Thomas Rietzschel / 24.09.2018 / 11:30 / 34 / Seite ausdrucken

Der deutsche Sonderweg zur direkten Demokratie

Dass sie sich bei dem, was sie planen, beschließen und tun, von der Meinung der Leute beirren lassen, kann man den Anführern der deutschen Blockparteien nicht vorwerfen. Sie öffnen die Grenzen für jedermann, sie verpulvern Milliarden für eine Energiewende, die zu nichts führt, das den Aufwand lohnte, sie versenken Unsummen für den Turmbau von Brüssel, ohne je danach zu fragen, was das Volk davon hält. Ihm ist die Rolle des Zuschauers zugedacht, in der ersten Reihe bei ARD und ZDF.

Schweizer Verhältnisse, die direkte Mitsprache der Bürger bei weitreichenden Entscheidungen, sind nicht vorgesehen, wo die Parteien Kraft ihrer ideologischen Wassersuppe „repräsentativ“ regieren, die Politik unter sich ausmachen. Lieschen Müller und der kleine Mann auf der Straße mögen derweil ruhig schlafen. Auf den Gedanken, dass sie irgendwann aufwachen und sich veralbert vorkommen könnten, ist da schon lange niemand mehr gekommen. Solche Zweifel hätten das eigene Machtbewusstsein untergraben. Entschieden wurde allein im Interessenausgleich der Parteien. Jeder musste dabei irgendwie auf seine Kosten kommen.

Die Entlassung und gleichzeitige Beförderung des Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen entsprach daher durchaus dem üblichen Gebaren. Kein Grund zur Aufregung, zunächst. Dann aber begann das Volk, der „große Lümmel“, wie schon Heinrich Heine wusste, unverhofft zu maulen. Die Umfragen verschiedener Institute versetzten die GroKo in Angst und Schrecken. SPD und CDU/CSU trudelten ab. Das zeigt Wirkung.

Die Furcht um die Plätze an den Futtertrögen der repräsentativen Demokratie brachte das Undenkbare zuwege. Andrea Nahles gestand vor laufender Kamera: „Die durchweg negativen Reaktionen aus der Bevölkerung zeigen, dass wir uns geirrt haben. ... Das sollte für uns alle gemeinsam Anlass sein, innezuhalten und die Verabredung zu überdenken.“ Die Bundeskanzlerin fand das „richtig und angebracht“; Horst Seehofer war prompt offen für neue Gespräche. Hauptsache, man muss nicht wieder aus den warmen Stuben der GroKo ausziehen, gerade jetzt, wo das Klima rauher zu werden droht.

Ein paar demoskopische Erhebungen nach dem Gemauschel der Parteien um eine Personalie haben genügt, die Anführer zum Kotau vor denen zu veranlassen, auf deren Meinung sie sonst nichts geben – der deutsche Sonderweg zu mehr direkter Demokratie, von hinten durch die kalte Küche.

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Leserpost

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Heike Richter / 24.09.2018

Ich denke, sie haben aus den Fehlern der DDR gelernt und den offenen Brief der “Kulurschaffenden” zum Anlass genommen um ihr Vorgehen zu revidieren. Damals, 1976 wurde Biermann ausgebürgert und dies war ein Grundfehler der SED, der am Ende mit zum Zusammenbruch des Systems führte. Kritik war und ist nicht erwünscht, egal ob in einer soz. Diktatur oder einer Parteiendiktatur.

Peter Wachter / 24.09.2018

Auch ich bin der Meinung das dies nicht dem Volk (Pack) geschuldet ist, sondern dem Parteiengerangel und es wird sich (leider) absolut nichts ändern, solange die 82% mindestens 51% Stimmen der Wähler bekommen! Übrigens habe ich mich diesen Monat mit Ex-Schutzsuchenden aus Ex-Jugoslawien unterhalten, mir wurde und ist seitdem echt Angst und Bange. Gnade uns Gott und Schalom!

Klaus-Dieter Ohström / 24.09.2018

Dieser Artikel von Herrn Rietzschel lässt ja fast vermuten - sofern es sich nicht doch noch herausstellt, dass es sich um Satire handelt - dass die Achse sich neuerdings klammheimlich bei den Mannen von Herrn Seibert die Direktiven für ihre Veröffentlichungen abholt. Der Artikel ist jedenfalls - was ich bisher in der Achse gelesen habe - voll daneben.

Martin Wessner / 24.09.2018

“Die durchweg negativen Reaktionen der SPD-Parteibuchbesitzer zeigen, dass sich meine Kollegin Andrea Nahles übel vergallopiert hat. Ich(Merkel) habe zu wenig daran gedacht, was die SPD-Linken bewegt, wenn sie Beförderung hören. Dass das geschehen konnte, bedaure ich sehr.” Exakt DAS(!) hätte die Bundeskanzlerin -von mir umgemodelt- sagen müssen, wenn sie ehrlich gewesen wäre.

Stefan Lanz / 24.09.2018

Bitte? Lieber Autor, was genau wollte ‚die Bevölkerung‘? Die breite und konservative Bevölkerung wollte sicher keine Entlassung. Das was Sie beschreiben, ging doch von linker Seite und den meisten Medien aus… Momentan häufen sich wohl hier auf der Achse Artikel, denen Dinge, wie zB Ursache und Wirkung, stark durcheinander geraten. Schade eigentlich.

Elisabeth Zillmann / 24.09.2018

Also ,ich fasse den Artikel von Herrn Rietschel durchaus als treffende Satire auf.Habe mich köstlich amüsiert.Wieso merken die meisten Leser das nicht?

Constanze Rüttger / 24.09.2018

Langsam wird es echt peinlich.

Dr. Rene Brunsch / 24.09.2018

Offensichtlich befinde ich mich außerhalb jener Menge, die Frau Nahles als “Bevölkerung” bezeichnet, denn in meinem Freundes- und Bekanntenkreis sieht niemand den gescheiterten Versuch von Herrn Maaßen, die Wogen zu glätten, als Fehler. Er wollte bei einem hochgepushten, nicht objektiv interpretierbaren Videoschnipsel aus suspekter Quelle den Ball flach halten. Doch genau das sollte er offensichtlich nicht. Seine Positionierung passte wohl nicht in das professionell eingeübte Szenario, wie der Fokus von der tagtäglichen kulturellen Bereicherung durch Merkels Gäste zur angeblich drohenden braunen Gefahr gelenkt werden kann.  DAS war Maaßens Fehler. Schon Kurt Tucholsky sagte, dass in Deutschland der, der auf den Schmutz hinweist, als gefährlicher gilt als der, der den Schmutz macht. Es geht um das Schweigen der Lämmer und das macht mir Angst. Es erinnert an jene Zeit in der DDR als eine Vergewaltigung durch einen Sowjetsoldaten zwar schlimm war, aber das öffentliche und lautstarke Aufschreien nach “solch” einem Verbrechen, das damals im Regimeverständnis nicht vorkommen durfte, die deutlich härteren Sanktionen nach sich zog. Genau so ist heute selbst ein lautloses aber öffentliches Trauern um die Opfer von importierten Messerstechern eine Ungeheuerlichkeit per se. Das passt eben auch nicht in das aufoktruierte Verständnis von einem bunten Deutschland, hinter dessen positiv besetzten Namen aber tatsächlich die Forderung nach uneingeschränkter Akzeptanz eines Welt- und Menschenbildes steht, das nur in Einzelfällen mit den europäischen Werten der Aufklärung oder gar den 10 Geboten auch nur ansatzweise kompatibel ist. Und mit dem Grundgesetz und unserem Demokratieverständnis noch viel seltener. Wie zum Hohn fordern nun In unserer verkehrten Welt die Leitmedien Demokratieverständnis und Grundgesetzkonformität gerade von jenen ein, die genau dies verteidigen wollen. Es erinnert an die Metapher des Diebes, der ganz laut “Haltet den Dieb!” schreit. Irrenhaus Deutschland!

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