Die Linken sind politisch inkontinent. Wieder einmal konnten sie das Wasser nicht halten. Nachdem ihre Genossin Elke Breitenbach als Berliner Sozialsenatorin zurückgetreten war, sollte der nächste Parteitag über die Nachbesetzung der Stelle entscheiden. Allein die Ausersehene, Katja Kipping, ehemals Chefin der Linken, war so erfreut von der Aussicht auf das Amt, dass sie alle Welt daran teilhaben lassen wollte.
Wer könnte es ihr verübeln. Dreht sich in der Politik doch alles und einzig darum, einen Posten zu ergattern. Nur wer zu denen zählt, die den Hut aufhaben, ist eine gemachte Frau, mitunter auch noch ein gemachter Mann. Die Sprung auf den Regierungssessel sichert die eigene Zukunft. Erst kommt die Person, dann die Partei und irgendwann das Volk, staunend sieht es, was auf dem politischen Spielplatz geschieht. Kriegen sich dort zwei in den Haare, weil sie an das gleiche Gerät wollen, rasselt es im Karton, dass der Schrecken unter „die Menschen draußen im Land“ fährt. Die Linken muss das nicht weiter kümmern. Wissen Sie doch, dass die „sozialistische Demokratie“ ohnehin von wenigen über viele verhängt wird.
Die Grünen sind auch nicht besser
Dass ist in den anderen Parteien ähnlich zugeht, liegt auf der Hand. Nur lassen sie sich das ungern nachsagen. Angekränkelt vom Virus der bürgerlichen Demokratie suchen sie zu vertuschen, was sich nur irgendwie vertuschen lässt. Dass sie etwa selbstherrlich über die Köpfe der Grünlinge hinweg entscheiden würden, kann man ihren Anführern nicht vorwerfen. Ganz im Gegenteil, läuft doch seit einigen Tagen eine „Urabstimmung“, bei der jeder, der das grüne Parteibuch besitzt, sagen kann, erstens ob er mit dem ausgehandelten Koalitionsvertrag einverstanden ist und zweitens, ob ihm die Besetzung der Ministerposten, so wie sie vorliegt, zusagt oder nicht.
Alles in Butter auf dem grünen Kutter, könnte man auf den ersten Blick meinen und würde gleichwohl einer politischen Täuschung, aufsitzen. Zählen die Grünen doch gerade mal 125.000 Mitglieder. Ins Verhältnis gesetzt zu den 83 Millionen, die derzeit amtlich anerkannt in Deutschland leben, ist das mit Verlaub eine Randgruppe, die gerade mal 0,15% des Volkes repräsentiert, kommandiert zudem von Politikern, auf die zutrifft, was Karl Valentin einmal sagte: „Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut.“ Um sich in die Regierung zu wagen, brauchen sie den Zuspruch der "Basis". Dafür spielen sie Demokratie.
Wer anderen eine Grube gräbt...
Der Anschein soll die Kritiker blenden. Deutschland ist in die Hände einer Glaubensgemeinschaft gefallen. Gibt es Streit in der Sekte, gerät Sand ins innerparteiliche Getriebe, bebt die Republik, das ganze Land stolpert. Heißt aktuell: Schießen die Fundis jetzt quer, weil Ihnen zu viel Realos auf dem Tableau stehen, könnte die neue Koalition schon im Rohbau einstürzen. Der Führungsriege bliebe gar nichts anderes übrig, als sich vom Kabinettstisch zurückzuziehen, noch bevor ihre Erwählten daran Platz genommen haben. Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein, heißt es schon in der Bibel, in der richtigen, nicht in der Mao-Bibel unter den Kopfkissen linksgrüner Karrieristen.
Gleich dem Rattenfänger von Hameln locken 125.000 Grüne über 83 Millionen in eine Demokratie, die auf dem Kopf steht: Oben residiert die Minderheit, unten haust die eingelullte Mehrheit. Schrilles Auftreten lenkt von dem ab, worum es wirklich geht – zuerst um Posten, dann um die Macht und am Ende ums Ganze. Einmal mehr Fundis gegen Realos, wobei keiner weiß, worin sie sich unterscheiden, ideologisch irgendwie anders, aber doch vereint im Willen zur Macht. Kommen sie beim Gezerre um den Sessel des Landwirtschaftsministers nicht überein, gibts keine Regierung. Das Land fällt in den Winterschlaf, während sich die Welt darüber amüsiert, wie deutsche Kindsköpfe Demokratie im Sandkasten spielen.