Rainer Bonhorst / 22.02.2025 / 14:00 / Foto: Montage achgut.com / 50 / Seite ausdrucken

Der hyperaktive Donald Trump

Donald Trump wirbelt die Welt gerade hyperaktiv durcheinander. Er muss nur aufpassen, dass er seine Feinde nicht zu Freunden und seine Freunde zu Feinden macht.

Es war ein dramatisches Spiel. USA gegen Kanada. Diese Paarung ist zur Zeit die heißeste Sache im Eishockey. Aber nicht nur auf dem Eis, sondern mehr noch politisch. Donald Trump gegen Justin Trudeau. Trump hatte vor dem Spiel den „51. Bundesstaat“, wie er Kanada gerne nennt, ironisch willkommen geheißen. Und dann siegte der „51. Bundesstaat“ gegen die echten 50 Bundesstaaten. Kanada gewinnt 2 zu 1 in der Verlängerung. Ein knapper, aber symbolträchtiger Sieg der amerikanischen Nordländer. Eine ebenso symbolträchtige Niederlage für den Mann im Sunshine State. Denn Donald Trump ist dabei, sich auf der Weltbühne nahezu sämtlicher Freunde zu entledigen. Kann so auf Dauer ein Sieger aussehen? 

Es mag ja ganz erfrischend gewesen sein, die lahmende und sich in unpopulären Themen verheddernde Biden-Harris-Regierung abzuwählen. Verbunden mit der Hoffnung, dass Trump als Präsident nicht ganz so wild auftreten würde, wie er es als Wahlkämpfer getan hat. Diese Hoffnung kann man nach gut hundert Trump-Tagen zu den Akten legen. Trump erweist sich im Weißen Haus als Trump hoch zwei.

Dass er Elon Musk als bissigen Jagdhund innenpolitisch losgeschickt hat, ist eine innere Angelegenheit Amerikas. Sie wird ihr Gutes und ihr weniger Gutes haben. Einen Hauch von Musk könnten wir hier auch gebrauchen, damit das ewige leere Gerede von der Entbürokratisierung mit Realität angefüllt wird. Aber hier soll es vor allem um Donald Trump, den Weltpolitiker gehen. Und da lautet meine erste Bilanz: Der amerikanische Präsident ist hyperaktiv. Und da Kenner bei ihm auch ein beträchtliches Aufmerksamkeitsdefizit diagnostizieren, kann man bei ihm durch aus von ADHS sprechen. Ausgeschrieben: Aufmerksamkeitsdefizit plus Hyperaktivitätsstörung. Oder ist seine Hyperaktivität, die man ja auch einfach als Ungeduld eines Action Man bezeichnen kann, überhaupt keine Störung? 

Ist Trump selbst sein ärgster Feind?

Zur Zeit sieht es nicht gut aus: Donald Trump ist dabei, weltpolitisch sein eigener ärgster Feind zu werden. Er wirbelt die Welt mit seinem America first hyperaktiv durcheinander und verärgert die bisher besten Freunde Amerikas. Sogar sein großes und überfälliges Versprechen, den Krieg Russlands gegen die Ukraine zu beenden, gerät inzwischen in eine Schieflage. Es hat immer mehr den Anschein, als wolle er Putin zu viel und Selensky möglichst wenig geben. Sogar „Reparationen“ in Form von Bodenschätzen fordert er von der Ukraine.

Damit macht er den Angegriffenen zum Schuldigen. So hatte keiner gewettet. Die Europäer sind entsetzt und beleidigt, weil sie zu diesem Machtspiel keine Einladung bekommen haben. Allerdings hat Trump nicht ganz unrecht, wenn er sagt, die Europäer hätten drei Jahre Zeit gehabt, den Konflikt auf ihrem Kontinent zu beenden. War es ein Fehler, ganz auf einen Selbstverteidigungssieg der Ukraine zu setzen und jeden Kontakt zu Moskau abzuschneiden?

Trump sieht es so. Er hat die Sache in die Hand genommen, und der Verdacht ist entstanden, er betreibe gegenüber Putin eine Politik des Appeasements. Noch ist es nur ein Verdacht. Ob er zutrifft, wird man erst sagen können, wenn die Verhandlungen konkrete Gestalt annehmen.

In Europa jedenfalls herrscht Panik. Unserem Kontinent droht die Herausforderung, die Unterstützung für die Ukraine allein tragen zu müssen, falls der Deal, den Trump liefert, nicht akzeptabel ist. Europa allein mit der Ukraine? Da darf man gespannt sein. Trump im Tandem mit Putin? Da darf man mehr als gespannt sein. So kann eine Weltordnung aus den Fugen geraten. 

Der drohende weltweite Wirtschaftskrieg

Und das nicht nur kriegerisch. Da ist ja auch noch der drohende weltweite Wirtschaftskrieg. Donald Trump wirft mit Strafzöllen oder ihren Androhungen nur so um sich. So schafft er sich viel Feind, was ihm daheim viel Ehr’ einbringen mag. Aber so treibt er den Rest der Welt näher zusammen. Eine ungewollte Konsequenz. Gemeinsam gegen Trump wird immer mehr zur Parole dieser Tage. Zölle gegen Europa, Zölle gegen China, Zölle gegen Mexiko, Zölle gegen Kanada. Das zieht Gegenwehr von allen Seiten nach sich.

Egal ob seine Forderungen teilweise berechtigt sind oder nicht: Die Reaktion dürfte ihn nicht erfreuen. Europa rückt näher zusammen, ökonomisch, militärisch und in Sachen Ukraine. Sogar von einer europäischen Armee wird mal wieder geredet. Neue Handelswege werden erprobt. Das gute Verhältnis zwischen Europa und Kanada wird noch besser. Die Kanadier werden als Alternative zu den USA Europas bevorzugte Rohstoff-Lieferanten. Unser Kontinent streckt auch stärker Fühler in die lateinamerikanischen Länder aus, von Mexiko, dem südlichen Hassobjekt Trumps, bis Brasilien und Argentinien.

Die Zeitschrift The Economist empfiehlt den Kanadiern sogar, Mitglied der EU zu werden. Eine eher unrealistische Idee, aber nicht ganz so abwegig, wie es scheint: Kanada und das von Trump ebenfalls ins Visier genommene dänische Grönland sind ja durchaus Nachbarn. Im Übrigen gilt Kanada mit seiner strengen Waffenkontrolle und seiner allgemeinen Krankenversicherung als der europäische Teil Nordamerikas. 

Und Europa?

So sammelt der hyperaktive Donald Trump Gegner in aller Welt. Ein Vielfrontenkampf. Kann er den gewinnen? Kaum. Können Europa, Kanada und Mexiko gewinnen? Kaum. Wird Trump ruhiger werden? Kaum. Eine Lose-Lose-Situation.

Das kanadische Publikum sagt massenhaft Reisen in die USA ab. Die Snowbirds, die sonst dem kanadischen Winter nach Florida entfliehen, werden rarer. Keine Freude für Amerikas Touristik. Daheim kaufen Kanadier gezielt kanadische Waren und boykottieren Waren aus den USA. Kanada droht den angrenzenden US-Staaten, die Energielieferungen abzuschalten. Beim Eishockey-Spiel wurde die amerikanische Nationalhymne von den kanadischen Fans ausgepfiffen. So sieht das vorläufige Ende einer langjährigen Freundschaft aus. Und dann gewinnen die Kanadier auch noch.

Und Europa? Schauen wir mal, ob unser kompliziertes Gebilde in der Lage ist, durch den Trump-Schock zu einer Stärke zu kommen, die es ja eigentlich hätte, wenn Europa nicht Europa wäre.

Wir erleben, wie ein hyperaktiver Mann im Weißen Haus die Dinge durcheinander wirbelt. Ein bisschen zum Guten, aber öfter zum Schlechten. Er macht Freunde zu Gegnern und macht sie ungewollt stark, weil sie sich gegen ihn zusammentun. Das ist die problematischste Folge der Politik des hyperaktiven Mannes im Weißen Haus.

 

Rainer Bonhorst, geboren 1942 in Nürnberg, arbeitete als Korrespondent der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in London und Washington. Von 1994 bis 2009 war er Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen-Zeitung.

Foto: Montage achgut.com

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j. heini / 22.02.2025

Gerade gelesen: Die amerikanischen Demokraten haben die deutsche Energiewende finanziell und mit Plänen unterstützt. In D selbst ist die Politik, sind die Medien, ist der ÖRR links durchzogen. Die EU ist ebenfalls links ausgerichtet. Oder sollte ich sagen davosinfiziert? Das linke weltweite Netzwerk scheint also gut zu funtionieren. Da halte ich insbesondere mit Blick auf die amerikanischen Senatswahlen in zwei Jahren Hyperaktivität für angemessen. Denn Hyperaktivität bedeutet in diesem Fall viel bewegen in zwei Jahren und den Überraschungseffekt schneller Handlungen ausnutzen. Oder “man” macht weiter wie bisher. Leugnet das Wegkippen nach links hin zum “Sozialismus”, nach links zur Weltbevölkerung mit gleichen Menschen. Schließt sich der Weltmeinung an, man müsse Trump bändigen. Und beugt sich.

jrkunze / 22.02.2025

Es wäre zu schön, um wahr zu sein, wenn weltweit Eignungsuntersuchungen für Personen vorgesehen wären, die sich anschicken, politische Ämter zu übernehmen. In Canada wird zumindest darauf gesehen, dass die Leute fachkompetent sind. In Deutschland reicht die richtige “Haltung” gemäß Baerbock.

Frauke Postelt / 22.02.2025

Hallo Herr Bonhorst, haben Sie irgendwo eine Anti-Trump-KI am Laufen? Ich suche und suche und finde keinen einzigen Fakt oder ein fundiertes Argument gegen Trump. Märchen erfindet auch unser schwachköpfiger GröWiMiaZ jeden Tag. Da kann ich doch gleich bei ihm bleiben.

Volker Kleinophorst / 22.02.2025

@ Dörre Trump ist also bald wieder weg, weil die „Anständigen“ ihm den Saft abdrehen? Haben Sie das in Teeblättern gelesen? Wer sollen diese Saftabdreher sein? Weshalb? Weil er den Krieg beenden will und dem tiefen Staat seine Mittel nimmt, um sie an die Bürger zu verteilen. Weil er anordnet,  es gibt nur Mann und Frau. Schlimm genug das man das muss. Trump sagt, was die Menschen denken, nicht was in Redaktionsstuben ersonnen wird. Das ist so demokratisch, wie noch was. Ich habe Trump auch mal belacht, aber ich bin doch dazu in der Lage gewesen zu erkennen, ich habe mich getäuscht, anstatt an alten Zöpfen zu hängen. Für Deutschland hat die Regierung Trump sich schon durch die Reden und Aussagen von Vance zur UnsereDemokratie gelohnt. Endlich Focus auf den real existieren Faschismus, der wieder sein linkes Medusenhaupt erhebt. Danke, Elon Musk, danke Naomi Seibt, die diesen Kontakt aufgebaut hat.

susanne antalic / 22.02.2025

O joj, joj, haben wir einen neuen Psychologen-Experten? Ich habe das Gefühl, dass viele Angst haben, was an die Oberfläche über die Ukraine kommen wird, diese einseitige Berichterstattung, Putin Böse- Selenski-Gut, ohne auf die Fakten , die in Prinzip alle wussten, aber wollten sich mit der Bidenadministration gut stellen, werden raus kommen. Es ist mühsam, auf die Fakten zu zeigen, die vor dem Krieg passiert sind. Ich bin sicher Herr B., sie kennen sie auch, aber man muss sich lieb machen und mit dem Strom schwimmen. Schon in Jahr 2014 würden die Zustände in der Ukraine, sogar bei Anne Will angeprangert, diese Sendung mit Asows und Banderisten, die ofen sagten, was sie mit den Juden, Russen und sogar Deutschen machen würden- ist schon gelöscht.  Ich finde es gut, dass Herr Trump aufräumt. Freunde in D. hatte er nicht gehabt, die “GUTEN” haben ihn Hitler oder Hassprädiger genannt. Die “Guten”, die keine Empathie mit den Toten an der Front oder mit den Toten in Deutschland und schon überhaupt nicht mit den Hamasgeisseln haben, die denken nur an ihre Macht und Geld. Die"Guten” unterstützen die Terroristen, damit sie besser morden können. Das sind die “Guten” ,auf die, der Herr Trump gerne verzichten kann. Ein Bandera, der in der Ukrainer an jeder Ecke einen Monument hat, ein Massenmörder, der sehr verehrt wird, ja, darüber wird nicht berichtet, das ist die traurige Wahrheit, aber der ist auch ein Gute.

S.Buch / 22.02.2025

„Damit macht er den Angegriffenen zum Schuldigen.“ —> Nennt man so etwas Narrativ?  /// „Europa rückt näher zusammen, ökonomisch, militärisch und in Sachen Ukraine.“ —> Da ist wohl der (mir unerklärliche) Wunsch Vater des Gedankens. /// Im Übrigen gilt: Wer solche europäischen Freunde hat, braucht keine Feinde. Je nach Sachverhalt gilt das allerdings auf Gegenseitigkeit (z.B. Sprengung der Nordstream-Leitungen).

T. Schneegaß / 22.02.2025

@Sabine Schönfelder: “Trump räumt auf, stellt wieder her, auch die Meinungsfreiheit für SIE.” Nicht nötig, er nimmt sich die Freiheit, immer die richtige Meinung zu haben.

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