Rainer Mohr, Gastautor / 26.02.2021 / 14:00 / Foto: Danbu14 / 79 / Seite ausdrucken

Der Deutschlandfunk als Männeken Anpiss

Corona beherrscht die politische Diskussion und die Medien. Dadurch gibt es zwangsläufig – wie unter Fußballfans, Elternteilen oder Kosmetik-Influencer*n – jeweils eine große Bandbreite verschiedener Auffassungen, welche Strategie das bessere Ergebnis verspricht. Da hilft der Dialog, die Auseinandersetzung, ja, die andere Meinung. Wie bei allen Dingen im Leben gibt es zunächst eine Ursache und (mindestens) eine Folgewirkung. Da empfiehlt es sich, bei jeder Diskussion zunächst erstmal zu klären, über welches dieser beiden Eckpunkte des Problems (Anfang oder Ende) man sich aktuell auseinandersetzt.

Als Beispiel: Es gibt eine neue Krankheit namens Corona als Ursache mit der Folge massenhafter Erkrankungen. Ein „Corona-Leugner“ ist begrifflich jemand, der die Entstehung dieser neuen Erkrankung abstreitet, wodurch eine weitergehende Auseinandersetzung über Lösungswege entbehrlich wird.

Davon abzugrenzen sind die Stimmen, die den vorgesehenen Lösungsansatz zur Bekämpfung dieser Krankheit bezweifeln. Wer über die Lösung streitet, kann die Ursache nicht in Zweifel gezogen haben. Er (m/w/d) ist ein Kritiker zu einer unbestrittenen Problematik, kein Leugner.

„Wissenschaftler, die Corona leugnen“

Dass dabei die Regierung kritisiert wird, ist dabei unvermeidlich. Die Regierung, genauer der Minister, ist für die Bekämpfung von Krankheiten, soweit dies den juristischen Aspekt betrifft, zuständig. „Einer muss den Job ja machen“, wie Udo Lindenberg schon so schön sang. Sich diskutierend mit Institutionen auseinanderzusetzen, die nicht zuständig sind, ist lediglich ein Zwiegespräch mit anderen Personen, die letztendlich auf der gleichen Seite sitzen wie man selbst – auf der machtlosen Seite. Nettes Gespräch, aber im Ergebnis sinnlos.

Wieso diese Vorbemerkung?

Auslöser dieses Artikels ist ein Beitrag des Deutschlandfunk mit dem Aufmacher „Wissenschaftler, die Corona leugnen“.

Der Autor erklärt, dass zwei Wissenschaftler die Coronapolitik ablehnen und diese „private Meinung“ (man beachte: private!) „wohl“ auch „in die Wissenschaft“ tragen.

Ohne weitere Prüfung gibt sich der DLF als Richter

Eine der beiden Personen ist Professor für Psychologie. Dieser habe unwissenschaftliche Quellen verwendet und den „umstrittenen Querdenker Boris Reitschuster“ zitiert. Gefallen sein sollen die beanstandeten Worte in einer Online-Vorlesung über experimentelle Kognitionspsychologie. Es ging in der Vorlesung um die Möglichkeiten, andere Menschen zu manipulieren. Und woher weiß der DLF das? Weil eine Studentin sich mit diesem Vorwurf an den DLF gewandt hatte. Als eine (einzige) von „mindestens zwei Studentinnen“, wie ausgeführt wird. Donnerschlag.

Diese eine Person, die ohne weiteren Nachweis einen Professor öffentlich anprangert, wird im Rundfunk nachgesprochen. Sie steht mithin weder mit ihrem Namen noch mit ihrer eigenen Stimme zu jener öffentlich erhobenen Anklage, bei der es keinen Verteidiger gibt. Ohne weitere Prüfung gibt sich der DLF als Richter und sägt an der Reputation des Professors: Das Wort „Leugner“ ist ehrenrührig. Und an dieser Stelle auch falsch (ich erinnere an die Einleitung dieses Textes: Nicht die Ursache wird geleugnet, lediglich – so muss es wohl verstanden werden – die Richtigkeit der Konsequenzen infrage gestellt).

Und dies macht der Öffi aufgrund einer Denunziation einer Privatperson. Einer Person, die Psychologie studiert, also menschliche Verhaltensweisen. Eine Studentin, die später mal anderen Personen psychologisch zur Seite stehen will, erbittet und erhält zur Lösung ihrer eigenen Sorgen Hilfestellung von öffentlicher, aber unberufener Stelle. Diese Karriere wird zu verfolgen sein.

Für die Ausstellung von Führungszeugnissen ist nicht der DLF zuständig!

Noch aus einem weiteren Grund ist dieser journalistische Reißer von Belang. Kommen wir damit zum zweiten Sorgenkind des DLF. Offen bleibt, aus welchem Grunde ein zweiter Mitarbeiter der Uni an den Schandpfahl genagelt wird, denn die besorgte Studentin kommt nicht als diejenige, die den ersten Stein warf, in Betracht; die zweite Person ist in der juristischen Fakultät tätig. Es wird auch kein tatsächlicher Vorwurf formuliert. Sein Verrat, der zur öffentlich-rechtlichen Bloßstellung führte, soll hier zitiert werden: Diese Person …

„… lässt auf der Internetseite „Achse des Guten“ in einem wortreich ausufernden Gastbeitrag vom 4.11.2020 seiner Anti-Corona-Wut auf Politik und Regierung freien Lauf.“

Auf welche Weise dadurch konkret eine Lüge „in die Wissenschaft getragen“ wurde, bleibt offen. Oder der Vorwurf ist lediglich eine Unterstellung, vorgetragen als Fakt. Vorgetragen in einem Rundfunkbeitrag, der Leute an die Wand nagelt, weil denen vorgeworfen wird, sie würden undiskutierbare Fakten leugnen.

Ich habe keine Beziehung zu den beiden hier beschriebenen Herren. Möglicherweise ist es denen sogar unrecht, wenn sie hier in einer weiteren Publikation in die Öffentlichkeit gezerrt werden. Ich möchte die beiden Herren dann darum bitten, mir die Einmischung in ihre persönlichen Sorgen zu verzeihen. Aber wie eine öffentlich-rechtliche Rundfunkstation Meinungen von Mitbürgern, die nicht im öffentlichen Leben stehen, lauthals und unkritisch aufgrund einer einzelnen Denunziation im In- und Ausland verächtlich macht, das kann nicht geduldet werden.

Für die Ausstellung von Führungszeugnissen ist nicht der DLF zuständig. Corona – man mag es nicht mehr hören. Diese Meinung habe ich seit Wochen. Seit heute erst recht.

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Leserpost

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Wolfgang Schreck / 26.02.2021

Eigentlich sollte der DLF nicht verwundern, in der oft bei anderen Öffis gesendeten Eigenwerbung spricht man ja vollmundig “für Haltung zu stehen”.

Klaus Biskaborn / 26.02.2021

Leugner klingt doch viel dramatischer und dringt tiefer ins Herz des Gutmenschen ein als Kritiker, zumal es an Merkels und ihren Claqueuren Corona Politik gar keine Kritik geben darf, die ist nämlich alternativlos. Das nun eine kleine Studentin Anstoß an vermutlich intellektuell weit über ihr stehenden Personen nimmt ist nun auch nicht neu. Diese Personen sind auch noch weiß und männlich, sie ist weiblich, damit ist klar wer hier die Meinungsherrschaft hat. Zum DLF, den ich übrigens über viele, viele Jahre gehört habe, verbietet sich jeder Kommentar. Dagegen waren die Radiosender der DDR fast schon objektive Nachrichtenüberträger.

Marco van Orthen / 26.02.2021

Man merkt das ja eigentlich schon im „unverdächtigen“ Freundeskreis: man erzählt, wie man über die vergangenen und aktuellen Maßnahmen der Regierenden denkt, erwähnt dabei beiläufig, dass man der Meinung ist, dass dabei die Folgen der allgemeinen ökonomisch wirkenden Beschränkungen nicht sorgfältig abgewogen wurden, und als man dann am nächsten Tag eine andere Person des Freundeskreises trifft, hört man über sich - hinter der vorgehaltenen Hand wohlgemerkt - man sei wohl „rechts“, oder noch schlimmer, ein „Leugner“: Menschen die eine normale bis sogar überdurchschnittliche Intelligenz besitzen, sind buchstäblich sturmreif geschossen von der Regierungspropaganda feinster Sorte, sei es (sic!) der früher so geliebte Deutschlandfunk, seien es ARD und ZDF sowie Dritte. Sollte es nicht langsam einen alternativen TV-Sender geben? Oder man fängt klein mit einem Radiosender an? Toll jedenfalls, dass es die Achse schon mit den Podcasts vormacht!

T. Brecht / 26.02.2021

Deutschlandfunk ? Schon der Name ist eine Lüge ! Passend ist Rotlandfunk

Dirk Kern / 26.02.2021

Der deutsche ÖR gehört in der aktuellen Form schon lange abgewickelt.

Günter H. Probst / 26.02.2021

Was soll die Hetze gegen meinen Lieblingspropagandasender DLF? Durch ihn erfahre ich jeden Tag, wen und was ich gerade beschimpfen (Trump) und denunzieren (Coronaleugner) darf, und was ich auf keinen Fall (Neger) sagen darf. Allein die Pause nach Hörer, ehe die -innen kommen, versüßt mir die Stunden. Für seine Propaganda braucht der DLF immer einen Aufhänger. Dazu gibt es allzeit genügend scheinbare Fachleute mit Titel oder Denunzianten, die das gewünschte sagen. Bei der unbenannten Studentin aus Regensburg - wenn es sie denn gibt- wäre nur zu klären, ob sie den DLF informiert hat, weil sie dessen Propagandaqualität kennt, oder ob der DLF bei ihr nachgefragt hat. Die Adressenlisten von bereitwilligen Sympathisanten von Sozialisten , Maoisten oder Stalinisten werden in Köln vorliegen. Die ganzen Agitations- und Propagandatricks habe ich in meinem Politik- und Publizistikstudium bei der Abhandlung der NS- und SED-Institutionen kennen gelernt.

Robert Jankowski / 26.02.2021

Der DLF war mal wirklich gut, kritisch und reflektiert. Vor ca. 30 Jahren! Heute besteht er aus Hofschranzen, welche das Denunziantentum in Deutschland fördern. Viel mehr PFUI geht einfach nicht.

Judith Panther / 26.02.2021

Wir nennen die Namen, wie nennen den Text, wir nennen die Denunzianten - und deren Sekundanten ... „ Für solche Verräter wird es nach dem Krieg nur noch einen Eintrag ins #SchwarzbuchDerCoroNazis geben, aber keine Nachsicht mehr. Wer weiß, vielleicht stehen sie eines schönen Tages ja selber in der Öffentlichkeit oder haben eine eigene Praxis, in der sie dann die traumatisierten Lockdown-Opfer behandeln? Bis dahin dürfte es genug Hungerlöhner geben, die für eine Handvoll Dollar bereit sind, sich zum „Mobilen Pranger“- Trupp umschulen zu lassen, will heißen: Die Verräter, sobald sie ihre stacheldrahtumzäunten und kameraüberwachten Villen verlassen, auf Schritt und Tritt zu begleiten und dabei ein Schild hochzuhalten, auf dem steht „Ich war eine Medienhure“ oder „Ich habe damals meinen Professor ans Messer geliefert“. (Wahrscheinlich aus Rache, weil er es abgelehnt hat, ihr für ein paar spezielle „Dienste“ eine bessere Note zu geben. Kleines Beispiel dafür, wie schnell man ein Gerücht in die Welt setzen kann). Zwei neue Wörter habe ich in letzter Zeit gelernt: „Menschenkeulen“ von @Ilona Grimm neulich und „Kollateralnutzen“  von @Robert Korn heute. Made my day. Made in Germany.

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