Eran Yardeni, Gastautor / 20.05.2020 / 06:15 / Foto: Pixabay / 27 / Seite ausdrucken

Der Hund muss bellen wollen und beißen können

Jede Debatte über die Funktion der Presse in demokratischen Regimen kann kaum das so oft benutzte Klischee, die erstere sei der Wachhund der letzteren, vermeiden. Eine Voraussetzung dafür allerdings, dass dieser Hund auch tatsächlich bellt – und, wenn nötig, auch beißt –, falls korrumpierende Elemente ihre Hand im Werk haben, ist seine Unabhängigkeit.

Viele Hunde, die von einer einzigen Hand gefüttert werden, neigen zu chronischer Müdigkeit und einseitiger Blindheit, je nachdem, ob ihnen ihre tägliche Portion mit der rechten oder mit der linken Hand serviert wird. Die Unbhängigkeit ist also ein Garant dafür, dass wenigstens ein paar Hunde bei Sinnen bleiben, um bei der Erkennung einer Gefahr rechtzeitig zu bellen, während ihre Kollegen ihren Rausch ausschlafen. 

So zum Beispiel ergänzen und unterstützen auf eine unkoordinierte Art und Weise die am rechten Auge erblindeten Hunde andere Hunde, die mit ihrem linken Auge nicht einmal aus kurzer Entfernung eine Katze erkennen können. Deswegen ist die Politik auch sehr gut beraten, jede Art von Einmischung in die Sphäre der Wachhunde zu unterlassen.

Wie von einer unsichtbaren Hand gesteuert

Dieses System hat allerdings auch eine gravierende Schwachstelle: Manchmal brechen Pandemien aus, die bei allen Wachhunden erstaunlicherweise dieselben Symptome hervorrufen. Erlischt das Augenlicht auf der rechten Seite – dann bei allen. Greift der Virus den Geruchsinn an, können sie nicht mehr zwischen Schnecke und Steak unterscheiden.

Wer solche Pandemien schon mal erlebte – die letzten beiden fanden 2015 und 2020 statt –, der kann auch erzählen, dass in solchen dramatischen Momenten die Hunde sich so verhalten, als würden sie von einer unsichtbaren Hand gesteuert, die alle Strippen gleichzeitig und in dieselbe Richtung zieht. 

Ein solches Phänomen braucht eine Erklärung, Aufklärung und viel wichtiger – ein Medikament. An dieser Stelle allerdings stößt man auf ein strukturelles Problem: Denn wer kontrolliert den Kontrolleur, der zu unseren aller Gunsten nicht kontrolliert werden soll? Die Antwort liegt nah: Er selbst. Ich weiß: Die Idee ist genauso naiv wie die erste Liebe, aber trotzdem einen Versuch wert.

Die Presse kontrolliert die Presse

Nachdem man in fünf Jahren zwei verschiedene Krisensituationen erlebt hat, in denen eine freiwillige Gleichschaltung der deutschen Presse stattgefunden hatte, ist es endlich an der Zeit, dass diese für die Gesundheit der Demokratie lebensnotwendige Branche die Verantwortung in die Hand nimmt, sich selbst untersucht und kontrolliert. Und zwar mit derselben Leidenschaft und inneren Überzeugung, die ihre Arbeit sonst kennzeichnet. 

Es ist noch nicht zu spät, einen außerparlamentarischen Untersuchungsausschuss einzuberufen. Dieser soll von Journalistinnen, Journalisten und Redaktionen einberufen werden. Frei von politischem Zwang sollen sie die Zusammensetzung dieses Ausschusses bestimmen. Sein Auftrag – so ist es zu wünschen – wird nicht darin liegen, Schuldige ausfindig zu machen, um sie später auf den Titelblättern an den Pranger zu stellen, sondern kollektive Dynamiken und versteckte Mechanismen zu verstehen und aufzudecken.

Selbstverständlich ist es zu erwarten, dass ein solcher Untersuchungsausschuss auch Empfehlungen aussprechen und einen Impfstoff gegen die totale Hegemonisierung des öffentlichen Diskurses entwickeln wird. Denn die nächste Krise lauert um die Ecke. Ob sie finanzieller, sozialer oder politischer Natur sein wird, werden wir bald erfahren. Unbeantwortet bleibt immer noch die Frage: Wird der Wachhund dieses Mal rechtzeitig bellen? 

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Leserpost

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Gidon David / 20.05.2020

Eran, kol ha’kawod! Und willkommen zurück! Immer schön auf Achse bleiben! Auch wenn sie so schön naiv anmutet, greife ich die Metapher auf: Der “deutsche” Pressehund hat sich jahrzehntelang - immer schön linksliberal - darauf konditionieren lassen, nicht mehr bellen zu sollen! Sicherlich tat er es sogar vorauseilend freiwillig, um seinem Frauchen zu gefallen, wie es sich GEZiemt, ist sie es doch, die ihm anstrengungslose Brosame und Leckerli zuwirft, auf dass er die leichte Hand nicht beißen möge, die ihn verhätschelt. Verbellen mag er heute nur noch alles Rechte und sog. Verschwörungstheoretiker, weil diese ihn als Wachhund alt aussehen lassen, indem sie die tatsächlichen Verschwörungspraktiken derjenigen aufdecken, die nonchalant meinen, mit der Basta-Methode über unsere Köpfe hinwegregieren zu dürfen. Denn selbst die Legislative träumt den einschläfernden Hundertraum und hebt nur ab und an die rechte Augenbraue. So wurden alle auf Schoßhund getrimmt und zieren unser Kanzlerinnenamt als Teppichvorleger. Selbst den Schafen, die sie eigentlich (be)hüten sollten, reicht neuerdings eine einfache gefaltete Raute, um in Schach gehalten zu werden. Der Mund-Nasen-Maulkorb rundet das Bild konsequent ab. Irgendwie leben wir alle wie in einem schlechten Rausch, Deutschland einig Katerland…

Anke Zimmermann / 20.05.2020

Zum deutschen Journalisten Schäferhund: Der Hütehund ist der treue Begleiter, Beschützer und Helfer des Hirten: Beim Auszug aus dem Pferch unterstützt er den Schäfer, weist die Herde in ihre Bahnen und begleitet sie zu ihrer Weide.  Dort beschützt er die Tiere vor größeren Raubtieren, z.B. vor Füchsen oder Wölfen. Durch seine Schnelligkeit, Ausdauer und Lauffreude, ist der Hütehund bei Ausreißern sofort zur Stelle und kann Flurschäden durch die Herde verhindern, aber auch einzelne Tiere von der Herde separieren. Am Abend bringt er die Schafe sicher in ihren Pferch zurück. Journalisten sind selten Rottweiler und nun ein Leckerli und dann fass den Verschwörungstheoretiker. Fass!

Rainer Niersberger / 20.05.2020

Mit Verlaub, aber die an sich zutreffende Idee einer Art Selbstreflexion und Selbstreinigung ist nun doch ziemlich naiv.  Und das nicht nur, weil Journos weit überwiegend einer linksgruenen Ideologie nachhaengen, wobei offen bleibt, ob sie deshalb Journos würden oder ob der “Journalismus” resp. Die Ausbildung dazu sie entsprechend konditioniert. Den “Rest” erledigt der auch hier thematisiert Opportunismus, der Alles das, was mit Ethos, Ehre, Charakter oder Persönlichkeit “vernichtet” oder verhindert. Das Hemd ist den Akteuren nun auch näher als der Rock. Wo genau und von wem soll nun der Laeuterungsprozess ausgehen und dann “durchgezogen” werden? Von der Springer/Mohn/Burda Seite pro Merkel oder von dem SPD-Medienimperium? “Interessant” sind allenfalls die “Beiträge” der Herren Doepfner, Aust und Reichelt und die Krokotraenen des Herrn di Lorenzo, die im krassesten Widerspruch zu den konkreten Machwerken stehen, bei der “Welt” angefangen. Das sind korrumpierte Agitationsinstrumente pro Merkel oder pro Groko oder pro Linksgruen und es besteht nicht der geringste Grund anzunehmen, dass sich daran etwas ändert, solange sie in irgendeiner Form dafuer alimentiert werden. Der Schlüssel liegt im mafiosen System. Kein Geld mehr heisst Kunden (rueck) gewinnung. Nur wer soll das System aendern?

Karsten Dörre / 20.05.2020

Die Hundeparabel hat einen Schwachpunkt. Wenn der Hund schon falsch erzogen wurde, ist der Hund alles Mögliche, nur kein Wachhund. Ein falsch erzogenes Hunderudel ist in seinen Untersuchungsausschüssen nicht besser als der einzelne falsch erzogene Hund.

dr. michael kubina / 20.05.2020

Ja, wer mag es nicht, das Osteuropäische-Banden-Schnitzel, die Osteuropäische-Banden-Sauce oder den Osteuropäische-Banden-Baron?

Matthias Thiermann / 20.05.2020

Und ich dachte der Zweck der Presse sei es Geld zu machen!

Franz Klar / 20.05.2020

Die Qualitätspresse bellt und beißt doch—- gegen Migrationsskeptiker , Klimakatastrophenzweifler und Coronakriegsdeserteure ... . Mission accomplished , so what ?

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