Georg Etscheit / 11.05.2024 / 10:00 / Foto: Montage achgut.com / 13 / Seite ausdrucken

Deep Impact: Wie Sternengucker das Klima killen

Die Erforschung ferner Galaxien ist schwer klimaschädlich, weil sich die Sternengucker aus der ganzen Welt auf Konferenzen treffen. Das dürfen aber nur die Klimaforscher. Die anderen sollen in die Röhre, pardon das Fernrohr, gucken.

Lange Strecken haben für Astronomen – pardon Astronom*innen – nichts besonders Erregendes. Wer nicht in Metern und Kilometern, sondern in Lichtjahren rechnet, wer das unserer planetarischen Heimat mit einer Entfernung von schlappen 4,24 Lichtjahren nächstgelegene Sonnensystem namens Alpha Centauri gewissermaßen als mit dem Bummelzug erreichbare Vorortdestination betrachtet, für den ist ein Transatlantikflug der berühmt-berüchtigte Fliegenschiss. Und wer nicht in Jahren, sondern Äonen rechnet, für den schrumpft auch ein Phänomen wie der Klimawandel auf Zwergenmaß. Was ist überhaupt eine mittlere Temperatur von 15 Grad auf der Erdoberfläche im Vergleich zu jenen 15 Millionen Grad Celsius, die im Inneren der Sonne herrschen sollen?

Angesichts dieser Voraussetzungen überrascht es nicht, dass „ein Team von Forschenden der Washington Universität“ – der Genderterminus ist in der woken Uniszene mittlerweile fest etabliert – in St. Louis (US-Bundesstaat Missouri) zusammen mit dem Institut für Astrophysik der Universität Köln (BRD-Bundesstaat Nordrhein-Westfalen) anhand aufwendiger Datenanalysen festgestellt hat, dass Reisen zu internationalen wissenschaftlichen Fachkonferenzen im Bereich der Astronomie im Jahre 2019 weltweit zu „klimaschädlichen Emissionen“ in Höhe von 42.500 Tonnen CO2-Äquivalent geführt haben. 

Die von verantwortungslosen Sternenguckerinnen und Sternenguckern dabei zurückgelegte Gesamtstrecke addiere sich – kleiner Kalauer – „zu einer wahrlich astronomischen Summe“, nämlich der anderthalbfachen Entfernung von der Erde zur Sonne: rund 225 Millionen Kilometer. Rechenfehler? Nein, keiner, wir haben sicherheitshalber noch mal nachgefragt. „Die Astronomie ist nun mal eine sehr internationale Disziplin“, antwortet einer der beteiligten „Forschenden“, der Privatdozent Dr. Ossenkopf-Okada, „bei der es nicht selten ist, dass ein großer Teil der Teilnehmer extrakontinental anreist.“ Zum Glück nicht extraterrestrisch.

Im Vergleich zu der Distanz, sagen wir mal, Bonn-Berlin (rund 600 Kilometer) ist das viel, im Vergleich zu Alpha Centauri wenig. Jeder Astronom soll laut Analyse pro Tagung eine Tonne CO2-Äquvalent emittiert haben, die von jedem „Forschenden“ dabei ausgeatmete Luft nicht eingerechnet. „Die Autor*innen betonen, dass Vernetzung und die Erörterung neuer wissenschaftlicher Themen auf Tagungen wichtig sind, um das Fachgebiet voranzubringen“, heißt es in der Pressemitteilung zur Studie. „Es können und müssen aber Anpassungen vorgenommen werden, um die Klimaschädlichkeit zu verringern.“ 

Abseits des galaktischen Gender-Kauderwelschs gewisse Gerechtigkeitsprobleme

Um dieses Ziel zu erreichen, wird angeregt, entweder auf virtuelle Tagungen auszuweichen oder den Tagungsort so zu wählen, dass er „möglichst nahe an der Mehrzahl der Teilnehmenden liegt, sodass nur wenige Teilnehmer*innen interkontinental fliegen müssen“. Leider wirft dieser Vorschlag abseits des galaktischen Gender-Kauderwelschs gewisse Gerechtigkeitsprobleme auf, weil natürlich auch „Astronom*innen, die sich weit von den heutigen Zentren der nordamerikanischen und europäischen Astronomie entfernt befinden“, die Möglichkeit gegeben werden müsse, sich zu treffen. 

Die Lösung: „hybride Tagungsformen“ mit einer kleinen Zahl über den Erdball verteilter „physischer“ Zentren, die virtuell miteinander verknüpft würden. Dies ermögliche nicht zuletzt auch „Astronom*innen aus weniger wohlhabenden Instituten und Ländern und solche mit häuslichen Verpflichtungen“ eine Teilnahme. Sprich Frauen, aber das darf man nicht zu laut sagen.

Am besten wäre es natürlich, in Zukunft ganz auf solche Tagungen zu verzichten, was man bei den internationalen Klimakonferenzen schon mal vorexerzieren könnte. Allein bei den Hin- und Rückflügen zur 27. Weltklimakonferenz in Scharm El-Scheich im Jahre 2022 haben Mitglieder der Bundesregierung sowie deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter etwa 308 Tonnen Kohlenstoffdioxid ausgestoßen, wieder ohne Atemluft. Das ist weniger als jene 42.500 Tonnen, die Astronom*innen ausgestoßen haben und noch weniger als Deutschland im vergangenen Jahre emittiert hat: 674 Millionen Tonnen. Aber Kleinvieh macht auch Mist. 

Am besten, wenn alle einfach zu Hause blieben. Doch was wäre, wenn infolge mangelnder Vernetzung der Astronominnen und Astronomen auf wissenschaftlichen Tagungen dringende Informationen über einen sich bedrohlich der Erde nähernden Asteroiden einfach untergingen? Wenn, sagen wir, irgendwo im Senegal eine Forschende oder ein Forschender infolge Zusammenbruchs des Internets mit seinen Warnungen nicht durchdringen würde wie in einem Katastrophenfilm aus Hollywood? Oder über dringende häusliche Verpflichtungen den Klumpen einfach vergessen hat? Darüber sollten sich die „Forschenden“ aus St. Louis und Köln noch einmal Gedanken machen. Schließlich geht es ums Überleben der Menschheit. 

 

Georg Etscheit ist Autor und Journalist in München. Fast zehn Jahre arbeitete er für die Agentur dpa, schreibt seit 2000 aber lieber „frei“ über Umweltthemen sowie über Wirtschaft, Feinschmeckerei, Oper und klassische Musik u.a. für die Süddeutsche Zeitung. Er schreibt auch für www.aufgegessen.info, den von ihm mit gegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss, und auf Achgut.com eine kulinarische Kolumne.

Foto: Montage achgut.com

Achgut.com ist auch für Sie unerlässlich?
Spenden Sie Ihre Wertschätzung hier!

Hier via Paypal spenden Hier via Direktüberweisung spenden
Leserpost

netiquette:

L. Luhmann / 11.05.2024

Ich weiß, dass der Einfluss der Erde auf die Sonne nicht unerheblich ist! Und seitdem der Mensch die Erde vergiftet und ausbeutet, ist der “Destructive Impact (DI)” noch gewachsen!——-> Just follow the science, please!

Irene Luh / 11.05.2024

@Thomas Szabó, die Wissenschaftsgläubigkeit (Szientismus, scientism) entstand bereits Mitte des 19. Jahrhunderts. Das geschah an der “elitären” franz. Verwaltungshochschule ENA. Nichts Neues.  Sie kommen also viel zu spät, wenn die Sache erst jetzt Ihre Aufmerksamkeit erheischt. ++ Sehr viele, die sich für “intelligent” halten, werden später noch sehr dumm dastehen müssen: Stolz, Ignoranz sind sehr viel verbreiteter, als manch einem dünkt. ++ Wer die Bedeutung von Annahmen nicht begreifen kann, ist sowieso erledigt.

Hubert Romero / 11.05.2024

Wie meinte Nuhr? Lehrer kommt von lehren, Bohrer von bohren. Alle Lehrer heißen Lehrer, weibliche Lehrer heißen Lehrerin. Nur für männliche Lehrer gibt es kein eigene Bezeichnung… Und wie brachte Uli Stein schon vor Jahren die Sache auf den Punkt? Der Kasperl begrüßt “liebe Kinderinnen und Kinder”. Oh my god, das Problem der allermeisten Menschen scheint heutzutage ihr Kopfkino. Deshalb, sch… auf Gendern.

Thomas Szabó / 11.05.2024

Die kosmische Anzahl der Wissenschaftler-sternchen-innen, Forscher-sternchen-innen, Expert-sternchen-innen, Professor-sternchen-innen, Doktor-sternchen-innen, Student-sternchen-innen gaukelt einem angenommenen unvoreingenommenen ALF (außerirdische Lebensform) eine Sternstunde der Wissenschaft auf dem Planeten Erde des frühen 21 Jahrhunderts nach irdischer Zeitrechnung vor. Doch die Quantität der Wissenschaftler steht nicht zwingend direkt proportional zur Qualität der Wissenschaft. Quantität & Qualität können sich umgekehrt proportional auseinander entwickeln. Ein Universitätsprofessor der gendert ist entweder ein Idiot, ein Ideologe, ein Feigling oder ein Opportunist der sich dümmer stellt als er ist, um sich der pandemisch grassierenden akadämlichen Dummheit anzubiedern. Die Kausalität schließt jede andere Option aus! Ein Idiot oder einer der den Idioten spielt, es kommt auf das selbe Ergebnis hinaus! Ideologisierte Politkommissar-Studienfächer ersetzen die MINT-Fächer. Die Inflation der Wissenschaftler-sternchen-innen gemahnt an die Inflation von Währungen, eine aufgeblähte Aneinanderreihung wertloser Nullen. Eine ideologisierte Wissenschaft als Religionsersatz, Pseudowissenschaft als Wissenschaftsersatz, Wissenschaftler als Priester, Pseudoprofessoren als Professoren, Experten als diplomierte Hochstapler, Blockwarte als Hüter der Wissenschaft gehören zu den größten Gefahren der Gegenwart.

Karsten Dörre / 11.05.2024

Was, wenn der geerntete Weizen im 30 Kilometer-Umkreis von Berlin nicht für 3,5 Millionen Einwohner dieser Region pro Jahr reicht? Auf virtuelle Sättigung umsteigen? Umstieg auf regionale Bohnen, Hafer oder Mais? Nur noch Dönerteller mit Reis aus der Region? Pferde und Ochsen als Transporter, aber nur regional Geborene?

Knapp,Heinerich / 11.05.2024

Jetzt ist mir übel ob der ganzen Genderei !

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com