Gastautor / 03.10.2024 / 16:00 / Foto: K.I / 22 / Seite ausdrucken

Der deutsche Fourth of July

Von Maik Friedrich.

Die Amerikaner feiern jedes Jahr ihren Nationalfeiertag mit Pauken und Trompeten. Warum machen wir es ihnen eigentlich nicht nach? Das tun wir doch sonst auch.

Ich wurde im Jahr 1979 in Westdeutschland geboren, war also am 10.11.1989 zehn Jahre alt. Da ich Verwandte im damaligen Westberlin hatte, die regelmäßig besucht wurden, hatte ich trotz meiner jungen Jahre Gelegenheit, eindrückliche Erfahrungen mit der DDR zu sammeln. Ich erinnere mich noch gut an die Angst, die ich verspürte, als wir in einem weißen BMW auf dem Weg nach Westberlin die Grenze zur DDR passierten und ich mich als kleiner Junge fragte: Werden sie unser Auto komplett durchsuchen? Werden sie den Pass meiner Eltern und vielleicht sogar meine Eltern selbst einbehalten? Werden wir jemals zurück nach Hause kommen? Als ich dann die Fernsehbilder vom Tag des Mauerfalls live im Fernsehen mitverfolgte, konnte ich als Zehnjähriger durchaus nachvollziehen, was da gerade passierte.

Mir ist schon klar, dass viele glückliche Umstände zum Mauerfall beigetragen haben: President Reagan, President Bush, Generalsekretär Gorbatschow, der Papst, Solidarność, Glasnost, Perestroika, „Tear down this wall“ und so weiter. Aber dennoch haben die Ostdeutschen den unglaublichen Mut aufgebracht, in einer Nacht tatsächlich die Mauer einzureißen. Sie sind einfach über Grenzpfosten und Steine hinweg marschiert und haben – entgegen aller Prognosen und zum Schrecken aller Tyrannen der Welt – ein ganzes Verbrecherregime zu Fall gebracht.

Als Englischlehrer habe ich es regelmäßig mit Austauschprogrammen zu tun, und ich erinnere mich, dass ich vor einigen Jahren von einer irischen Kollegin gefragt wurde, ob denn am Tag der Deutschen Einheit kein großes Fest stattfinden würde: Feuerwerk, verstopfte Straßen, eine fette Party. Ich musste dann kleinlaut zugeben, dass der Tag der Deutschen Einheit schon ein Feiertag sei, dass aber außer einigen offiziösen Festakten in Berlin Mitte nicht viel liefe. Den Leuten sei der Anlass relativ egal, immerhin sei es ein arbeitsfreier Tag.

Warum ist das eigentlich so? Warum feiern wir Deutschen diesen Tag nicht, wie die Amerikaner ihren Unabhängigkeitstag, den Fourth of July, und zwar mit allem, was dazugehört? Ich glaube, wir hätten ausreichend Grund dazu.

Um die Feierlaune ein wenig anzukurbeln, folgen drei literarische Partyhäppchen, die vielleicht dabei helfen, ein bisschen Freiheitsstimmung zu verbreiten. Es muss ja nicht unbedingt die „Europahymne“ (aka Beethovens Neunte) sein.

Alles Gute zum Tag der Deutschen Einheit, alles Gute zum deutschen Fourth of July!

 

Alexander Pushkin: Die Freiheit. Ode (1817)

Ihr Zaren, lernt und nehmt es wahr:
Nicht Strafen kann und nicht Belohnen,
Nicht Kerkerhaft und nicht Altar
Vor solchem Schicksal euch verschonen.
Drum beugt das Haupt, beugt das Genick
Vor dem Gesetz und vor dem Rechte,
Dann schützen euch als treue Mächte
Des Volkes Freiheit und sein Glück.

(Pushkin, Alexander: Die Gedichte. Russisch und Deutsch. Übers. v. Michael Engelhard. Hrsg. Rolf-Dietrich Keil. Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag 1999. S. 198 f.)

 

Heinrich Heine: Reise von München nach Genua (1830)

Ich habe nie großen Werth gelegt auf Dichter-Ruhm, und ob man meine Lieder preiset oder tadelt, es kümmert mich wenig. Aber ein Schwert sollt Ihr mir auf den Sarg legen; denn ich war ein braver Soldat im Befreyungskriege der Menschheit.

(Heine, Heinrich: Historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke. Band 7/1. Hrsg. Manfred Windfuhr. Bearb. v. Alfred Opitz. Düsseldorf: Hoffmann und Campe 1986. S. 74.)

 

Percy Bysshe Shelley: The Mask of Anarchy (1832)

Let a vast assembly be,
And with great solemnity
Declare with measured words that ye
Are, as God has made ye, free –

(Shelley, Percy Bysshe: The Mask of Anarchy. In: The Norton Anthology of English Literature. Band D. Neunte Auflage. Hrsg. Deirdre Shauna Lynch und Jack Stillinger. New York und London: W. W. Norton & Company 2012. S. 787.)

 

Maik Friedrich arbeitet als Deutsch- und Englischlehrer an einem Gymnasium in Rheinland-Pfalz.

Foto: K.I

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E Ekat / 03.10.2024

Mit Feuerwerk?  produziert Feinstaub, erschreckt Tiere und alte Menschen. Der 3. Oktober wird in einer genau dem aktuell existierenden Deutschen angemessenen Weise begangen. Was wird eigentlich als inoffizieller Anlaß dieses freien Tages angegeben? Für dieses Datum böte sich an eine Feier zur überfälligen Zurechtweisung Rußlands. Oder doch die Brandmauer in virtueller Nachfolge der innerdeutschen Grenze ?

Karl-Heinz Böhnke / 03.10.2024

Die Ost-Deutschen haben zwei Nationaltage, nämlich für den opferreichen Aufstand am 17. Juni 1953 und die unblutige Revolution 1989, während die West-Deutschen keinen haben, weshalb vielleicht ihr Kanzler den einen als Feiertag abgeschafft und den anderen ersetzt hat durch den 3. Oktober. Kohl begründete das - natürlich ohne vorher das Volk zu befragen - mit dem in der Regel besseren Wetter. Er sah wohl die Massen auf den Straßen wie in Paris oder New York. Eher jedoch gönnte er den Bürgern nicht den Ruhm und die Ehre, denn er hatte einmal kundgetan, daß, wenn die Leute glauben, sie selbst hätten die Wiedervereinigung verursacht, sie sich irrten. Es sieht zwar danach aus, als ob der Mauerfall höheren Ortes schon in Vorbereitung war, jedoch die Menschen auf den Straßen in vorgezogen und so den Führern es nicht leichter gemacht haben.

Sabine Drewes / 03.10.2024

Lieber Maik Friedrich, ich stimme Ihnen zu, wir hätten “ausreichend” - nein: allen! - Grund, am 3. Oktober ausgelassen zu feiern. Der ursprüngliche Gedanke war jedenfalls, diesen Tag als Tag der deutschen Einigkeit und Freude zu begehen. Es sollte ein Tag sein, der dem Volk gehört und der ungetrübten Feier seines Glücks. Leider wurden die Deutschen nie richtig warm mit diesem Feiertag. Warum? Vielleicht findet man eine Antwort auch darin, wie politisch-medial mit diesem Feiertag seit 1991 umgegangen wird. Eine Strahlkraft in Richtung geistigen Zusammenwachsens der Deutschen und in Richtung eines gesunden Nationalbewusstseins ging von diesen Veranstaltungen nicht aus. Hier wurden Chancen vertan, völlig unabhängig davon, ob man den 3. Oktober als deutschen Nationalfeiertag für angemessen hält.

S.Buch / 03.10.2024

Die umerzogene deutsche Köterrasse bewundert den Nationalstolz sämtlicher Nationen (gut, vielleicht mit Ausnahme Russland) - insbesondere den der US-Amerikaner (Stichwort Reeducation). Aber ihre eigene Nation verleugnen sie schlimmer, als der Teufel das Weihwasser meidet. Gäbe es nur die 12 Jahre im letzten Jahrhundert und die 16 Jahre Merkel-Unrechtsregime + 3 Jahre gröbster Ampel-Unfug, könnte man das ja noch irgendwie verstehen. Aber es gibt ja viel mehr positiv Erwähnenswertes.

A. Ostrovsky / 03.10.2024

“Merkel ist ein reines Ostprodukt, hat den Laden komplett ruiniert und die Bürger aus den neuen Bundesländern kramen wieder die alten Feindbilder vom degenerierten Westen hervor.” Das ist ja wohl vollkommener Unsinn. Merkel ist genau die Kanzlerin geworden, die ihre unermüdlichen Klatschhasen-Wähler aus ihr gemacht haben, ohne nachzudenken. Und jetzt wollen diese Leute es gar nicht gewesen sein, aber nicht etwa, weil sie zum ersten Mal nachgedacht hätten und den Fehler erkannt hätten. Nein, sie wollen jetzt den Ossis die Schuld an ihrer eigenen Verkommenheit geben. Dabei waren es doch gerade die Ossis, die frühzeitig und mit dem Mut der Märtyrer gerufen haben “Merkel muss weg”. Und was gab es da im Westen für einen Aufschrei. Wie kriminell, menschenverachtend und antisemitisch die wären! Und genau die Leute, die immer noch die Guten sein wollen, haben am lautesten geschrien. Aus Angst, aus Anpassung aus schamlosem Egoismus oder doch aus Dummheit? Ihr seid BANKROTT! Moralisch, finanziell und vor allem intellektuell.

sybille eden / 03.10.2024

Da gibts für mich nix zu feiern. Soll ich etwa feiern das dieses Land sich nicht zu einem liberalen, freiheitlichen und friedliebenden Staat , sondern zu einem Links-Grünem- Gesinnungs-Staat mit tolalitärer Ideologie entwickelt hat ? Da geht nur Trauer und Entsetzen.

gerhard giesemann / 03.10.2024

Die Deutschen feiern ihren Natio mit Submissio - alles ist offen, sogar der ... . Incubus, succubus - a pain in the ass. Und so mancher lacht und lauscht, wenn’s Bürgergeld ins Täschchen rauscht. Denn wir sind arm, wir haben viele Kinder, sind verfolgt vom Kalifat oder so, mach was, du deutscher Armleuchter, ungläubiger, aber dalli. Kalifat liefern wir nach. Aber Allah sagt via Koran, Koranübersetzung von Sure 4. 89: Sie wünschen, dass ihr ungläubig werdet, wie sie ungläubig sind, so dass ihr alle gleich werdet. Nehmt euch daher keine Beschützer von ihnen, solange sie nicht auf Allahs Weg wandern. Und wenn sie sich abwenden, dann ergreift sie und tötet sie, wo immer ihr sie auffindet; und nehmt euch keinen von ihnen zum Beschützer oder zum Helfer. Erläuterung: Sura 4:89 – “… solange sie nicht auf Allāhs Weg wandern”: Zur Zeit des Propheten (a.s.s.) wurden die Muslime mit der aufrichtigen Entscheidung geprüft, ob sie das Gebiet des Feindes (Dāru-l-Ḥarb) verlassen und zum Gebiet des Islam (Dāru-l-Islām) auswandern. Diejenigen Muslime, die es vorzogen, in Dāru-l-Ḥarb zu bleiben, wurden als Heuchler angesehen, weil sie zwar das Glaubensbekenntnis ausgesprochen haben, blieben aber auf dem Gebiet des Feindes als Helfer für ihn. Ihr findet das widersprüchlich? Ihr habt eben keine Ahnung, wozu wir fähig sind. Alhamdulliläh. Und beleidigt uns gefälligst nicht, samt Koran, ihr Schmocks. Wir werden es euch schon noch zeigen, Inshallah. Bismalläh al rahman al rakhim, allhamdulliläh, rab al alamin - Herr der Welt. Capito?

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