Zur Notfallstabilisierung eines Geldsystems kann man die Marktwirtschaft schon mal vorübergehend ausknipsen. Das ist mE nicht allzu schlimm, wenn es triftige Gründe gibt und Fachleute am Werk sind. Die Differenzen zwischen gelenkter und freier Wirtschaft machen sich vor allem langfristig und im politischen Sektor bemerkbar. Ich denke, 1-2 Jahr könnte eine kapitalbasierte Versorgungswirtschaft relativ problemfrei überstehen. Danach wirds allerdings kritisch, da der innere Moral Hazard zu wirken beginnt und grossflächiger Missbrauch einsetzt (die Leute ziehts eben immer dahin wo das Geld liegt). Das grosse Fragezeichen sehe ich in der Frage des Ausstiegsmodus und hier vor allem darin, an wen die Werte am Ende wieder verkauft werden. Die werden wohl eher nicht an Otto Normalbürger weitergegeben, da diese in einer Krise eher weniger gute Kreditbewertungen haben. Das Gros des ganzen Qualitätsramsch wird damit an Leute und Organisationen gehen, die nach wie vor ordentlich Kredit haben, oder sich tolle Anzüge leisten können, um Kreditwürdigkeit vortäuschen zu können. Es ist eine Umverteilung aus den Sachzwängen eines Wirtschaftssystems heraus, das sich selbst erst zu Tode stranguliert hat und nur dadurch wieder (halbwegs) zum Leben erweckt werden kann, indem man (hinsichtlich der Kapitalverteilung) einen noch viel extremeren Ausgangspunkt anvisiert, als der Ursprüngliche, der in die Katastrophe reingeführt hat. Dieser Nullpunkt der Blasen- und danach Krisenentwicklung, der die Handelnden überhaupt erst zu den fatalen Deregulierungen verführt hat basierte auf der vagen Hoffnung, kreditunwürdigen Schuldnern zu “sicherem” Immobilienkapital verhelfen, um so die Mittelschicht zu stärken. Am Ende des Spiels wird es so sein, dass die Mittelschicht noch mehr verliert und die Schere noch weiter aufgegangen ist.. selbstverständlich mit entsprechenden Konsequenzen für zukünftige Weltverbesserungsrunden. Was wäre zu tun? Verzweifeln? Ron Paul wählen (resp. US-Freunde dazu aufrufen)? Gold horten? Eine Kalaschnikov besorgen? GG Art. 20,4 zur Anwendung bringen??? Als Durchschnittsmensch mit Hang zur polit-ökonomischen Interpretation, wird man derzeit - egal auf welcher Seite der Atlantikküste - ziemlich alleingelassen..
Es hat einen gewissen Unterhaltungswert einen Quereinsteiger sich mit Bankbilanzen beschäftigen zu sehen. Mir geht es umgekehrt: ich versuche die Wirkung auf die sog. Realwirtschaft von Nullzins- und Aufkaufpolitik zu verstehen. Allerdings komme ich da regelmäßig nicht weit, da die Fed qua Allmacht ihre eigene Realität schafft - die Ressourcen-Fehlallokation durch unmarktwirtschaftliche Fed-Politik ist so groß, dass man regelmäßig zu grundlegenderen Überlegungen genötigt wird. . Die will ich hier nicht anstellen; erwähnt sei lediglich, dass unsere Vorstellungen von “Zins” oder “Kapital” aus dem 19. Jahrhundert stammen. Damals herrschte zwar im Bankwesen auch ein Teilreservesystem, diese Reverse war aber immerhin goldgedeckt. Man ließ es damals zu, dass Blasen auch platzen -das gab regelmäßig (Börsen-)Kräche, die aber ebenso schnell wieder einem raschen Aufstieg wichen. Echter Fortschritt (d.h. Wohlfahrtsmehrung) kann sich nur dann einstellen, wenn auch ein Schrumpfen der Geldmenge zugelassen wird, was konkret heisst: Nichtrückzahlung von Krediten und Pleiten. Gerade diese Dynamik hatte einigen einflussreichen Berufsspekulanten nicht gepasst; ab 1907 konspirierten sie, wie eine Art “Spekulationsversicherung” aussehen könne, und 1913 war es dann so weit: sie hatten die Fed, die Federal Reserve (nicht nur) dem amerikanischen Staat & Volk untergejubelt. Und das -als abschließende Anmerkung- zu einer Zeit, als Geld, Zins, und Konjunktur in ihren damaligen Zusammenhängen recht gut verstanden wurden (Wicksell, die “Österreicher”, insbes. Menger und Böhm-Bawerk; aber auch Briten wie Alfred Marshall). * die von Heinsohn immer wieder beschriebenen Bildungs- und Bevölkerungsdynamiken (damals wurden die Leute noch nicht systematisch verdummt und die Bevölkerung wuchs) spielte wohl auch eine Rolle
Sehr geehrter Herr Professor, haben Sie ergebensten Dank für Ihren Artikel! Noch selten glaubte ich als vorlkswirtschaftlicher Anfänger nach der Lektüre von wahrscheinlich weniger als zwei A4-Seiten, Dinge auf einmal und endlich so verstanden zu haben, wie man sich das bei kompliziertrten Zusammenhängen immer wünscht. Und ich meine zwischen den Zeilen immer dort, wo Sie “Fed” geschrieben haben, auch “EZB” gelesen zu haben. In Europa fällt uns derzeit auch nicht viel mehr ein, als diese einschlägigen Rezepte zu kopieren. Gut, wenn mal jemand Berufenes darauf hinweist, dass dies alles der Stoff ist, aus dem die nächsten Blasen und Krisen gemacht sind. Ich würde mir als einen der nächsten Beiträge ein Interview mit Ihnen, Paul Krugman, Janet Yellen, Mario Draghi und Jean Tirole wünschen. Die Abschrift davon müsste zur Zwangslektüre für Merkel und Schäuble werden. Dann könnte Deutschland den Euro endlich verlassen.
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