Henryk M. Broder / 10.06.2025 / 16:00 / Foto: achgut.com / 54 / Seite ausdrucken

Der antisemitische Furor der gehobenen Stände

Die Zeit wird offenbar auch von Lesern konsumiert, die nicht ganz zum postulierten liberalen Profil des Blattes passen. Was sich bei deren Online-Ausgabe unter den Leserkommentaren austobt, ist der Judenhass der gehobenen Stände. 

Judenhass scheint eine ansteckende Krankheit zu sein: Je mehr über sie geredet wird, umso schneller verbreitet sie sich. Experten aller Couleur unterscheiden verschiedene Formen des Antisemitismus, so wie Feinschmecker mit verbundenen Augen einen alten Gouda von einem jungen Tilsiter unterscheiden können. Dabei wird gerne übersehen, dass es neben einem linken und einem rechten, einem christlichen und einem freidenkerischen, einem islamischen und einem eliminatorischen Judenhass auch einen antisemitischen Furor der radikalen Mitte gibt. Zum Beispiel bei ZON, Zeit online, dem Zentralorgan des deutschen Bildungsbürgertums. Hier eine kleine Auswahl der Leserstimmen (zitiert nach Screenshots):

Über Israel:

„Dieses Faschisten töten seit 60 Jahren Steine werfende Kinder und nennen sie Terroristen.“

„Wie läuft es so mit dem Siedlungsbau ? Mit 'Lebensraum im Osten' kennen sie sich vermutlich bestens aus.“

„Diese Hasbaristen sind nichts weiter als gehässige Klatschweiber oder Stammtischbrüder, die keine Ahnung haben aber toxisch rumblöken und jede vernünftige Diskussion stören.“

„Also eigentlich will Israel die Palästinenser vernichten und nicht umgekehrt. Die entsprechenden Aktionen sieht man seit 78 Jahren, insbesondere in den letzten 20 Monaten.“

Israel will Völkermord:

„Wer will schon mit dem aufhören, was gerade so gut läuft und von nahezu allen Fachleuten Völkermord genannt wird.“

Süßigkeiten verteilen nach dem Massaker:

„Was haben Sie gegen Baklava? Ist eine leckere Süßigkeit. Sollten Sie essen. Schärft die Sinne – tut gut.“

Israel tötet seine Kritiker (Greta Thunberg): 

„Sie ist echt mutig. Großen Respekt. Wahrscheinlichkeit, dass die Israelis sie erschießen oder mit einer Drohne wegsprengt liegt bei 80%.“

Israelis sind Tiere:

„Israeli: 'What separates You Palestinians from animals?' Palestinian: 'The Wall'“

Israel hat die USA gekauft:

„Offensichtlich haben sich die militanten Zionisten meinungstechnisch ganz dicke in die US Regierung eingekauft.“

„Wie wäre es stattdessen mit einem israelischen Staat auf US-Staatsgebiet? Manch einer munkelt, die israelische Lobby habe dort ohnehin das Sagen.“

Israel arbeitet mit der ISIS zusammen:

„Es handelt sich um von Israel gepamperte Gangs, vor denen schon vielfach gewarnt wurde, so Aussagen von Betroffenen in Khan Yunis. Besonders geht es um die von Abu Shabab dominierte Gang, die der ISIS nahe steht.“

Israel lügt:

„Wie gewisse Leute immer wieder auf das einzige mal verweisen müssen, dass ein Krankenhaus in Gaza bombardiert wurde und es nicht sicher ist, dass es die IDF war. Bezeichnend.“

„Bisher haben sich in den letzten 600 Tagen die palästinensischen Behörden als glaubwürdiger erwiesen als die IDF oder sonstige Israelischen Behörden.“

„Die übliche Propaganda, dass Hamas Informationen nicht zu trauen ist. Obwohl jeder in den letzten 20 Monaten gelernt hat, dass diese Informationen zumindest glaubwürdiger sind, als die von Israel.“

Israel ist ein Pariastaat:

„Die arabischen Staaten wie Ägypten und Jordanien würden vermutlich auf Platz eins landen, wenn ein gewisser Pariastaat sie nicht daran hindern würde, Hilfe in den Gazastreifen hineinzulassen.“

Die Medien wollen nicht die Wahrheit schreiben:

„Die philosemitische Medienlandschaft will nicht dass die Leser mit eigenen Augen sehen was abgeht.“

Über Frau Knobloch:

„Ein weiteres Problem sehe ich, weil manche Menschen aufgrund der Äußerungen von Frau Knobloch auf alle Frauen, Juden und 92jährige schließen.“

                                                           ***

Erstaunlich, nicht wahr? Käme so etwas aus der „rechten“ Ecke, würde der Bundesbeauftragte für den Kampf gegen den Antisemitismus sofort intervenieren. Aber die Quelle, aus der solches Gebräu sprudelt, ist nicht eine AfD-Postille, sondern die gute alte Zeit. Sie kann sich ihr Publikum nicht aussuchen, aber ein wenig peinlich könnte ihr der gesichert antisemitische Teil ihrer Leser schon sein.

 

Henryk M. Broder ist einer der Herausgeber der Achse des Guten.

Foto: achgut.com

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Leserpost

netiquette:

Klaus Peter / 10.06.2025

Peinlich ist der ZEIT erfahrungsgemäß schon seit langem nichts mehr. Nicht ihre stramme links-grüne Haltung, nicht ihr Anspruch, Medium für die Elite zu sein. Da runden ein paar Antisemiten den Leser-und Freundeskreis doch passgenau ab. Buccerius hat das Gott-sei-Dank mehr mitbekommen; der Glückliche.

Rainer Niersberger / 10.06.2025

Nun deutet die Diktion nicht immer auf eine Zugehörigkeit zumindest zur intellektuellen Elite hin, was aber nicht heisst, dass diese Elite mitmacht. Neu ist das nicht, auch nicht ueberraschend. Da gibt es seit vielen Jahrzehnten das nur vordergründig erstaunliche Phaenomene des Judenhasser wahlweise der Islamophilie in diesen Kreise, gerne verbinden mit einer Faszination fuer die Grausamkeiten der Muslime, vor allem gegen den ” Wertewesten”. Die Ursachen moegen etwas andere als bei den ” einfachen” Antisemiten sein, der Judenhass nicht, vor allem aber die interessante Affinität fuer die virilen Barbaren aus dem Morgenland. Die Verbindung ist offensichtlich. Eine genauere Pruefung in diesen Kreisen wuerde noch sehr viel Exemplare dieser und aehnliche Art zutagefoerdern. Obwohl dem privaten Feudalismus durchaus zugeneigt hegen diese Typen ja bekanntlich auch viel Sympathie fuer den Sozialismus und seine Auswüchse. Es waere durchaus interessant , wenn ” man” sich hier zur Abwechslung mit den psychischen Besonderheiten dieser Schicht, die aktuell in Westeuropa nicht ohne Einfluss ist, beschäftigen wuerde. Sie bereitet nicht nur den Juden, sondern auch den nichtjuedischen Buergern in den failed states der EU viel “Freude”. Mit denen experimentiert sie naemlich auch ganz gerne, posthumanistisch.

Lutz Herrmann / 10.06.2025

Ich kenne persönlich auch Leute, die bei einer Luftfahrtgesellschaft arbeiten und Greta Thunberg adorieren. Des Deutschen feines Gespür für den Zeitgeist, auch wenn man am Ende des Tages nicht davon profitiert. Die eingewanderten Horden von Judenhassern werden auch die Zeit-Leser nicht schonen.

Dirk Göske / 10.06.2025

Die hier Zitierten sind vermutlich die ehemaligen Stammleser der sozialistischen Postille “Konkret”. Irgendwo müssen die ja abgeblieben sein nachdem dieses Machwerk den natürlichen Weg alle sozialistischen Dingen gegangen ist: in den wohlverdienten Untergang. Da hat auch das ganze Geld aus der bolschewistischen Kampfkasse Ostberlins nix genützt. “Die Zeit” hat die Leser die sie verdient und das ist hart erarbeitet.

Klaus Clausen / 10.06.2025

Peinlich? Jedem vernünftigem Deutschen kommt beim Lesen dieses Schmutzes - und ich muss es leider so drastisch sagen - saure Kotze hoch! Der Zeit ist nichts peinlich. Sie ist seit langem ein intellektuelles Endlager für Pseudo-Intellektuelle.

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