Der gefährliche Nutznießer der Moria-Brände

Eigentlich denkt man am zweiten Tag nach den Bränden im überfüllten Migranten-Lager Moria, dass es kaum noch einen Aspekt der Folgen dieser Feuer gibt, der nicht schon in den verschiedenen Medien beleuchtet wurde. Nur je nach Lagerzugehörigkeit in der spaltenden Migrationsfrage mit entgegengesetzten Schlussfolgerungen.

Die einen überbieten sich in Aufnahmebereitschaft. Der NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) war bereit, 1.000 Moria-Migranten nach NRW zu holen. Dass andere Politiker nach kurzzeitiger Nachrichtenrelevanz streben, indem sie diese Vorlage überbieten, war abzusehen. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) bot daraufhin 2.000 Migranten-Aufnahmen an, was der europapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Christian Petry, mit dem Maximalgebot, notfalls alle 13.000 früheren Bewohner des Lagers Moria in Deutschland aufzunehmen, zu übertrumpfen suchte.

Die Bremser merkten defensiv an, es bräuchte eine europäische Lösung und wenn Deutschland wieder in Vorleistung ginge, dann würde es die nie geben. Das ist zwar einerseits richtig, doch andererseits auch wieder falsch, denn die Staaten, die sich der Aufnahme von Migranten ohne zuvor geklärtem Asyl- oder Flüchtlingsstatus verweigern, lassen sich auch durch herzzerreißende Bilder von obdachlosen früheren Bewohnern des Migranten-Lagers nicht beeindrucken.

Die Skeptiker weisen richtigerweise darauf hin, dass eine Aufnahme der Moria-Migranten wie vor fünf Jahren ein Signal für Schleuser wäre, ihr Geschäft wieder auf Hochtouren zu bringen, da sie bei ihrer zahlenden Kundschaft mit der leichteren Erreichbarkeit der lukrativen Zielorte werben könnten. Würden alle Moria-Migranten von Lesbos nach Deutschland gebracht, so kämen, in der Hoffnung auf eine Weiterreise, wieder neue auf die Insel.

Wie einst im März?

Dass auch das Bild, man könne mit dem Anzünden seines ungewollten Aufenthaltsortes seine Weiterreise durchsetzen, eine fatale Wirkung entfalten kann, ist da nur ein Nebenaspekt. Wer genau die Feuer gelegt hat, wird ohnehin wahrscheinlich nicht ermittelt werden können. In viel kleinerem Ausmaß waren Brandstiftungen von Asylbewerbern, um einen Umzug durchzusetzen, zudem auch schon vorher bekannt.

Aber über einen Nutznießer der Moria-Brände und ihrer Folgen wird kaum gesprochen, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Schon das Erbe der fünf Jahre alten „Flüchtlingskrise“ hat er ausgenutzt, um gegenüber der EU und Deutschland Forderungen durchzusetzen. Wenn nun der Transfer von Migranten und Asylbewerbern aus Griechenland in deren Zielländer beginnt, dann kann Erdogan, wie schon im März, massenhaft Migranten, die derzeit im türkischen Transit festsitzen, zum Sturm auf die griechische Grenze schicken. Diesmal vielleicht gleichzeitig zu Land und zu Wasser. Die Bilder vom Ansturm auf den griechischen Grenzzaun haben viele Europäer vielleicht durch die alles überlagernde Corona-Krise vergessen. Doch ruft man sie sich in Erinnerung, kann man erahnen, welche Debatten hierzulande im Anschluss an Moria ausgelöst werden würden.

Im Unterschied zu Anfang März träfe dieser Konflikt aber nicht nur auf Staaten, die im Corona-Ausnahmezustands-Modus regiert werden, sondern auch auf eine viel angespanntere Lage in den Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei. Noch vor kurzem haben türkische Regierungsmitglieder Griechenland im Streit um Gas-Nutzungsrechte im Mittelmeer mit Krieg gedroht. Gleichzeitig schafft die Türkei mit Probebohrungen ihrer Schiffe vor Zypern einfach Tatsachen. Von der EU oder den NATO-Partnern kommen Appelle zur Deeskalation, aber keine belastbare Solidaritätsbekundung gegenüber Griechenland und Zypern. In dieser angespannten Situation bekommt Erdogan – mit den erwartbaren deutschen migrationspolitischen Entscheidungen in der Moria-Frage – quasi eine neue Waffe in den Schoß gelegt. Es sei denn, entgegen aller Erwartungen werden auch die Signale an Ankara bedacht.

Es geht in der politischen Entscheidung über das weitere Schicksal der Moria-Bewohner längst nicht mehr darum, ob die Menschen, die unter unwürdigen Bedingungen in Moria ausgeharrt haben, nun zu uns geholt werden sollen und ob „wir“ es „schaffen“, schnell 13.000 weitere Migranten aufzunehmen. Es geht darum, inwieweit „wir“ die Eskalation des griechisch-türkischen Konflikts weiter befördern und Griechenland in eine Zwangslage bringen, indem „wir“ Erdogans Erpressungspotenzial vergrößern.

Die Moria-Bewohner können auch ohne einen Transfer in ihre Wunsch-Länder menschenwürdig untergebracht werden. Ihre Asylberechtigung könnte endlich konsequent geprüft werden, einschließlich der Durchsetzung der sich aus Entscheidungen ergebenden Konsequenzen. Griechenland dabei zu helfen und im Konflikt mit Erdogan an seiner Seite zu stehen, das wäre eine angemessene Reaktion auf die Moria-Brände. Aber irgendwie wird diese Option nicht vernehmbar diskutiert. Den Herrscher in Ankara dürfte es freuen.

Foto: Matthias Laurenz Gräff/ Devils Child.

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Petra Wilhelmi / 10.09.2020

Es ist klar, wer das Feuer gelegt hat. Darüber wurde schon geschrieben. Und es ist klar, wer diese Brandstifter und Erpresser aufnehmen wird. So viele andere EU-Staaten werden sich nicht finden und Deutschland hat schon ganz laut “ICH” geschrien. Die EU ist dermaßen bescheuert und an deren Spitze Merkel, die sich immer fort von irgendjemanden erpressen lassen und zwar ohne Gegenwehr. Sie sind die Getriebenen ihrer linksgrünen Klientel und den Grauen Eminenzen im Hintergrund. Erdogan hat das richtig erkannt. Er spielt auf der Erpressungsklaviatur so perfekt, dass Mafia-Bosse erblassen würden. Diese Erpressungstaktiken werden per Smartphone in jedes noch so kleine Shithole gesendet und die nächsten Glücksritter kommen, ob nun IS-Leute, Kindersoldaten, Taliban - Deutschland heißt sie alle Willkommen.

R. Schäfer / 10.09.2020

Daß andere versuchen, einen auszunutzen, ist “normal”. Daß Deutschland das zuläßt und sich selber Eigentore am laufenden Band schiesst, inzwischen leider auch. Was wohl die echten Weltmächte darüber denken? Von wem ausser von Frankreich werden wir eigentlich noch für voll genommen?

Christian Beilfuss / 10.09.2020

O tempotuch, o moria! Man kann auch einfach “Wolln wa nich!” sagen, und gut ist. Warum soll die Aufnahme von Leuten, die sich anmaßen, ohne jegliches kulturelles Interesse in fremde Länder einzufallen, dringlicher sein, wenn sie im Gastgeberland Lager anzünden? Bescheidenerweise könnte man jene aufnehmen, die zur Vorbereitung auf ihr Wunschland verständliches Deutsch gelernt und eine Berufsausbildung abgeschlossen haben. Ob das mehr als Null sind?

Wolfgang Richter / 10.09.2020

Es ist schon merkelwürdig, daß auch im vorliegenden Text nicht thematisiert wird, daß das Lager offenbar gewußt und organisiert abgefackelt wurde, um für die Bewohner zu erreichen, daß sie endlich das Land ihrer Wahl aufsuchen dürfen, von deutschen Politikern sogar gerufen werden. So ist heute in der Kölner Regionalspresse zu lesen, daß Herr Laschet “1000 Flüchtlinge in SEIN Land ” aufzunehmen gedenkt. Sind wir schon wieder im MIttelalter angekommen, wo “das LAND” dem Fürsten gehört, die darauf Lebenden eine Art Frohnarbeiter sind, vor allem ohne Mitspracherecht. Aber zurück zu Moria. Dort zeigten die Bilder, daß die Bewohner nächstens mit Kind und Kegel, voll bekleidet und mit Gepäck von dannen zogen. Wer da noch an ein zufälliges Ereignis, eine Brandkatastrophe glaubt, der glaubt auch, daß Zitronenfalter Zitronen falten. Und wenn diese staatsfeindliche Brandschatzung auch noch den gewünschten Erfolg haben sollte, weil die westlichen Politiker dieser Art der Erpressung nachgeben, sogar von sich aus darauf anspringen, um den “Bessermenschen” zu geben, setzt das für Wirtschaftsmigranten, sonstige “Sozialreisende”  und die sie befördernden Schlepperorganisationen wieder mal ein ermunterndes Zeichen.

Kurt Müller / 10.09.2020

Ein Forist schrieb, das deutsche Sozialsystem kann mit 35 Identitäten mißbraucht werden. Wenn dem so ist, was vermutlich zutrifft, dann müssen sich die Behörden und Ämter, die Exekutive im weitesten Sinne, aber auch die Regierung als Legislative, pauschal den Vorwurf gefallen lassen, daß ihre Qualitätssicherungssysteme gar nicht, oder nur sehr schlecht arbeiten. Das geht schon damit los, daß die Anforderungen an das Bildungs- und Kompetenzprofil eines durchschnittlichen Bürgers, der sich hier integrieren soll, der Allgemeinheit weder bekannt noch sie irgendwo aufgeschrieben sind, und daher kann auch keine Erfüllung zwecks Qualitätssicherung eingefordert oder kontrolliert werden. Das ist völlig sinnlos! Sind diese Organisationen ISO-9001 zertifiziert? In der Wirtschaft muß praktisch jede größere Firma heutzutage so ein Zertifikat haben, um überhaupt einen Auftrag zu erhalten. Das Zertifikat soll durch jährliche Auditierungen sicherstellen, daß es stabile Prozesse gibt, und das alle Anforderungen gleich welcher Art (kommerziell, organisatorisch, technisch-inhaltlich) in der Organisation nachvollziehbar durchgearbeitet werden, und, ganz wichtig, daß dabei auch das gewünschte Ergebnis herauskommt (V-V-Model)! Das man also nicht an den gesetzten Zielen vorbei arbeitet. So ein Zertifikat wäre auch für alle Behörden und Regierungen sinnvoll, denn auch das persönliche Profil von Zuwanderern ist letztlich ein Ergebnis, das einer Qualitätssicherung unterliegen muß! Wenn ich mir überlegen, wie eine unübersichtliche Rechtslage mit widersprüchlichen und unvereinbaren Anforderungen dann auch noch von zig Ämtern im In- und Ausland zu bearbeiten ist ... da bekommt man Angst. Aber auch die Legislative muß sich Kritik gefallen lassen! Kann die komplexe Rechtslage überhaupt noch zielführend realisiert werden? Oder gehen Zivilisationen vielleicht dadurch zugrunde, weil zu viele Rechtsansprüche nicht mehr organisierbar sind, und dann keiner mehr mitarbeitet?

Dr. Inge Frigge-Hagemann / 10.09.2020

@F. Reichardt: Genau diese Frage stelle ich auch seit 2015! Es wird doch immer sichtbarer, dass Deutschland durch diese irrsinnigen Massenaufnahmen immer weiter zerstört wird. WARUM? Ich finde keine Antwort darauf.

M. Haumann / 10.09.2020

“Wer genau das Feuer gelegt hat”, berichtet Rebecca Sommer in einem Telefonat mit Tichys Einblick nach Zeugenberichten aus dem Lager: Mitglieder einer deutschen NGO in Kooperation mit Afghanen und Arabern. “Aktivisten”, die sich laut dem Bericht auch ansonsten auf der Insel wie autoritäre Herrenmenschen aufführen. Der hässliche Deutsche also in seiner ganzen altbekannten widerlichen Pracht. Muss wohl doch genetisch sein.

Günter H. Probst / 10.09.2020

Erdogan ist auch nur Durchgangsstation. Hinter dem Menschenhandel, von den guten Menschen Flüchtlingskrise genannt, steht der internationale kriminelle Kapitalismus, der auch den Drogen- und Waffenhandel abwickelt, und damit Gewinne im dreistelligen Milliardenbereich macht. Allein die Schleusung von ca. 2 Millionen in den mitteleuropäischen Siedlungsraum hat bei 5-10000€ pro Kopf etwa 10-20 Milliarden eingebracht, von denen allerdings die Transferkosten abgezogen werden müssen. Hier treten nun die Helfer der Schleuser hilfreich mit ihren Schiffen ein, und übernehmen umsonst die letzten Schleusermeilen in die gelobten Länder. Bewundernswert ist die Propaganda der Tat, die ihr gespenstiges Spiel mit den Schleuserobjekten treibt: Erst werden die Stühle vor dem Reichstag dekoriert, dann fackelt man die miesen Hütten und Container auf Lesbos ab. Damit kocht man dann die Widerwilligen weich und alle fallen in den humanitären Chor ein. Um sie aufzunehmen, müssen ihnen die Arbeitssklaven in den Aufnahmeländern nur noch ordentliche Häuser bauen und dürfen dann die Folgekosten mit einigen Hundertausend € pro Kopf tragen. Da die Überbevölkerung in Afrika und Asien weiter geht, und die Schleuserpumpe wegen der Miliardengewinne immer besser funktioniert, wird auch Lesbos nur eine kleine Episode in der großen Völkerschleusung bleiben. Und der mitteleuropäische Siedlungsraum wird mit weiteren Millionen zugepumpt. Solange die EZB ihre Billionen € raushaut, werden die betroffenen Menschen auch nicht viel merken, und können ganz ihrem humanitären Impuls folgen.

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