Ein alter Hut und kalter Kaffee. 1. Der Wortlaut des GG in Art. 38 ist deutlich. Er spricht von “den Abgeordneten”, also allen (!) und erwähnt die “direkte” Wahl. Man nennt das Mehrheitswahlrecht. Von Verhältniswahlrecht ist im ges. GG kein Wort zu lesen. So gesehen waren gem. GG ALLE Wahlen seit 1949 rechtswidrig. Und genau so steht das Land da. 2. Bereits 1993 hat H.H.v.Arnim darüber ausführlich referiert: “Staat ohne Diener”, bei Kindler 1993. ISBN:3-463-40224-6. Hätte dieses Land jemals ein wirkliches Verfassungsgericht gehabt, wäre möglicherweise dem Text des GG entsprochen worden. In Deutschland kann man in eine Verfassung reinschreiben was man will: Völlig bedeutungslos für das tatsächliche politische Leben in diesem Lande.
Das alles ist zwar nicht neu, aber natürlich richtig. Die Beendigung des Parteienstaats ist aber nur unter krisenhaften Bedingungen umsetzbar, also erst dann, wenn das System vor aller Augen abgewirtschaftet hat so wie seinerzeit die DDR. Die aktuellen Krisen reichen noch nicht, aber sie sind ein Anfang. Doch schauen wir mal was noch kommt. In einem halben Jahr sieht die Sache eventuell völlig anders aus.
Der Autor beliebt neben den sogenannten Grünen auch der AfD besonders unqualifizierte Figuren an den Hebeln der Macht zu unterstellen. Das ist schon deshalb hanebüchen, da die AfD überhaupt keine Macht hat. Außerdem sind die Abgeordneten der AfD im Bundestag, soweit mir bekannt, durchaus Personen, die zumindest mit einem Berufsabschluss und praktischer Berufserfahrung im richtigen Leben glänzen können. Ich glaube, was die Qualifikation des Personals betrifft, steht die AfD eher ganz oben in der Parteienlandschaft, jedenfalls Lichtjahre vor den sogenannten Grünen und der ehemaligen Arbeiterpartei SPD. Ich würde jedenfalls sofort, und hundertprozentig sicher, mein Schicksal und das unseres dahinsiechenden Landes einer AfD geführten Regierung überantworten und könnte höchstwahrscheinlich wieder wesentlich ruhiger schlafen!
Das 50%-Minimum für Direktkandidaten sollte doch fast selbstverständlich sein, auch weil dies das Überhangproblem lösen würde. Nicht gelöst wäre das viel grundsätzlichere Problem, daß Parteien wie Zentrifugen wirken: Karrieristen gelangen nach oben, an vernünftiger Sacharbeit Interessierte bleiben an der Basis und haben wenig Einfluß auf die Politik. Das läßt sich innerhalb der vorhandenen Strukturen auch nicht ändern, denn es liegt die simple Logik zugrunde, daß ein jeder eben seinen Interessen folgt und dort seine größten Fähigkeiten entwickelt. Somit kommen in hierarchischen Systemen notwendigerweise diejenigen nach oben, deren Spezialität die Machtspiele sind. Sonstiger Sachverstand ist zweitrangig. Die wenigen Ausnahmen von dieser Regel kommen durch gelegentliche Patts beim Machtpoker zustande, wenn man sich als Ausweg auf einen Außenseiter verständigt. Der hat dann vielleicht mehr Sachverstand und kann sinnvoll wirken, bis er allzu sehr aneckt und rausfliegt. Oder aber der Außenseiter hatte nur eine andere Strategie im Machtpoker verfolgt und nutzt nun die ihm zugefallene Position erbarmungslos. Wie Merkel z.B. Und bei dieser Beschreibung ist die Einflußnahme von Strukturen im Hintergrund noch gar nicht berücksichtigt. Nein, das Parteiensystem ist untragbar. Aber was dann, wenn doch eine gewissen Delegierung der Interessenvertretung unumgänglich ist? Da wäre die Variante der ständigen Widerrufbarkeit eines Mandats durch den Wähler, etwa wie man seinen Anwalt oder Arzt jederzeit wechseln kann, dies aber logischerweise nur tut, wenn es wirklich nötig wird. Wie bei Arzt und Anwalt würde das nicht alle Probleme lösen, wäre aber doch ein Schritt in die richtige Richtung. Gewiß wären viele praktische Einzelheiten dabei noch zu beachten.
“Es gilt nun, ... verfassungspolitische Konsequenzen zu ziehen. Anderenfalls ... den Bach runter.” Und wie stellt sich der Autor das vor? Die Füchse schwören dem Hühnerklau ab?
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