Henryk M. Broder / 07.12.2016 / 14:04 / Foto: Antonio Crucis / 73 / Seite ausdrucken

Der Denunziant von Scholz & Friends

Liebe Leser,

falls Sie in der werbetreibenden Wirtschaft tätig sind, und falls Sie vorhaben, für ihre Produkte oder Dienstleistungen demnächst eine Agentur zu beauftragen, dann überlegen Sie es sich bitte zweimal, ob Sie die Agentur „Scholz & Friends“ (Hamburg, Düsseldorf, Berlin) beauftragen. Es könnte nämlich sein, dass Sie an Gerald Hensel geraten, der bei „Scholz & Friends“ als „Strategy Director“ anschafft. Es sieht aus, als hätte er dabei nicht genug zu tun. Denn neben seinem Job bei „Scholz & Friends“ betreibt er eine eigene Website (inzwischen hinter einem Passwort vernagelt), die unter einem roten Sowjetstern und dem Namen davaidavai.com firmiert.

Davai kommt aus dem Russischen. Es heißt so viel wie „mach zu!“, „mach voran!“, „beweg dich!“ Aber es hat noch eine andere Bedeutung. Mit dem Ruf „Davai, davai!“ haben die Wachmannschaften die Gefangenen in den Gulags zur Arbeit getrieben. Für Hensel ist die Parole damit nicht diskreditiert. „Auch wenn der Kontext traurig ist, so liefert er mir einen Namen, der die Herausforderung des zweitens Jahrzehnts im 21. Jahrhundert so gut wie kein anderer beschreibt.“

Ja, es herrscht offenbar gerade ein Mangel an tauglichen Namen für die bevorstehenden Herausforderungen. Deswegen muss, ganz im Sinne einer „Strategy“, eine Gulag-Parole her. „Arbeit macht frei“ ist so schrecklich arbeitnehmerfeindlich und „Jedem das Seine“ könnte leicht als Werbung für Urlaub in der Türkei missverstanden werden. Bleibt in der Tat nur „Davai, davai!“

Was Gerald Hensel, „Strategy Director“ bei „Scholz & Friends“, damit sagen will, finden wir ebenfalls auf seiner Seite (inzwischen hinter einem Passwort vernagelt, deshalb die entscheidenden Passagen hier als Screenshot):

„In meiner kleinen blöden Welt herrscht Meinungsfreiheit. Zweifellos sind Seiten wie... , die Achse des Guten... legale Medien. Dennoch kann man Marken natürlich mal fragen, ob sie... wissen, dass ihre Banner auf entsprechenden Seiten stehen und dort ihre Marke repräsentieren...“

Zu diesem Zweck hat er einen Hashtag eingerichtet. Der heißt „KeinGeldFuerRechts“. Es ist ein Boykottaufruf mit dem Ziel, Achgut.com zu schaden. Denn wir sind „rechts“. Und „rechts“ ist alles, was Gerald Hensel für „rechts“ erklärt. Alles Nazis außer Gerald!

Der Schmock von „Scholz & Friends“ und seine kleinen Kapos machen sich nicht einmal die Mühe, „rechts“ wie auch immer zu definieren. So hat es McCarthy auch gemacht, allerdings andersrum mit „Kommunisten“.

Tapio Liller von der Agentur Oseon („Kommunikation für den Erfolg der Digitalisierung“) springt auf den Hashtag drauf und wendet sich direkt an den Energiekonzern „innogy“: „Sagt mal, @innogy, als nagelneue Marke wollt ihr wirklich auf einem neurechten Onlinemagazin werben?“ Das neurechte Onlinemagazin ist, Sie ahnen es, die Achse, seit 12 Jahren auf dem Markt, nicht mehr ganz neu, aber immer noch „neurechts“. Auch hier: kein Beleg, kein Beispiel, kein Nichts.  Für „innogy“ aber genug, um zu antworten: „Danke für den Hinweis. Das ist ohne unser Wissen geschehen. Wir haben die Agentur schon angewiesen, es sofort zu stoppen.“

Das ist der kurze Dienstweg in Merkels postfaktischem Neuen Deutschland. Ein klebriger Denunziant und eine Firma, die sich sofort in den Staub wirft, aus Angst, ebenfalls als „neurechts“ denunziert zu werden. Davai! Davai!

Das ist natürlich vollkommen „legal“. Dann wäre es aber auch legal, zu einem Boykott von „Scholz & Friends“, „innogy“ und „Oseon“ aufzurufen, weil sie nicht darauf achten, welche Läuse sie im Pelz haben. Ich mag ja etwas hysterisch sein, aber für mich hört sich „innogy, werbt nicht auf der Achse!“ wie „Deutsche wehrt euch, kauft nicht bei Juden!“ an. In der Sprache von Gerald Hensel: „The same strategy, different wording!“

Die Folgen freilich sind andere. Sie werden nicht uns, sondern den Initiatoren der Kampagne auf die Füße fallen. Wie „rechts“ oder „neurechts“ die Achse ist, kann jeder sehen, der unsere Seite besucht. Auch die Kunden der Firmen (runterscrollen), deren „engagierte“ Mitarbeiter sich gerade so weit aus dem Fenster hängen, um „Haltet den Dieb!“ zu schreien.

„Scholz & Friends“ ist eine renommierte Agentur. Sie arbeitet unter anderem für die Bundesregierung und die EU-Kommission. Gerald Hensel arbeitet für „Scholz & Friends“. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

Nachtrag:

Sehr geehrter Herr Henryk,

Da es sich bei der Aktion #keingeldfürrechts um eine private Initiative von Gerald Hensel handelt, kann ich Ihnen nur empfehlen, über seinen Blog den direkten Dialog zu suchen. 

Viele Grüße,

Sabine Zilski, Leitung Unternehmenskommunikation, Scholz & Friends Group GmbH

Sehr geehrte Frau Sabine,

wenn Herr Hensel privat eine kleine Fälscherwerkstatt betreiben und ich eine der von ihm hergestellten "Blüten" bekommen hätte, würden Sie mir dann auch empfehlen, den direkten Dialog mit ihm zu suchen?

B.

Sehr geehrter Herr Henryk,

aus langjähriger Kommunikationserfahrung empfehle ich immer den direkten Dialog, wenn Sie sich fälschlicherweise angegriffen fühlen. Ich kann leider nichts für Sie tun. Oder haben Sie einen konkreten Wunsch oder Vorschlag?

Viele Grüße

Sabine Zilski

Sehr geehrte Frau Sabine

mir würde es schon reichen, wenn Sie meinen Namen und Vornamen nicht verwechseln würden. Zu irgendetwas sollte Ihre langjährige Kommunikationserfahrung ja gut sein.

B.

Sehr geehrte Frau Sabine,

wissen sie zufällig, welches Zeug der Kollege morgens in sein Müsli mischt? Ich möchte es auch gerne versuchen. 

https://medium.com/@ghensel/lieber-herr-broder-8b81646e512f#.irfl343gs

B.

Foto: Antonio Crucis CC BY-SA 3.0 via Wikimedia

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Leserpost

netiquette:

Karla Kuhn / 08.12.2016

Alles was ich an Hetzkommentaren in den letzten Monaten von verschiedenen Politikern und den “Qualitätsmedien” hören und lesen konnte aber auch teilweise von Kircheoberen, löst bei mir das Gefühl aus, wie flitzen geradezu der Vergangenheit entgegen. Das ist verheerend. Danke für den Artikel-

Claudia Held / 07.12.2016

Ich unterstütze achgut.com und werde es weiter tun. Ich danke herzlich für die gute Berichterstattung, die exzellenten Artikel, die für mich einen guten Journalismus kennzeichnen.

G Schreiber / 07.12.2016

Hab mir gleich mal Herrn Hensels HP angeschaut, die Kommentarleiste zum entsprechenden Beitrag - Ich habe tränen gelacht! Vielen Dank,super Aktion!

Martin Lutz / 07.12.2016

Dass ganze etwas von „Deutsche wehrt euch, kauft nicht bei Juden!” klingt, steht außer Frage. Dass Sie, Herr Broder, dann allerdings den Satz “[...]überlegen Sie es sich bitte zweimal, ob Sie die Agentur „Scholz & Friends“ (Hamburg, Düsseldorf, Berlin) beauftragen.” zum Inhalt des ersten Absatzes dieses Textes machen, wirkt auf mich schon beinahe heuchlerisch. Es sei denn, das ganze war lediglich als provokatives den-Spiegel-vorhalten gemeint, worauf der letzte Absatz (den Nachtrag ausgenommen) schließen lässt. Allerdings kommt mir sowohl der Text selbst, als auch der Inhalt des Nachtrags eher als trotzige Reaktion vor. Die Interpretation und Bewertung dieses Beitrags liegt ganz beim Leser, löst bei mir aber eher gemischte Gefühle aus, denn die aktuellen politischen Debatten sind ohnehin schon emotionsgetränkt, dergleichen, so denke ich, haben wir bereits genug.

Wilfried Cwik / 07.12.2016

Ich bin doch einigermaßen schockiert, dass das Denunzieren wieder zur Tugend erhoben wurde in Deutschland. Dazu passt auch die Einstufung der Amadeu-Antonio-Stiftung, welche Achgut.com auch rechts verortet. Politische Kultur im Sinkflug! Dies ist auch noch sehr harmlos ausgedrückt. Scheiden wir langsam aber sicher aus der zivilisierten Welt aus und geben uns dem Ungeist früherer Zeiten hin? Ich fühle mich in diesem Land nicht mehr wohl und das hat primär nichts mit irgendwelchen Flüchtlingen zu tun.

Paul Siemons / 07.12.2016

Der Hansel Hensel weist auf seiner Facebookseite darauf hin, dass man ihm seitens S&F den Rücken deckt, (“Und gerade in Konfliktsituationen zeigt sich, was man eigentlich für einen fantastischen Arbeitgeber hat.”), von daher ist es - falls er das nicht einfach bloß erfunden hat - nun völlig legitim, dieser Agentur eine Mitverantwortung zuzumessen. Auch faselt er dort etwas von “faschistische Kettenhunde” , derer sich Herr Henryk (mir fiel die Tasse aus der Hand, als ich das las!) bediene. Diese Kettenhunde würden versuchen, seinem Arbeitgeber zu schaden. Wenn jemand so etwas tut, dann ist das einzig Hensel. Er richtet sich in seinem Aufruf zum Werbe-Boykott ihm missbeliebiger Seiten an seine “Liebe Marketing-Kollegen” und er schreibt seinen Text, um “Kollegen zu fragen”, ob sie ihm nicht folgen wollen. Wenn Hensel darauf verweist, dass sein Arbeitgeber S&F hinter ihm steht, darf wohl erst recht angenommen werden, dass sich die Agentur nicht von dieser peinlichen Kampagne ihres Angestellten distanziert. Also soll sie auch sich daraus ergebende Konsequenzen mittragen. Hensels Gejammer, man wolle nun seinen Arbeitgeber “ohne Schuld in Mithaftung” nehmen, ist erbärmlich. Ich hoffe, er wird die Konsequenzen zu spüren bekommen.

Sebastian Nobile / 07.12.2016

Der Jammerer Hensel fühlt sich gehänselt und heult auf seiner Facebookseite ernsthaft über “Vernichtung und Mundtotmachung” wegen diesem Artikel. Wie tief kann man sinken?!

Juri Migtow / 07.12.2016

Es ist wirklich eine Frechheit! Ich arbeite ebenfalls in einem Unternehmen, dessen Werbungs-Abteilung über Zwitter von einem engagierten Nachahmer dieses Marketing-Helden quasi öffentlich angeprangert wurde – wohlgemerkt: OHNE, dass der Denunziant erstmal das Gespräch per persönlicher Nachricht zu dem Werbe-Team in unserem Betrieb gesucht hätte. Nein, öffentlich über Twitter in einem Ton, wie man zu einem kleinen unartigen Kind sprechen würde. Ohne, dass unser Unternehmen die Möglichkeit hatte, einen aufgebrachten Verdacht auszuräumen (man suche die Nähe zu rechten Zielgruppen), der möglicherweise bereits durch nur einen solchen Tweet schon am Image der Marke gekratzt haben. Das ist ganz schön frech, ich möchte sogar sagen: erpresserisch!

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