Anabel Schunke / 10.04.2019 / 06:25 / Foto: toni-hofreiter.de/ / 102 / Seite ausdrucken

Der Anton und der Verbrennungsmotor

Es ist Sonntag. Hinter mir liegen zwei Partynächte inklusive Schlafentzug. Die Sonne hat mich trotzdem an die frische Luft gezogen. Mit einem Freund gehe ich in Richtung Allersee über eine kleine Brücke. Von der Brücke aus hat man einen direkten Blick auf eines der zwei Steinkohlekraftwerke Wolfsburgs. Ich hatte schon immer ein Faible für Städte, von denen andere behaupten würden, sie seien hässlich. Hannover ist so eine Stadt. Und Wolfsburg. Vermutlich habe ich als Niedersachse keine andere Wahl. Später poste ich auf Instagram ein Bild von mir auf der Brücke. Im Hintergrund die vier Schornsteine des Kraftwerks. Regelmäßig fahre ich an dem Gebäude mit dem großen VW-Zeichen vorbei. Es ist eines der Wahrzeichen der Stadt und zeigt die untrennbare Verbindung zwischen dem Automobilkonzern und Wolfsburg. 

Einen Tag später titelt Süddeutsche Online, dass die Grünen ihre Forderung, die Neuzulassung von Verbrennungsmotoren zu verbieten, erneuern. In einem Thesenpapier fordert Fraktionschef Anton Hofreiter, dass „ab 2030 nur noch abgasfreie Autos neu zugelassen werden“ dürften. Der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor müsse – wie alles bei den Grünen – „gesetzlich festgelegt“ werden. Ziel der Forderung ist der entschlossenere Ausbau der Elektromobilität. E-Autos müssten raus aus der Nische und rein in den Markt, heißt es in dem Papier. Ein klarer Fahrplan für das Aus von Diesel- und Benzin-Autos schaffe Planungssicherheit für Industrie und Beschäftigte und reihe sich in Pläne anderer europäischer Staaten ein. Die Umsetzung des Vorschlags würde bedeuten, dass keine neuen Autos mit Verbrennungsmotor auf die Straße kommen, zugelassene aber weiter fahren dürfen. Für das Erreichen der Klimaziele und den nötigen Umbau der Branche brauche es verkehrspolitisch einen „großen Wurf“.

Wie dieser „große Wurf“ im Detail aussehen beziehungsweise funktionieren soll, darüber hat man bei den Grünen wie immer keinen Plan und verweist stattdessen auf die „Planungssicherheit“ für die Automobilbranche, die sich an Stelle der Verbotspartei mit der Umsetzung des Ausstiegs aus dem Verbrennungsmotor befassen soll. Das Ganze wohlgemerkt in etwas mehr als 10 Jahren. Konzerne wie VW schlagen Alarm. 

Aber es ist müßig geworden, immer wieder zu erklären, was man dem eigenen Land mit diesem Feldzug gegen die eigene Automobilbranche antut. Mit 800.000 Beschäftigen ist die Autoindustrie die größte in Deutschland. Ich bin viel in Wolfsburg. Ich weiß, was es bedeutet, wenn eine ganze Stadt quasi von einem Konzern lebt. Natürlich würde die Umstellung auf Elektromobilität einen massiven Stellenabbau nach sich ziehen. Vor allem, weil die Produktion weniger Personal erfordert. Wer hier dann noch den „Wohlstand“ erwirtschaftet, von dem andere – auch unsere grünen Politiker – gut und gerne leben, bleibt dahingestellt. Leider ist das nicht der einzige Widerspruch.

E-Autos sind nicht umweltfreundlicher 

Über Sinn und Unsinn der Debatte um den Ausstoß von CO2 bei Verbrennungsmotoren ist bereits viel diskutiert worden. Immer wieder verweist unter anderem Meteorologe Jörg Kachelmann darauf, dass der staatlich geförderte Holzofen mehr CO2 ausstößt als jeder Diesel. Zuletzt auch anhand detaillierter Messungen, die er auf Twitter veröffentlichte. Der „Reichenfeinstaub“ wird in der Debatte um CO2 jedoch genauso ausgeblendet wie der immense CO2-Ausstoß von Kreuzfahrtschiffen und die Frage, wie schädlich das CO2 in unserer Luft überhaupt ist

Und selbst wenn man den Weg des schädlichen CO2 mitgeht, schneidet die Elektromobilität nicht besser ab als der Verbrennungsmotor. Im Gegenteil. So warnte kürzlich erst das Heidelberger Umwelt- und Prognose-Institut (UPI) vor den Folgen einer Umstellung auf die als grün ausgewiesene Elektromobilität. Institutsleiter Dieter Teufel ist überzeugt: „Jedes gekaufte Elektroauto erhöht die CO-Emissionen“. Logisch. Zwar verursacht das E-Auto selbst keinen CO2-Ausstoß, dafür aber die Kraftwerke, in denen der Strom für das Auto erzeugt wird. 

Kraftwerke, die Strom erzeugen, sind ohnehin ein gutes Thema. Vor allem in Hinblick auf die grüne Agenda, deren Protagonisten offenkundig ein ums andere Mal zu doof sind zu erkennen, dass sie am Ast der Voraussetzungen für ihre eigenen Forderungen sägen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es um den eklatanten Widerspruch zwischen der Forderung nach unbegrenzter Einwanderung aus den intolerantesten Gesellschaften der Welt und dem primär linken Einsatz für Genderblödsinn und Frauenrechte geht oder eben um die Tatsache, dass der Strom für die heilige Elektromobilität nicht einfach aus der Steckdose kommt, sondern in Kraftwerken produziert wird, die man gleichzeitig stilllegen will. Das Schlimme daran ist jedoch nicht, dass Politiker von den Grünen tatsächlich der Meinung sind, dass sich das alles mit vogel- und insektenfeindlichen Windkraftanlagen und Solarenergie regeln ließe (Irre gibt es in jeder Gesellschaft), sondern der ganze Blödsinn fast ohne Gegenwehr von Gesellschaft und Medien geschluckt und mit 20 Prozent in den Umfragen goutiert wird. Ja, so muss sich die Herrschaft der Dummen, die Idiocracy, anfühlen. Das ändert jedoch nichts daran, dass wir bereits jetzt schon nicht mehr in der Lage sind, die Grundlast in diesem Land abzudecken und der Strompreis explodiert

Darüber hinaus stellt sich nicht nur die Frage, wo der Strom, sondern auch die Frage, wo die Infrastruktur herkommt, die den dann nicht vorhandenen Strom für die Ladesäulen liefert. Woher kommen die ganzen Starkstromkabel? Und fährt Anton Hofreiter künftig mit Elektroroller zum Bundestag? Vermutlich nicht. 

Und der böse Imperialismus? 

Vor einiger Zeit schrieb ich über Schuldkomplexe und dass das Narrativ von der Ausbeutung der Dritten Welt in meiner Generation längst viel wirkmächtiger sei als die ewige Nazi-Schuld. Wann immer man mit Linken und politisch Ahnungslosen diskutiert, wann immer es um die Frage geht, warum zur Hölle Deutschland im Alleingang die Welt retten und am besten alle Migranten und Flüchtlinge dieser Welt aufnehmen muss, kommt von irgendeinem Idioten das Argument, der „Ausbeutung der Dritten Welt“ und der Verweis auf den bösen westlichen Imperialismus. Gründe wie die Tatsache, dass die Bevölkerung in Afrika schneller wächst als die Wirtschaft, Korruption und andere Faktoren, die den eigenen Schuldkomplex nicht stützen, werden dabei geflissentlich ausgeblendet. 

Umso ironischer erscheint es da, dass genau der Ausbau der Elektromobilität und der damit einhergehende Bedarf an seltenen Erden einen neuen Rohstoff-Wettlauf zur Folge hat. Wie zu Zeiten des Imperialismus Ende des 19. Jahrhunderts rückt Afrika in das Visier verschiedener Länder. Nur geht es dieses Mal nicht um Gold und Diamanten, sondern um Kobalt, Lithium und Coltan, die man zur Herstellung der Batterien braucht und ohne die Elektromobilität aktuell überhaupt nicht denkbar wäre. Nicht zuletzt dank unserer hervorragenden Regierung nehmen wir jedoch auch hier eine schlechte Ausgangsposition ein und China, das gemeinhin sowieso auf jedwede westlichen Diskussionen um Political Correctness, Flüchtlinge und Co. scheißt, hatte alle Zeit der Welt, sich die Pole-Position zu sichern

Anders als Greta T. möchte ich jedoch nicht, dass Sie aufgrund dieser Aussichten in Panik geraten. Immerhin haben wir es auch ohne Rohstoffe und große imperialistische Erfolge zu etwas gebracht. Grund dafür waren vor allem unser Bildungssystem, unser Fleiß und Ehrgeiz. Und auch bei der Verminderung unseres CO2-Ausstoßes machen wir große Fortschritte. Allein 400 Millionen hat sich VW in Wolfsburg die Umstellung der oben erwähnten Steinkohlekraftwerke kosten lassen. Ab 2021/22 laufen diese mit Erdgas, wodurch der CO2-Ausstoß um 60 Prozent, von 2,6 Millionen Tonnen auf 1,1 Millionen Tonnen pro Jahr reduziert wird. 

Ja, was würden wir nur ohne unsere starke Industrie und Bildung machen … oh, wait!

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Leserpost

netiquette:

Hartmut Laun / 10.04.2019

+++  Kurz: Sie haben keinen Plan, das aber gründlich. +++ Oh doch, die Partei die Grünen haben eine Plan, ohne es zu wissen? Die Grünen verwirklichen den Morgenthau - Plan. Der Morgenthau-Plan vom August 1944 war ein vom US-Finanzminister Henry Morgenthau veranlasster Entwurf zur Umwandlung Deutschlands in einen Agrarstaat. Der soll langfristig verhindern, dass Deutschland je wieder einen Angriffskrieg führen könne.

Bernhard Krug-Fischer / 10.04.2019

Sehr geehrte Frau Schunke, guter Artikel, der die “Misere” der Elekromobilität darlegt. Ich habe einige Anmerkungen zu machen. Sie schreiben: „Und selbst …. schneidet die Elektromobilität nicht besser ab als der Verbrennungsmotor. Im Gegenteil. So warnte kürzlich erst das Heidelberger Umwelt- und Prognose-Institut (UPI) …..  Institutsleiter Dieter Teufel ist überzeugt: „Jedes gekaufte Elektroauto erhöht die CO-Emissionen“. Logisch. Zwar verursacht das E-Auto selbst keinen CO2-Ausstoß, dafür aber die Kraftwerke, in denen der Strom für das Auto erzeugt wird.“ Hier ist ein Denkfehler. Es soll ja keine Kraftwerke mehr geben, die Strom für die Elektroautos erzeugen. Der Strom wird zu 100% durch die alternativen Energien (Solar, Wind, Wasser, etc.) erzeugt, also ohne CO2-Emissionen. Das dies natürlich nicht funktioniert ist ein anderes Kapitel. Weiterhin schreiben Sie: „Der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor müsse – wie alles bei den Grünen – „gesetzlich festgelegt“ werden. Ziel der Forderung ist ….  Ein klarer Fahrplan für das Aus von Diesel- und Benzin-Autos schaffe Planungssicherheit für Industrie und Beschäftigte und reihe sich in Pläne anderer europäischer Staaten ein.“ Hiermit wird doch klare Planungssicherheit geschaffen. Die Autowerke in Deutschland werden geschlossen, die Beschäftigten auf die Straße gesetzt und im Ausland neue Werke für die E-Autos gebaut. Das nenne ich Planungssicherheit und jeder kann sich darauf einstellen Ich sage nur noch: gute Nacht Deutschland.

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