Christian Drosten und Georg Mascolo haben ein Gespräch als Buch aufgelegt, das der Reinwaschung der Kombattanten dienen soll.
Der medienbekannte Prof. Christian Drosten, Virologe an der Berliner Charité und Berater der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel und des heutigen Bundeskanzlers Olav Scholz in der „Coronakrise“ von 2020 bis heute, braucht hier nicht eingehend vorgestellt zu werden. Vorstellen möchte ich aber das Gesprächs-Buch mit dem Titel „Alles überstanden? Ein überfälliges Gespräch zu einer Pandemie, die nicht die letzte gewesen sein wird“, das Drosten vor wenigen Wochen zusammen mit dem ehemaligen SPIEGEL-Chefredakteur Georg Mascolo veröffentlicht hat. Da ich schlecht sehe, las ich beim Überfliegen des Untertitels ohne Brille zunächst „überflüssiges“ statt „überfälliges“ Gespräch und stellte dann bei der Lektüre des Buches fest, dass ich mich beim spontanen Überfliegen des Buchcovers nicht geirrt hatte.
Das Vorwort des mit beiden Gesprächspartnern illustrierten Buches stellt immerhin klar, dass der Anstoß zu diesem Gespräch von Christian Drosten und nicht vom Journalisten Mascolo kam. Klar, Drosten hat offenbar großen Rechtfertigungsbedarf, denn die von ihm angeregten „Maßnahmen“ gegen die Ausbreitung eines unbekannte Virus wie die allgemeine Masken- und Testpflicht, das Einsperren beträchtlicher Teile der Bevölkerung, die drastische Einschränkung der Versammlungs- und Kontaktmöglichkeiten, die Schließung vieler Schulen, Kultureinrichtungen und Geschäfte sowie die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Krankenhäusern Pflegeheimen usw. sowie die nur knapp verhinderte allgemeine Impfpflicht mit kaum getesteten Gen-Präparaten und unübersehbaren gesundheitlichen Nebenwirkungen zerrütteten nicht nur das Leben vieler Familien und beeinträchtigten die Entwicklung vieler Kinder, sondern ruinierten auch viele kleine und mittlere Unternehmen – mit zum Teil traumatischen Folgen.
Als das Buch produziert wurde, konnten die beiden freilich nicht ahnen, dass kurz nach dessen Erscheinen Teile des Protokolls des Krisenstabes des Robert-Koch-Instituts (RKI) vom Journalisten Paul Schreyer (teilweise geschwärzt) freigeklagt und inzwischen von einem Whistleblower in Gänze der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. So kann nun jeder, der will, nachlesen, welche bedenklichen „Maßnahmen“ Drosten selbst angeregt oder ohne fachliche Einwände hingenommen hat.
Was darüber schon auf dieser Plattform berichtet wurde (hier und hier) möchte ich nicht im Detail wiederholen. Jedenfalls ist es nun möglich, Drostens Rechtfertigungsversuche beziehungsweise Ausreden mit dem zu vergleichen, was er im RKI-Krisenstab tatsächlich vertreten hat. Drosten wusste sehr wohl, warum er sich der „Entschwärzung“ des RKI-Protokolls zunächst juristisch zu widersetzen versucht hat.
Interessant ist, worüber Drosten und Mascolo nicht gesprochen haben
Im Zentrum der Vorwürfe gegen Christian Drosten steht der von ihm entwickelte und weltweit propagierte PCR-Test für de Nachweis von Gen-Sequenzen, mit denen das für den Ausbruch der Atemwege-Krankheit Covid-19 für verantwortlich erklärte Virus SARS-CoV-2 nachgewiesen werden soll. Drosten wusste wohl, dass sein Test eine klassische medizinische Differentialdiagnose nicht ersetzen, sondern nur ergänzen kann, hat das aber nirgends klargestellt. Das anlasslose Testen symptomfreier Personen ist also unsinnig.
Dennoch kam es, wie den meisten noch erinnerlich, in Deutschland und in anderen westlichen Ländern zu einer Test-Orgie, da man ohne negativen Test fast nirgends Zutritt erhielt. Jeder positive Test ging als Covid-Fall in die Statistik ein, auch wenn die Betroffenen kerngesund waren – mit der Folge, dass die grafische Darstellung des raschen Anwachsens der Zahl der Infektionsfälle eine Pandemie vortäuschte.
Damit erschien diese wie eine überzeugende Bestätigung der Autorität der Weltgesundheitsorganisation WHO, die den Ausbruch des neuen Corona-Virus schon Anfang März 2020 als „Pandemie“ eingestuft hatte. Heute wissen wir aber, dass es eine solche Pandemie nicht gab. Diese wurde in Form der vielen falsch positiven Ergebnisse anlassloser Massentests buchstäblich herbeigetestet. Zumal es keinen Grenzwert für die Zahl der Replikations-Durchläufe (Ct-Wert) gab. Drosten sprach sich für einen Ct-Wert von 30 bis 35 aus, setzte sich aber nicht öffentlich für dessen Festlegung in Form einer Eich-Vorschrift ein. (Viele Fachleute halten eher einen Ct-Grenzwert von 25 für vernünftiger.)
Dorsten war das also bewusst und sein schlechtes Gewissen veranlasste ihn offenbar, einen Artikel zu formulieren, um vor dem ungezielten Testen zu warnen. Doch nach dem RKI-Protokoll vom 29. Juli 2020 zog er dieses Papier wieder zurück, um die Bundesregierung nicht zu verärgern, die anders entschieden hatte.
Im gedruckten Gespräch zwischen Drosten und Mascolo findet sich davon allerdings keine Spur. Dafür erklärt Drosten unter Berufung auf eine englische Publikation, dass Ausgangssperren und Versammlungsbeschränkungen sich als „die eindeutig effektivsten Maßnahmen“ erwiesen. Auch das Homeoffice und das Tragen von Masken guter Qualität hätten einen positiven Effekt gehabt. Bei genauem Hinschauen gibt die von Drosten angegebene Quelle diese Aussage aber nicht her.
Anhänger der in der Volksrepublik China versuchten „No-Covid“-Strategie
Im Gespräch mit Mascolo gibt sich Drosten weiterhin als Anhänger der in der Volksrepublik China versuchten „No-Covid“-Strategie zu erkennen. Deren Umsetzung setzt allerdings eine Diktatur voraus. Wie die Interpretation der ungezielten PCR-Tests mit einem Primer beruht diese Strategie aber auf einem Zirkelschluss: Deren Vertreter sehen ihre ohnehin schon vorhandene Sympathie für diktatorische Formen der Politik bestätigt. Wer sich der Gleichschaltung wiedersetzt, gilt als Rüpel. (Ich habe darauf bereits Ende März 2021 hingewiesen.) Tatsächlich wurde „No Covid“ vor allem von Ultralinken im Umkreis der Berliner „tageszeitung“ (taz) propagiert. Drosten zeigt im Gespräch mit Mascolo durch sein energisches Eintreten für den „Pandemie-Vertrag“ der WHO und dessen Ziel, in der Bevölkerung eine dauerhafte „Pandemiebereitschaft“ herzustellen, wo seine Sympathien liegen.
Drosten geht auch auf den Streit über die Herkunft des Coronavirus (Laborhypothese gegen Tiermarkthypothese) ein, weil er sich als Mitunterzeichner einer internationalen Erklärung selbst für die zweite These engagiert hat und dabei bleibt. Wer begriffen hat, dass es eine Corona-Pandemie in Wirklichkeit gar nicht gab, wird diese Frage allerdings als zweitrangige erachten. Für wichtiger halte ich Drostens Haltung zu den Impfungen und ihren möglichen Nebenwirkungen. Was die von manchen geforderte Impfpflicht angeht, scheinen beide Gesprächspartner zu bedauern, dass Jens Spahn in seiner Eigenschaft als Bundesgesundheitsminister formell versprochen hat, dass diese nicht kommt. Beide beklagen auch, dass das Thema „Impfen“ durch den Ukraine-Krieg verdrängt wurde.
Dass der in der Regierungspropaganda angekündigte Virusübertragungsschutz durch die Impfung nicht erreicht wurde, schiebt Drosten auf die zahlreichen Mutationen des Virus. Er sieht da keine wissenschaftliche Fehleinschätzung. Schädliche Impf-Nebenwirkungen spielen in dem Gespräch kaum eine Rolle. Beide weisen darauf hin, dass es nebenwirkungsfreie Impfungen halt nicht gibt. Ein besonderes Problem sehen sie in den kaum getesteten und von der EU-Agentur EMA hastig notzugelassenen neuartigen gentechnischen Impfstoffen offenbar nicht. Im Unterschied zu den nun veröffentlichten RKI-Files hätte ich mir die Lektüre dieses Buches also weitgehend schenken können.
Christian Drosten/ Georg Mascolo: Alles überstanden? Ein überfälliges Gespräch zu einer Pandemie, die nicht die letzte gewesen sein wird. Ullstein-Buchverlage, Berlin 2024. 270 Seiten. 24,99 Euro.
Edgar L. Gärtner ist studierter Hydrobiologe und Politikwissenschaftler. Seit 1993 selbstständiger Redakteur und Berater, als solcher bis 1996 Chefredakteur eines Naturmagazins. Bis Ende 2007 Leiter des Umweltforums des Centre for the New Europe (CNE) in Brüssel. In Deutschland und in Südfrankreich ist er als Autor und Strategieberater tätig.
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