachricht bringt der BR: “Er will nach Ablauf der Legislaturperiode ganz aus der Politik aussteigen. (...) Er werde dann ein unpolitischer Mensch sein.” - Na, dann!

Günter H. Probst / 23.06.2020

Sehr geehrtes Fräulein, wirklich befriedigend ist doch nur, daß Herr S. mit den regierenden Maoisten in BW und S die Trümmer seiner Innenpolitik in Stuttgart besichtigt. Zum Ausgleich für die Verteidigung ihres Marxistischen Propaganda-Magazins im Gewande einer Zeitung empfehle ich Ihnen die Lektüre der Stellungnahme von Akif Pirinci. Verblüfft bin ich darüber, daß Sie die ACAB-Überschrift nicht geschnallt haben.

B. Ollo / 23.06.2020

In dem Text gibt es einen kleinen großen Unterschied zu vorhergehenden Äußerungen mit Entsorgungen anderer. Ein paar Beispiele: Oettinger wurde vor etlichen Jahren laut Politikern anderer Parteien nach Brüssel entsorgt. Gauland hätte gerne Özuguz nach Anatolien entsorgt. Zwei Beispiele, die zeigen, dass jemand einen Menschen loswerden wollte. Zwei Beispiele, die zeigen, dass der Ort, wo man diese hin wünscht, eben nicht erniedrigend oder lebensbedrohlich ist für diese Personen, im Gegenteil. Oettinger wurde quasi befördert, Özuguz verlangte von Deutschen, die eigene Kultur neu auszuhandeln, auch ihre Kultur anzunehmen, weil andere nach hier kommen. Daraufhin, kurz gesagt, schlug Gauland vor, sie könne ihre Kultur ja in Anatolien aushandeln, wo ihre Familie herkommt (was nicht unbedingt stimmen muss). Hengameh Yaghoobifarah hingegen beleidigt erst die Menschen als Müll, unterstellt ihnen pauschal Straftaten und Extremismus, um sie dann als angebliche Schlussfolgerung auch auf der Müllhalde zu entsorgen, weil sie sich ja dort am besten fühlen würden. Um im Bild zu bleiben, hätte Gauland Özuguz schon in ein IS-Gebiet wünschen müssen, wenn er ihr pauschal islamistische Tendenzen vorgeworfen hätte, weil sie und ihre Familie dort folglich wunderbar aufgehoben wären und sich pudelwohl fühlen würden als Terroristen. Hätte er müssen, hat er aber nicht. Das Muster ist also: Erst beleidige ich jemanden und entmenschliche ihn mit einem Begriff, dann verfluche ich ihn an einen Ort, wo dieser Begriff herkommt. Nach 2015 konnte man vielerorts hören und lesen: “Wem die Flüchtlingspolitik nicht gefällt, der soll dieses Land verlassen.” - Das hat übrigens auch der ermordete Lübcke gesagt. Wohin diese das Land verlassen können, wurde meist sicherheitshalber verschwiegen. Im Kern ist es aber Dasselbe.

M.Besler / 23.06.2020

Sehr geehrte Frau Stockmann, sehr gut und treffend geschrieben. Meine volle Zustimmung bezüglich der Rolle des Innenministers. Zum Text von Hengameh Yaghoobifarah meine ich, dass dieser in Deutschland (nicht jedoch - nur als Beispiel- im Iran) von Meinungs - und Pressefreiheit gedeckt ist und eine Demokratie dies aushalten kann und auch aushalten muss. Immerhin erlaubt solch ein hetzerischer und niederträchtiger Artikel es dem Leser doch, einen tieferen Eindruck von dessen Autor zu erlangen. Offenkundig gibt es bei Hengameh Yaghoobifarah als nichtbinäre Person mit Migrationshintergrund reichlich innere Spannungsfelder. Da kann es schon mal zu heftigen Entladungen kommen. Am Ende jeden Tages ist Hengameh Yaghoobifarah aber auch nur ein armes Würstchen, welches nach Aufmerksamkeit schreit, Sündenböcke braucht und einfach irgendwie seinen Lebensunterhalt bestreiten muss. Mit freundlichen Grüßen M.Besler

Ulla Schneider / 23.06.2020

@ Peter Wachter: Hallo, ich habe lachen müssen. Danke, trotz allem. Sehen Sie das mal so: Der Horsti ist schon auf dem Weg dahin, wo wir alle hingehen, den Weg des Vergessens. Die Ängstlichkeit hat ihn gepackt, das andere ist schon fort. Es war für ihn einfach zuviel, die vielen bunten Menschen, das Coronafüchschen in seinem Ministerium, die zwei Frauen und so…. das Testosteron in Stuttgart ........und dann noch die Madame aus Berlin.  FG

Andreas Rochow / 23.06.2020

@ Michael Hinz - Ach wenn’s doch so einfach wäre, wäre es ja noch lustig. Mir stockt der Atem, wenn ich so oberflächliche Allgemeinplätze aufgeschrieben sehe, sorry. Die Situation ist brisant, wenn man nur mal sieht, was in diese Schlagseite investiert wird und welche weltweiten NGO-Netzwerke involviert sind. Der blitzgescheite Yasha “Experiment” Mounk ist bei allem Wohlwollen überzeugt, dass es in D “Verwerfungen” geben wird. Wie wäre es, endlich einzusehen, dass Merkels rücksichtslose Vorreiterei als multibunte Immigrationsmutti nicht nur Geld kostet, sondern die innere Sicherheit und den Rechtsstaat zerstören wird, wenn die letzten Verfassungstreuen nicht endlich umsteuern? Wenn sie sich nicht in den etablierten Parteien finden, dann müssen wir sie bewusst wählen!

giesemann gerhard / 23.06.2020

@Franck Royale: Herrlich. Wer jetzt nicht lachen kann, dem bleibt nur noch weinen. Da lach ich doch lieber über die Arschlöcher*Innen, allein schon wegen der Psychohygiene. Wenn ich vierteljährlich eine von drei Pensionen an den Fiskus abdrücken muss, dann schreibe ich auf den Überweisungsträger sowas wie “Katastrophe”, erstickt dran”, “aber gerne doch”, usw. Anders ertrage ich es nicht mehr, itzt, im Alter. Aber die nehmen es, ohne jede Scham.

Dieter Niermann / 23.06.2020

DUMMHEIT Ich habe in der Vergangenheit mehrere Artikel dieser Hetzerin mit Migrationshintergrund in der Taz gelesen und bin wieder einmal zu der Erkenntnis kommen, dass man keine Bosheit unterstellen soll, wenn Dummheit zur Erklärung der Vorgänge ausreicht.

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