Rund um den Kölner Dom wird immer recht viel auf den Boden gesprüht, vor allem von Männern, wenn auch nicht immer aus Spraydosen. Zu einer solchen greift jetzt der Kardinal persönlich, um eine Wortmarke in Schablonen-Technik zu hinterlassen, also etwas, wofür normale Sprayer ziemlich Ärger mit der Polizei bekommen. Aber der Kölner Kardinal Wölki tut es für einen guten Zweck, alles andere wäre ja ein Selbstwiderspruch. Er möchte die ziemlich heruntergekommene Wortmarke „Gutmensch“ neu positionieren. Im Marketing-Jargon heißt so etwas „Relaunch“. Und im Kirchen-Marketing kommt es darauf an, mit jeder Art von Mätzchen Gegenwärtigkeit zu zeigen.
Margot Käßmann hat schon vor einigen Jahren darüber geklagt, daß „Menschen, die glauben, sie könnten die Welt verbessern“, als Gutmenschen diffamiert werden, und wenn die Käßmann solche Schneisen schlägt, dann muß der Wölki da natürlich durchmarschieren. Er findet es schimpflich, daß Gutmensch ein Schimpfwort ist, weil es doch gut ist, wenn ein Mensch gut ist. Unterkomplexer war Theologie lange nicht. Wer da glaubt, daß ein Gutmensch eben ein guter Mensch sei, der glaubt auch, daß ein Zitronenfalter Zitronen faltet.
Wir haben doch diese ganze Begriffsdiskussion schon bis zum Hinsinken gehabt anläßlich der hartnäckigen Versuche einer Jury notorisch sprachtauber Wortklauber, die Vokabel „Gutmensch“ zum Unwort zu erklären. 2011 kam sie auf den zweiten, 2015 auf den ersten Platz. Damals gab es genügend Aufklärung über Herkunft und Bedeutung von „Gutmensch“: nicht von Hitler stammt der Ausdruck, wie es ganz Empörungsgeile gelegentlich behaupten, sondern von einem Mann, der zwischen Katholizismus und Protestantismus zerrieben wurde, nämlich dem 1791 in Preßburg geborenen Pädagogen Tobias Schröer alias Christian Oeser. Seit seinen „Briefen an eine Jungfrau“, also seit mehr als 150 Jahren, bezeichnet Gutmensch einen Naivling, der sich vor allem selbst gut findet und damit über andere erheben will.
Früher nannte man in christlichen Kreisen solche Leute Pharisäer, ein Name, über dessen Verwendung sich jüdische Geistliche mit Fug und Recht empören konnten, denn Pharisäer waren alles andere als Heuchler; sie waren die führenden Theologen nach der zweiten Zerstörung des Jerusalemer Tempels. Die Gutmenschen hingegen sind Vertreter des zeitgenössischen Gesinnungskitschs, der sich im Gewande der Moral jedes Machtmittels bedient, um Andersdenkende als böse zu brandmarken. Der Gutmensch, um es mit Mark Twain zu sagen, „ist ein guter Mensch von der schlimmsten Sorte". Kürzer und treffender geht es nicht, da mag Wölki soviel sprühen, wie er will.