Ramin Peymani, Gastautor / 30.08.2021 / 16:00 / Foto: Parpan05 / 37 / Seite ausdrucken

Der ewige Notstand

Wir steuern auf den „ewigen Notstand“ zu, der schon bald nicht mehr mit einem Virus, sondern mit anderen vermeintlichen Bedrohungen verknüpft sein wird.

Als vor eineinhalb Jahren der Rechtsbegriff der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ kreiert wurde, gehörte ich zu den Mahnern, die einen Dammbruch befürchteten, wenn den Regierenden erst einmal ein solch mächtiges Werkzeug in die Hand gegeben würde. Ich warnte vor den fatalen Folgen, die mit der erstmaligen Feststellung der Notlage durch den Bundestag im März 2020 absehbar waren. Immer und immer wieder würde eine Regierung mit ihrer Parlamentsmehrheit die Möglichkeit nutzen, einen Notstand zu erklären, um am Bundestag vorbei regieren und die Gewaltenteilung aushebeln zu können. Genauso ist es gekommen.

Ein schnöder Parlamentsbeschluss schuf die Basis dafür, dass wesentliche Teile der verfassungsmäßig verbrieften Grundrechte seither mühelos verweigert werden können. Einmal mehr hat sich die Regierungskoalition von ihren eigenen Abgeordneten den Freibrief nun abstempeln lassen. Der Aufschrei der Opposition kann nur wenig darüber hinwegtäuschen, dass eine wirkliche Blockade des Vorhabens gar nicht gewollt war. Zahlreiche Parlamentarier blieben der Abstimmung fern, um keine Entscheidung treffen zu müssen, die sie in Erklärungsnot bringen könnte.

So war der Weg frei für eine auskömmliche Mehrheit, die der Bundesregierung nunmehr bis zum 12. Dezember 2021 freie Hand gibt. Man muss kein Prophet sein, um zu ahnen, dass die „epidemische Lage“ anschließend bis ins kommende Frühjahr hinein verlängert werden wird. Dann werden es zwei Jahre ununterbrochenen Notstands sein. Wir steuern auf den „ewigen Notstand“ zu, der schon bald nicht mehr mit einem Virus, sondern mit anderen vermeintlichen Bedrohungen verknüpft sein wird.

Grundrechte sind der Politik im Weg

Sieben Jahrzehnte lang waren es hierzulande die Grundrechte, die Ewigkeitscharakter genossen. Seit Corona ist das vorbei, und das ist kein Zufall. Grundrechte sind der Politik im Weg. Je mehr Freiheiten Verfassungen für Bürger vorsehen, umso weniger Macht haben Regierungen. Notstände erleichtern das Durchregieren. Mit herbeigerufenen Krisen entledigen sich die Regierenden daher immer mehr demokratischer Fesseln. In Deutschland gelingt ihnen dies besonders leicht, was unter anderem an der sprichwörtlichen Obrigkeitshörigkeit weiter Teile der Bevölkerung, aber auch an der mangelnden direkten Einflussmöglichkeit der Wähler und der erdrückenden Macht der Parteien liegt.

Nur noch bei einem von der Politik und ihren Gehilfen leicht zu beherrschenden Kreis von Demokratieverteidigern regt sich Widerstand dagegen, dass sich die Regierenden lieber an inszenierten Untergangsszenarien austoben, als tatsächliche Herausforderungen anzugehen. Und so findet auch die Corona-Politik, der die vorliegenden Fakten längst ihre Berechtigung entzogen haben, mehrheitlich Zustimmung – nicht nur im Bundestag, sondern auch bei den Bürgern.

In ihrer Panik sind Millionen von Menschen unfähig, einfachste Zahlenreihen zu verstehen. Sie halten Corona für einen Serienkiller. Von durchschnittlichen Bundestagsabgeordneten darf man da mehr verlangen: Sie sollten im zweiten Jahr der ausgerufenen Pandemie sehr wohl über eine hinreichende Kenntnis der Zusammenhänge verfügen. Wer also seine Macht als Abgeordneter dazu missbraucht, ohne erkennbare Gefahr eine Notlage zu erklären, verlässt den Boden der demokratischen Grundordnung. Dass zugleich das Ende der bezahlten Bürgertests zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beschlossen wurde, ist entlarvend.

Eine Notlage gibt es nicht

Ohnehin scheint es bei alledem hauptsächlich darum zu gehen, die per sogenannter Notfallzulassung erlaubten Corona-Spritzen weiterhin verabreichen zu können. Ohne die „epidemische Lage“ wäre dies nicht möglich. Längst steht nicht mehr die Frage etwaiger Gefahren durch ein Virus im Vordergrund, sondern der Wunsch, die für Milliardenbeträge angeschafften Dosen vollständig zu injizieren und sich die Peinlichkeit zu ersparen, Lagerbestände entsorgen zu müssen. Es regt zu Spekulationen an, dass Gesundheitsminister Spahn offenbar plant, einen größeren Vorrat anzulegen – ein Vorhaben, an dem selbst gewogene Experten deutliche Kritik üben.

An dieser Stelle sei noch einmal klargestellt, dass es sich eben gerade nicht um eine Zulassung von Impfstoffen handelt, sondern um eine Ausnahme von der Zulassungspflicht, deren wesentlicher Bestandteil ist, dass die Hersteller von jeglicher Haftung freigestellt sind. Das Casino, das die Politik nach der Finanzkrise angeblich schließen wollte, floriert auch in Corona-Zeiten. Zu den Finanzinstituten haben sich Pharmakonzerne gesellt, die – anders als die Banker – dafür gefeiert werden, Regierungen zu erpressen. An den Corona-Spieltischen agiert wie damals die Politik als Groupier.

Um es noch einmal zu sagen: Eine Notlage gibt es nicht. So wenig, wie heute noch größere Gesundheitsgefahren vom Corona-Virus ausgehen, ist eine Überlastung der Krankenhäuser zu erkennen. Diese hat es auch in der Vergangenheit nicht gegeben. Allerdings könnte der seit dem Herbst 2020 stattfindende Abbau von Intensivbettenkapazitäten eine Krise provozieren. Auf diese Weise könnten die Profiteure der herbeihalluzinierten Gesundheitsnotlage tatsächlich den Notstand schaffen, den sie so dringend benötigen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis Blog Liberale Warte.

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Leserpost

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Charlotte Werner-Holzknecht / 30.08.2021

Sehr geehrter Herr Peymani, würden die Menschen in diesem Lande das doch bloß erkennen, die Mehrheit im Volke das ebenso sehen! Aber offensichtlich sind dazu eher Länder mit mehr demokratischer Tradition, und/oder Bevölkerungen mit mehr revolutionärer Historie fähig (u.a. Frankreich), und weniger der Deutsche Untertan. Die größte Notlage nationaler Tragweite ist wiederholt gedankenloses Mitläufertum, Propagandagläubigkeit, willfähriger Gehorsam, erbärmliche Rückradlosigkeit, Bereitschaft zur Denunziation, die Jagd auf Sündenböcke. – Es besteht wieder Anlass zur Sorge, ja Grund zur Angst wo das wieder enden könnte.

Elmar Hofmann / 30.08.2021

Freilich gibt es (k)einen Notstand. 1. Es gibt einen (totalen) Krieg gegen das Virus mit dem Ziel ‚Endsieg’ (Sero-/Null-CoViD; Spezialisten bezüglich Endsieg’ sind doch wohl die Deutschen.). 2. Dieser Krieg ist inzwischen mutiert zum Kampf gegen Ungeimpfte. 3. Der Krieg gegen das Virus ist ein Weltkrieg; er ist erst dann vorbei, wenn die ganze Welt geimpft ist. 4. Beim Auftauchen von Guerilleros bzw. Corona-Varianten beginnt das Spiel neu nach dem Satz: ‚Blödheit ist das einzige Perpetuum mobile, das funktioniert.’ 5. Erstes Opfer im Krieg ist die Wahrheit; es gilt das Schlagwort von der ‚Pandemischen Lüge von (inter)nationaler Trugweite’.

Hartwig Hübner / 30.08.2021

Wieder stochert man im Trüben. Man getraut sich nicht den Feind beim Namen zu nennen. Zwei und zwei zusammen zu zählen. So wird das nichts. # Der Gegner lügt und man eiert weiter an den Lügen der Gegner herum. # Wo der Gegner nicht lügt, ist, er sagt ganz klar, es wird nie wieder so werden wie vorher. # Aber darum kümmert man sich nicht. # Wovor habt Ihr Angst? Deren Tempel sind in jeder Großstadt. # Anstatt deren Tempel zu belagern, sie zu verhöhnen, hofft man darauf, daß sich die Sklaven aus deren Gefangenschaft selbst befreien. # So läuft das nicht. # Der Geheimbund weiß das sehr genau.

lutzgerke / 30.08.2021

Mit “epidemische Lage” und “Notfallzulassung” kreierte sich das Parlament einen Teufelskreis, um der Beweispflicht eines Killervirus zu entgehen, von dem es damals gar kein “Isolat” gab und welches wegen der Tendenz von RNA-Viren zu Varianten auch keines mehr geben kann. Schon im März 2020 waren hunderte Sequenzen von Varianten in der GISAIG-Datenbank hinterlegt. Die epidemische Lage wird schicksalhaft vorgeschoben und die Notfallzulassung davon bestimmt. Beides ist alternativlos und hebt den gesamten Staat aus der Verankerung. “Arztrecht: .. Den Arzt trifft eine Schweigepflicht. Der Zugang Dritter zum Arztgeheimnis ist nur mit der Einwilligung des Patienten statthaft. .. Der Arzt darf sein Wissen nur dann preisgeben, wenn sich dadurch ernste Gefahren für Leib und Leben des Patienten oder anderer Personen abwenden lassen; eine Offenbarungspflicht besteht auch in diesen Fällen NICHT.” / In anderen Ländern werden Medikamente gegen das Virus verabreicht, die eine hohe Wirksamkeit haben und die es schon immer gab. Was heißt, die dürfen hier nicht zur Therapie zugelassen werden, sonst müßte die Notfallzulassung entzogen werden, weil es dann keinen neuartigen Serienkiller geben kann. / Ich habe gleich vorm Tragen einer Maske gewarnt und konnte mich monatelang entziehen. Aber das liebe Geld, und die Arbeitskollegen sehen nur die Verordnung.

Hjalmar Kreutzer / 30.08.2021

Ich bin einigermaßen entsetzt und wütend über dieses Abstimmungsergebnis. Nicht über die erwartbaren Stimmen der Regierungsfraktionen FÜR die Verlängerung. Aber immerhin hatten 16 CDU- und 2 SPD-Abgeordnete mit Verlaub den Arsch in der Hose, mit Nein zu stimmen, bravo! Dafür fällt ausgerechnet bei den Oppositionsparteien auf, die sonst mit Nein gestimmt haben, dass ein Fünftel bis ein Drittel der Abgeordneten gar nicht abgestimmt hat! Diese Verlängerung hätte verhindert werden können! Von einem Abgeordneten glaube ich zu wissen, dass er seit Monaten schwer krank ist; er konnte nur mühsam im Rollstuhl sitzend auf einer Versammlung auftreten. Aber alle anderen? Was war da los? An der Abstimmung gehindert worden? Keine Lust? Auf dem Scheißhaus eingesperrt? Seenotrettungsübung? Häkelkurs? Gab‘s grad Bananen? Es ging um die Abwicklung der Demokratie, umfassende Ermächtigung der Bundesregierung, die Leute einzusperren, auszusperren, zum Impfen zu erpressen, alles an Euch Volksvertretern vorbei! Und wenn Ihr persönlich zehn Mal resigniert und die Schnauze voll habt, über so eine wichtige Frage habt Ihr für unser teures Geld abzustimmen! How dare you?!?

Fred Burig / 30.08.2021

@Karsten Dörre: “...Die nächste Revolution wird so oder anders nicht lustig.” ... Das ist wohl war, aber wir sollten es endlich angehen und es hinter uns bringen! Wir haben eigentlich keine Wahl1 MfG

Theodor Breit / 30.08.2021

Vielleicht ist das was gerade passiert, ein zwangsläufiger und unaufhaltsamer Prozess. Vielleicht haben gerade wir Deutschen versäumt, das Dritte Reich adäquat aufzuarbeiten und wirksamere Warn- und NoGo-Systeme zu installieren. Niemals ist der Frage nachgegangen worden, warum ein ganzes Volk (sicherlich weit über 90%) begeistert einem Hitler zugejubelt hat. Selbst kurz nach dem Krieg hielten 50% der Deutschen den Nationalsozialismus prinzipiell für eine gute Idee. Kein Wunder, warum auch heute keiner der Frage nachgehen möchte, warum nach 75 Jahren recht erfolgreicher Demokratie eine Mehrheit (60-70%) plötzlich wieder eine Art Apartheid und Rassismus in diesem Land eingeführt sehen möchte: der Impfausweis quasi als Nachfolge-Idee des Arier-Nachweises.// Jetzt fällt es uns vor die Füsse, dass wir niemals nach den Wurzeln des Problems gesucht haben; dass Menschen, die man gezielt und massiv unter Druck setzt, „Lösungen“ nur noch mittels Etablierung hierarchischer Konzepte anzustreben suchen. Und wenn der Staat dann noch die Sündenböcke bereitstellt, auf die man LEGITIMIERT eintreten darf, dann ist die neue Mehrheit rundum zufrieden. Beim „Point of No Return“ sind wir längst durch. Die Gleichschaltung wird munter weitergehen, und die Tabus der letzten 50 Jahre werden schneller fallen als wir es uns heute auch nur entfernt vorstellen können. Und von wegen Revolution. Brot und Spiele (der Kampf gegen den Virus/Klimawandel) wird fortan das Wichtigste in der Gesellschaft sein. Im Zeitalter der Digitalisierung, der Automatisierung und der Robotisierung haben Revolutionen oder Rebellionen (siehe George Orwells 1984) nicht mehr den Hauch einer Chance!

Dr. med. Markus Hahn / 30.08.2021

Das ist kein ewiger Notstand, sondern die neue Normalität. Besser man bringt das nicht mehr durcheinander, sonst wird man ganz genau beobachtet. Gaaaaanz genau.

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