Henryk M. Broder / 26.01.2007 / 11:40 / 0 / Seite ausdrucken

Dem Uwe sein Holocaust oder: Die Singularität des Kretinismus

Wenn man über den professionellen Kretinismus derjenigen, die mit der Pflege der Erinnerung an den Holocaust beschäftigt sind, etwas erfahren will, muss man nur die Begründungen lesen, wer sich an der Demo, die morgen stattfinden soll, nicht beteiligen will und warum. In der taz von gestern lesen wir:

“Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG), die die Demonstration anfangs unterstützt hatte, hat sich mittlerweile ebenfalls zurückgezogen. Fehlende Diskussionen und der “aggressive Stil des Aufrufs” haben sie abgeschreckt, so ein Sprecher. Man halte ein inhaltliches Konzept, das gleichzeitig auch Kirchen, Gewerkschaften und Parteien die Teilnahme ermögliche, für hilfreicher. Der Vergleich Ahmadinedschads mit Hitler stelle zudem die Singularität von Auschwitz in Frage.”

So, so. Die Singularität von Auschwitz werde in Frage gestellt. Und zwar nicht von Ahamedinejad, der ein zweites Auschwitz, diesmal ein atomares, in Aussicht stellt, womit es mit der Singularität des ersten bald vorbei wäre, sondern durch den Vergleich Ahmadinejads mit Hitler. Nun kann man über die “Singularität” von Auschwitz nachdenken, ohne gleich zum Revisionisten zu werden. Über eine Million Armenier, rund drei Millionen Kambodschaner, fast eine Million Ruander sind ja auch nicht bei Verkehrsunfällen oder beim Bungee-Jumping ums Leben gekommen. Warum deren Tod weniger “singular” sein soll, ist eine Frage, die man stellen darf. Es sei denn, man ist ein professioneller Holocauster und verbarrikadiert sich hinter dem Begriff der “Singularität”, um anschließend in der deutsch-israelischen Gesellschaft darüber zu diskutieren, ob und was die Juden aus der Geschichte gelernt haben.

Weiter heißt es in der taz:
“Die Demonstration soll vom Alexanderplatz zum Holocaust-Mahnmal führen. Nach Angaben der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden ist die Kundgebung die erste politische Demonstration im unmittelbaren Umfeld des Holocaust-Mahnmals seit dessen Einweihung im Mai 2005. Bei allem berechtigten Protest gegen Ahmadinedschad sei “die politische Vereinnahmung des Ortes bedenklich”, sagte Geschäftsführer Uwe Neumärker.”

Sitzenmachen, Geschäftsführer Uwe! Und dann 1oomal an die Tafel schreiben: “Ich habe von nix eine Ahnung. Ich führe nur die Geschäfte.” Da wollen einige den Ort “vereinnahmen”, und das nicht, um zwischen den Stelen zu picknicken, zu knutschen oder zu hüpfen, sondern um darauf aufmerksam zu machen, dass der letzte Holocaust nicht der letzte bleiben muss. Und das kann der Geschäftsführer nicht so einfach hinnehmen, denn sein Super-Mahnmal gilt exklusiv und singular dem letzten Holocaust , und er, der Geschäftsführer, muss dafür sorgen, dass dieser sich nicht wiederholt. Nie wieder 33!  Alles Übrige ist ihm wurscht, dem Geschäftsführer.
Wie recht doch der kleine Johannes Gross hatte: “Der Widerstand gegen Hitler und die Seinen wird umso stärker, je länger das Dritte Reich zurück liegt.”

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 12.03.2024 / 14:00 / 62

Christian Wulff: Liechtenstein? Nein, danke!

Unser beliebter Ex-Präsident Christian Wulff hat Angst, Deutschland könnte auf das Niveau von Liechtenstein sinken. Das kleine Fürstentum hat auf vielen Gebieten längst die Nase…/ mehr

Henryk M. Broder / 07.03.2024 / 16:00 / 19

Aserbaidschanische Kampagne verhindert Armenien-Debatte

Eine in Berlin geplante Buchpräsentation und Diskussion über bedrohtes armenisches Kulturgut konnte aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)…/ mehr

Henryk M. Broder / 04.03.2024 / 14:00 / 23

Michael Blume: Vom Zupfgeigenhansl zum Ersten Geiger?

In der Dienstzeit des Antisemitismus-Beauftragten Michael Blume hat die Zahl antisemitischer Straftaten in Baden-Württemberg erfolgreich zugenommen. Aber der Mann hat andere Sorgen. Ende Dezember letzten…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 12:15 / 35

Eilmeldung! Herr Schulz ist aufgewacht!

Im Büro der Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann war nach einem Bericht von Achgut.com die Luft heute morgen offenbar besonders bleihaltig. Richtet man…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 06:00 / 125

Frau Strack-Zimmermann hat Cojones, ist aber not amused

Es spricht für Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ), dass sie mein Schaffen verfolgt. Deshalb hat sie noch eine Rechnung mit der Achse offen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ) hat…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.02.2024 / 10:00 / 80

No News aus Wolfsburg in der Tagesschau

In Wolfsburg stellt sich der VW-Chef auf die Bühne, um Weltoffenheit zu demonstrieren. Die Belegschaft hat derweil andere Sorgen. Die Tagesschau meldet, auch an diesem Wochenende hätten tausende…/ mehr

Henryk M. Broder / 18.02.2024 / 11:00 / 57

Eine Humorkanone namens Strack-Zimmermann

Ja, wenn einem deutschen Politiker oder einer deutschen Politikerin nichts einfällt, irgendwas mit Juden fällt ihm/ihr immer ein. Dass immer mehr Frauen in hohe politische…/ mehr

Henryk M. Broder / 13.02.2024 / 06:00 / 186

Panikmache im Konjunktiv, Gehirnwäsche im Schleudergang

Gesetze zum Schutz der Demokratie sind das Vorspiel zur Abschaffung der Demokratie mit gesetzlichen Mitteln. Dazu müssen nur neue „Tatbestände“ erfunden werden, etwa die „verfassungsschutzrelevante…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com