Dirk Maxeiner / 02.07.2019 / 06:16 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 164 / Seite ausdrucken

Der hässliche Deutsche ist wieder da

Der Empfang der Kapitänin der Sea-Watch, Carola Rackete, in Italien war wohl nicht ganz so, wie sie sich das vorgestellt hatte. Pfiffe und Proteste der Bevölkerung begleiteten ihre Festnahme auf Lampedusa, der von der Migrationswelle überrannten italienischen Insel. Es ist eben ein Unterschied, ob man ganz oben auf der moralischen Kommandobrücke steht, oder ganz unten im richtigen Leben mit den Folgen von massenhafter Migration zurechtkommen muss. 

Völlig ungerührt von der Tatsache, dass Frau Rackete gefährlich und rücksichtslos handelte und reihenweise gegen Gesetze verstieß, wurde sie zuhause in Deutschland zur Jeanne d’Arc gekürt, zu einer deutschen Heldengestalt des Jahres 2019. Bis hinauf zum Bundespräsident brach sich ein deutscher Moralblitz Bahn, der sich darin gefällt, die begriffsstutzigen Italiener darüber aufzukären, was rechtens ist und was nicht. 

Im Stile der Emser Depesche forderte man die sofortige Freilassung von Carola Rackete, so als ob das nicht von der italienischen Justiz entschieden würde, sondern von jenseits des Brenners imaginierten Notstandsgesetzen. Es wird Geld gesammelt für das deutsche Mittelmeercorps, Politik und viele Medien stehen begeistert Spalier. Vor dem Schloss von Racketes Heimatstadt Celle marschierten örtliche Honoratioren auf, Gewerkschaften, Kirchenvertreter und die Fridays-for-Future-Jugend eingeschlossen, um die Tochter der Stadt vor Ihren Häschern zu erretten ("Für Seenot-Rettung bestraft zu werden ist unter aller Sau"). Die südlichen Nachbarn haben indessen keine Lust, sich schurigeln zu lassen, und der italienische Innenminister Matteo Salvini weiß die Stimmung seiner Landsleute für sich zu nutzen. Er  bedachte das Auftreten von Frau Rackete mit den Attributen „Deutsch, weiß und reich“. 

Er ist wieder da, der hässliche Deutsche, gerne auch bunt, weiblich und mit Rasta-Zöpfen, aber ansonsten ganz der Alte, nur dass er der Welt nicht den Krieg, sondern den Frieden erklärt (so ein treffendes Bonmot).  Der Vater von Carola Rackete empfiehlt seiner Tochter jedenfalls, andere Saiten aufzuziehen: "Leider kann sie kein Italienisch. Sonst würde sie Innenminister Matteo Salvini einen Satz rote Ohren verpassen". Das ist genau der Ton, den andere Völker an den Deutschen so schätzen.

Wir hatten das Gefühl, etwas wiedergutmachen zu müssen

Ich erinnere mich noch daran, wie ich bei meinen ersten Auslandsreisen eher verschüchtert durch die Lande zog, mich zurückhielt und schön bescheiden auftrat, egal ob beim Klassenausflug nach London, der Tramptour nach Paris oder Rom. Die Väter hatten unseren Ruf versaut, und wir hatten das Gefühl, etwas wiedergutmachen zu müssen. Das endete oft in dem durchaus überzogenen Wunsch, gar nicht mehr als Deutscher erkannt zu werden. Mit dieser Zurückhaltung ist es bei denen, die sich auf einer Mission zur Rettung der Menschheit wähnen, plötzlich wieder komplett vorbei. 

Fussballweltmeister war einmal, jetzt sind wir Moralweltmeister und haben offenbar das Bedürfnis, die Welt mit einem Auftreten wie Graf Rotz zu retten, der im Hafen von Lampedusa lieber Kleinholz macht als sich den Weisungen der italienischen Küstenwache zu fügen. Deutschland erweist sich in geradezu atemberaubendem Tempo als ein Torpedoboot für Europa. Man reibt sich wirklich die Augen, wie schnell die herrschenden Kreise komplett ins Irrationale und Anmaßende gekippt sind und dem Rest Europas und so manchem darüber hinaus Lektionen erteilen. 

Die Italiener sind ja nur der vorläufige Höhepunkt einer endlosen Reihe von Ländern, die den Hoheitsansprüchen deutscher Sittenwächter leider nicht genügen – und beispielsweise nicht so wählen, wie man sich das in Berlin wünscht. Den Eidgenossen in der Schweiz wollte ja schon vor zehn Jahren der seinerzeitige Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück die Kavallerie schicken. Damals ging es noch um das Bankgeheimnis eines kleinen, aber nunmal souveränen Staates. 

Inzwischen ist deutsche Außenpolitik eine Unterabteilung der Operation "Kampf gegen rechts". Im Folgenden nur ein paar Beispiele. Frankreich: Madame und Monsieur Dupont machen in großer Zahl ihr Kreuzchen bei Marine Le Pen, fahren Diesel und tragen gelbe Westen. Österreich: Der Faschismus lauert gleich hinterm Übergang Kiefersfelden – perfide hinter der leutseligen Maske von Sebastian Kurz. Dänemark: Da machen sogar die Sozialdemokraten den Sarrazin. Polen: Betreiber von Kohlegruben, rechts und auch noch katholisch. Ungarn: Bei uns würde der Orban vom Verfassungsschutz beobachtet. Haben die da unten nicht schon aus der Badewanne namens DDR den Stöpsel rauszogen? Großbritannen: Der durchgeknallte Albion soll uns kennenlernen, im Falle des Brexit erfolgt die Revanche für das dritte Tor in Wembley und die Luftschlacht um England. Und dann die USA: Donald Trump wird hierzulande als direkter Nachfolger des Ku-Klux-Klan verortet. Angela Merkel ist deshalb nach Harvard gereist, um der Welt mitzuteilen, dass man Lüge nicht Wahrheit nennen dürfe, der Spiegel hat Reporter Claas Relotius nach Fergus Falls geschickt, um das Gegenteil unter Beweis zu stellen.

Das Ausland erwacht zu ausgesprochener Angriffslust

Zum Glück darf man aber Dummheit noch Dummheit nennen, zumindest jenseits der deutschen Landesgrenzen. Man glaubt offensichtlich, die Menschen in den anderen Ländern Europas mit dem gleichen Nazi-Geschrei disziplinieren zu können, wie die Autochthonen zwischen Flensburg und Berchtesgaden. Doch diese Ausländer finden das, gelinde gesagt, ein wenig verwunderlich und denken gar nicht daran, sich wegzuducken – gegenüber Deutschen schon zweimal nicht. Ganz im Gegenteil. Sie erwachen sogar zu ausgesprochener Angriffslust und zeigen den Stinkefinger (am längsten ist übrigens der von Donald Trump, und den werden wir noch spüren). 

Die widerspenstigen Nachbarn werden im Übrigen zur letzten Hoffnung der in Deutschland verbliebenen Restvernunft. Die tatsächliche Opposition der Bundesregierung sitzt nicht mehr im Bundestag sondern im Ausland. Siehe oben Salvini.  

Nachtrag:

Bereits am 25. Juni scheiterte Sea-Watch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mit einem Eilantrag gegen Italien. Das Gericht kam der Forderung von Sea-Watch, in Italien anlegen zu dürfen, nicht nach. Die ausführliche Begründung können Sie in einer Pressemitteilung des Gerichtshofes für Menschenrechte nachlesen, die sich als PDF unter diesem Link herunterladen lässt

Lesen Sie zur Rechtslage im Fall Rackete auf Achgut.com auch: Steinmeier und Co manövrieren den Rechtsstaat in Seenot

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Rainer Hinz / 02.07.2019

Man kann dem nur zustimmen was in dem Artikel so treffend beschrieben ist, vielleicht bin ich etwas sarkastisch aber wir mussten 1945 von aussen befreit werden,  vielleicht muß es jetzt wieder so sein.

Mike Schmidt / 02.07.2019

der hässliche deutsche ist nicht wieder da. er war niemals weg. der grund, warum er nicht aufgefallen ist war, dass er lange zeit politisch belanglos gewesen ist und seine hässlichen seiten mit ausreichend devisen-makeup leidlich verbergen hat können. die eu, eher mittlerweile eine art früher eudssr, hat die ganze hässlichkeit wieder nach oben gespült. insofern lag joschka nur bedingt richtig, als er sagte, man müsse deutschland von außen einhegen und von innen ausdünnen. er hat dabei übersehen, dass das von außen einhegen niemals den deutschen gleichberechtigt hätte mitpartizipieren lassen dürfen. der fehler war, die mauer einzureißen, anstatt um das gesamte buntschland zu erweitern.

Joachim Krämer / 02.07.2019

Erschreckend ist, mit welcher Geschwindigkeit und Selbstverständlichkeit heutzutage Rechtsbrüche des Gutmenschentums von unserer Polit-, Medien- und Kirchenelite toleriert werden, während der brave, nettosteuerzahlende deutsche Trottel für kleinste Verfehlungen mit empfindlichen Strafen rechnen muß. Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient und wenn es eine absolute Mehrheit von Schwarz-Grün-Rot in unserem Land gibt, dann ist das eben das Spiegelbild der von den gleichgeschalteten Medien erfolgreich gehirngewaschenen Untertanen. Nur haben diese Moral- und Maulhelden noch nicht begriffen, dass sie in wenigen Jahren die Knechte der dann hier dominierenden Muselmanen sein werden. Bis dahin wird vermutlich auch die EU an ihren inneren Widersprüchen gescheitert sein und all die schönen Exportüberschüsse werden durch somit uneinbringliche Target2-Forderungen pulverisiert werden. Das hämische Grinsen der europäischen Staatenwelt, insbesondere Italiens,  kann man sich jetzt schon lebhaft vorstellen.  Hochmut kommt eben vor dem Fall.

Jörg Klöckner / 02.07.2019

@Thomas Weidner. Das sehe ich anders. Thilo Schneider macht vollkommen zu Recht darauf aufmerksam, dass sich die AfD immer wieder selbst ein Bein stellt, etwa wenn sie - in welcher Form auch immer - das Dritte Reich zum Thema macht. Dieses Thema interessiert in Deutschland niemanden, damit ist nichts, aber auch gar nichts zu gewinnen. Jedoch verspielt es die volle Breite der bürgerlichen Mitte, wo das AfD-Programm schon lange angesiedelt ist. Diese Mitte liegt verwaist da, nachdem alle anderen Parteien des Bundestages ins Linksextreme abgeglitten sind. Gewiss, AfD-Politiker sind starken, niederträchtigen Angriffen ausgesetzt und ihre Nerven liegen blank. Trotzdem müssen sie sich vorbildlich verhalten, sonst legitimieren sie im Nachhinein die Niedertracht der anderen. Ich glaube, dass die bürgerliche Mitte das ungerechte, verlogene Verhalten gegenüber der AfD sehr wohl registriert!

Thomas Bonin / 02.07.2019

“Der hässliche Deutsche ist wieder da”? Ach, was!  “Der” war nie (wirklich) weg - dank seiner erstaunlich reibungslosen (Ver-)Wandlungsfähigkeit, flankiert von jeweils minimalinvasiven Eingriffen in Recht & Gesetz. Mittlerweile ist ja bereits das Mitführen Schwarz-Rot-Goldener Erkennungszeichen (wie weiland am fahrbaren Untersatz oder am Revers gesichtet) eine erkennungsdienstliche Angelegenheit, zumindest für die Nachfolger der Organisation Roter Frontkämpferbund. So gesehen war die ursächliche Idee Churchills, Germanien in eine Zone für Ackerbauer + Viehzüchter zu transformieren, vermutlich nicht die schlechteste Idee. Die Grünen sind gerade feste dabei, solcherart (Sarg-) Nägel mit Köppen zu machen.

G. Brenz / 02.07.2019

e@Jochen Brühl:  Ich reise demnächst nach Österreich, die würden es merken, wenn ich mich als Ösi ausgeben würde. Aber wegen des dämlichen Ibiza-Videos hatte ich auch vor, mich nicht als Deutscher zu outen. Muss mein Schulrussisch wieder auffrischen, da würde ich wahrscheinlich nur im Ostblock auffliegen. Es werden nicht die letzten Gründe sein, sich für sein Vaterland zu schämen.

Jens Jensen / 02.07.2019

Vorhin, gegen halb zwei, bin ich durchs Brandenburger Tor geradelt. Auf dem Platz in Richtung Magistrale stand im Halbkreis eine Gruppe Kindergartenkinder. Sie skandierten: “Seenotrettung ist kein Verbrechen!”, in ihrer Mitte, grinsend ein dunkelhäutiger Mittzwanziger, das ganze offensichtlich inszeniert und fanatisch animiert und mit Handy gefilmt von einem Mittvierziger- wie die Kinder auch in Gelbweste- ihre Räder vor der Szene geparkt. Ich wurde sofort wütend und fragte den Animator, ob er bei Trost sei, es ihm gut gehe,- ich möge ihn nicht belästigen wich er mir aus, weiter die wie fanatisieren Kinder filmend. “Sie instrumentalisieren kleine Kinder”,- und er wiederholte, daß ich ihn nicht belästigen solle. Und im Ausweichen rief er mir zu, daß ich doch sehr krank sein müsse… Ich bin dann weitergefahren, aber ich hätte die Polizei rufen sollen. Puhh!

Wolfgang Richter / 02.07.2019

@ Karl Eduard—Und als Folge der “verordneten Kriegsschuld” mit Zahlzwang kam es folgerichtig zum Versuch der Rückabwicklung durch WK II.

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