Erfahren Sie, warum ARD und ZDF zunehmend hysterischer die „rechte Gefahr“ beschwören und ein Untergangsszenario nach dem anderen produzieren. Und wer der treueste Freund und Förderer der AfD im Gebühren-TV ist.
Erinnern Sie sich noch an den Ausdruck „Romika-Gesicht“? Das war so ein Ding auf Schulhöfen in den Siebzigern. Dabei ging es nicht so sehr ums Aussehen, sondern eher um die unterirdische Gesamtpersönlichkeit. „Romika-Gesicht“ nannte man Typen, die niemand leiden konnte, wahrscheinlich nicht einmal die eigene Mutter. Um das zu verstehen, muss man den Slogan kennen, mit dem die altehrwürdige Schuhmarke Romika damals für ihre Produkte warb: „Reintreten und sich wohlfühlen.“
Das mit dem Fußtritt ins Gesicht war natürlich nicht wörtlich gemeint. In meiner Jugend gab es noch Regeln für rustikal ausgetragene Meinungsverschiedenheiten. Alle gegen einen war unfair, und wenn einer auf dem Boden lag, hörte man auf. Das war ungeschriebenes Gesetz und gehörte somit zur Leitkultur. Nicht die Tat war in Mode, nur der Spruch. Erst seit die verhaltensoriginellen Importe hierzulande immer mehr zunehmen, ist es umgekehrt. Heute tritt man erst recht zu, sobald sich das Opfer in der Horizontalen befindet. Was soll ich sagen, es waren halt andere Zeiten.
Damals ging man im Karneval als Indianer oder Squaw, jetzt muss man googeln, ob solche Unwörter noch sagbar sind. Von Witzen über Blondinen, Ostfriesen und Dicke will ich gar nicht erst anfangen. Früher hätte man über eine Grünen-Vorsitzende mit dem Body-Mass-Index eines Blauwals bedenkenlos rausgehauen, „Die ist so fett, die hat eine eigene Postleitzahl“, und alle hätten sich gefreut. Heute droht für einen derartigen Tweet die Beobachtung durch den Geheimdienst wegen „Delegitimierung des Staates“. Spott über dessen Repräsentanten bedroht schließlich das von Verfassungsschutzchef Haldenwang jüngst angeführte „Staatswohl“. Wer das Wohlgefühl des Gemeinwesens stört, bringt die Demokratie in Lebensgefahr, logisch.
Jedenfalls, was ich sagen wollte, das mit dem Romika-Gesicht fiel mir vor gut zwei Jahren wieder ein. Wann immer man Ende 2021 in einen Gebühren-Talk klickte, saß da nämlich Tobias Hans. Ist nicht nur ein Gefühl von mir, steht sogar bei Wikipedia: „Bekannt wurde Hans bundesweit durch zahlreiche Auftritte in Talk-Shows.“ Irgendwann habe ich auch kapiert, warum. Ein paar Monate später war Wahl an der Saar.
Das ultimative Romika-Gesicht
Falls Sie jede Erinnerung an die Hans-Wurst erfolgreich verdrängt haben: 2018 ging Annegret Kramp-Karrenbauer als designierte Merkel-Nachfolgerin nach Berlin, und Tobias Hans wurde versehentlich Ministerpräsident des Saarlandes. Anschließend gelang ihm das Kunststück, die Saar-CDU bis zur Wahl 2022 von über 40 auf 28,5 Prozent herunterzumetzeln. Möglicherweise ging es nicht wenigen Menschen wie mir. Tobias Hans hat mich maximal getriggert, wie es auf Neudeutsch heißt.
Hans war Anbiedermann und Brandstifter zugleich. Was mich auf die Palme trieb, war nicht einmal der intellektuelle Sprühstuhl, der aus dem Milchgesicht perlte, zum Beispiel seine denkwürdige Botschaft an Ungeimpfte: „Ihr seid jetzt raus aus dem gesellschaftlichen Leben!“ Geschenkt. Im Zusammenhang mit Corona verloren so viele die rechtsstaatliche Contenance, da fiel der Opportunist von der Saar kaum ins Gewicht. Es war die Summe der Armseligkeiten. Das klebrige Ranwanzen an den jeweils gefühlten Mainstream. Der Erstwohnsitz im Merkel-Enddarm. Das flugs angelernte Genderstottern. Sahnehäubchen war das betulich-pastorale Gesäusel, mit dem der Studienabbrecher seine gedankliche Blässe verbreitete. Sobald ich das hörte, war schlagartig mein persönlicher Kipppunkt erreicht.
Bei seinem Anblick wurde ich in Nanosekunden dermaßen aggro, dass ich mir das selbst kaum erklären kann. Hat man ja manchmal. Kein anderer nutzloser Luftwegatmer konnte da mithalten, nicht der sprechende Bundesuhu, nicht Nancy „Beweislastumkehr“ Faeser oder Richard David Precht, der „André Rieu der Philosophie“ (© P. Sloterdijk). Das „Hänschen“ toppte alle und alles. Er war für mich das ultimative Romika-Gesicht.
Remigration von TV-Publikum
Apropos Louis Klamroth. Den mag auch keiner – außer offenbar Luisa Neubauer, die gerne mal frohgemut darüber nachdenkt, wie man eine Rohöl-Pipeline „in die Luft jagt“. Weshalb die ARD-Verantwortlichen es für eine gute Idee hielten, ausgerechnet den Lebensgefährten der hierzulande tonangebenden Klima-Sektiererin zum Nachfolger von Frank Plasberg zu küren, bleibt ihr Geheimnis. Plasberg war immerhin einer der beliebtesten deutschen Talkshow-Gastgeber – auch deswegen, weil er nicht so einfach politisch zu verorten war. Vielleicht war es ein Test. Man wollte mal ausprobieren, wie sehr ein personeller Griff in die Sanitärkeramik einer starken, über 22 Jahre etablierten Marke wie hart aber fair schaden kann.
Das Experiment gelang. Luisas Louis zeigte sich bei der Remigration von TV-Publikum ähnlich erfolgreich wie Tobias Hans bei der Vertreibung von CDU-Wählern. Im ersten Jahr seines Wirkens vergrämte der neue Moderagitator rund 600.000 Zuschauer, was einem Minus von knapp 23 Prozent entspricht. Zum Ausgleich erhöhte Klamroth sein Einkommen, indem er die Produktionsfirma des Vorgängers ausbootete. Plasbergs Verbitterung über den „vordergründig so freundlichen Menschen“ ist nachvollziehbar, denn die unternehmerisch verankerte Gesprächsleitung in den Öffentlich-Rechtlichen entspricht einem Jackpot-Gewinn im Lotto. Beim gehobenen Gebühren-Talk ist der/die/das Moderierende normalerweise die reichste Person in der Runde. Plasberg, Maischberger, Will, Illner, Lanz – die „freien Mitarbeitenden“ von ARD und ZDF sind sämtlich Multimillionäre qua Zwangsabgabe.
Für mich war Klamroth nach exakt viereinhalb Minuten seiner ARD-Premiere durch. In einem akuten Anfall von Genderitis sprach er die Ökonomie-Professorin Monika Schnitzer als „Wirtschaftsweisin“ an. Das war kein Versprecher, im Verlauf der Sendung wiederholte er die linguistische Missgeburt. Der erste Eindruck täuschte nicht. Klamroth ist unheilbar von Links, Grün und Woke befallen, und er macht kein Geheimnis daraus. Dass die ARD keinen Journalisten, sondern einen Aktivisten auf den Moderatorenthron gehoben hatte, wurde in seinem zweiten Auftritt dieses Jahres einmal mehr überdeutlich.
„Angst, aus der AfD-Ecke einen vernünftigen Punkt zu hören“
Sein schräges Sendungsbewusstsein stieß sogar der backbordlastigen Frankfurter Rundschau auf: „Wie auf Schienen lief die Sendung ab, eine Folge des neuen Formates, das unterschiedliche Gruppen von Gästen gegeneinanderstellt und mit Einblendungen und Einspielern eine Dramaturgie erzeugt, die augenscheinlich sehr genau durchgeplant ist.“ Die Sendung wirke, als ob Klamroth „auf ganz bestimmte Aussagen zu seinen Fragen zu warten schien und nur dann ausreden ließ, wenn die Gäste dem Drehbuch folgten.“
„Nur allzu selten konnte so eine wirkliche Diskussion entstehen, stattdessen wurden allzu bekannte Standpunkte abgehakt, zumindest von den Gästen, die häufiger ausreden durften. Leif-Erik Holm gehörte nicht dazu, ständig wurde der AfD-Vertreter von Louis Klamroth unterbrochen, fast konnte der Eindruck entstehen, dass der Moderator Angst davor hatte, aus dieser Ecke einen vernünftigen Punkt zu hören.“
Damit traf die FR-Rezension schon fast ins Schwarze. Der bemerkenswerteste Aspekt der Agitprop-Verstrahlung blieb allerdings weitgehend unbeleuchtet, genau wie in den Besprechungen vieler anderer Medien, zum Beispiel bei Bild, Focus, Berliner Morgenpost oder T-Online. Es war der Auftritt von Ulf Buermeyer, vorgestellt als „Jurist und Podcaster“. Thema der Sendung war – natürlich – der derzeit alles überlagernde „Kampf gegen rechts“ mit dem Titel „Was hilft gegen die extrem Rechten?“
Verbotsantrag „eine großartige Idee“
Als es um die Frage nach einem AfD-Verbot ging, durfte Buermeyer ran. „Sehr überzeugend“ fand er den Vorschlag, „einen solchen Antrag jedenfalls mal zu schreiben“, und ging begeistert gleich ins Praktische:„Das könnte man zum Beispiel sehr gut von einem Team ausarbeiten lassen. Ich würde denken, wenn man zum Beispiel auf die Vorarbeiten zurückgreift von Verfassungsschutzbehörden, dann wäre das jedenfalls in einem halben Jahr zu schaffen.“
Das klang wie eine Bewerbungsrede fürs Team Verbotsantrag und war wohl auch eine. Dazu muss man wissen, dass der Herr Buermeyer im Hauptberuf Lobbyist ist, nämlich Vorstand einer weitgehend unbekannten NGO namens Gesellschaft für Freiheitsrechte. Die wohnte bis vor kurzem im Gebäudekomplex der Berliner Grünen-Parteizentrale und behauptet von sich, „keinerlei staatliche Gelder“ anzunehmen. Das ist natürlich Quatsch, wie ein kurzer Blick in die „Liste der institutionellen Zuwendungen“ zeigt. Dort steht an sechster Stelle die Bundeszentrale für politische Bildung, und die ist nun mal eine nachgeordnete Behörde des Innenministeriums.
Interessanter als seine Akquisebemühungen ist die Begründung, die Buermeyer für den Verbotsantrag lieferte: „Ich finde einen solchen Verbotsantrag eine großartige Idee. Dann hätte man jedenfalls einen konkreten Text […] und man könnte – und das ist vielleicht das Wichtigste –, man könnte mit den Menschen in Deutschland in einen Diskurs treten. […] Das wäre dann eben gerade ein demokratisches Element.“
Unterschied zwischen Demokratie und Rechtsstaat
An dieser Stelle drängt sich juristische Nachhilfe für den Juristen Buermeyer auf. Egal, wie er sich den „Diskurs mit den Menschen in Deutschland“ vorstellt – über ein Parteiverbot entscheiden nicht „die Menschen in Deutschland“, sondern das Verfassungsgericht. Dabei handelt es sich also ganz und gar nicht um ein „demokratisches Element“. Offenbar ist dem „Verfassungsspezialisten“ Buermeyer der Unterschied zwischen Demokratie und Rechtsstaat nicht geläufig: Demokratie ist, wenn zwei Wölfe und ein Schaf darüber abstimmen, was es zum Abendessen gibt. Rechtsstaat ist, wenn das Schaf das Abendessen überlebt.
Als es anschließend um die Frage nach den Ursachen des AfD-Zulaufs ging, wurde es noch abstruser. Ein wackerer Landrat sprach die Wahrheit aus, die sich mittlerweile nicht nur in weiten Teilen der CDU durchgesetzt hat: Es sei die Unzufriedenheit mit der Politik, die der AfD Wähler zutreibt, man müsse die Probleme lösen und den Wählern „Angebote machen“.
Buermeyer widersprach umgehend: „Da gibt’s ziemlich eindeutige politikwissenschaftliche Studien, warum die AfD so stark ist, das liegt mutmaßlich daran, dass eben viele demokratische Parteien jedenfalls teilweise Elemente der AfD-Politik – wenn auch natürlich in abgemilderter Form – übernommen haben. […] Man kann diese Welterklärung der AfD – die Welt ist schlecht, weil wir Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland haben –, man kann diese Welterklärung nicht glaubwürdig widerlegen, wenn man sagt, ja, wir finden auch, wir haben viel zu viele Geflüchtete im Land.“
Im Ersten nichts Neues
Buermeyer weiter: „Das funktioniert nicht, das ist nicht überzeugend, dann ist man, auch wenn man eine demokratische Partei ist, ist man dann immer ein Stück weit AfD light. Und das verstehen die Menschen nicht, und dann bleiben sie eben bei der AfD. Wenn man die AfD stellen will, dann muss man grundsätzlich fundamental widersprechen. […] Man muss sagen, wir brauchen eigentlich sogar mehr Einwanderung.“
Noch einmal zum Mitschreiben: In einem Moment will Buermeyer mit „den Menschen“ noch „in einen Diskurs treten“. Im nächsten Atemzug bescheinigt er „den Menschen“, sie seien zu blöd dafür. Das tumbe Volk könne schließlich nicht differenzieren zwischen unkontrollierter Zuwanderung in die Sozialsysteme und geordneter Migration in die Arbeitswelt. Ergo, so schlussfolgert der irrlichternde Ex-Richter, ist die Lösung für die Probleme der Migration die Forderung nach mehr Migration.
Nun sagen Sie vielleicht, na und? Solches Gedankenrührei bekam man im Gebühren-TV schon oft genug serviert, was soll’s also. Im Ersten nichts Neues. Stimmt, einerseits. Andererseits, bemerkenswert war die Rolle, die Klamroth dem unbekannten Lobbyisten in seinem neuen Sendekonzept zugedacht hatte. Buermeyer saß den anderen Teilnehmern über weite Strecken der Sendung am separaten Tisch alleine gegenüber. Er durfte kommentieren, einordnen, bewerten, was die Anderen von sich gaben. Er blieb sogar, als die drei Gäste auf der Gegenseite ausgetauscht wurden.
Im Gebühren-TV macht sich Panik breit
Buermeyer war also nicht Gleicher unter Gleichen, er war die Autorität, der Oberschiedsrichter, die letzte Instanz. Klamroth gab sich nicht einmal mehr die Mühe, so zu tun, als ob es sich um eine ausgewogene Diskussion handele. Das war durchaus neu. Eine so offensichtliche Manipulation einer TV-Gesprächsrunde war selten zu sehen.
Die Erklärung dafür liegt auf der Hand. Speziell im Gebühren-TV macht sich Panik breit. Derzeit produzieren die Öffentlich-Rechtlichen ein Untergangsszenario nach dem anderen für den Fall der „Machtergreifung“ der AfD. Vorläufiger Höhepunkt: eine Monitor-Sendung von ARD-Chefpropagandist Georg Restle am vergangenen Donnerstag. In diesem „Experiment“ darf sich die Künstliche Intelligenz ChatGPT über 30 Minuten ausmalen, was geschieht, wenn etwa AfD-Rechtsaußen Höcke in Thüringen Ministerpräsident wird.
Nach 17 Minuten kommt das Machwerk auf den Punkt: „Den Rundfunkstaatsvertrag kündigen, die Meinungsvielfalt einschränken? Könnte ein AfD-Ministerpräsident das einfach so?“ Ein Jurist namens Steinbeis gibt die Antwort: „Den MDR-Staatsvertrag kann der Ministerpräsident von Thüringen mit einer Unterschrift einfach so kündigen.“ Nur 40 Sekunden widmet Monitor dem Thema, dabei ist es genau diese – von Höcke bereits ausdrücklich versprochene – Maßnahme, die den selbsternannten Hütern der „Meinungsvielfalt“ am meisten Angst macht.
Sie fürchten den Dammbruch
Sicher, die rund 2,5 Prozent, die die thüringische Bevölkerung zum gesamten Gebührenaufkommen beiträgt, werden den öffentlich-rechtlichen Moloch nicht zu Fall bringen. Aber die üppig versorgten Mitarbeiter von ARD, ZDF und Konsorten fürchten den Dammbruch, wenn ein Land ausschert. Sie wollen jede grundsätzliche Diskussion vermeiden über Sinn und Umfang des unendlich aufgeblähten Apparates mit seinen beinahe einhundert TV- und Hörfunksendern plus Online-Angeboten – mehr und teurer als in jedem anderen Land der Welt.
Das ist der eigentliche Grund, warum die Gebührenritter zunehmend hysterischer die „rechte Gefahr“ beschwören. Es gilt Pfründe zu sichern, Besitzstände zu wahren, die eigene Haut zu retten. Was Leute wie Klamroth und Restle nicht verstehen: Es hilft nicht, den Lautsprecher immer weiter aufzudrehen, wenn man die falsche Botschaft hat.
Im Gegenteil, das macht die Empfänger nur bockiger. Jetzt-erst-recht-Mentalität greift um sich. Ich kenne Leute, die Ekelpakete wie Höcke und Krah ebenso ablehnen wie die Gemäßigteren Weidel und Chrupalla – trotzdem wollen sie bei der Europawahl AfD wählen, um den anderen Parteien unmissverständlich mitzuteilen: So geht’s nicht weiter. Nicht bei der Migration, nicht bei der Klima- und Energiepolitik, nicht bei Überdehnung des Sozialstaats, Bürokratie, EU-Bevormundung und allem anderen, was das Land „in Zeitlupe vor die Wand“ fahren lässt (© Harald Martenstein).
Die Deutschen sind wie Öltanker
Eines haben die Menschen schließlich gelernt: Der Wind hat sich erst gedreht, als die AfD in Wahlen und Umfragen immer stärker wurde. Die „Grenzen des Sagbaren“ weiten sich spürbar. Noch ein Jahr zuvor wäre es undenkbar gewesen, dass Olaf Scholz auf einem Spiegel-Titel Abschiebung „im großen Stil“ fordert. Klar, dasselbe hat Angela Merkel bereits 2016 getan, als sie eine „nationale Kraftanstrengung“ ausrief und „Rückführung, Rückführung und nochmals Rückführung“ versprach. Was heute anders ist als 2016: Mit Sprüchen lässt sich die Bevölkerung nicht mehr abspeisen.
Gerade findet tatsächlich eine Zeitenwende statt – aber anders, als es die Strampelkoalitionäre meinen. Die jahrzehntelange „grüne kulturelle Hegemonie“ geht zu Ende, wie der Historiker Andreas Rödder formuliert, die „Entzauberung von großer Transformation, Postkolonialismus und Diversität“ ist in vollem Gang.
Wie das Volk mittlerweile tickt, zeigte zuletzt eine Studie der Beratungsfirma PWC. Mehr als drei Viertel der Befragten sehen Deutschland mit der Zuwanderung überfordert, sogar vier Fünftel sind dafür, die illegale Migration stärker einzudämmen, fast 70 Prozent kritisieren das politische Krisenmanagement. Die Zufriedenheit mit der Regierung erreicht einen historischen Tiefpunkt nach dem anderen. Die Deutschen sind wie Öltanker. Es dauert lange, bis sie die Richtung wechseln. Aber wenn es erst einmal so weit ist, dann geht es nicht mehr so schnell zurück.
Entscheidend ist auf’m Platz
Da hilft es auch nichts, flink die Strategie zu wechseln. War die Losung der Fachkräfte für betreutes Denken bisher „Man darf der AfD keine Bühne bieten“, lautet die Phrase der Phase jetzt: „Man muss die AfD mit Argumenten stellen.“ Innerhalb von anderthalb Wochen waren führende AfD-Leute in drei der wichtigsten TV-Sprechstunden geladen: Chrupalla bei Lanz, Holm bei Klamroth und von Storch bei Illner. Das gab es noch nie in der elfjährigen Geschichte der blauen Partei.
Nützt alles nichts. Was Klamroth & Kumpel nicht verstehen: Es hat keine Blitzbräunung der Bevölkerung stattgefunden. Einem Großteil der AfD-Wähler geht es auch nicht darum, was die AfD erzählt. Es geht ihnen darum, was die Regierung macht – und was sie nicht macht. Solange die schon länger hier lebenden Parteien nicht anfangen, den Laden in Ordnung zu bringen, werden sie die AfD nicht mehr kleinkriegen, das zeigen nicht zuletzt die Erfahrungen in skandinavischen Ländern. It’s the politics, stupid! Oder, in einfacher Sprache: Entscheidend ist auf’m Platz.
Deshalb kann sich Beatrix von Storch bei Maybrit Illner entspannt zurücklehnen und über die mit der Correctiv-Kampagne losgetretenen Demos lächeln: „Das lässt uns alles kalt. Das mag gerne geschehen. Das schadet uns nicht.“ Ob’s gefällt oder nicht, es stimmt. Auf dem Höhepunkt der Aufwallung der Aufrechten fand die Nachwahl in Berlin statt – und die AfD erhöhte ihren Stimmenanteil um satte 80 Prozent.
Wer unter diesen Umständen noch meint, mit einem Dr. Seltsam wie Ulf Buermeyer etwas gegen die AfD ausrichten zu können, der hat den Schuss nicht gehört. Und er wird ihn auch nicht mehr hören. Die AfD kann sich daher auf Romika-Gesicht Klamroth als treuen Freund und Förderer verlassen. Der angehende Gebührenmillionär wird weiter auf die falsche Medizin setzen, und die Blauen dürfen zusehen, wie ihre Zahlen steigen. Louis Klamroth, bester Mann der AfD. Stabil.
Nachtrag: Antwort des Autors auf Leserfragen, 19. Februar 2024:
Lieber Herr Dr. Lehnhoff, Herr Szabó, Frau Müller, Herr Groll und andere, die Aufklärung fordern: sehr gerne. Höcke spricht vom „afrikanischen Ausbreitungstyp“, kann mit dem „Begriff des christlich-jüdischen Abendlands nichts anfangen“, weil Christentum und Judentum „einen Antagonismus darstellen“, er findet, es sei ein Problem, „Hitler als das absolut Böse“ darzustellen, und er spielt immer wieder auf das „tausendjährige“ Deutschland an. Ich weiß nicht, ob Höcke Rassist, Antisemit und Anhänger des schlecht frisierten Postkartenmalers ist. Aber er will offensichtlich genau solche Leute ansprechen und anziehen. Allein das finde ich bereits, mit Verlaub, eklig. In dieselbe Kerbe schlägt Höcke-Freund Krah, der pauschal erklärt: „Unsere Vorfahren waren keine Verbrecher.“ Sorry, sehe ich ein bisschen anders, was eine nicht unerhebliche Menge dieser Vorfahren angeht. Außerdem meint Krah zum Beispiel, Erdogans „Bilanz kann sich sehen lassen“. Krah findet Erdogan prima, weil er ein „Patriot“ ist, und „Patrioten sind niemals Feinde“. Aha. Klar, man kann Krahs Ausführungen sehr zartfühlend auch als „etwas unterkomplex“ charakterisieren. Oder man kann ihn und Höcke ausgesprochen unappetitlich finden, wie ich zum Beispiel. Herzlich, Ihr RvL
PS: An alle, die „Kotau“, „Anbiederung“ und „Anschleimung“ unterstellen: Erstens, „Kotau“ wäre gewesen, die „Ekelpakete“ rauszustreichen. Ich wusste natürlich, was kommen würde. Zweitens, ist es tatsächlich so schwer vorstellbar, dass ich hier einfach nur meine eigene, echte und selbstverständlich unmaßgebliche Meinung äußere – nicht mehr und nicht weniger? Und noch eine Frage, an alle, die meinen, „Ekelpakete“ sei „Hetze“. Ernsthaft? Wollen wir uns wirklich auf das Niveau von Faeser, Haldenwang, Paus & Co. herabbegeben?
Robert von Loewenstern ist Jurist und Unternehmer. Von 1991 bis 1993 war er TV-Korrespondent in Washington, zunächst für ProSieben, später für n-tv. Er lebt in Bonn und Berlin.