Kalifornien hat für sein Stromnetz den Notstand ausgerufen. Schuld ist nicht Putin, sondern die anhaltende Hitze und damit der verstärkte Einsatz von Klimaanlagen. Gouverneur Newsom sandte gerade einen emotionalen Spar-Appell aus seinem klimatisierten Büro.
Sind Sie nervös? Haben Sie ein flaues, unbestimmtes Gefühl in der Magengegend, wenn sie an die ersten Schneeflocken im Winter denken? Oder an Ihre Neuberechnung der Abschläge für Gas und Strom? Haben Sie vielleicht die Bestellung Ihres neuen Autos storniert oder Ihren Urlaub? Kaufen Sie nicht mehr im Bioladen? Sind Sie unsicher, ob die veränderte Lage wirklich in Gänze dem Putin zuzuschreiben ist, oder ob sich der Klimatismus nicht vielmehr planmäßig entfaltet? Nur ein wenig schneller und ohne (Gas)-Netz und doppelten Boden vielleicht…?
Wie auch immer, seit dem Auftritt des Wirtschaftsautors und Kinderbuchministers Habeck bei Maischberger wissen Sie, dass es für private Vorsorge zu spät ist und der letzte Hoffnungsschimmer ausgerechnet vom Pharmaminister Lauterbach kommt, der die Maskenpflicht im Flugzeug doch nur abschafft, damit Sie noch rechtzeitig und frei atmend das Land verlassen können. Ich übertreibe nur minimal, denn die Energiespitzenfachkraft der Grünen, Ricarda Lang, könnte auch Sie gemeint haben, als sie lächelnd verkündete, unsere Stromprobleme (die sie vor einigen Tagen noch leugnete) statt mit berechenbarer Einspeisung durch Abwurflasten zu lösen. Oder, um Stalin zu bemühen: Ein Mensch, ein Verbraucher – ein ausgewanderter Mensch, kein Problem.
Die Bäcker dürften sich jedenfalls sehr über Habecks Auslassungen gefreut haben, schließlich wurden sie gerade zu ökonomischen Apnoetauchern befördert, die einfach eine Weile die Luft anhalten können, ohne deshalb gleich die Kuchengabel abgeben zu müssen. Es fallen einem leider keine ironischen Wendungen mehr ein, um das Ausmaß an Inkompetenz in beißenden Spott zu übersetzen.
Seit mehr als sieben Jahren habe ich wie so viele andere versucht, meine Missbilligung für den Weg in die energetische Sackgasse zum Ausdruck zu bringen, ohne dass dies die geringste Spur auf der Teflonwand grüner Ideologie hinterlassen hätte. Schlimmer noch: Man ist offenbar bemüht, selbst die meinem zynischen Hirn entsprungenen dystopischen Ideen (hier und hier) Punkt für Punkt zu erfüllen. Was ich da vor einiger Zeit herbeiphantasierte, klingt heute bereits in weiten Teilen wie die Wasserstandsmeldungen von vorgestern.
Noch ist die befürchtete schreckliche neue Welt nicht in Gänze verwirklicht. Aber jede Maßnahme, jeder staatliche Eingriff und jede von den Bürgern und Verbrauchern akzeptierte Zumutung ist ein weiterer Schritt auf die Despotie zu, in der eine fixe Idee und der Staat, der sie exekutiert, alles und das Individuum nichts ist. Fügt man die hier angeführten Beispiele gedanklich an einem Ort zusammen – und das dürfte Ihnen nicht schwerfallen, liebe Leser –, wären wir schon längst dort angekommen.
Fluch und Segen des Wohlverhaltens
Während in Deutschland der Energiebedarf zur Verbesserung der Raumtemperatur im Winter am größten ist, trifft dies in wärmeren Gefilden für den Sommer zu. Denn egal ob wärmer oder kälter, in jedem Fall ist Energie nötig. Was Deutschland demnächst regelmäßig im Winter bevorsteht, übte Denver in Colorado gerade im Sommer. Tausende Kunden des Energielieferanten Xcel versuchten Ende August, als die Temperaturen über 32°C gestiegen waren, die Thermostate ihrer Klimaanlagen etwas kühler zu drehen. Doch die verweigerten die Zusammenarbeit. „Energienotstand“ lautete die lapidare Auskunft auf die Frage, weshalb die Raumtemperatur auf minimal 26°C begrenzt war, wobei manchenorts auch bis zu 38°C in den Häusern gemessen wurden.
Besser als nichts, wird der eine oder andere Leser jetzt denken, aber das ist nicht der Punkt. Die Systeme sind nämlich „smart“, könnten auf Anweisung also die Energiezufuhr drosseln, aber ihre Arbeit auch ganz einstellen, ohne dass der Kunde etwas dagegen tun könnte. Doch halt!
Bevor Sie sich empören, liebe Leser, schauen wir ins Kleingedruckte der Verträge, welche die betroffenen Xcel-Kunden unterschrieben haben. Es handelte sich nämlich um ein „Bonus“-Programm, in welchem die Kunden einmalig 100 Dollar und monatlich 25 Dollar dafür erhalten, dass sie die Kontrolle über ihr Thermostat „im Notfall“ dem Netzbetreiber überlassen und damit buchstäblich zur Abwurflast werden. Geld gegen Freiheit, das ist der Deal. Es ist eben eine Sache, ob staatliche Regulierung auf eine ferne Glashütte oder die eigene Wohlfühltemperatur trifft – egal ob im Sommer Colorados oder demnächst im deutschen Winter.
Not und Verbot – Mobilitätswende in die Erstarrung
Geht man von Colorado aus noch ein wenig weiter nach Westen, kommt man ins erneuerbarenergetische Musterland Kalifornien, wo Gavin Newsom, der Posterboy der Dems, das Sagen hat. Ähnlich wie die EU hat auch Kalifornien verkündet, den Verbrennungsmotor ab 2035 zu verbieten, was besonders ambitioniert (um das harte Wort „irre“ nicht zu verwenden) ist in einem Staat, der über kein nennenswertes oder gar flächendeckendes ÖPNV-System verfügt.
Verbote sind etwas, um deren Copyright sich der „Golden State“ mit den deutschen Grünen seit einiger Zeit ein heißes Rennen liefert. Machen Sie sich den Spaß und geben Sie bei Google die Worte „california bans“ ins Suchfeld ein und staunen Sie über die Vorschläge der Suchmaschine. Von Reisen nach Florida (oder Montana), wo die bösen Reps regieren über Rasenmäher bis zu Gaming Computern ist da alles mögliche zu finden. Übrigens: Die Reiseverbote ins Maga-Land betreffen nur Regierungsbeamte, während Newsom selbst natürlich gern Urlaub dort macht. Doch ich schweife ab.
Kalifornien hat nämlich für sein Stromnetz gerade den Notstand ausgerufen. Schuld sei dort allerdings nicht Putin (den Krieg gegen fossiles Erdgas führt Newsom schon seit Jahren), sondernd die anhaltende Hitze. Außerdem sei trotz aller Sparmaßnahmen der Stromverbrauch auf immer neue Höchstwerte gestiegen, weshalb man rollende Blackouts (wie schon 2020) nicht ausschließen könne. Von schlechtem Timing zu sprechen, ist deshalb die Untertreibung des Jahres, wenn fast zeitgleich mit dem angekündigten Verbrennerverbot die Besitzer von Elektroautos ersucht werden, ihre Fahrzeuge wegen der Netzbelastung nicht zu laden.
Doch einen Unterschied zur durchgeknallten deutschen Energiepolitik gibt es immerhin: Der Gouverneur Kaliforniens ersucht die Behörden dringend, die im Jahr 2025 auslaufende Betriebsgenehmigung des einzigen Kernkraftwerks seines Staates, „Diablo Canyon“, um fünf Jahre zu verlängern.
Nicht betroffen sind Privatjets
Während im Waschlappenland die Winterangst vor der Tür steht und Minister Habeck den Begriff „Insolvenz“ neu definiert, kümmert sich der kalifornische Gouverneur um die Definition des Wortes „Solidarität“. In einem emotionalen Video auf Twitter appellierte er gestern an seine Landsleute, angesichts des kritischen Zustands der Stromversorgung besonders nach 16 Uhr noch sparsamer zu sein, was im Fall der aktuellen Hitzewelle konkret bedeutet, die Finger von der Klimaanlage zu lassen.
Damit er sich in seinem offensichtlich gut heruntergekühlten Studio nicht erkältet, hat er für seine Durchsage einen dicken Pullover mit hochgestelltem Kragen angezogen, während hinter ihm eine Reihe Monitore leuchtet, an denen offensichtlich (es ist ja auch schon nach 22.00 Uhr im Video) niemand arbeitet.
Der einzige Sektor, der vom kalifornischen Verbot von Verbrennungsmotoren nicht betroffen zu sein scheint, ist übrigens der für Privatjets. Das muss man aber verstehen: Wie will man denn sonst zum nächsten WEF-Treffen kommen, um sich neue Tipps zur Rettung des Klimas abzuholen?
Gegenvorschläge?
Und falls der eine oder andere nun abwinkt, weil hier der Sarkasmus mal wieder aus jeder Zeile tropft, will ich heute zur Abwechslung mal den Besserwisser spielen und vorschlagen, was statt Habeck-Phrasen und Trampolina-Haltung jetzt wirklich vonnöten wäre, auch wenn ich fast sicher bin, dass es für all das eigentlich schon viel zu spät ist.
- Sofortige Annullierung aller Gesetze des „Atomausstiegs“. Ziel: Uneingeschränkter Weiterbetrieb der verbliebenen drei Kernkraftwerke im Lastbetrieb mit Langzeitperspektive.
- Sofortiger Stopp des Rückbaus, schnellstmögliche Wiederinbetriebnahme der 2021 stillgelegten und noch zu rettenden Anlagen.
- Schaffung und Förderung von Kompetenzzentren zur Ausbildung von Personal, um die Anlagen langfristig betreiben zu können und Wiederaufbau von Ingenieurskompetenz zur Forschung im Bereich Kerntechnik, um neue, bessere und effektivere bauen zu können.
- Gesetzliche Regelung zur Erlaubnis von Förderung konventionellen Erdgases, zum Beispiel in Niedersachsen und Bayern und Schaffung von Investitionsanreizen. Auch hier: Langfrist-Perspektive für Investitionssicherheit schaffen!
- Dasselbe für Fracking von Schiefergas, weil es in der Energiebilanz ein Wahnsinn ist, dies stattdessen per Schiff aus Kanada oder den USA zu holen.
- Dasselbe für die Erlaubnis von Sequestrierung, um die CO2-Bilanz von Kohlekraftwerken zu verbessern (lassen wir den Grünen diesen Punkt und bekämpfen das pöhse CO2 aus der Kohle).
- Ersatzlose Abschaffung der Subventionen für Elektroautos, kein Verbot für Verbrenner!
- Für die Anschaffung von Elektroautos (außer Hybride) ist künftig der Nachweis einer ausreichend dimensionierten, eigenen PV-Anlage (im Inselbetrieb, ohne Netzeinspeisung) samt Zwischenspeicher nachzuweisen. Der so erzeugte und verbrauchte Strom (Inselbetrieb!) ist frei von allen Abgaben und staatlichen Beschränkungen. Netzüberlastung durch das Laden von Elektroautos am allgemeinen Stromnetz werden durch eine progressive Steuer zu verhindern versucht, solange sich das Netz noch nicht hinreichend stabilisiert hat (Dispatchkosten).
- Abschaffung des EEG. Alle Förderungen und Subventionen nach EEG laufen (mit Bestandsschutz) aus.
- Ausnahme: Anlagen zur Strom-, Gas- oder Wärmeerzeugung, deren Ziel die vollständige und zuverlässige Abkopplung (Inselbetrieb) von den Versorgungsnetzen oder die bedarfsgesteuerte Einspeisung ist und die so zur Entlastung der Netze beitragen. Förderbedingung sind der Wirkungsgrad und die Aussichten für den langfristig wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen, Technologieoffenheit wird garantiert.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.