Ulrike Stockmann / 06.05.2023 / 11:00 / Foto: Superbass / 89 / Seite ausdrucken

Demokratie abschaffen für den Klimaschutz?

Sarah Bosetti fragt in ihrem neuesten Video: „Wäre eine Klimadiktatur gerechtfertigt, wenn sie das Überleben der Menschheit sichern würde?“ Wie wird diese Frage wohl in den Öffentlich-Rechtlichen beantwortet?

Sarah Bosetti ist bekannt für staatskonforme Komik, die sie in ihrem ZDFKultur-Format „Bosetti will reden!“ betont ausdruckslos vorträgt. In diesem Rahmen hatte sie etwa im Dezember 2021 Gegner der Corona-Impfung mit gesellschaftlichen Blinddärmen verglichen, die „ja nicht im strengeren Sinne essentiell für das Überleben des Gesamtkomplexes“ seien. Für die Entrüstung der Verunglimpften zeigte Bosetti damals wenig Verständnis, so als wäre ihre Äußerung keine Impertinenz, sondern eine sachliche Feststellung gewesen.

Nun erhielt sie erneut Gegenwind, weil sie in einer neuerlichen Ausgabe ihrer Satiresendung die folgende Aussage zur Debatte stellte: „Was ist wichtiger: Das Überleben der Demokratie oder das Überleben der Menschheit? Wäre eine Klimadiktatur gerechtfertigt, wenn sie die Menschheit retten würde?“

Besagtes Video war der zweite Teil zum Thema „Gesellschaftsrat Klima“. Damit will Bosetti eine Forderung der „Letzten Generation“ umsetzen. Laut Videobeschreibung soll der Gesellschaftsrat „aus einer Gruppe von zufällig ausgewählten Menschen bestehen, die die deutsche Bevölkerung repräsentieren. Unter professioneller Moderation und mit Fakten von Experten soll diskutiert werden, wie Deutschland am besten bis 2030 aus der Nutzung fossiler Rohstoffe aussteigen kann. Das Ziel ist es, dass die Bundesregierung sich verpflichtet, die Ergebnisse des Gesellschaftsrats als Gesetzesvorhaben ins Parlament einzubringen“.

„Kein oder weniger Klimaschutz ist keine Option.“

Dieser klaren Ansage nimmt sich Bosetti nun an und ruft im ersten Video ihre Zuschauer dazu auf, Maßnahmen vorzuschlagen, die Deutschland in die „Klimaneutralität“ führen sollen. Bosetti gibt unverhohlen ihre Sympathien für die Klima-Irregeleiteten zum Ausdruck, nach dem Motto: Was sollen die armen Aktivisten denn machen, wenn ihnen niemand zuhört? Für Bosetti sind politische Entscheide gegen den „Klimaschutz“ Beschlüsse gegen die „Lebensgrundlage“ der Bürger. Dieser hysterische Ansatz duldet natürlich keinen Widerspruch. Denn wir haben ja ohnehin keine Zeit: „Kein oder weniger Klimaschutz ist keine Option.“ Schon am Ende des ersten Teils fragt sie: „Gibt es demokratische Wege, die Maßnahmen durchzusetzen? Und wenn nicht, was dann? Weltuntergang hinnehmen oder undemokratisch handeln?“

Im zweiten Teil stellt Bosetti das Best-of der Leservorschläge vor, darunter das 9-Euro-Ticket, Tempolimit, autofreie Innenstädte und Sonntage, Verbot von Kurzstreckenflügen, ein jährliches CO2-Pro-Kopf-Budget oder ein Verbot der Massentierhaltung.

Im Anschluss verrät sie ihre persönlichen Favoriten unter den Klima-Maßnahmen: Tempolimit 100, Fleischverzicht sowie „immer das Gegenteil von Markus Söder machen“. Anschließend stellt sie die rhetorische Frage: „Wie kommen wir auf die Idee, dass wir die Wahrheit gepachtet haben?“ Und gibt unumwunden zu, dass die Beantwortung „viel zu unbequem“ wäre. Stattdessen wendet sie sich der bereits eingangs zitierten Fragestellung zu: „Was, wenn die Demokratie mit all ihren Makeln dieser riesigen Aufgabe nicht gewachsen ist? (…) Wäre eine Klimadiktatur gerechtfertigt, wenn sie das Überleben der Menschheit sichern würden?“ All das will sie in der kommenden Folge mit den Zuschauern diskutieren, die sie außerdem allen Ernstes fragt, ob im Klimakampf auch Dinge legitim sind, die körperlich wehtun, „aber nur Leuten, die auch anderen körperlich wehtun“.

Wie gemeingefährlich ist so etwas? Bosettis stahlblaue Augen, die bemerkenswert selten zwinkern, blicken unbeteiligt wie immer. Pflichtschuldigst fügt sie am Ende des Videos noch hinzu, dass sie natürlich „sehr dagegen“ sei, „die Demokratie auch nur anzufassen“. Das glaube ich ihr aufs Wort.

Mit gespielter Empörung reagiert sie nun auf Kritik. Serap Güler, die stellvertretende Vorsitzende der CDU-Köln, hatte Bosettis Klimadiktatur-Äußerungen auf Twitter als „einfach irre“ bezeichnet. Bosetti warf der Politikerin daraufhin vor, das Video aus dem Kontext zu reißen. Dabei lautet sogar der Titel des Clips „Das Ende der Demokratie“.

Es stellt sich wie in vielen Fällen die Frage: Ignorieren oder empören? Wäre Bosetti eine unbekannte Klimaaktivistin, hätte ich es wohl für klüger gehalten, diese Ergüsse nicht näher zu kommentieren. Doch da auch ich GEZ zahlen muss, will ich einen solchen Schwachsinn nicht unbesehen vorbeiziehen zu lassen. Aber vielleicht zeitigt diese Art ja auch unvorhergesehene Nebenwirkungen, etwa dass die Öffentlich-Rechtlichen sich mit solchen Ausfällen am Ende selber abschaffen. Denn: Was ist wichtiger: Das Überleben der Demokratie oder das der Öffentlich-Rechtlichen?

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A. Smentek / 06.05.2023

“Das Überleben der Demokratie oder das der Öffentlich-Rechtlichen?”—- Eines von beiden geht nur. Entweder überleben die Öffentlich-Rechtlichen, dann stirbt die Demokratie endgültig am Mangel an relevanten Informationen. Soll aber die Demokratie überleben, so kann es nur heißen: Weg mit dem ÖRR! Denn was seine Pflicht nicht erfüllt, kann weg!! Was zudem noch die Interessen derjenigen verrät, die es zwangsweise bezahlen müssen, MUSS UNBEDINGT weg!!!

Heiko Stadler / 06.05.2023

Was ist wichtiger: Ein durch Schmiergeld prall gefülltes Konto oder die Demokratie? Beim Kampf um die endlich vorhandenen fossilen Brennstoffe machen einige Staaten viel Geld locker. Wenn Europa im CO2-freien Mittelalter versinkt, bleibt für den Rest der Welt mehr übrig. Ganz nebenbei bekommt man ein einmaliges Schauspiel geboten.

sybille eden / 06.05.2023

Ich finde Bosetti ist für das ” Überleben des Gesamtkomplexes” auch nicht besonders wichtig.

Peter Doderer / 06.05.2023

Als Frau Bosetti die Ungeimpften wie damals die Nazipresse die Juden mit Ratten oder Blinddärmen verglich, hatte ich schon den Eindruck, dass sie wie ein durch Verwöhnung boshaft gewordenes Kind einfach nur gucken will, wie weit sie gehen kann. Und wie weit sie es mit patziger Rhetorik schaffen kann, die Kritik an dieser tiefbraunen Volksverhetzung in einem zweiten Gang nochmals auf den Kopf zu stellen. Diese Boshaftigkeit ist ihr ins Gesicht geschrieben. Reines Machtmotiv, wie weit man gehen kann mit systematischer Wahrheitsumkehrung. Vielleicht findet dieser Typus irgendwann als ÖRR-Syndrom Einzug in die psychiatrische Literatur.

G. Zülken / 06.05.2023

Seit ewigen Zeiten faseln irgend welche unbekannte Protagonisten von bevorstehenden Weltuntergang. Bis jetzt ist nichts passiert. Aber im Moment wird die Weltuntergangshymne ,,Klima`` aus allen Ecken als Dauerbeschallung, besonders den Deutschen um die Ohren gehauen. Und warum ? Ganz einfach. Damit sie ruhig bleiben, wenn ihnen der Staat das bisschen Fell, dass sie noch besitzen, fürs Klima über die Ohren zieht und ihren Wohlstand, der von einer anderen Generation geschaffen wurde, für sich und andere unsinnige Dinge beansprucht. Diese unbekannte Moderatorin wird dafür bezahlt, dass sie solche dummen Sprüche von sich gibt. Leider fällt die Mehrheit der Obrigkeit hörigen Gesellschaft auf solche Sprechblasen herein und glauben wirklich an den Weltuntergang, wenn sie nicht tuen, was diese komischen Gestalten von ihnen verlangen. In diesem Zusammenhang denke ich an das Lied: ,, Am 30 Mai ist der Weltuntergang, wir leben nicht mehr lang, wir leben nicht mehr lang. Aber keiner weiß, in welchem Jahr und dass ist wunderbar.`` Also Leute denkt selber und lasst nicht andere für euch denken, denn dann kommt meistens Mist für euch, aber nicht für die anderen, die für euch denken wollen, dabei heraus. Aber wem sage ich das hier. Das ist hier wohl jedem weitgehend bekannt.

Markus Viktor / 06.05.2023

„Wäre eine Klimadiktatur gerechtfertigt, wenn sie das Überleben der Menschheit sichern würde?“ Aufgrund der Erfahrungen mit den Nazi- und Stasi-Diktaturen hierzulande ganz sicher nicht. Anders in aktuell existierenden Despotien, weil die ohnehin Despotien sind. Eine nur in Diktaturen überlebende prinzipiell unfrei gehaltene Menschheit wäre vermutlich nicht überlebenswürdig. Vermutlich besser finale Extinktion durch den nuklearen Weltkrieg. Die Hoffnung stirbt nicht zuletzt. “Würden alle Menschen so leben wie wir (in Deutschland), bräuchten wir sogar drei Erden (Quelle: footprintnetwork.org).” Hätten alle Menschen seit 1970 ihre Geburten so gehandhabt wie hier, dann wären es immer noch nur 4 Milliarden Menschen statt 8. Dann bräuchte es nur 1,5 Erden und das wäre machbar, vorausgesetzt die Drei-Erden-Kalkulation stimmt, was sie vermutlich nicht tut. Ich behaupte bis zur Widerlegung, bei 4 Milliarden Menschen könnten alle so leben wie in Europa jetzt. Und der Zuwachs dieser 4 Milliarden seit 1970 ist im Wesentlichen in Despotien passiert. Also müssten sich die Menschen dort eingeschränkt halten oder einschränken, statt in Europa. Ob Frau Bosetti sich auch fragt, ob die Menschen aus Despotien „im strengeren Sinne essentiell für das Überleben des Gesamtkomplexes“ seien? „Was ist wichtiger: Das Überleben der Demokratie oder das der Öffentlich-Rechtlichen?“ Das Überleben der Demokratie.

Markus Viktor / 06.05.2023

Der Gesellschaftsrat der „Letzten Generation“ soll aus einer Gruppe von zufällig ausgewählten Menschen bestehen, die die deutsche Bevölkerung repräsentieren. Hat schon jemand eine Simulation eines solchen Zufalls-Gesellschaftsrats erstellt? Am besten mehrere Simulationen. Auch solche zufällig ausgewählten Menschen dürften zur großen Überraschung der „Letzten Generation“ ihren Anliegen nicht zur Mehrheit verhelfen. Dann wäre diese illusionsgetriebene Vorstellung eines Gesellschaftsrats schnell vom Tisch. Außer es wären Zufälle von der Sorte, die es gar nicht gibt.

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