Sehr geehrter Herr Müller-Ulrich! Als Polizeibeamter bin ich vermutlich auch geneigt, den Bürger “schuldiger” zu sehen, als es ein Bäcker oder Priester täte. Berufskrankheit eben. Und ich bin auch sehr dafür, dass bei der Zuteilung von Waffenbesitzkarten hohe Eignungskriterien angelegt werden. Was sich aber beim Waffenrecht hier in Deutschland in den letzen 40 Jahren getan hat, kann man durchaus inzwischen als bürokratische Schikane verstehen. Sie haben den Zeitgeist, aus welchem diese Entwicklung heraus entstanden ist, sehr schön beschrieben. Vielen Dank für Ihren guten Artikel! Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit mal eine Prognose und einen Voschlag machen: Ich prognostiziere Ihnen, dass die Zahl der Terroranschläge, wie sie jetzt monatlich in London stattfanden, in den nächsten Jahren und Jahrzehnten drastisch zunehmen wird, die Zahl der Polizeibeamten im Verhältnis dazu aber eher nicht. Jedenfalls kann ich nirgendwo den politischen Willen erkennen, die Personalstärke der Polizei wirkmächtig zu erhöhen, wie es beispielsweise in den 70ern gemacht wurde, als die RAF damit begann, Politiker und Banker zu ermorden. Jetzt trifft es diese Entscheidungsträger ja nicht persönlich, sondern nur den braven Spaziergänger auf der Straße. Man könnte die zivile Wehrhaftigkeit in unseren Land ganz einfach dadurch erhöhen, indem man einem bestimmten, zuverlässigen, ausgebildeten und regelmäßig geschultem Personenkreis das Führen von Waffen erlauben würde. Zu diesem Personenkreis könnten gehören: pensionierte Polizeibeamte, Soldaten, Feuerwehrmänner, Jäger oder andere Personen mit (ausschließlich!) deutscher Staatsbürgerschaft, einwandfreiem Führungszeugnis, gründlicher Ausbildung und regelmäßigen Eignungsnachweisen. Dann würde der eine odere andere Axtmörder und Messerschlächter an seiner Tatausführung wohl gehindert werden. In London hat es immerhin “nur” acht Minuten gedauert, bis die Kollegen die Täter unschädlich gemacht haben. Respekt, das war schnell! Und trotzdem sind acht Minten in solch einem Fall eine Ewigkeit. Würde sich die Wehrhaftigkeit in der Zivilgesellschaft auf meine beschriebene Weise erhöhen, erhöhte sich die Chance, dass solche Mörder mal an den “Richtigen” geraten, der sie sofort stoppen kann. Das Gewaltmonopol bliebe beim Staat, indem er die Waffenträger schult und beaufsichtigt. Der Staat würde so das Recht der Zivilgesellschaft auf angemessene Selbstverteidigung stärken. Das setzte aber eine Geisteshaltung im Staat voraus, die nicht in jedem Waffenbesitzer einen Schuldigen sieht. Insofern dürfte mein Voschlag zur Zeit eh nur gutmenschliche Empörung auslösen.
Ja, es ist eine langwierige Prozedur für den Sportschützen (oder auch den Jäger) bis zum Schusswaffenerwerb. Gegen die Sachkundeprüfung und eine sichere Aufbewahrung der Waffen kann man vernünftigerweise auch nichts gegen einwenden. Ich finde, diese Praxis stärkt die Seriösität und damit auch die Akzeptanz des Schießsports oder des Jagdwesens in weiten Teilen der Bevolkerung (gegen den opportunen politisch-mediles Komplex und deren “Waffenschein”-Experten ist man ohnenhin machtlos). Einzelne willkürlich erscheinende Regularien hingegen gefallen mir ganz und gar nicht. Es sind fairerweise auch nicht immer die Behörden, die sich dem Waffenerwerb quer stellen von einzelnen Mätzchen, wie beschrieben, mal abgesehen. So konnte der Gesetzgeber z.B. den Waffenerwerb auf die “Gelbe” vereinfachen, indem nicht bei jedem neuen Waffenerwerb vorab erst ein Voreintrag von zuständiger Behörde eingeholt werden muß. Die jüngste Waffenrechtsnovelle hat meines Wissens auch nicht wirklich gravierende Einschnitte mitgebracht (von den Selbstladern und den Magazinerwerb einmal abgesehen). Vielmehr machen einzelne Verbände Probleme, welche z.B. die sog. Befürwortung aussprechen müssen. Also z.B. der Rheinische Schützenbund als einer der etwa 20 Schützenvebände unter dem Dach des DSB (deutschen Schützenbundes). Dort (wie auch in den andere Verbänden) wird eine Art Obman gestellt, welcher über die Erstanträge der WBKs befindet. Jemand also, der einen rechtlich wasserdichten Bescheid über die Rechtmäßigkeit eines Erwerbsgesuchs erteilen müsste. Das kann er nicht, da diese Person(en) erwiesener Maßen keine juristische Vorbildung hat/haben. Mit entsprechenden Hickhack bei der Klärung spezieller Sachverhalte (ich spreche aus leidvoller Erfahrung). Daß die 20 Verbände jeweils unterschiedliche, uneinheitliche Antragsprozeduren haben, brauche ich an dieser Stelle nicht weiter zu erwähnen. Der Kenner weiß, daß er sich in solchen Fällen besser an den BDS (Bund deutscher Sportschützen wendet). Zum anderen ist auch seit Längerem der “Bedürfnisnachweis” zum Waffenbesitz für Sportschützen durch regelmäßiges Training (18 mal pro Jahr) nachzuweisen. Es soll ja vereinzelt Vereine geben, die eine Art Neurose in Form einer Blockwart-Mentalität entwickeln und den unregelmäßig trainierenden Schützen seinen Trainingsrückstand unter die Nase reiben (also auch dem tüchtig Geschäftsreisenden, potenten Steuerzahler mit wenig Freizeit). Dies sind die eigentlichen Zustände, welche eine angenehme Vereinsatmosphäre unter den Sportschützen vergiften (können oder vielleicht auch sollen). Kurzum: Die genanten Verbands- und vereinsinternen Gängelungen, für die die gemeine deutsche Mentalität leider nur zu anfällig ist bzw. sich gerne über sich ergehen läßt- bescheren den Schützen derzeit die größeren Schwierigkeiten. Hiesige Schützen dürfen gerne auch mal den “zivilen Ungehorsam” proben bzw. kollektiv mit Vereins-/Verbandsaustritt drohen.
Die ganze Perversität der Politik wird erst deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass in der Vergangenheit friedliebende Wehrpflichtige beider deutscher Staaten unter Androhung empfindlicher Strafen dazu gezwungen wurden, auf Landsleute zu schießen - Bayern auf Sachsen bzw. Mecklenburger auf Holstein. Schon damals - und heute erst recht wird diesen Staatsbürgern verboten, sich selbst gegen Angriffe zu verteidigen - obgleich Legislative, Judikative und Exekutive das staatliche Gewaltmonopol (für dessen Ausübung wir Steuern zahlen) zielstrebig ausgehöhlt haben.
Mal sehen, wann die schon länger hier Regierenden auf den Trichter kommen, den Besuch von Baumärkten genehmigungspflichtig zu machen. Denn dort gibt es, völlig legal und waffenscheinfrei all´ die schönen Dinge, mit denen sich weiland die freiheitsliebenden Bauern ihrer despotischen Herrschaft entledigt haben: Mistgabeln, Spaten, Äxte und vieles Andere zum Selbermachen. Die Kanzlerin, als Uckermärkerin des Plattdeutschen sicherlich mächtig, samt ihrer Paladine sollten sich den alten Spruch hinter die Ohren schreiben: “Wahr di Gahr, de Buer de kümt!”
Diese Entwicklung des Waffenrechts zeigt m. E. folgendes: die wachsende Angst der politischen Klasse, dass jemand, der von den Folgen bürgerferner bis bürgerfeindlicher Entscheidungen maximal betroffen ist, das Recht selber in die Hand nimmt und die Verursacher aufs Korn nimmt. Zum zweiten dürften die Deutschen ab einer gewissen Anzahl von Waffenbesitzern revolutionsfähig werden, was die Politklasse natürlich um jeden Preis verhindern will.
“Für deutsche Behörden ist der Bürger grundsätzlich schuldig.” - Ja, so ist es, und das nicht nur im Waffenrecht. Die Betriebsprüfer der Finanzämter werden darauf gedrillt, dass 30 % der Steuern hinterzogen würden. Entsprechend stürzen sie sich auf kleine und mittlere Unternehmen, vor allen Dingen Gastronomen und anderes sog. “bargeldnahes Gewerbe”, und rechnen vor, was der Unternehmer eigentlich hätte verdienen müssen. Der Unternehmer muss sich dann dafür entschuldigen, warum er das nicht verdient hat. Und weil er grundsätzlich unglaubwürdig ist, drängt man auf eine Einigung über eine Nachzahlung. Wenn man nach dem Zustandekommen der 30 % fragt, stellt man fest, dass der Prüfer noch nicht eine Steuererklärung der Mafia, der Dirnen oder der Rauschgifthändler gesehen hat. Könnte ja sein, dass die wahren Steuerhinterzieher dort zu finden wären. Aber leider - der Unternehmer hat eine feste Steuernummer, also hält man sich lieber an den. Oder nehmen wir das Gesetz über den Mindestlohn. Sofort wird unterstellt, dass die Unternehmer massiv versuchen werden, den Mindestlohn mit List und Tücke zu hintergehen. Also stellt man - ohne erst einmal die Realitäten zu beobachten - ein “Sondereinsatzkommando” des Zolls zusammen. Wehe, der Unternehmer meldet den Arbeitnehmer nicht an, bevor dieser mit der Arbeit beginnt; wehe, wenn die Arbeitszeiten nicht genauestens incl. Pausen aufgeschrieben werden. Dass der Arbeitsvertrag bestimmte Anfangs-, Pausen und Endzeiten vorsieht, spielt keine Rolle, denn so etwas ist nur Makulatur. Und wenn nach mehreren Jahren kaum Verstöße festzustellen sind? Ja, da muss ganz einfach die Kontrolle verschärft werden, wozu man natürlich neues Personal beim Zoll benötigt. Die Beispiele liesen sich fortsetzen, beispielsweise im Mietrecht, im Strafrecht und an vielen anderen Punkten, wo der Bürger zunehmend gegängelt oder als potentieller Staatsfeind behandelt wird. Es macht mich traurig, zu sehen, wie treudumm sich die Mehrheit der Bevölkerung dieser Gängelung fügt. Die Deutschen waren und sind keine Revolutionäre.
Man braucht doch bloß an den Jagdalltag auserwählter Bürger in der DDR zu denken. Eigene Waffen? Nein! Eigene Munition? Nein! Zur Jagd wurde die Waffe und Munition bei staatlichen Organen ausgeliehen und musste umgehend wieder zurückgebracht werden. Wehe dem, der den Verbrauch der Munition nicht schlüssig nachweisen konnte. Diese Regelung braucht man doch bloß in einen Gesetzestext zu fassen und schon hat man das Ziel fast erreicht. Einen lustigen Gesetzestitel wird man im Maas-Ministerium sicher finden. Den hat man dort stets vor dem Gesetzestext. Der Umgang mit langen (Küchen-) Messern war in der DDR übrigens generell nicht beschränkt - bis auf die eingeschränkte Verfügbarkeit auf dem Markt. Das deutsche Waffenrecht generiert stetig zur Waffenrechtswende und soll natürlich dem Rest der Welt als Vorbild dienen.
Das ist echt interessant und in Verbindung mit der Geheimniskrämerei in Deutschland, wenn es um die konkreten Aspekte der Verschärfung von Waffengesetzen geht, auch wichtig und nützlich. Grundsätzlich ist die Thematik des privaten Waffenbesitzes in Deutschland im Gegensatz zu allen anderen Staaten keine Frage der Sicherheit des Bürgers, geschweige der inneren Sicherheit. Sondern die Vorschriften garantieren geradezu, dass auch der legale Waffenbesitzer für den Fall, dass er sich und seine Familie ernsthaft verteidigen müsste, keine Schusswaffe griffbereit hat. Der Schießsport ist sozusagen das Feigenblatt, hinter dem sich alle verstecken, die so ein widernatürliches “Bedürfnis” haben. Das ist so gewollt. Anders als in den USA erschießen sich hier Kleinkinder beim Spielen nicht gegenseitig, müssen Schulkinder früh beim Betreten der Schule nicht nach Feuerwaffen gefilzt werden. Wir leben ja auch in einem Land, wo die Kriminalität eine immer geringere Rolle spielt. Theoretisch. Aber irgendwas fehlt noch im System. Die Polizei funktioniert nicht, oder wenn sie mal funktioniert, ist sie parteilich. Schlimmer noch, sie ist unberechenbar. Niemand weiß, ob sie kommt, wenn sie gerufen wird, und wenn sie da ist, weiß man nicht, ob sie die Opfer oder die Täter verhaften wird. Insofern ist es immer besser, man ist nicht im Besitz von “waffenähnlichen” Gegenständen, die einem später zur Last gelegt werden könnten. Eine Ausnahme gibt es allerdings: scharfe Hunde - es gibt eine emotionale Klammer um Polizisten, Waffenbesitzer und Hundefreunde. Die richtigen Halunken wissen das natürlich auch. Ob die Schmerzen der 20% der Bundesbürger, die wegen Kopfschmerzen ständig in Behandlung sind, auch damit zusammen hängen, ist an dieser Stelle nur zu kolportieren. Das sind rund zehnmal so viele Menschen wie überschuldet sind. Wie ist das in so einem perfekten und friedvollen Staat möglich?
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