Nachdem ich ja “ein schon länger hier lebender bin” konnte ich den Kulturimport aus USA schon einigemale bewusst mitverfolgen. Meiner Einschätzung nach benötigten neue Strömungen ca. 10-15 Jahre bis sie in Deutschland breitbandig angekommen waren. Die early adopters waren gleich dabei, so etwa nach 2-5 Jahren, das tumbe Volk und der Rest Europas brauchen länger. Der Witz dabei: Antiamerikanismus scheint bei der Kulturassimilation nicht die geringste Rolle zu spielen. Im Gegenteil, wenn nach 15 Jahren der Mainstream all das Zeug nachjammert und die BigMacs lustvoll frisst, hält man es für autochthon. Jeder USA Mainstream ist es etwas später auch hier. Wie die alt Fasnet, sagt man in Süddeutschland.
Nach jeder Revolution gegen die Herrschenden zu beobachten, ob diese gewalttätig oder still und schleichend stattfanden, waren es immer die Sieger dieser Machtergreifung die danach bestimmt haben wer Kinder der Revolution sind und ihre willigen Helfer wurden, ob bei Lenin oder nach der Französischen Revolution. Was ein fataler Irrtum geworden ist, als Universalwaffe heute “Der Kampf gegen Rechts”, alles Schlechte automatisch mit den 30. Jahren zu verbinden. Die Inspiration und die Bedienungsanleitung für die “Intoleranz der Toleranten”, wie schon 1789 bei Louis-Antoine de Saint-Just ihr Motto *Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit*. Sobald nach dieser Regel gehandelt wird, kann man jeden, dessen Ansichten oder Visage einem nicht gefallen, zum Freiheitsfeind erklären und ihn guillotinieren lassen oder auf andere Weise sein Leben zerstören. Als Nachfolger der DDR genannt zu werden ist für die Epilogen bei den Medien, der Exekutive, der Justiz keine Schande. Diese Volksgenossen denken sich dabei eher im Recht und sind stolz darauf wie gut geölte Räder in der “Deutschen Volksdemokrantischen Republik” zu funktionieren.
“Wir in Deutschland sollten nicht glauben, dass wir von dem kommenden, intellektuellen Niederschlag verschont bleiben.” Zu spät. Unter Präsidentin Sabine Kunst geht es auf der Beliner Humboldt-Universität (HU) ähnlich zu wie in Berkley: - Im November 2016 stürmen Aktivisten die Vorlesung des eines Dozenten, der auch AfD-Mitglied ist. - Im Januar besetzten Studenten tagelang das Institut für Sozialwissenschaften. Schaden 30.000 € - die nicht die Studenten zu ragen hatten. - Die 82-jährige Holocaust-Überlebende und Knesset-Abgeordnete Deborah Weinstein wurde im Juni von linken Aktivisten an der HU niedergebrüllt.
“...wie intolerant die geistige Kurve ist, auf der sich das linkliberale akademische Establishment befindet.” Welches damit den Beweis erbringt, dass “linksliberal” ein Widerspruch in sich ist. Liberal heißt freiheitlich, links ist immer Ideologie, Erziehung, Kollektiv.
“Kritische Stimmen werden immer stärker unterdrückt. Die freie Äußerung der eigenen Meinung ist nicht mehr gewährleistet,..” - wieso kommt mir das so bekannt vor? Wer sich beruflich mit Uni-Absolventen zu befassen hatte, die sich um einen (meist lukrativen) Job bewerben, der hat mit Entsetzen feststellen müssen, dass ein gehöriger Teil weder selbsttätig denkt noch eine eigene, aus Fakten gebildete Meinung hat. Es werden Stereotype nachgeplappert, man ist politisch korrekt. Man hat weder Pfeffer im Hintern noch die Energie, neue Wege zu suchen und zu beschreiten, es sei denn, diese Wege führen aus Bewährtem hin zu Gutmenschenträumereien, die sich längst als irrwitzige Utopie erwiesen haben. Aber wen wundert. Aus meiner Volksschulklasse (über 30 Kinder) durften vier (VIER!) die Aufnahmeprüfung zum Gymnasium absolvieren. Nur zwei haben es geschafft. Und wie sagte einer meiner Lehrer auf einem Abstreifen: wenn die Schüler von heute Euer Abi machen müssten, sie würden alle durchfallen. Die Bildungsqualität ist dramatisch gesunken, dafür sind schon Schulkinder politisch aktiv, oft genug lanciert durch die Eltern, die selbst aus der weichgespülten antiautoritäre-Erziehung-Generation stammen. Der niedrige Bildungsstand setzt sich auf der Uni fort, was später an Absolventen ausgespuckt wird, ist meist nicht lebenstauglich oder gar ein Gewinn für die Arbeitswelt. Die Studis haben nicht mal gelernt, wie man lernt. Nur wie man auswendig lernt und Prüfungen möglichst optimal übersteht. Der intellektuellen Unterbau unseres Landes, der für eine florierende Wirtschaft so notwendig ist wie für eine funktionierende Politik, ist bereits in großen Teilen weggebrochen. Die Führungspositionen in der Wirtschaft sind nach dem Jeans-Prinzip besetzt (an den entscheidenden Stellen sitzen Niete(n)), In der Politik sieht es nicht anders aus. Da hat Merkel in den letzten Jahren durch Ausdünnen der Intelligenz dafür gesorgt, dass sie nur noch von Ja-Sagern und Lemmingen umgeben ist. Erinnern Sie sich noch an den 68er-Spruch “Unter den Talaren, Muff von 1000 Jahren”? Was heute an den Unis los ist, ist schlimmer als 1000jähriger Muff.
Ihr Schlussatz insinuert, dass an deutschen Universitäten (noch) keine amerikanischen Zustände herrschen. Da ist - leider - zu widersprechen: haben Sie den Umgang mit Baberowski vergessen - um nur einen herauszugreifen ? Man ist hier längst in die gleiche Richtung unterwegs.
Ich habe vor 30 Jahren an einer amerikanischen Universität studiert und mit dem M.A. in U.S.-History abgeschlossen - die Zeit dort empfand ich als ungeheuer befruchtend und geistig anregend, was mich aber im folgenden Promotionsstudium in Deutschland durchaus auch das (damalige) deutsche Universitätssystem neu hat sehen und schätzen lassen. Beide akademischen Welten hatten ihre Vor- und Nachteile. Gemeinsam war ihnen aber die Formung des gebildeten, fragenden und kritischen Verstandes. Heute scheint davon nicht mehr viel übrig zu sein, sei es durch den Totalitarismus der “Political Correctness” drüben, oder durch die krampfhafte Bologna-“Akademisierung” hüben.
Was versteht man den unter “kontinentaler Philosophie” ? Geht es nicht auch ein bisschen normaler ?
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.