Johannes Eisleben / 10.06.2020 / 06:00 / Foto: Tom Sodoge / 71 / Seite ausdrucken

Der App-Blödsinn: Corona kann man nicht tracken

Nächste Woche, so berichtet BILD, soll die Corona-Warn-App kommen, für alle mobilen Plattformen wie iOS, Android und andere. Damit soll die Verbreitung des Corona-Virus durch Tracking eingedämmt werden, indem die Infektionsketten nachvollzogen werden. Dabei sollen durch Bluetooth-Austausch zwischen mobilen Endgeräten, auf denen die App läuft, registriert werden, welche Handys (und damit deren Nutzer, die meisten Handys haben nur einen Nutzer, ihren Eigentümer) sich begegnet sind. Wird ein Nutzer als SARS-Cov2-Positiv diagnostiziert, kann er diesen Status in die App eingeben und alle, die ihm in letzter Zeit begegnet sind, werden automatisch gewarnt. Dies soll die Infektion eindämmen. Doch das ist biologisch unmöglich und reines Traumdenken. Warum?

Zwar ist noch manches zu SARS-Cov2 strittig, beispielsweise warum die Letalitätsrate innerhalb der Industrienationen schwankt. Drei Tatsachen stehen jedoch fest: (1) Das klinische Vollbild von Covid-19, die vom Virus verursachte Atemwegserkrankung, bekommen nur 5 bis 15 Prozent der Infizierten, und nur etwa 0,1 Prozent aller Infizierten sterben an der Krankheit. (2) Die Infektionsrate in naiven Populationen (R-Wert) ist höher als bei anderen Coronaviridae wie SARS-Cov1 und MERS, weswegen sich das Virus auch weltweit so schnell verbreitet. (3) 50 Prozent der Infizierten haben keine Symptome, weitere 35 Prozent nur geringfügige.

Wirksame Tracking-App unmöglich

Wegen der dritten Tatsache ist eine wirksame Tracking-App unmöglich. Denn wer unterzieht sich in diesen Tagen einem SARS-Cov2-Test? Menschen, die mit einer schweren Atemwegserkrankung einen Arzt aufsuchen oder in die Klinik kommen, erhalten einen Test; das sind wenige. Einige Hypochonder lassen sich auch testen, falls der Arzt das mitmacht. Doch die allermeisten Infizierten werden sich nicht testen lassen, weil sie keine oder so geringfügige Symptome haben, dass sie gar nicht daran denken, sich dafür stundenlang in ein Wartezimmer zu setzen.

Nennenswerten individuellen Test-Bedarf gibt es höchstens bei denen, die in der Hoffnung auf attestierte Immunität einen Antikörper-Test wünschen. Doch die verändern die Wirksamkeit der App nicht, denn bei einem positiven Test benötigen sie keine Warnung und vor ihnen muss auch niemand mehr gewarnt werden.

Für die Tests auf eine akute Infektion gilt eher, dass Mediziner und ihr Hilfspersonal in etlichen Kliniken keine Zeit haben, klinisch Gesunde auf ein in den allermeisten Fällen vollkommen harmloses Virus zu testen. Denn mit mindestens 1 Million aufgeschobenen Operationen und vielen anderen verzögerten Therapien (wie Chemotherapien, Psychotherapien, Krankengymnastik und vielen weiteren) rotiert das Gesundheitssystem derzeit, um nach dem Ende der Corona-Panik den Rückstand aufzuholen. Dabei wird übrigens kräftig priorisiert und triagiert, weil der Rückstand streng genommen nicht aufholbar ist – so mancher wird sterben, bevor er drankommt.  Aber zurück zu Covid-19.

Da 85 Prozent der Infizierten keine oder kaum Symptome haben, wird nur ein Bruchteil von ihnen getestet werden. Diese werden also auch keine Testdaten in die App eintragen können. Doch sind das zugleich die Menschen mit den meisten sozialen Kontakten, denn schwer erkranken an SARS-Cov2 fast nur alte Menschen, und die haben weniger Kontakte. Das bedeutet, dass die App bestenfalls 2 bis 5 Prozent der epidemiologisch wichtigen Infektionsketten erfassen kann, in der Praxis wahrscheinlich deutlich unter einem Prozent. Denn die Mehrheit der Handynutzer werden die App gar nicht installieren, aus Misstrauen, aus Gleichgültigkeit oder – wie ich – aus aktiver Ablehnung gegen die mit der App verbundenen Überwachungsrisiken. Von denen, die sie installieren, werden wiederum nicht alle einen positiven Test dort eingeben, beispielsweise, weil sie ihren sozialen Kontakten Ärger ersparen wollen.

Keine App erkennt unbekannte Infektionen

Wie man an den “Black Lives Matter” Ausschreitungen und Demonstrationen sehen kann, haben die meisten Menschen die Angst vor dem Virus berechtigterweise sowieso verloren. Man mag es sehen, wie man will, doch sie befolgen die Regeln des Staates (Maske, Abstand, keine Versammlungen) einfach nicht mehr. Am Ende bleiben deutlich unter einem Prozent der Infektionsketten übrig. Wie an dieser Stelle schon zu Beginn der sogenannten Corona-Krise dargelegt wurde, kann man durch Einzelquarantäne eine Infektionskrankheit, die bei 85 Prozent der Infizierten keine Symptome hervorruft, nicht aufhalten. Dies ist wahrscheinlich auch gar nicht nötig, da es entweder keine zweite Welle geben oder diese eben ähnlich verlaufen wird, wie die Influenza 2017/18.

Bei Viruskrankheiten mit obligatorischer Symptomatik wie Tollwut oder Ebola ist die Situation ganz anders. Dort wird so gut wie jeder Infizierte symptomatisch. Bei Tollwut stirbt auch jeder, bei Ebola 70 bis 80 Prozent der Infizierten. Man kann bei solchen Seuchen Individuen sinnvoll isolieren und Bezirke absperren, um die Krankheit unter Kontrolle zu bringen wie 2014 bis 2016 in Westafrika. Doch bei einer in den allermeisten Fällen vom Infizierten nicht bemerkten Infektion geht das nicht. Und das wissen auch die ärztlichen Berater der Bundesregierung, sonst hätten sie nicht Virologen oder Epidemiologen werden können.

Warum wird die App dann eingeführt? Um die Menschen zu beruhigen? Aber das wäre doch durch Aufklärung und die sofortige Beendigung der sinnlosen Maßnahmen viel leichter. Oder um zu testen, wie weit man mit digitalen Überwachungstechniken gehen kann, nachdem man die Menschen durch Panikpropaganda und pseudowissenschaftliche Fake News massenhaft in Angst und Schrecken versetzt hat? Nun ja, diese Frage stellen nur "Aluhüte" und Verschwörungstheoretiker, und zu denen gehören wir nicht. Also: Ich weiß nicht, warum die App gemacht wird und habe keine Erklärung dafür. Aber ich weiß, dass ich die App nicht installieren werde. Und falls sie mit dem nächsten iOS-Update zwangsinstalliert wird, werde ich die Bluetoothfunktion abstellen, wenn ich unterwegs bin.

Foto: Tom Sodoge tomsdg CC0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Jürgen Kunze / 10.06.2020

Ich würde die Viren beringen oder mit einem Sender ausstatten, um den sog. Virenflug zu erforschen.

John Doe / 10.06.2020

Das Ganze, also die Corona App und alles, was noch damit zusammenhängt, erinnert mich an einen Ausspruch, von Jean-Claude Juncker. Der hatte, sinngemäß, gesagt, dass wir alles einfach ‘mal ausprobieren werden, was in unserem Interesse (Der EU?) ist und die Leute es wissen lassen. Sollte sich die Bevölkerung nicht dagegen auflehnen, werden wir mit unserem Fahrplan weitermachen. Ein perfides Spiel! Ich selber habe, in den letzten drei Wochen, zwölf Personen befragt, ob es, in ihrem Verwandten oder Bekanntenkreis, Coronafälle (Nachgewiesene Erkrankungen oder gar nachgewiesene Todesfälle) gegeben hat. KEINER hat meine Nachfrage bestätigt!

Martin Bingel / 10.06.2020

Ich freue mich schon wie Bolle auf die App . Sofort werde ich mich dann als infiziert markern, einen Tag Urlaub nehmen und dann einen ausgedehnten Spaziergang durch alle öffentlichen Gebäude nebst Stadtverwaltung machen. Das wird sicher ein riesen Spaß....

Ilona Grimm / 10.06.2020

@Rüdiger Wendt: Abgesehen von sehr alten und vor allem einheimischen armen Menschen gibt es auch Personen, die sich ein schlaues Telefon nicht nur leisten können, sondern damit genauso gut wie mit ihrer Unterhaltungselektronik und ihrem Auto und PC umgehen können, aber einfach keins WOLLEN. Gründe dafür gibt es viele und nicht alle haben mit Verschwörungstheorien zu tun. Aber ich z.B. kann gelegentlich einfach nicht verhindern, dass sich ein kleiner Aluhut auf meiner Frisur niederlässt.

D. Schmidt / 10.06.2020

Zu meinem Post von heute früh möchte ich noch folgendes Unwichtige hinzufügen. Lebe aktuell, freiwillig und unfreiwillig (Mangels Flugverbindung) in Thailand. Da gibt es zwar direkt keine App zum Installieren aber eine Homepage auf die man verlinkt wird wenn man sich per Barcode in Supermärkten, Restaurants usw. ein- u. ausloggen soll. Die Absicht der App ist die Gleiche wie in Deutschland. Man will damit Besucher verfolgen die am Tag X zur Stunde X zur gleichen Zeit im Supermarkt war wie ein Infizierter um dann alle zu kontaktieren und in Quarantäne zu schicken. 1. Wer macht das freiwillig sich 2 Wochen lang einlochen zu lassen ohne ein Problem zu haben und 2. wie sicher ist die App eigentlich? Sowohl von Staats-Spionage wegen als auch gegenüber Internet-Betrügern? Die Antwort ist ganz einfach: Habe mich als Pflichtbewusster Deutscher und Gast im Ausland in einen Supermarkt eingelogged. In diesem bin ich dann auch noch zu einem Fritten-Laden KFC, ebenfalls eingelogged. Resultat. Seitdem bekommen ich täglich SPAM-SMS. Echt, ganz Super, Sch***. Bin außerdem gespannt was in Deutschland dann so passiert mit einer App die sogar installiert werden muss. Wer eine Apple Watch hat und Sport treibt braucht Bluetooth zum Datenabgleich. Wer das nicht tut macht aus Akku-Spar-Gründen die Bluetooth Funktion aus. Was bringt das ganze also, außer SPAM durch kriminelle Hacker, oder neugierige Profiler des Staates? NICHTS!!!

Anton Weigl / 10.06.2020

Jetzt muß ich schon ganz blöd fragen, was passiert mit dem Corona-App, wenn jemand gar kein Handy besitzt. Bis jetzt habe ich jedenfalls noch ohne Handy ganz gut überlebt.

Ulrich Jäger / 10.06.2020

@Richard Rosenhain: Herr Eisleben schreibt von einer App, die mit einem iOS-Update “zwangsinstalliert” werden könnte. Nicht vom API “Exposure Notification Framework”, das mit iOS 13.5 ausgerollt wurde und dem man sich nur entziehen kann, indem man auf ein Update verzichtet. Wer sagt Ihnen, dass die Regierung nicht Apple und Google dazu zwingen möchte, die notwendige App zusammen mit dem jeweiligen Betriebssystem auszurollen? Es ist erst einige Wochen her, da versuchte die Bundesregierung, diese beiden Firmen dazu zu bringen, die Daten zentral zu speichern, was diese und auch verschiedene an der Entwicklung Beteiligte gottseidank ablehnten. Jetzt ist eine dezentrale Speicherung der pseudomysierten Kontaktdaten implementiert. Was jetzt noch fehlt, ist die Bereitschaft der Smartphone-Nutzer, die App auch zu installieren. Sinn macht diese App in den Augen der Epidemologen nur, wenn 60% der Bevölkerung sie nutzen. Das kann nur erreicht werden, wenn sie auf ALLEN Smartphones aktiv ist (da nicht alle Bürger ein Smartphone besitzen). Und so, wie bei WhatsApp @ Co. die Möglichkeit der staatlichen Entschlüsselung privater Nachrichten verlangt wird, Fernmelde- und Bankgeheimnis inzwischen Makulatur sind, ist Herrn Eislebens Vermutung mit der App schon in Ordnung. Das Einzige, was im Artikel zu bemängeln ist, dass es sich um eine Tracing- und nicht um eine Tracking-App handelt. Aber das nur am Rande.

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