Claude Cueni, Gastautor / 07.07.2022 / 16:00 / Foto: Pixabay / 25 / Seite ausdrucken

Der eigene Tod ist nie das Ende der Zivilisation

Nicht wenige Hochbetagte glauben, dass die Welt demnächst untergeht. Ebenso Teenager, bei denen die von den Medien täglich zitierten „Weltuntergangsexperten" mehr Schaden angerichtet haben als vermutet.

„Die (russische) Invasion könnte den Beginn eines Dritten Weltkriegs darstellen, den unsere Zivilisation nicht überlebt“, orakelte Investorenlegende George Soros, 91, beim diesjährigen World Economic Forum in Davos und warnte vor dem Missbrauch digitaler Technologien und der Bedrohung offener Gesellschaften, „unsere Zivilisation droht unterzugehen.“ Diverse Medien titelten: „Soros warnt vor Weltuntergang“. 

Nicht wenige Hochbetagte glauben, dass die Welt demnächst untergeht. Aber sie sind es, die demnächst untergehen. Sie haben den Glauben an eine Zukunft verloren, weil sie selber keine mehr haben. Das ist durchaus verständlich, wenn man den fortschreitenden Abbau von Gehör, Sehkraft, Motorik und kognitiven Fähigkeiten realisiert und die meisten Illusionen bereits verloren hat. „Das Alter ist nichts für Schwächlinge“, scherzte Woody Allen. Alterspessimismus und -depressionen sind nicht ungewöhnlich, aber auch kein Trost für die Betroffenen. Im Angesicht des nahenden Lebensendes erleichtert man sich den ungewollten Abschied, indem man schlechtredet, was man verlieren wird. Es fällt leichter, eine Welt zu verlassen, die angeblich dem Untergang geweiht ist. Der Lebensabend verdunkelt manche Wahrnehmung.

Vor rund 71.000 Jahren soll der gewaltige Ausbruch des Vulkans Toba (Sumatra) die Population des Homo Sapiens auf wenige tausend Menschen reduziert haben. Trotz Kriegen, Seuchen und Hungersnöten bevölkerten gemäß UNO zu Beginn unserer Zeitrechnung bereits wieder 310 Millionen den Planeten. Pest, Pocken, Hitze- und Dürreperioden, häufige Missernten und jahrelange Kriege bremsten im Spätmittelalter das Bevölkerungswachstum erneut. Apokalyptiker und Propheten sahen das Ende der Zivilisation. Schließlich führten Industrialisierung, medizinische Fortschritte und bessere Ernährung im 18. Jahrhundert zu einer regelrechten Bevölkerungsexplosion. 

38-mal sagte DER SPIEGEL den Weltuntergang voraus

Das Gefahrenpotenzial ist heute massiv höher und globaler, aber die Zivilisation endet weder in Gibraltar noch an der amerikanisch-mexikanischen Grenze. Das Ende von etwas ist selten das Ende von allem, der Zeitgeist ein Chamäleon.

Nicht nur Hochbetagte verfallen manchmal dem von Soros geäußerten Pessimismus. Aus Primarschulen berichten Lehrerinnen und Lehrer, dass viele ihrer Schüler tatsächlich davon überzeugt sind, dass sie die „letzte Generation" sind, die letzte ihrer Art. Offenbar haben die von den Medien täglich zitierten „Weltuntergangsexperten" bei Teenagern mehr Schaden angerichtet als vermutet. Dass „Fridays For Future" mehrheitlich die eigene Klientel in Panik versetzt hat, ist nicht erstaunlich, können Jugendliche doch aufgrund der wenigen Lebensjahre, die sie bewusst erlebt haben, Gefahren der Gegenwart gar nicht richtig einschätzen.

Wer 1972 als Teenager eine Buchhandlung betrat, dem stockte der Atem. Auf allen Tischen türmte sich der Bestseller „Die Grenzen des Wachstums". Wann haben Sie zuletzt getankt? Wer damals 16 war, ist heute 66, und falls er ab 1981 das Hamburger Magazin „Der Spiegel" gelesen und aufbewahrt hat, findet er heute in seiner Sammlung 38 Cover-Storys, die mehr oder weniger das Ende der Welt voraussagen: „Wer rettet die Erde?“ (1989), „Vor uns die Sintflut“ (1995), „Achtung, Weltuntergang“ (2006), um nur einige zu nennen.

Zu viele Schocknachrichten stumpfen ab

Alles, was man zum ersten Mal erlebt, prägt sich ein wie ein Brandzeichen, egal, ob es das Sterben eines geliebten Menschen ist, der erste Sex oder die erste Reise in einen bisher unbekannten Kulturkreis. Das gilt auch für die erste Schocknachricht. Erwachsene hingegen reagieren mit der Zeit wie die Dorfbewohner in der antiken Fabel „Der Hirtenjunge und der Wolf“. Für den angekündigten Affenvirus haben deshalb viele nur noch ein müdes Lächeln übrig. 

Um sich ein Bild von der Zukunft zu machen, sind Puzzleteile aus Gegenwart und Historie nicht ausreichend. 1899 behauptete Charles H. Duell, der Leiter des US-Patentamtes: „Alles, was erfunden werden kann, wurde bereits erfunden“. Fliegende Autos waren Phantasieprodukte von Science-Fiction-Autoren, aber zum Telefonieren suchten die Flügeltaxis immer noch die nächste Telefonzelle auf. Wer hätte gedacht, dass wir eines Tages per Videoschaltung mit den Verwandten in Australien telefonieren? Werden wir uns eines Tages dem Klima zuliebe von Vitaminpillen ernähren? Werden wir einen Planeten B und zahlreiche weitere feste Himmelskörper bewohnen? 

Wie auch immer: In etwa 5 bis 7 Milliarden Jahren geht die Welt trotzdem unter. Wir werden Temperaturen um die 1.000 Grad haben. Aber bis dann werden wir gelebt haben.

 

Dieser Text erschien zuerst auf dem Blog des Autors.

Claude Cueni (66) ist Autor historischer Romane, Drehbuchautor und Kolumnist. Er lebt in Basel. Ende August erscheint sein Thriller „Dirty Talking“. www.cueni.ch

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Elias Schwarz / 07.07.2022

Es wird Zeit, daß George Soros runtergeht. Kaum jemand hat so viel für Totalitarismus und Faschismus gemacht, wie er.

Jochen Lindt / 07.07.2022

“It’s not the end of the world, it’s just the end of you” sagen die Amis dazu.  Eine meiner Lieblingsweisheiten.

Jochen Giesler / 07.07.2022

Kommt drauf an, was man unter “Leben” versteht. Die Kakerlake zum Beispiel lebt seit Millionen von Jahren unverändert so vor sich hin. Aus Sicht der Evolution zweifellos eine richtige Erfolgsstory.

Dr Stefan Lehnhoff / 07.07.2022

Naturwissenschaftlich leider Unsinn. In 5-7 Milliarden ist die Erde durch die Sonne zerstört. Zu heiss für Leben ist es schon in rund einer Milliarde Jahre, aber bereits vorher endet das Leben - witzigeweise wegen CO2 Mangel. Das natürlich nur, wenn das nicht vorher schon ein Einschlag, ein Gammablitz oder die Menschheit irgendwie hinbekommen, die aber wahrscheinlich sehr viel früher untergehen wird, als die „Welt“, womit der Autor offenbar ziemlich unpräzise die Erde meint. Zuviel CO2 wird es jedenfalls nicht sein. Soviel ist sicher.

giesemann gerhard / 07.07.2022

@Fred B.: “Wir werden Temperaturen um die 1.000 Grad haben.” Haben wir schon: Die Erde ist eine glühende, plastische Feuerkugel mit einer SEHR dünnen, festen Kruste. Durchschnittstemperatur: 1000°C - geschätzt. Worauf warten wir? Immerhin kömmt ab und an was davon raus, mit immer noch gut 600°  - da kann man gut Heißwasser machen, oder? Geht ganz ohne Putin. Wir zapfen die Vulkan-Eifel an, die Amis haben ihre Yellowstone-Plume, andere haben was Ähnliches.

Marco Schulz / 07.07.2022

In amerikanischen Blogs verweist man da einfach auf Gerorge Carlin, “Saving the planet”. PS: Die Guide Stones wurden abgerissen, vielleicht ein Zeichen, dass es mit der Präsentation der dunklen Vision jetzt vorbei ist, und die tatsächliche Zeitenwende beginnt. Wird ganz toll, die Leute werden begeistert sein.

giesemann gerhard / 07.07.2022

Zu Leuten wie Soros und anderen Wracks: Hüte dich vor alten Männern, denn sie haben nichts zu verlieren. GBS.

Bernd Ackermann / 07.07.2022

Wenn die durchschnittliche Lebenserwartung in der westlichen Welt bei ca. 80 Jahren liegt, dann hat jeder 91-jährige - rein statistisch gesehen - einen 69-jährigen auf dem Gewissen, der vorzeitig den Löffel abgibt. Und mit jedem Jahr, welches der alte Knacker noch drauflegt, fährt der Jungspund früher über den Styx.  Darüber sollte George Soros mal nachdenken. Sorry, bin ein wenig gallig heute. Habe gerade eine Tankladung Flüssiggas bestellt (solange das noch geht) um über den nächsten Winter zu kommen, das fühlt sich an wie einmal ausgeraubt werden.  “Ich habe einen Tag gehabt, danach würde selbst der heilige Franz von Assisi Babys in den Hintern treten.” - Douglas Adams

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