Sarah Bosetti fragt in ihrem neuesten Video: „Wäre eine Klimadiktatur gerechtfertigt, wenn sie das Überleben der Menschheit sichern würde?“ Wie wird diese Frage wohl in den Öffentlich-Rechtlichen beantwortet?
Sarah Bosetti ist bekannt für staatskonforme Komik, die sie in ihrem ZDFKultur-Format „Bosetti will reden!“ betont ausdruckslos vorträgt. In diesem Rahmen hatte sie etwa im Dezember 2021 Gegner der Corona-Impfung mit gesellschaftlichen Blinddärmen verglichen, die „ja nicht im strengeren Sinne essentiell für das Überleben des Gesamtkomplexes“ seien. Für die Entrüstung der Verunglimpften zeigte Bosetti damals wenig Verständnis, so als wäre ihre Äußerung keine Impertinenz, sondern eine sachliche Feststellung gewesen.
Nun erhielt sie erneut Gegenwind, weil sie in einer neuerlichen Ausgabe ihrer Satiresendung die folgende Aussage zur Debatte stellte: „Was ist wichtiger: Das Überleben der Demokratie oder das Überleben der Menschheit? Wäre eine Klimadiktatur gerechtfertigt, wenn sie die Menschheit retten würde?“
Besagtes Video war der zweite Teil zum Thema „Gesellschaftsrat Klima“. Damit will Bosetti eine Forderung der „Letzten Generation“ umsetzen. Laut Videobeschreibung soll der Gesellschaftsrat „aus einer Gruppe von zufällig ausgewählten Menschen bestehen, die die deutsche Bevölkerung repräsentieren. Unter professioneller Moderation und mit Fakten von Experten soll diskutiert werden, wie Deutschland am besten bis 2030 aus der Nutzung fossiler Rohstoffe aussteigen kann. Das Ziel ist es, dass die Bundesregierung sich verpflichtet, die Ergebnisse des Gesellschaftsrats als Gesetzesvorhaben ins Parlament einzubringen“.
„Kein oder weniger Klimaschutz ist keine Option.“
Dieser klaren Ansage nimmt sich Bosetti nun an und ruft im ersten Video ihre Zuschauer dazu auf, Maßnahmen vorzuschlagen, die Deutschland in die „Klimaneutralität“ führen sollen. Bosetti gibt unverhohlen ihre Sympathien für die Klima-Irregeleiteten zum Ausdruck, nach dem Motto: Was sollen die armen Aktivisten denn machen, wenn ihnen niemand zuhört? Für Bosetti sind politische Entscheide gegen den „Klimaschutz“ Beschlüsse gegen die „Lebensgrundlage“ der Bürger. Dieser hysterische Ansatz duldet natürlich keinen Widerspruch. Denn wir haben ja ohnehin keine Zeit: „Kein oder weniger Klimaschutz ist keine Option.“ Schon am Ende des ersten Teils fragt sie: „Gibt es demokratische Wege, die Maßnahmen durchzusetzen? Und wenn nicht, was dann? Weltuntergang hinnehmen oder undemokratisch handeln?“
Im zweiten Teil stellt Bosetti das Best-of der Leservorschläge vor, darunter das 9-Euro-Ticket, Tempolimit, autofreie Innenstädte und Sonntage, Verbot von Kurzstreckenflügen, ein jährliches CO2-Pro-Kopf-Budget oder ein Verbot der Massentierhaltung.
Im Anschluss verrät sie ihre persönlichen Favoriten unter den Klima-Maßnahmen: Tempolimit 100, Fleischverzicht sowie „immer das Gegenteil von Markus Söder machen“. Anschließend stellt sie die rhetorische Frage: „Wie kommen wir auf die Idee, dass wir die Wahrheit gepachtet haben?“ Und gibt unumwunden zu, dass die Beantwortung „viel zu unbequem“ wäre. Stattdessen wendet sie sich der bereits eingangs zitierten Fragestellung zu: „Was, wenn die Demokratie mit all ihren Makeln dieser riesigen Aufgabe nicht gewachsen ist? (…) Wäre eine Klimadiktatur gerechtfertigt, wenn sie das Überleben der Menschheit sichern würden?“ All das will sie in der kommenden Folge mit den Zuschauern diskutieren, die sie außerdem allen Ernstes fragt, ob im Klimakampf auch Dinge legitim sind, die körperlich wehtun, „aber nur Leuten, die auch anderen körperlich wehtun“.
Wie gemeingefährlich ist so etwas? Bosettis stahlblaue Augen, die bemerkenswert selten zwinkern, blicken unbeteiligt wie immer. Pflichtschuldigst fügt sie am Ende des Videos noch hinzu, dass sie natürlich „sehr dagegen“ sei, „die Demokratie auch nur anzufassen“. Das glaube ich ihr aufs Wort.
Mit gespielter Empörung reagiert sie nun auf Kritik. Serap Güler, die stellvertretende Vorsitzende der CDU-Köln, hatte Bosettis Klimadiktatur-Äußerungen auf Twitter als „einfach irre“ bezeichnet. Bosetti warf der Politikerin daraufhin vor, das Video aus dem Kontext zu reißen. Dabei lautet sogar der Titel des Clips „Das Ende der Demokratie“.
Es stellt sich wie in vielen Fällen die Frage: Ignorieren oder empören? Wäre Bosetti eine unbekannte Klimaaktivistin, hätte ich es wohl für klüger gehalten, diese Ergüsse nicht näher zu kommentieren. Doch da auch ich GEZ zahlen muss, will ich einen solchen Schwachsinn nicht unbesehen vorbeiziehen zu lassen. Aber vielleicht zeitigt diese Art ja auch unvorhergesehene Nebenwirkungen, etwa dass die Öffentlich-Rechtlichen sich mit solchen Ausfällen am Ende selber abschaffen. Denn: Was ist wichtiger: Das Überleben der Demokratie oder das der Öffentlich-Rechtlichen?