Thomas Rietzschel / 22.03.2023 / 16:00 / Foto: Stefan Klinkigt / 24 / Seite ausdrucken

Der beleidigte Lauterbach

Karl Lauterbach, Gesundheitsminister im Kabinett von Olaf Scholz, hat viel an Ansehen verloren. Aber er vertraut sich selbst noch immer, wie einst der nackte Kaiser, der sich von seinen Untertanen feiern ließ. 

Am Wochenende meldete dpa: „Eine Berlinerin soll wegen eines Hasskommentars zu Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor Gericht kommen. Die Staatsanwaltschaft klagt die 46-Jährige wegen Beleidigung und öffentlicher Aufforderung zu Straftaten an.“

Was war geschehen? Nicht viel mehr, als dass die mit Klage bedrohte Frau Lauterbach in einem Internet-Kommentar zu einem Fernsehauftritt geschrieben hatte, Lauterbach sei „geisteskrank“ und stelle mit seinem politischen Einfluss eine Gefahr für die Gesellschaft dar, was die Frau dann zu dem strafbewehrten Aufruf veranlasste, den Mann zu töten. Damit hat sie die Grenzen des Zulässigen überschritten, dafür muss sie sich verantworten, nicht aber für die „Beleidigung“, den Herrn Minister als „geisteskrank" eingeschätzt zu haben. 

Der Anlass ihrer Empörung war die Befürwortung der Freigabe des Konsums von Cannabis durch den Gesundheitsminister.

Was wäre die Pandemie ohne die Hysterie?

Doch wie alles auf der Welt hat auch dieser Eklat eine Vorgeschichte. Der Minister steht unter Druck, weil ihm jetzt frühere Entscheidungen, die sich als töricht  und schädlich erwiesen haben, massiv vorgehalten und um die Ohren gehauen werden. Die Corona-Entwicklung verlief nicht so, wie es von ihm einschüchternd vorhergesagt wurde. Im Gegenteil, die Panik legt sich zusehends. Die Infektionskrankheit hat ihren Schrecken verloren. Eine gute Nachricht für uns, weniger indessen für Karl Lauterbach. Ist er doch allein dank Covid-19 so berühmt geworden, wie er es schon immer sein wollte.

Was hätten wir von der Pandemie gehabt ohne die Hysterie, die zu schüren er nicht müde wurde. Nichts als eine ernsthafte gesundheitliche Bedrohung, die es gleich früherer Grippe-Epidemien ärztlich zu bekämpfen galt. So aber haben wir eine gesellschaftliche Krise bekommen, die Massen von Existenzen ruinierte. Tausende verloren ihre Arbeitsplätze. Auch eine fortwirkende politische Krise wurde irrwitzig heraufbeschworen, nahezu der Stillstand des gesamten gesellschaftlichen Lebens. Geschlossene Schulen und Hochschulen sorgten für Bildungsrückstände, die nur schwer aufzuholen sein werden.

Dafür erlebten wir einen Karneval der Masken, die zu tragen der „Gesundheitsexperte“ uns bei jeder denkbaren Gelegenheit verdonnerte. Wer es wagte, sich nicht daran zu halten, wurde als unmoralisch abgestempelt, als einen Subjekt, das es darauf anlegt, andere in Gefahr zu bringen – abgeschoben ins Lager der Querdenker, zu den Rechtsextremisten, den Neonazis. Die Bürger begannen wieder einander zu überwachen, während Lauterbach zum Verantwortungsträger, zur obersten wissenschaftlichen Instanz in der bedrohlichen Stunde avancierte, zu einem Hüter der Moral. Nun, da es gekommen ist, wie es kommen musste, da sich die Infektionskrankheit wie alle Pandemien, die die Menschheit bisher überstand, so unverhofft verliert, wie sie aufgetreten ist, nun schaut der Gesundheitsminister mit seinen Kassandrarufen ziemlich dumm aus der Wäsche. Er ist sozusagen bei sich angekommen, in der puren Bedeutungslosigkeit. 

Die Pandemie ist nicht vorbei

Kein Dach eines Medienhauses, von dem die Journalisten unterdessen nicht pfeifen würden, welchen Schaden die diktierten Vorsichtsmaßnahmen angerichtet haben, in den Schulen, in der Wirtschaft, im Gesundheitswesen und in der Altenpflege, auch in den Familien. Durchweg ist man sich inzwischen einig, die befohlenen Vorkehrungen waren maßlos überzogen. Sicher ist diese Entwicklung nicht allein dem politischen Ehrgeiz eines mittelmäßigen Mediziners geschuldet, aber doch zum Großteil durch seinen persönlichen Geltungsdrang befeuert wurden. Jetzt muss er sich in den Talkshows, bei denen er bald drei Jahre lang überlegen den Ton angab, peinliche Fragen gefallen lassen. Antworten kann er dabei immer nur das, was schon länger nicht mehr verfängt: „Die Pandemie ist nicht vorbei.“

Für den Minister vielleicht sogar eine menschlich verständliche Trotzhaltung. Schließlich war Corona das Ereignis, mit dem sich seine Träume von der großen Karriere erfüllten. Als Forscher und Arzt hätte er es soweit kaum bringen können, jedenfalls nicht auf dem rechten Weg. Hat er es doch schon früher, wie die WamS unlängst aufdeckte, bei der Bewerbung um die eine oder andere Professur mit der Wahrheit so genau nicht genommen. In Tübingen gab er z.B. an, der Kopf eines Projekts zur Krebsforschung gewesen zu sein, bei dessen Dokumentation er aber bloß als ein Hilfsassistent neben anderen auftaucht, nicht als der erfolgreicher Akquisiteur von Drittmitteln, wie er in seiner Bewerbung behauptet hatte.  

Auch renommierte er gern als Anreger und Co-Autor von Büchern und wissenschaftlichen Publikationen, in denen sein Name nicht einmal am Rande vermerkt ist, wenn sie denn überhaupt erschienen. Alles, was er geleistet haben wollte, befand sich zu dem Zeitpunkt, da er sich darauf berief, angeblich noch im Druck. Seine Laufbahn als forschender Mediziner war kaum mehr als das Produkt seiner Phantasie. Dass er damit gleichwohl reüssieren konnte, lässt sich, psychologisch betrachtet, leicht aus der Überzeugungskraft jener erklären, die von ihrer eingebildeten Bedeutung so überzeugt sind, dass sie selbst nicht mehr zwischen Wahrheit und Wunschdenken zu unterscheiden vermögen.

Nackt wie der Kaiser im Märchen

Der Selbstzweifel ist den Schizophrenen fremd; und insofern sind sie durchaus geistig gestört, dem Wahn Ihres Anspruchs, der Selbsttäuschung verfallen. Weil sie ihr tatsächliches Vermögen, ihre Kompetenz nicht einzuschätzen vermögen, trauen sie sich in Krisensituationen bedenkenlos zu, der ganzen Gesellschaft, einem Land, einer Nation den Weg zu weisen. Indem sie mit der Angst eines jeden spekulieren, bringen sie die Menschen hinter sich, zumal wenn es um die Gesundheit geht. Das immerhin ist Karl Lauterbach bald drei Jahre lang gelungen.

Wer den faulen Zauber von Anfang an durchschaut, dem falschen Propheten nicht auf den Leim gehen wollte, gar beim Namen nannte, was er war, ein geistig Verwirrter, geriet in den Verdacht der Beleidigung und Hetze. Obwohl mittlerweile außer Frage steht, dass Lauterbach nackt ist wie der Kaiser im Märchen, dass das Mäntelchen, das er sich überwarf, nichts als ein Produkt seiner Hybris war.   

Noch immer möchte der Gesundheitsminister den allwissenden und richtungsweisenden Gesundheitsexperten geben, so unsinnig wie zu den Zeiten, da er sich zum Corona-Hysteriker aufschwang. Einerseits erklärt er bei Markus Lanz, der Cannabis-Konsum sei „dauerhaft riskant“, besonders bei Jugendlichen mit „nicht reparablen Schäden“ verbunden, um in der selben Sendung zu behaupten, dass dem nur mit der Freigabe des Drogenhandels zu begegnen wäre. Versuchen Sie gar nicht erst, sich einen Reim auf diesen Blösdsinn zu machen. Sie kämen am Ende doch nur auf die Diagnose der verklagten Berlinerin und damit womöglich vor Gericht. 

Sogar Prantl verliert das Vertrauen

Vielleicht aber war ja der Minister während dieser Diskussion selbst bekifft oder hat schon in seiner Jugend zu viel von dem Stoff genossen – wer könnte es sagen. Jedenfalls nährte der Auftritt bei Lanz abermals Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit Karl Lauterbachs. Die Frau, die ihn daraufhin „geisteskrank“ nannte, urteilte nur nach dem, was ihr geboten wurde. 

Und damit nicht genug. Als Folge seiner Corona-Poltik möchte in der Öffentlichkeit niemand mehr etwas auf seine ärztliche Expertise geben. Selbst Heribert Prantl von der SZ hält dem „großen Mahner“ inzwischen vor, mit seinem politischen Vorgehen zu sehr in das Leben der Menschen eingegriffen zu haben. „Mir war“, so Prantl wörtlich, „dieser Staat noch nie so fremd.“

Foto: Stefan Klinkigt

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Leserpost

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T. Schneegaß / 22.03.2023

Der nackte Kaiser war dank seiner Geburt Kaiser, in einer Monarchie so üblich. Den Irren und Hochstabler hat irgendjemand in dieses Amt gehievt, in einer “Demokratie”. Dieser Irgendjemand ist der Hauptschuldige, er sieht in ihm den idealen Mann zur Durchsetzung seiner Pläne.

Sam Lowry / 22.03.2023

Ich hatte etwas Ähnliches i.B. auf IM Erika gepostet: 180 Tagessätze (also vorbestraft). Letzte Rate diesen Monat bezahlt… seid also vorsichtig!

s.Braun / 22.03.2023

Irgendwie finde ich, ist diese kpl. ReGIERung wie von einem anderen Stern !

Karl-Heinz Vonderstein / 22.03.2023

Mit das beste von ihm war das mit der Killervariante. Obwohl sonst kein Virologe davor gewarnt hatte oder es überhaupt für möglich hielt, auch nicht das RKI. Da sie heute keinen Artikel über Jan Böhmermann haben, was zu dieser Person. Er bekommt wieder einen Grimme Preis. Oder, ihm wird zum sechsten Male der Grimme Preis nachgeworfen. Wie lange ist das jetzt her, wo er in einer Talksendung, ich glaub, es war bei Lanz, ganz unverhohlen Zäsur verlangte? Nur weil ihn Aussagen von Virologen zu Covid-19 nicht gefallen haben? Ein Literaturkritiker nannte mal Marquis de Sade “Den Bluthusten der Kultur”. Wie könnte man Jan Böhmermann bezeichnen?  Das Erbrochene der Fernseh-Satire? In fänd’s gut wenn Sie den Usern oder Lesern Ihrer Seite Gelegenheit geben würden, sich täglich auch zu Themen zu äußern, zu denen es an dem Tag, keinen Artikel auf der Seite gibt.  So was mit einer freien Themenauswahl.

Frank Danton / 22.03.2023

“Der beleidigte Lauterbach”...tritt zurück. Das wäre mal eine Meldung. Aber nein, der Text befasst sich wieder einmal nur mit der Krankheit selbst und nicht mit der Konsequenz die eigentlich daraus entstehen müsste.

Hans Buschmann / 22.03.2023

Und jetzt ist er er geeignete Sündenbock, auf dem man die ganzen Bestialität der Maßnahmen abladen kann. Sehr bequem! Und die anderen Massenmörder: Virologen, Ethikrat, Leopoldina, Stiko, Medien etc. sollen so einfach davonkommen - bloß weil man jetzt einen hat, auf den man alles abschieben kann? Lauterbach wäre nichts ohne die Bestien, die ihn vorgeschoben haben.

Helmut Driesel / 22.03.2023

  Der Wikipedia-Eintrag von Prof. Lauterbach ist interessant zu lesen. Wenn ich die geltenden Voraussetzungen für eine Approbation als Arzt richtig verstehe, müssten sie ihm doch nun entzogen werden. Er hat tatsächlich noch nie als Arzt in einer Praxis gearbeitet, sondern wurde gleich von der Uni weg zum Professor berufen. Ich als Patient denke, das macht man nur mit total genialen Leuten. Er ist übrigens sehr konservativ katholisch erzogen, heißt es ebenda. Und deswegen sei er diskriminiert worden. Wo mag diese verruchte Gegend liegen? Ich hatte in der Schule in jüngeren Jahren mal einen Freund, der wurde auch diskriminiert, aber nicht, weil er religiös war, sondern er war für so einen Knotenfurz viel zu frech. Der kam dann mit 18 bei einem tragischen Motorradunfall ums Leben - leider, das Leben ist eben ungerecht - kurz nachdem er mir erzählt hatte, dass ihn die STASI ein tolles Angebot gemacht hätte. Für das Militär oder die Sportschule war er glaube ich zu klein, was ihn unheimlich grämte, denn er träumte von einer Offizierskarriere “mit einer schönen Uniform”. Ja, warum erzähle ich das hier, das passt fast überhaupt nicht her, gell? Es ist meine Art, Menschen zu gedenken, die ich mal gut leiden konnte. Und ich werde oft an meinen Freund erinnert, der hat nämlich einen lebenden Doppelgänger, den Entertainer und Musiker Jools Holland. Ja, den mag ich auch.

Dirk Jungnickel / 22.03.2023

Die Bildauswahl könnte man insofern infrage stellen, als E. Munch zweifellos einen Angstschrei thematisiert hat. Ob dem “...wie heißt er doch gleich…? ” nachts im Bett die Angst heimsucht, wissen wir aber alle nicht. Keinesfalls - so meine ich - aber auf Pressekonferenzen oder in Talk - Shows. Da spielt er im Höchstfalle den Leicht - im Irrtum – Gewesenen. Ich hätte da allerdings doch eine Variante:  Munch stellt wohl seinen “Helden ” in die Natur.  Der “....wie heißt er doch gleich ...? ” verläßt sein Mininsterstübchen , geht spazieren und bemerkt urplötzlich, dass er seine MASKE vergessen hat.

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