Ben Krischke, Gastautor / 24.08.2018 / 06:20 / Foto: Pixabay / 80 / Seite ausdrucken

Den Sachsen von oben kommen…

Der aktuelle Aufschrei um ein ZDF-Fernsehteam und einen Pegida-Anhänger, der für das Landeskriminalamt tätig ist, offenbart einmal mehr die Scheinheiligkeit der einschlägigen Medien und Politik im Kampf gegen angebliche rechte Umtriebe. Nicht nur, dass dem Pegida-Anhänger meines Erachtens trotz seines unhöflichen Auftretens zu Unrecht unterstellt wird, er habe das Fernsehteam gleich "verbal angegriffen", wie es unter anderem der „Stern" und das „ZDF" behaupten. Auch das Gebaren der direkt und indirekt beteiligten Journalisten in Kombination mit dem Geltungsdrang einschlägiger Politiker zeigen, dass Demokratie und freie Meinungsäußerung in Deutschland gerne mal selektiv begriffen werden.

Anders lässt sich nicht erklären, dass zum Beispiel Cem Özdemir glaubt, ein LKA-Mitarbeiter dürfe nur dann ein LKA-Mitarbeiter sein, wenn er die richtige, die grüne Perspektive auf Themen wie Integration, Islam und Massenzuwanderung vertritt. Wörtlich sagte der Grünen-Politiker, zum Beispiel zitiert von der Welt:

"Wer für den Schutz unseres Grundgesetzes zuständig ist, hat bei Organisationen und Parteien, die gegen unsere Verfassung kämpfen, nichts verloren, auch nicht in der Freizeit".

Mit so einer Aussage stellt sich Özdemir – auch wenn ihm daran eigentlich nicht gelegen sein dürfte – zumindest verbal in eine Reihe mit jenen, die in Sachsen vor nicht allzu langer Zeit noch im Namen des Kampfes gegen den Faschismus abgehört, denunziert und Denkverbote verteilt haben. Im Vergleich dazu ist die Einmischung von Katarina Barley, die in Sachsen „besorgniserregende Vorgänge" wittert, also quasi eine Verschwörung von rechts, geradezu harmlos, aber nicht weniger fragwürdig. Katarina Barley ist schließlich nicht irgendeine SPD-Politikerin im Wahlkampf, sondern die amtierende Bundesjustizministerin, von der man zu recht erwartet, dass sie sich nicht naiv, aber wenigstens schützend vor Polizei und Landeskriminalamt stellt und für eine faire Aufklärung des Sachverhalts eintritt.

Einfach weiter drauf halten

Es ist aber nicht nur die Politik, die in der Causa Frontal21 den demokratischen Verstand endgültig zu verlieren scheint. Auch die Journalisten selbst spielen in diesem Theater eine unschöne Rolle. Zum einen jene, die dabei waren.

Wer sich das von der Frontal21-Redaktion mit viel Pathos auf Facebook veröffentlichte Videomaterial ansieht, sieht nämlich zweierlei: Einen Kameramann, der trotz mehrmaliger Aufforderung durch den Gefilmten – ganz egal, ob erlaubt oder nicht – einfach weiter drauf hält, und ihn damit offenkundig provoziert. Und einen Reporter, der eingeschnappt gegen die anschließende polizeiliche Maßnahme mit der Begründung protestiert, er sei doch Journalist.

Ein Reporter allerdings, der auf die irre Idee kommt, die Pressefreiheit verschaffe ihm – ähnlich einem Diplomaten – eine Immunität vor Polizei und Gesetz und stelle ihn obendrein über die Menschen, über die er berichtet, der gehört vielleicht nicht als Journalist auf die Straße, denn er leidet offenbar unter Größenwahn.

Zum anderen wären da noch jene Journalisten, die nicht dabei waren, aber sich dennoch in der Lage sehen, die Situationen allumfassend zu umreißen. Ein SWR3-Redakteur zum Beispiel fragt auf der Homepage des Senders ganz unverblümt:

"Sehen sich die Beamten eher als Beschützer der Demokratie – oder als Helfer von Pegida, AfD & Co?".

Dass sich beides nicht nur nicht ausschließt, sondern in bestimmten Situationen sogar gegenseitig bedingt, kommt ihm dabei nicht in den Sinn. Deshalb an dieser Stelle eine kleine Erinnerung: Demokratische Grundrechte gelten für Pegida-Anhänger und AfD-Wähler genauso wie für Cem Özdemir.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ben Krischkes Blog.

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Leserpost

netiquette:

Fritz kolb / 24.08.2018

Die Reaktionen des Polit- und Medienestablishments sind geradezu panisch, und sie werden auch im allgemeinen immer heftiger. Warum wohl? Könnte es sein, das die linksgrünen Stimmungs-Seismographen immer stärker in Richtung rechtskonservativ azsschlagen, weil der deutsche Michel so langsam aufwacht und merkt, daß er Opfer einer kranken Ideologie zu werden droht? Wenn dem so ist, dann freue ich mich auf die nächsten Wahlergebnisse.

Hartmut Laun / 24.08.2018

Was verdeckt bleibt ist sehr bedenklich. Der Mann dort. der von den Kameras des ZDF erfasst wurde und der deutlich zum Ausdruck gebracht hat dass er nicht gefilmt werden will, der war erst einmal ein Unbekannter für den Fernsehsender. Wenn das so ist, woher wusste der Sender später wo der Mann, bei welcher Behörde der beschäftigt ist? Wussten die beim ZDF es vorher und haben gezielt auf den Mann ihre Kameras gehalten? Oder hat der Sender danach, um “Schöne Bilder” zu bekommen und zu verstärken, hat der Sender aktiv nach der Tätigkeit des Mannes recherchiert, um die Unterwanderung des LKA durch “Neo-Nazis” zu verstärken? Oder hat es Denunzianten gegeben, der den Mann als einen Mitarbeiter beim LKA erkannt haben, die den beim ZDF angeschwärzt haben? Die Aktion, das Zusammenspiel Öffentlicher TV-Sender mit der Merkelpolitik, das eröffnet die Möglichkeit in regimekritische Demonstrationen informelle Mitarbeiter als Pöbler und Provokateure einzuschleusen, ähnlich wie die Stasi es bei den Montagsdemos in der DDR versucht hat.

Simone Robertson / 24.08.2018

Es ist doch gerade gelebte Demokratie, wenn Menschen im Staatsdienst unterschiedliche politische Ansichten vertreten! Genau DAS ist aber das Problem in dieser (unserer) “Demokratie”: Man erreicht bestimmte Positionen nur noch mit dem richtigen Parteibuch. Ein BKA-Mitarbeiter darf nicht Demonstrieren, ein AfD-Mitglied darf kein Richter mehr sein, ein konservativer hat keine Chance, es in der CDU zu irgendwas zu bringen. Und da das schon seit Jahrzehnten so läuft, HABEN wir die Politiker, die wir jetzt haben und Richter, die kein Recht “im Namen des Volkes” mehr sprechen, die Intensivtäter zu Bewährungsstrafen “verdonnern” oder sie für zu “haftempfindlich” halten. Wundert sich da irgendjemand noch, dass in Polen zuerst die Richter ausgetauscht werden? Das scheint unabdingbar, wenn die Menschen eine politische Wende gewählt haben.

Fischer Robert / 24.08.2018

Der Mord am Offenburger Arzt war der Tagesschau keiner Bemerkung wert. ZDF Fuzzis beim Drehen behindert - Deutschland ist empört. Alles klar. Die NZZ schreibt: Die absurde Aufregung um den Pegida-Mann mit der Woody Allen Kappe

Martin landner / 24.08.2018

Haha, ich hatte erst gelesen “die Sachsen von oben kommen” & erwartet, einen Artikel über das renitente Auftreten von Kretzschmar & co zu lesen. Denn es ist ja nicht mehr selbstverständlich, dass ein Ministerpräsident & ein Polizeipräsident pauschal frontal 21 die Schuld geben & den Polizisten korrektes auftreten bescheinigen. Insofern sind nicht nur die Sachsen ein renitentes voelkchen, sondern auch ihre Leute an der spitze. ;)

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